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Der Roman Stalingrad von Theodor Plievier ist Teil einer Trilogie von drei Romanen Moskau Stalingrad Berlin uber den grossen Krieg im Osten wahrend des Zweiten Weltkriegs In realistisch drastischer Form wird in diesem Band der Untergang der 6 Armee in der Schlacht von Stalingrad das Leiden der Frontsoldaten der Verwundeten und das abgehobene frontferne Leben der Offiziere in den Staben und des Generalfeldmarschalls Friedrich Paulus beschrieben Die Missstande die durch die bedingungslose Befolgung der Befehle Kapitulation ausgeschlossen sowie Wo ihr steht da bleibt ihr entstanden werden schonungslos dargestellt und machen dieses Werk zu einem Antikriegs Roman Es ist die Schilderung des Untergangs aus der Sicht der deutschen 6 Armee auf die Verhaltnisse bei der sowjetischen Seite wird nur vereinzelt eingegangen Theodor Plievier Stalingrad 3 Auflage Verlag El libro libre Mexiko 1946 Diese Ausgabe basiert auf der Moskauer Ausgabe Unter den lobenden Kritikern befanden sich Wolfgang Borchert Alfred Andersch Stephan Hermlin Johannes R Becher Hermann Pongs Jurgen Busche Peter Hartling Hermann Kant und Gunther Rucker Alfred Andersch pries Stalingrad als das erste grosse Kunstwerk der deutschen Nachkriegsliteratur 1 Inhaltsverzeichnis 1 Aufbau des Werkes 1 1 Der kollektive Held 1 2 Die Auflosung der Ordnung 1 3 Schilderung der Phasen des Ruckzugs 2 Zitate 3 Authentizitat des Romans und Beurteilung durch Stalingrad Heimkehrer 4 Ausgaben 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelbelegeAufbau des Werkes BearbeitenDer kollektive Held Bearbeiten Plieviers Roman hat keine Hauptperson sein Held ist die gesamte 6 Armee Deshalb schildert er die Erlebnisse von Soldaten aller Rangstufen in abgeschlossenen Episoden in denen Plievier zeigt wie unterschiedliche Menschen auf die katastrophalen Verhaltnisse im Kessel reagieren Immer wieder aber schildert Plievier die Gemeinsamkeit der Soldaten sie alle haben auch ein wenig vom Nationalsozialismus profitiert Ganz ohne Verantwortung fur ihr Schicksal sind sie in Plieviers Augen damit nicht Dennoch werden Einzelschicksale emotional nachvollziehbar dargestellt Es finden sich charakteristische Beispiele aller Dienstgrade Richtungweisend sind der degradierte Strafkompaniesoldat August Gnotke mit dem der Roman beginnt und da war Gnotke sowie der Panzerkommandeur Oberst Manfred Vilshofen Beide marschieren am Schluss des Romans Seite an Seite in die Gefangenschaft Die Auflosung der Ordnung Bearbeiten Plievier schildert wie die Soldaten in ihrer aussichtslosen Lage dem Hungertod preisgegeben in behelfsmassigen Quartieren nicht mehr wie Menschen leben konnen und deshalb auch jede Menschlichkeit vergessen Das skandalose Schicksal der Verwundeten wird dokumentiert die im sich verengenden Kessel von Stalingrad von Hauptverbandplatz zu Hauptverbandplatz weiter ziehen mussten weil es keine Pferde und keine LKWs gab um sie zu transportieren Auch das Schicksal der vielen die dabei verhungerten erfroren oder einfach zuruckgelassen wurden z B im Bahnhofsgebaude von Gumrak wird geschildert In einem gedanklichen Ruckblick nach dem letzten Ruckzug ins Stadtgebiet von Stalingrad auf die vorangegangenen Haltebefehle einer Hohe dann des Flugplatzes von Pitomnik schliesslich des Tartarenwalles wird klar dass Menschen Verluste verursacht wurden ohne dass die Lage sich verbesserte Die Stabsquartiere erscheinen dabei oft als Inseln der Ordnung doch auch diese werden in die Flucht mitgerissen und in das allgemeine Elend Erst am Ende richtet Plievier seine Aufmerksamkeit auf General Paulus und seinen Stab Als sie endlich erkennen dass Hitlers Durchhaltebefehl sinnlos war und ein Verbrechen an ihren Untergebenen sorgen sie nicht dafur dass es zu einer geordneten Ubergabe der Armee kommt sondern sie kapitulieren nur fur sich selbst und drucken sich damit vor ihrer Verantwortung Hermann Gorings Rede uber den Tod der Soldaten in Stalingrad wurde im Rundfunk ubertragen und also auch im Kessel gehort Fur die Soldaten war das