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Die Kirche der ehemals wohl eigenstandigen Pfarrei Pfronten Kappel St Martin ist heute eine Filialkirche in der Pfarrei Pfronten Ihr Kern stammt aus dem Mittelalter Filialkapelle St Martin Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Die Lage an einer Romerstrasse 1 2 Der grosse Pfarrsprengel 1 3 Der Friedhof um die Kapelle 1 4 Das Martinspatrozinium 1 5 Schlussfolgerungen 2 Benefizium 3 Bau 4 Ausstattung 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenHartnackig halt sich seit alter Zeit die Erzahlung dass St Martin in Kappel die erste Pfrontener Pfarrkirche sei Sogar die sehr sachkundigen Heimatforscher Annemarie und Adolf Schroppel ubernehmen die Meinung in ihre Arbeit uber die Kappeler Kirche Als Grunde fur diese Annahme werden angefuhrt Die Lage an einer Romerstrasse Bearbeiten Tatsachlich war fruher sudlich des Ortes im Bereich der Flurnummer 597 ein ausgepragter Damm zu sehen der am dortigen Hang leicht anstieg und auf beiden Seiten von tiefen Graben begleitet wurde Bei einer Begehung des Gelandes 1966 wurden in einem die Trasse querenden Bachlein kinderkopfgrosse Steine beobachtet Solche Steine wurden gerne zum Unterbau einer Strasse verwendet Auf beiden Seiten dagegen war in der sumpfigen Wiese nur lehmiges Material zu sehen 1 Nach Richard Knussert 2 hat die Strasse in nordlicher Richtung zur Ortschaft Kappel gefuhrt wo sie unter der Scheune des Anwesens beim Bichelhafner freigelegt werden konnte Er hat sie als Romerstrasse angesehen die von Reutte nach Kempten Cambodunum fuhrte Gesichert ist dass die Ortschaft Kappel an einer Altstrasse lag Der grosse Pfarrsprengel Bearbeiten Die mundliche Tradition will wissen dass zur Pfarrkirche in Kappel ein grosser Pfarrsprengel gehort habe der grosse Teile des Tannheimer Tales im Suden Jungholz im Westen Weissenseer Gebiet bis Oberkirch und im Norden noch Wald bei Marktoberdorf einbegriffen habe Fur diese Erzahlung gibt es keinerlei schriftliche Hinweise und was das weit entfernte Wald betrifft klingt sie sehr unwahrscheinlich Allein die Jungholzer wohin ein sogenannter Kirchsteig gefuhrt haben soll konnten zeitweise nach Kappel zum Gottesdienst gegangen sein Weite Kirchwege waren zur Zeit der Ausbildung der Urpfarreien nicht selten 3 Der Friedhof um die Kapelle Bearbeiten nbsp Chorraum1779 sind an der Sudseite beim Bau der Sakristei alte Grablegen zum Vorschein gekommen 4 die angeblich vor einigen Jahren auch auf der Nordseite festgestellt wurden Als 1986 die Grundmauern der Kapelle trockengelegt und dazu ein 80 cm breiter Graben rings um die Kirche ausgehoben worden war konnten dagegen nur die Reste eines einzigen Skeletts geborgen werden 5 Dies macht einen Friedhof bei St Martin nicht wahrscheinlicher Das Martinspatrozinium Bearbeiten Die Grundlage fur die Tradition dass St Martin die erste Pfarrkirche von Pfronten gewesen sei war vor allem ihr Patrozinium Fruher nahm man an dass es sich bei einem Martinspatrozinium immer um eine frankische Grundung im 8 Jahrhundert handeln musse Doch auch spater wurden noch viele Kirchen dem heiligen Martin geweiht 6 Gerade im Bistum Augsburg eroffnete Bischof Embriko 1063 1077 eine neue Welle der Martinsverehrung indem er in Augsburg dem Heiligen eine