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Das Schutzlandprinzip ist ein Grundsatz im internationalen Privatrecht wonach fur Fragen des geistigen Eigentums das Recht desjenigen Staates anzuwenden ist fur dessen Gebiet der Schutz beansprucht wird Das Recht des Schutzlandes entscheidet welches materielle Privatrecht inlandische Behorden und Gerichte auf einen Sachverhalt mit Auslandsberuhrung anzuwenden haben Dem fur die Bestimmung des anwendbaren Rechts massgeblichen Schutzlandgrundsatz liegt unter anderem der Gedanke zugrunde dass es in erster Linie Sache des jeweiligen Landes ist fur dessen Gebiet hinsichtlich einer urheberrechtlich relevanten Handlung Schutz gewahrt wird zu bestimmen welchen Umfang dieser Schutz dort haben soll 1 Dem Urheber steht weltweit somit kein einheitliches Urheberrecht zu das einem einzigen Statut unterliegt sondern ein Bundel nationaler und inhaltlich unterschiedlicher Urheberrechte 2 Inhaltsverzeichnis 1 Schutzlandprinzip als Kollisionsregel 2 Anwendbares Recht 3 Schutzlandprinzip und Internet 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseSchutzlandprinzip als Kollisionsregel BearbeitenDas Schutzlandprinzip korrespondiert mit dem Territorialitatsprinzip welches fur sich keine positive Rechtsverweisungsnorm darstellt sondern zunachst nur aussagt dass der Geltungsbereich eines nationalen Immaterialguts auf das entsprechende Staatsgebiet beschrankt ist Danach ist das Urheberrecht raumlich auf die Grenzen des Staates beschrankt Das Territorialitatsprinzip drangt den Urheberrechtsinhaber seine Rechte in der Rechtsordnung des jeweiligen Schutzlandes zu suchen Anders als beim Territorialitatsprinzip ist der Inhalt des Schutzlandprinzips nicht die materiellrechtliche Aussage dass Rechte raumlich begrenzt wirken sondern die kollisionsrechtliche Aussage dass Immaterialguterrechten wegen der Besonderheit ihrer fehlenden festzumachenden Belegenheit eine Rechtsordnung zugewiesen wird 3 Den international existierenden Urheberrechtsabkommen lag wegen der sehr unterschiedlichen Regelungen im Urheberrechtsbereich primar nicht der Gedanke der Schaffung eines einheitlichen Urheberrechts zugrunde sondern die Verwirklichung des Inlanderbehandlungsgrundsatzes Urheber sollten fur ihre Werke in den Vertragsstaaten die gleichen Rechte haben die die Gesetze des Landes ihren inlandischen Urhebern gewahren Anwendbares Recht BearbeitenDieser Grundsatz findet sich in der Berner Ubereinkunft dem TRIPS und gilt ebenfalls fur den WIPO Urheberrechtsvertrag 4 Aus dem etwa in der Berner Ubereinkunft der PVU oder dem TRIPS enthaltenen Inlanderbehandlungsgrundsatz wird verbreitet der Territorialitatsgrundsatz und der Kollisionsgrundsatz des Schutzlandprinzips abgeleitet Besondere Bedeutung hat dabei der Art 5 der Berner Ubereinkunft 5 Er lautet 1 Die Urheber geniessen fur die Werke fur die sie durch diese Ubereinkunft geschutzt sind in allen Verbandslandern mit Ausnahme des Ursprungslandes des Werkes die Rechte die die einschlagigen Gesetze den inlandischen Urhebern gegenwartig gewahren oder in Zukunft gewahren werden sowie die in dieser Ubereinkunft besonders gewahrten Rechte 2 Der Genuss und die Ausubung dieser Rechte sind nicht an die Erfullung irgendwelcher Formlichkeiten gebunden dieser Genuss und diese Ausubung sind unabhangig vom Bestehen des Schutzes im Ursprungsland des Werkes Infolgedessen richten sich der Umfang des Schutzes sowie die dem Urheber zur Wahrung seiner Rechte zustehenden Rechtsbehelfe ausschliesslich nach den Rechtsvorschriften des Landes in dem der Schutz beansprucht wird soweit diese Ubereinkunft nichts anderes bestimmt Das Schutzlandprinzip liegt Art 5 Abs 2 Satz 2 der Berner Ubereinkunft zugrunde 6 Anspruche aus Urheberrechtsverletzungen richten sich danach nach dem Recht des Landes fur dessen Gebiet Schutz gesucht wird sogenannte lex loci protectionis Ein Urheberrecht kann deshalb nur in dem Staat verletzt werden in dem es gewahrt wurde In Osterreich regelt dies zudem der 34 des Bundesgesetzes uber das internationale Privatrecht 7 in der Schweiz der Art 110 des Bundesgesetz uber das internationale Privatrecht 8 und in Deutschland