eine Leichenrede zu Lebzeiten und so erfuhren sie dass man sie bereits abgeschrieben hatte Kommst du nach Deutschland so berichte du habest uns in Stalingrad liegen gesehen wie das Gesetz es befohlen hat Schilderung der Phasen des Ruckzugs Bearbeiten Auch die objektiven Daten des Ruckzugs sind in der Handlung des Romans enthalten Der Durchbruch der sowjetischen Truppen am 19 November 1942 nordwestlich von Stalingrad der Befehl zur Einigelung der deutschen 6 Armee am 22 November 1942 die Schliessung des Rings am 23 November 1942 werden dargestellt Die standige Schrumpfung der 6 Armee durch russische Angriffe Hunger Kalte und Krankheit von 330 000 Mann am 19 November 1942 auf 190 000 am 10 Januar 1943 bis auf 91 000 die in Gefangenschaft gingen wird vor Augen gehalten Das Angebot der Russen vom 8 Januar 1943 zur Kapitulation der deutschen Truppen per 10 Januar 1943 um 10 00 Uhr wird dokumentiert Die standige Schrumpfung des Kessels und die Rucknahme der Hauptkampflinie nach dem Angriff der Russen ab dem 10 Januar 1943 bis 12 Januar 1943 wird beschrieben Der Befehl zum Halten des Bruckenkopfes um Dorf und Flugfeld Pitomnik bis zur Raumung des Verpflegungsamtes findet Erwahnung Die Spaltung des Kessels in Stalingrad Mitte und Stalingrad Nord wird herausgearbeitet Die zufallige und unkoordinierte Kapitulation des Sudkessels und spater des Nordkessels die Abfahrt des Feldmarschalls im PKW als Privatmann wahrend die gefangenen Truppen sich zu Fuss durch den Schnee vorarbeiten mussten wird festgehalten Zitate BearbeitenWeite Passagen des Romans sind erheblich drastischer und aufruttelnder als die folgenden Zitate Ein halber Tagessatz 50 Gramm Knackebrot eine Scheibe und dazu eine kleine Ecke 8 Gramm Mittagskost 7 Erbsen 25 Gramm Abendkost einen Bissen Fleisch 5 Gramm Getranke waren zu diesem Zeitpunkt der volle Tagessatz und Wedderkop hatte nur einen halben Tagessatz erhalten 2 Eine Wegbezeichnung gab es noch doch waren es nicht mehr die in den Boden gerammten Pfahle mit daran befestigten Strohwischen Die waren als Brennholz weggeraumt worden und jetzt ragten alle zwanzig alle dreissig alle vierzig Schritte das eine mit Schenkel und breitem Beckenknochen das andere mit Sprunggelenk und Huf nach oben das eine kerzengerade das andere schief in einem Schneehaufen steckend abgenagte Pferdebeine als Wegzeichen auf 3 Authentizitat des Romans und Beurteilung durch Stalingrad Heimkehrer BearbeitenDie Schilderungen des Romans beruhen auf Zeitzeugen Interviews und Dokumenten Nach der Darstellung von Victoria Paul 4 war Plievier Emigrant in der Sowjetunion und musste im Mai 1942 in Ufa die in sowjetische Hande gefallenen Briefe der Soldaten von Stalingrad psychologisch auswerten Im Mai 1943 erhielt er in Moskau die Erlaubnis den Roman Stalingrad zu schreiben und Uberlebende der 6 Armee in Gefangenenlagern interviewen Die Interviews einiger der Uberlebenden von Stalingrad durch den Journalisten Gerald Praschl 5 bestatigen die schlimmen Bedingungen fur die Frontsoldaten die fehlende Kameradschaft beim Uberlebenskampf und die Frontferne des Generalfeldmarschalls Paulus Im Roman Hunde wollt ihr ewig leben befindet sich ein Hinweis auf die Tatigkeit Plieviers auf sowjetischer Seite In diesem Roman verfasst 1958 vom osterreichisch deutschen Stalingrad Kampfer Friedrich Weiss unter dem Pseudonym Fritz Woss wird die Romanfigur Hauptmann Wisse kurz nach seiner Gefangennahme am 3 Februar 1943 durch eine Person interviewt welche mit einer russischen Offiziersuniform ohne Rangabzeichen bekleidet ist ein fehlerfreies Deutsch spricht und sich als Plievier vorstellt Plievier gab bei diesem Interview der Romanfigur Hauptmann Wisse die Anregung 15 Jahre spater einen Erlebnisbericht in Romanform zu schreiben wobei die Romanfigur Hauptmann Wisse mit dem Hauptmann Friedrich Weiss alias Fritz Woss identisch ist Zitat von Plievier bei diesem Interview Ich weiss die Tatsache dass ich deutsch rede manifestiert fur Sie nicht dass ich auch deutsch fuhle Ich habe Stalingrad von der anderen Seite miterlebt Ich will ein