Kirche erbauen liess und sie ihm weihte 7 Schlussfolgerungen Bearbeiten Nachdem Bischof Heinrich II 1059 von Kaiserin Agnes mit dem Wildbann im Allgau belehnt worden war begann hier eine weitere Welle der Rodungs und Kultivierungsarbeit Dabei musste man sich aber auf das Land beschranken das nicht schon besetzt war Fur solche alteren Besitzrechte in Pfronten gibt es Hinweise 1280 konnte der Tiroler Graf Meinhard II eine Burg auf dem Falkenstein errichten lassen und noch 1361 besitzen die Hohenegger von Vilsegg den Widenhoff zue Pfronten und den halben Zehnten zue Pfronten zu der kurchen 8 Fur die bischofliche Landnahme kamen deshalb nur die Platze im Pfrontener Tal in Frage die von der Natur her nicht so begunstigt und deshalb noch frei waren z B das durch den Steinebach in Hochwassergefahr liegende Kappel Die neue Ansiedlung hatte allerdings den Vorteil dass sie an der Durchgangsstrasse lag Man kann sich gut vorstellen dass der Bischof hier nun ein eigenes Gotteshaus errichten liess das dem Ort den Namen zur Kappel Kapelle gegeben hat Bezeichnenderweise gab es hier auch Widenhofe 9 die im bischoflichen Urbar von ca 1450 eindeutig zu identifizieren sind von den widemhouen vff dem buchel ze Sant Martin 10 Denkbar ist aber ebenso dass im nichtbischoflichen vielleicht hoheneggischen Teil von Pfronten auch schon eine Kirche St Nikolaus bestanden hat Sie wurde schliesslich zur Pfarrkirche der ganzen Pfarrei erhoben nachdem der Bischof nach und nach das ganze Tal in seinen Besitz gebracht hatte Entscheidend war dafur wohl der Vertrag von 1290 mit Meinhard II durch den der Graf dem Bischof die Burg Falkenstein uberliess St Martin in Kappel war demnach nie die Pfarrkirche von ganz Pfronten wohl aber die Kirche einer ursprunglich eigenstandigen Pfarrei Pfronten Kappel Benefizium Bearbeiten nbsp KerkerchristusMit der Inkorporation von St Martin in die Pfarrkirche verloren die Kappeler offenbar ihren eigenen Geistlichen Sie versuchten daher fur ihre Kirche wieder einen Benefiziaten zu erhalten Dies gelang 1497 durch die Grundung einer Kaplanei Stiftung zu der viele Kappeler aber auch andere Pfrontener beitrugen Aber das Benefizium war nur weniger als ein Jahrhundert besetzt Dann sei es aus unbekannten Grunden wieder zerfallen 11 Das Widum wurde verpachtet und die Stiftungsgelder 1674 zur Pfarrkirchenstiftung gezogen St Martin war nun wieder eine Filialkirche und die Glaubigen mussten bei jedem Wetter eine starke Stunde zum Gottesdienst in die Pfarrkirche St Nikolaus gehen Beklagt wurde auch dass den alt blinden Kripell Presthaften Leuten die hl Messe zu empflichster Wemuth entzogen werde Innerhalb kurzer Zeit seien auch zwolf Kommunikanten ohne Verschulden des Herrn Pfarrers ohne Beichte und Sakramente verstorben Ausserdem werde die Abhaltung der Christenlehre vernachlassigt 12 Deshalb setzten die Kappeler ab 1762 alles daran wieder einen Geistlichen bei St Martin zu bekommen Aber zunachst war dafur kein Geld vorhanden Als Nothelfer erwies sich der Reuttener Handelsunternehmer Jakob Magnus Ammann der den Kappelern nicht weniger als 2900 Gulden in Schuldscheinen fur dieses Vorhaben versprach Aber es gab auch Widerstande denn der Pfarrer von St Nikolaus furchtete um seine Einnahmen aus den Stolgebuhren Auch der Schullehrer