fur Vorschriften des Internetrechts das Telemediengesetz TMG Gemass 3 Abs 4 Nr 6 TMG gilt das sonst gultige Herkunftslandprinzip bei Urheberrechten nicht Das Schutzlandprinzip ist wie das Territorialitatsprinzip international anerkannt Dem Schutzlandgrundsatz schliesst sich in Art 8 Rom II VO 9 auch die am 11 Januar 2009 in Kraft getretene sogenannte EG Rom II Verordnung an Namentlich im Internationalen Urheberrecht wird im Schrifttum jedoch auch die vollstandige oder partielle Ersetzung des Territorialitatsprinzips durch das Universalitatsprinzip und des Schutzlandprinzips durch das Herkunftslandprinzip vertreten Der deutsche Bundesgerichtshof hat am 5 Juni 2003 ein Grundsatzurteil zum Schutzlandprinzip gefallt 10 In seiner Hundertwasserentscheidung hat der Bundesgerichtshof ausgefuhrt dass der Klager als Angehoriger eines Mitgliedstaates der Europaischen Union fur seine Werke in Deutschland Schutz geniesse 10 Schutzlandprinzip und Internet BearbeitenSchwierig bleibt die Frage nach dem anwendbaren Recht bei Handlungen im Internet weil die weltweite Erreichbarkeit des Internets die klare territoriale Zuordnung einer Verletzungshandlung zu einem bestimmten Schutzterritorium erschwert Unterschieden werden unter anderem Ort der Tat Angebotsstaat und Abrufstaat Eine Dissertation aus dem Jahre 1999 kommt unter Bezug auf Deutschland fur das Urheberrecht zum Ergebnis Nach deutschem Recht liegt der Handlungsort des Zuganglichmachens in Deutschland wenn sich dort der Server befindet auf dem das Werk dauerhaft angeboten wird Deutschland ist auch dann ein Schutzland wenn der betroffene Server im Ausland steht im Inland jedoch ein Abruf des Angebots moglich ist 11 Nach uberwiegender Auffassung der auch die deutsche und osterreichische Rechtsprechung folgt genugt zur Annahme der Verletzung eines inlandischen Schutzrechts jedoch nicht die blosse Abrufbarkeit einer Internetinformation im Inland 12 Der deutsche Bundesgerichtshof stellt mit der markenrechtlichen Entscheidung Hotel Maritim aus dem Jahre 2005 13 bei Kennzeichenrechtsverletzungen auf einen wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug ab 14 Das Schutzlandprinzip fuhrt dazu dass die Aufnahme eines urheberrechtlich geschutzten Werkes die im Herkunftsland legal vermarktet werden darf z B in Deutschland nicht vertrieben werden darf wenn nicht alle dafur in Deutschland geltenden Voraussetzungen vorliegen Doch das Prinzip gilt auch in umgekehrter Weise Wenn ein Gebaude im Ausland fotografiert wurde die Aufnahme nach dortigem Recht nicht vermarktet werden darf kann gleichwohl die Vermarktung in Deutschland zulassig sein wenn die Voraussetzungen der Panoramafreiheit nach deutschem Recht vorliegen Durfen zum Beispiel Aufnahmen des nachtlich beleuchteten Eiffelturms in Frankreich wegen fehlender Panoramafreiheit nicht publiziert werden spielt dies fur die Zulassigkeit der Nutzung des Fotos in Deutschland keine Rolle 15 16 Die Geltung des Schutzlandprinzips bereitet Rechteverwertern im Internetbereich allerdings dennoch grosse Probleme Da das Schutzlandprinzip auch bedingt durch internationale Vertrage international stark verbreitet ist mussten diejenigen Urheber von Internetinhalten die jede Rechtsverletzung ausschliessen mochten ihren Online Auftritt nach den Urheberrechtsordnungen samtlicher Staaten richten von denen aus ihr Angebot zuganglich ist auch wenn dies aufgrund der Vielzahl nationaler Rechtsvorschriften praktisch nicht umsetzbar sein wird 17 Jeder dieser Staaten kommt namlich jedenfalls potenziell als Schutzland in Frage denn ob uberhaupt wie in Deutschland ein Inlandsbezug gefordert ist wird in verschiedenen Jurisdiktionen unterschiedlich beurteilt Nach einer neueren Mindermeinung ist daher eine Anknupfung an das Recht der Staatsangehorigkeit des Rechtsinhabers geboten weil hier die engste Verbindung von Werk und Schopfer gegeben ist 18 Die Umsetzung der universellen Anknupfung 19 an das Recht der Staatsangehorigkeit des Urhebers lex patriae auctoris konnte beispielsweise durch Revision der Berner Ubereinkunft vollzogen werden Was dann wiederum ausserordentliche Konsequenzen fur Staatenlose nach