Buch daruber schreiben in deutscher Sprache auch fur deutsche Menschen Der Stalingrad Kampfer Joachim Wieder bezeichnet Plieviers Werk als notwendiges Buch welches seine Leser durch eine Schocktherapie zur Absage an den Krieg bewegen wollte 6 Wieder schreibt ferner Die verschiedenen Szenen und Einzelepisoden des Geschehens sind durchaus zutreffend aber das Bild des deutschen Soldaten der verschiedenen Rangstufen dessen Denken und Sprache dem Emigranten wenig vertraut waren ist weitgehend verzeichnet Die Gesamtatmosphare ist insofern nicht richtig erfasst als das Ende an den Anfang projiziert wird und der Roman gleich mit einer Orgie des Grauens beginnt die kaum noch Steigerungen zulasst Es fehlt das Auf und Ab der Stimmungen in denen sich die einzelnen Phasen der Entwicklung der Schlacht widerspiegelten und in der Aneinanderreihung aller furchtbaren Tatsachen aller qualvollen Geschehnisse und Bilder eines geradezu apokalyptischen Untergangs gibt es keine hellen Lichter die in Wirklichkeit durchaus vorhanden waren Seine Personen vermogen kaum wahrhafte menschliche Anteilnahme zu erwecken sie sind gesehen wie Bazillen durch ein Mikroskop Im dokumentarischen Film Stalingrad von Sebastian Dehnhardt aus dem Jahr 2006 wird in Zeitzeugeninterviews die Abstumpfung und die katastrophale Versorgungslage der Soldaten das Wohlleben im Hauptquartier von Paulus Cognac Zigarrenrauch Duft von Gebratenem und der sinnlose Haltebefehl sowie das Verbot des Ausbruchs aus dem Kessel bestatigt Die Botschaft des Romans ist in jedem Falle klar Krieg und sinnlose Menschenopfer sind zu vermeiden Ausgaben BearbeitenDer Roman wurde von November 1943 bis September 1944 als Fortsetzungsroman in einer Moskauer Exil Zeitschrift publiziert 1945 wurde er zum ersten Bestseller des Berliner Aufbau Verlages und erreichte in kurzer Zeit eine Auflage von einer halben Million Theodor Plievier Stalingrad Roman Aufbau Verlag Berlin 1945 Theodor Plievier Stalingrad Roman El libro libre Mexico 1945Weitere Ausgaben beim Rowohlt Verlag als Rotationsroman im Verlag Kurt Desch Munchen als Taschenbuch im Wilhelm Goldmann Verlag 2 Auflage 1978 im Bertelsmann Verlag Gutersloh als Taschenbuch bei Kiepenheuer amp Witsch 2002 Nachworte zu den Ausgaben schrieben unter anderem Kurt W Marek und Hermann Kant Das Werk wurde laut der Datenbank Deutsche Nationalbibliothek in 15 Sprachen ubersetzt und ist in 17 Landern erschienen Plievier verarbeitete seinen Roman auch zum gleichnamigen etwa einstundigen Horspiel das 1953 beim SWF aufgenommen wurde 7 Literatur BearbeitenHelmut Peitsch Theodor Pliviers Stalingrad In Christian Fritsch Lutz Winckler Hrsg Faschismuskritik und Deutschlandbild im Exilroman Berlin 1981 S 83 102 Christian Adam Der Traum vom Jahre Null Autoren Bestseller Leser die Neuordnung der Bucherwelt in Ost und West nach 1945 Berlin Galiani Berlin 2016 S 65 75 Gunther Nickel Faction Theodor Plievier Stalingrad 1945 in Hans Wagener Hrsg Von Boll bis Buchheim deutsche Kriegsprosa nach 1945 Amsterdam Rodopi 1997 S 49 64Weblinks BearbeitenGisela Reller Ein Appell gegen das Vergessen Besprechung des RomansEinzelbelege Bearbeiten Vgl Michael Rohrwasser Theodor Plieviers Kriegsbilder In Ursula Heukenkamp Hg Schuld und Suhne Kriegserlebnis und Kriegsdeutung in deutschen Medien der Nachkriegszeit 1945 1961 Amsterdam Atlanta 2001 Bd I S 139 154 S 140 Taschenbuchausgabe von Stalingrad im Wilhelm Goldmann Verlag von 5 1978 S 131 Taschenbuchausgabe von Stalingrad im Wilhelm Goldmann Verlag von 5 1978 S 210 Authentizitat durch Victoria Paul PDF 43 kB Archiviert vom Original am 19 November 2018 abgerufen am 17 Oktober 2020 Stalingrad Interviews 2003 von Uberlebenden durch Gerald Praschl Joachim Wieder Stalingrad und die Verantwortung des Soldaten F A Herbig Munchen 1997 ISBN 3 7766 1778 0 Seiten 305 306 Horspiel Antikriegsklassiker Stalingrad ausgestrahlt am 11 Februar 2017 beim DeutschlandfunkNormdaten Werk GND 4820574 6 lobid OGND AKS VIAF 203746973 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Stalingrad Roman amp oldid 225701090