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Der Semnonenhain ist die Kultstatte der Semnonen die in Tacitus Germania um etwa 100 n Chr beschrieben wird Es handelt sich um eine besondere Form eines heiligen Hains die auch als Fesselhain oder Fesselwald bezeichnet wird Tacitus zufolge fand in dem Hain ein Menschenopfer statt Die Opferung soll ein verbindendes Element der suebischen Stamme gewesen sein 1 Auch in der Lieder Edda wird im Zweiten Lied von Helgi dem Hundingstoter ein Fesselhain Fjoturlund erwahnt Zwischen beiden Hainen liegt offenkundig eine Analogie vor 2 die der Altgermanist Otto Hofler zu beweisen versuchte Hofler zufolge war das Opfer kein Niedriggestellter sondern ein Auserwahlter der sein Geschick freiwillig auf sich nahm 3 Semnonenhain nach Emil Doepler 1905 Inhaltsverzeichnis 1 Quellen 2 Lokalisierung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseQuellen BearbeitenTacitus beschreibt den Fesselhain wie folgt Stato tempore in silvam auguriis patrum et prisca formidine sacram omnes eiusdemque sanguinis populi legationibus coeunt caesoque publice homine celebrant barbari ritus horrenda primordia Est et alia luco reverentia nemo nisi vinculo ligatus ingreditur ut minor et potestatem numinis prae se ferens si forte prolapsus est attolli et insurgere haud licitum per humum evolvuntur eoque omnis superstitio respicit tamquam inde initia gentis ibi regnator omnium deus cetera subiecta atque parentia Zu bestimmter Zeit treffen sich samtliche Stamme desselben Gebluts durch Abgesandte vertreten in einem Haine der durch die von den Vatern geschauten Vorzeichen und durch uralte Scheu geheiligt ist Dort leiten sie mit offentlichem Menschenopfer die schauderhafte Feier ihres rohen Brauches ein Dem Hain wird auch sonst Verehrung gezeigt niemand betritt ihn er sei denn gefesselt um seine Unterwurfigkeit und die Macht der Gottheit zu bekunden Fallt jemand hin so darf er sich nicht aufheben lassen oder selbst aufstehen auf dem Erdboden walzt er sich hinaus Insgesamt grundet sich der Kultbrauch auf den Glauben dass von dort der Stamm sich herleite dort der allbeherrschende Gott wohne dem alles unterworfen gehorsam sei Tacitus Germania 39 Im Lied Helgakvida Hundingsbana II heisst es Var Helgi eigi gamall Dagr Hogna sonr blotadi odin til fodurhefnda odinn ledi Dag geirs sins Dagr fann Helga mag sinn thar sem heitir at Fioturlundi Hann lagdi i gognom Helga med geirnom THar fell Helgi Helgi wurde nicht alt Dag Hognis Sohn opferte Odin um Vaterrache Odin lieh Dag seinen Speer Dag traf Helgi seinen Schwager an dem Ort der Fjoturlund Fesselhain heisst Er durchbohrte Helgi mit dem Speer Dort fiel er Helgakvida Hundingsbana II Das Zweite Lied von Helgi dem Hundingstoter 29 4 Lokalisierung BearbeitenEin konkreter Ort konnte bisher nicht ausfindig gemacht werden Es gibt eine Reihe von Theorien Zusammenfassend werden folgende Kriterien herangezogen um den Hain zu lokalisieren Er muss im Siedlungsgebiet der Semnonen also zwischen Oder und Elbe liegen Es sollte eine moglichst dichte Besiedlung in der Nahe nachgewiesen sein Der Hain sollte in einer exponierten Lage liegen zum Beispiel an einer Handelsroute auf einem Berg oder bei einem bedeutenden Stein Der Brandenburghistoriker Johannes Schultze verortete den Hain in Zootzen einem Ortsteil von Friesack wo eine alte Geschichte uberliefert ist die an den Fesselhain erinnert 5 Der Rathenower Stadtarchivar Rudolf Guthjahr 1904 1988 siedelte den Semnonenhain zwischen Nauen und Velten im Kramer Forst an 6 Zudem gab es Vorschlage den Hain im Blumenthal bei Protzel 7 oder in den Rauener Bergen 8 zu suchen