sich ziehen wurde Literatur BearbeitenFrank Beckstein Einschrankungen des Schutzlandprinzips Die kollisionsrechtliche Behandlung von Immaterialguterrechtsversetzungen im Internet Mohr Siebeck 2010 ISBN 978 3 16 150310 8 Lionel Schupbach Das Schutzlandprinzip im Urheberkollisionsrecht Eine kritische Untersuchung Helbing Lichtenhahn Verlag Basel 2018 ISBN 978 3 7190 4095 6 Walter Dillenz Daniel Gutman Praxiskommentar zum Urheberrecht Osterreichisches Urheberrechtsgesetz und Verwertungsgesellschaftengesetz UrhG amp VerwGesG 2 erweiterte Auflage Springer Wien u a 2004 ISBN 3 211 20796 1 S 325 ff Jan Philipp Oppermann Die kollisionsrechtliche Anknupfung internationaler Urheberrechtsverletzungen Das universelle Verstandnis im Urheberrecht Nomos 2011 ISBN 978 3 8329 6269 2 othes univie ac at Thomas Pattloch Das IPR des geistigen Eigentums in der VR China Studien zum auslandischen und internationalen Privatrecht 103 Mohr Siebeck Tubingen 2003 ISBN 3 16 148053 8 S 58 ff Zugleich Passau Univ Diss 2002 Manfred Rehbinder Urheberrecht Ein Studienbuch Kurzlehrbucher fur das Juristische Studium 15 neu bearbeitete Auflage Beck Munchen 2008 ISBN 978 3 406 57054 4 S 346 ff Markus Junker Anwendbares Recht und internationale Zustandigkeit bei Urheberrechtsverletzungen im Internet Dissertation Univ Saarbrucken kassel university press 2002 ISBN 3 933146 78 X uni kassel de PDF 1 8 MB Tobias Schroeter Die Uberwindung des Territorialitatsprinzips bei der Anknupfung des Inhalts von Urheberrechten Eine rechtsvergleichende Untersuchung des europaischen und US amerikanischen Internationalen Privatrechts 2018 S 215 ff urn nbn de hbz 6 27179630867 Weblinks BearbeitenThomas Hoeren Kollisionsrechtliche Anknupfungen in internationalen Datennetzen Konsequenzen des Schutzlandprinzips fur das Internet Uni Munster uni muenster de PDF 84 kB Einzelnachweise Bearbeiten BGH Urteil vom 7 November 2002 Az I ZR 175 00 Volltext Schutzlandprinzip Sender Felsberg BGH Urteil vom 2 Oktober 1997 Az I ZR 88 95 Volltext MMR 1998 35 Spielbankaffaire jurion de Memento vom 18 Dezember 2012 im Webarchiv archive today Thomas Pattloch Das IPR des Geistigen Eigentums in der VR China Mohr Siebeck 2003 ISBN 3 16 148053 8 S 58 ff Schutzlandprinzip und Internet Memento vom 26 Februar 2009 im Internet Archive Linksandlaw de Berner Ubereinkommen zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst Uni Munster Internationales Urheberrecht PDF S 3 Uni Leipzig Osterreichisches Bundesgesetz uber das internationale Privatrecht 34 IRPG PDF 63 kB Schweizer Bundesgesetz uber das Internationale Privatrecht Art 110 IRPG Verordnung EG Nr 864 2007 des Europaischen Parlaments und des Rates vom 11 Juli 2007 uber das auf ausservertragliche Schuldverhaltnisse anzuwendende Recht Rom II a b BGH Urteil 5 Juni 2003 Az I ZR 192 00 Volltext Susanne Muth Die Bestimmung des anwendbaren Rechts bei Urheberrechtsverletzungen im Internet Peter Lang Frankfurt am Main 2000 ISBN 3 631 35809 1 Zugleich Dissertation Universitat Dusseldorf 1999 Karl Heinz Fezer Stefan Koos Internationales Wirtschaftsrecht In Staudingers Kommentar zum Burgerlichen Gesetzbuch EGBGB IPR Neubearbeitung 2006 BGH Urteil vom 13 Oktober 2004 Az I ZR 163 02 Volltext Bundesgerichtshof Hotel Maritim Stephan Bucker Fotografie von im Eigentum Dritter stehender Gegenstande nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt Memento vom 25 Februar 2013 im Internet Archive 2008 David Seiler Gebaudefotografie in der EU Neues vom Hundertwasserhaus Memento vom 4 Juni 2016 im Internet Archive 2005 Thomas Hoeren Internetrecht S 109 ff Skriptum Uni Munster September 2009 Memento vom 24 August 2009 im Internet Archive PDF 3 3 MB Jan Philipp Oppermann Die kollisionsrechtliche Anknupfung internationaler Urheberrechtsverletzungen Das universelle Verstandnis im Urheberrecht Nomos Baden Baden 2011 ISBN 978 3 8329 6269 2 Haimo Schack Urheber und Urhebervertragsrecht 8 Auflage Mohr Siebeck Tubingen 2017 ISBN 978 3 16 155676 0 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Normdaten Sachbegriff GND 7697611 7 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schutzlandprinzip amp oldid 230067378