im Ortsteil Ried hatte am liebsten die Kappeler Nebenschule in der noch nicht nach den Vorschriften der Normalschule unterrichtet werde aufgelost Probleme bereitete auch die mangelhafte Ausstattung der Kirche Die Sakristei befinde sich in schlechtestem Stand und konne nur durch erhebliche Kosten in einen ehrlichen Zustand gesetzt werden Ausserdem seien die Paramente so elend dass man sie nicht mit einem guten Gewissen fur das Messopfer gebrauchen konne 13 Dennoch erreichten die Kappeler dass ihnen vom bischoflichen Vikariat 1768 die Anstellung eines Manualkaplans genehmigt wurde Der erste Kaplan in Kappel war Johann Georg Gebler gestorben 1772 nbsp Hl JoachimSein Nachfolger wurde Johann Joseph Hipp 1742 1814 14 der 1775 von Ammann prasentiert und als Benefiziat vom Bischof installiert wurde Er war ein ausgesprochen ruhriger Seelsorger der sich fur die ihm anvertraute Gemeinde aufgeopfert hat Er erfullte alle priesterlichen Aufgaben sehr gewissenhaft und forderte nach Kraften den Kirchengesang Besonders lag ihm die Ausbildung der Schuljugend am Herzen Dafur hat er 300 Gulden gestiftet Dabei war sein jahrliches Einkommen aus den Zinsen der Stiftungsgelder mit rund 200 Gulden relativ bescheiden und nicht sicher Als dann noch die Zinsen auf Anordnung der bischoflichen Regierung allgemein von 5 auf 4 abgemildert worden waren hatten dem Benefiziaten weitere 30 Gulden an seiner Bezahlung gefehlt Die Gemeinde Kappel verpflichtete sich deshalb 1788 das gesamte Stiftungsvermogen in Hohe von 3564 Gulden auf sich zu nehmen und weiterhin zu 5 fur alle weltendige Zeiten also unabloslich auf sich nehmen zu wollen 15 Da diese Verpflichtung dinglich auf jedem der 44 Anwesen lastete das Benefiziatenhaus selbst war ausgenommen kam es spater beim Verkauf von Anwesen zu langwierigen Prozessen 16 Die finanziellen Verhaltnisse der Kappeler Geistlichen besserten sich aber nicht 1875 schrieb Benefiziat Joseph Boller an das Ordinariat dass er bei den hohen Preisen der Lebensmittel nur kummerlich leben konne 17 Zeitweise blieb die Stelle daher auch unbesetzt und wurde von der Pfarrkirche aus vikariert Einer der letzten Benefiziaten in Kappel durfte Pius Winter gewesen sein der 1921 hier aufzog Bau BearbeitenDer wuchtige Turm mit seinem Spitzdach ist noch gotisch Reste einer Bemalung aus dem 15 16 Jahrhundert sind bei einer Renovierung 1974 in der Kirche aufgedeckt worden Im Barock und im Klassizismus wurde sie dem Zeitgeschmack angepasst Die gotischen Fenster erhielten 1741 oben einen runden Abschluss und der westliche Eingang wurde durch zwei Seitenturen ersetzt Nun kann die Kirche nur noch von Suden her uber ein Vorzeichen betreten werden Der Grund dieses Umbaus war der Steinebach der 1738 bei einem Hochwasser durch das Dorf floss und sogar in die Kirche eingedrungen war 18 Umfangreiche Arbeiten fanden dann nach der Wiedereinsetzung des Benefiziums 1789 1793 statt wo die holzerne Decke abgenommen und durch eine Flachdecke mit einer Hohlkehle ersetzt wurde Der Baumeister war Johann Bock 1757 1805 Vergoldungen fuhrte der Fassmaler Alois Kogel 1753 1830 aus Ausstattung Bearbeiten nbsp KreuzigungsgruppeAuch die Inneneinrichtung gehort verschiedenen Stilepochen an Gotisch ist eine Muttergottesstatue um 1450 und ein spatgotischer hl