Fur die Rauener Berge sprachen neben der hugeligen Landschaft die grossen Markgrafensteine und der anliegende Scharmutzelsee Wolfgang Ribbe verwirft diese Orte da sie ausserhalb des semnonischen Siedlungsgebietes lagen und pladiert stattdessen fur das dicht besiedelte Havelland Neuere Forschungen weisen aber darauf hin dass es im ostlichen Brandenburg eine dichtere Besiedlung gegeben hat als bisher angenommen So konnten mit Susudata Furstenwalde und Colancorum Kustrin zwei Handelsstadte im ostlichen Brandenburg nachgewiesen werden 9 Literatur BearbeitenMichael D J Bintley Revisiting the Semnonenhain A Norse Anthropogonic Myth and the Germania In The Pomegranate 13 2 2011 S 146 162 Alfred Ebenbauer Ursprungsglaube Herrschergott und Menschenopfer Beobachtungen zum Semnonenkult In Antiquitates Indogermanicae Studien zur indogermanischen Altertumskunde und zur Sprach und Kulturgeschichte der Indogermanischen Volker Gedenkschrift fur Hermann Guntert zur 25 Wiederkehr seines Todestages am 23 April 1973 Universitat Innsbruck Innsbruck 1974 ISBN 3 85124 520 2 S 233 249 archive org Karl Hauck Lebensnormen und Kultmythen in germanischen Stammes und Herrschergenealogien In Saeculum 6 1955 S 193 Otto Hofler Das Opfer im Semnonenhain und die Edda In Hermann Schneider Hrsg Edda Skalden Saga Festschrift zum 70 Geburtstag von Felix Genzmer Heidelberg 1952 DNB 451042751 S 1 67 Rudolf Much Die Germania des Tacitus 3 Auflage Wolfgang Lange Hrsg unter Mitarbeit durch Herbert Jankuhn Verlag C Winter Heidelberg 1967 Eve Picard Germanisches Sakralkonigtum Quellenkritische Studien zur Germania des Tacitus und zur altnordischen Uberlieferung Universitatsverlag Winter Heidelberg 1991 ISBN 3 533 04418 1 uni frankfurt de PDF 9 0 MB Wolfgang Ribbe Geschichte Berlins Band 1 Berlin 1986 ISBN 3 7678 0681 9 S 35 38 J B Rives Hrsg Tacitus Germania Oxford 1999 englische Ubersetzung mit ausfuhrlicher Einleitung und umfangreichem Kommentar Jan de Vries Altgermanische Religionsgeschichte 3 Auflage Berlin 1970 Ludwig Rubekeil Suebica Volkernamen und Ethnos Innsbrucker Beitrage zur Sprachwissenschaft 68 Institut fur Sprachwissenschaft Innsbruck Innsbruck 1992 ISBN 3 85124 623 3 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Die Germania des Tacitus Quellen und VolltexteEinzelnachweise Bearbeiten Heinrich Beck Menschenopfer in der literarischen Uberlieferung S 240 258 Rudolf Simek Lexikon der germanischen Mythologie Kroners Taschenausgabe Band 368 3 vollig uberarbeitete Auflage Kroner Stuttgart 2006 ISBN 3 520 36803 X Otto Hofler Das Opfer im Semnonenhain und die Edda In Hermann Schneider Hrsg Edda Skalden Saga Festschrift zum 70 Geburtstag von Felix Genzmer Heidelberg 1952 S 1 67 Ubersetzung von Arnulf Krause Die Gotter und Heldenlieder der Alteren Edda Reclam Verlag Stuttgart 2004 ISBN 3 15 050047 8 S 289 Johannes Schultze Die Mark Brandenburg Band 1 Entstehung und Entwicklung unter den askanischen Markgrafen bis 1319 Verlag Duncker amp Humblot Berlin 1961 S 18 die mark online de 1 2 Vorlage Toter Link www die mark online de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis Theodor Fontane Das Oderland Barnim Lebus In Die Wanderungen 2 Band Friedrich Wilhelm Hendel Verlag Naunhof und Leipzig 1940 S 383 389 Georg F G Goltz Diplomatische Chronik Furstenwalde Furstenwalde 1837 S 9 10 Andreas Kleineberg Christian Marx Eberhard Knobloch Dieter Lelgemann Germania und die Insel Thule Die Entschlusselung von Ptolemaios Atlas der Oikumene Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2010 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Semnonenhain amp oldid 236858479