Nikolaus um 1490 Die Emporenbrustung mit den zwolf Aposteln ist barock 1657 bemalt von Hans Leonhard Bosinger 1621 1681 In die Zeit des Rokoko gehort ein Kerkerheiland in einer Nische der Nordwand von Maximilian Hitzelberger 1704 1784 um 1745 Die Seitenaltare wurden von Joseph Stapf 1711 1785 ab 1776 im Stil des Spatrokoko geschaffen ebenso die seitlichen Figuren darunter ein hl Joachim 1897 hat man dann einen alteren Hochaltar durch einen Neurokoko Altar ersetzt das Altarbild malte Franz Osterried Neugotisch ist der Schrein fur eine gotische Kreuzigungsgruppe an der Nordwand Wie schon bei der Pfarrkirche haben auch bei St Martin fast ausschliesslich einheimische Kunstler und Handwerker gearbeitet Literatur BearbeitenAnnemarie Schroppel Adolf Schroppel Pfrontener Kirchen und Kapellen und ihre Pfarrer Schnitzer Verlag Druck Media Marktoberdorf 2002 heimatverein pfronten de PDF 3 8 MB abgerufen am 10 November 2023 Die fundierten Artikel liefern keine Quellenangaben basieren aber im Wesentlichen auf den von 1603 bis 1674 zum grossen Teil erhaltenen Kirchenrechnungen Anton H Konrad Annemarie und Adolf Schroppel Die Pfarrei Pfronten Schwabische Kunstdenkmale Heft 34 Weissenhorn 1986 Michael Petzet Bayerische Kunstdenkmale Stadt und Landkreis Fussen Deutscher Kunstverlag Munchen 1960 S 125Weblinks Bearbeiten nbsp Commons St Martin Pfronten Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Bertold Polcher Auf den Spuren von Pfrontens Vergangenheit Zulassungsarbeit zur Prufung fur das Lehramt an Volksschulen 1967 Richard Knussert Das Fussener Land in fruher Zeit Verlag des Heimatpflegers von Schwaben Kempten 1955 S 40 mit Abbildung Vgl St Moritz in Zell Gemeinde Eisenberg das ursprunglich zur Pfarrei Hopfen gehorte Die Hipp sche Chronik Rund um den Falkenstein Mitteilungsblatt des Heimatvereins Pfronten Nr 14 S 255 Mauersanierung bei St Martin Rund um den Falkenstein Mitteilungsblatt des Heimatvereins Pfronten Nr 20 S 409 Thaddaus Steiner Vorwort in Bertold Polcher Thaddaus Steiner Pfrontener Flurnamen Gemeinde Pfronten Hrsg 2010 ISBN 978 3 00 032977 7 Volkert Zoepfel Die Regesten der Bischofe und des Domkapitels von Augsburg Augsburg 1974 Nr 309 S 184 f Walter Potzl Augusta Sacra im Jahrbuch des Vereins fur Augsburger Bistumsgeschichte 9 Jhg 1975 S 98 f Tiroler Landesarchiv Innsbruck Handschrift 718 fol 9 Widen oder Widumhofe dienten der wirtschaftlichen Versorgung eines Geistlichen Siehe auch unter Wittum Staatsarchiv Augsburg HA MB Lit 569 fol 43 v Die Hipp sche Chronik Rund um den Falkenstein Mitteilungsblatt des Heimatvereins Pfronten Nr 13 S 223 Akten des Benefiziaten Johann Joseph Hipp im Gemeindearchiv Pfronten A 208 17XXSV02 Nr 10 Gemeindearchiv Pfronten A 208 17XXSV02 Nr 17 Gutachten Gemeindearchiv Pfronten A 207 1774SM01 Nr 20 Lebenslauf Staatsarchiv Augsburg Augsburger Pflegamter Nr 258 S 358 Protokollauszug und Gemeindearchiv Pfronten A 208 17XXSV02 Nr 54 Gemeindearchiv Pfronten A 207 1774SM01 Nr 28 58 Gemeindearchiv Pfronten A 207 1774SM01 Nr 34 Die Hipp sche Chronik Rund um den Falkenstein Mitteilungsblatt des Heimatvereins Pfronten Nr 14 S 25047 604027777778 10 536388888889 Koordinaten 47 36 14 5 N 10 32 11 O Abgerufen von https de wikipedia org w index php title St Martin Pfronten amp oldid 238986629