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Schadegard war eine Siedlung die in der Nahe oder auf dem Territorium der Hansestadt Stralsund existierte Im Jahr 1271 wurde die Siedlung aufgegeben Uber die genaue Lage ist nichts uberliefert Die beiden vorherrschenden sich widersprechenden Vorstellungen von der einstigen Lage Schadegards sind auf unterschiedliche Deutungen der in lateinischer Sprache abgefassten urkundlichen Erwahnungen zuruckzufuhren Da beide in Frage kommende Gegenden eine dichte Wohnbebauung aufweisen gibt es keine Moglichkeit durch archaologische Untersuchungen Klarheit zu erlangen Inhaltsverzeichnis 1 Urkundliche Erwahnungen 2 Name 3 Die Stralsunder Neustadt 4 Lage Schadegards 4 1 Lage in der Stralsunder Neustadt 4 2 Lage nordlich der Stadt Stralsund 5 Literatur 6 EinzelnachweiseUrkundliche Erwahnungen BearbeitenIm Jahr 1269 unterzeichnete Furst Wizlaw II eine Urkunde mit folgendem lateinischem Text Bei dieser Urkunde handelt es sich um die erste von nur zwei Erwahnungen Schadegards qua propter notum esse volumus universis quod nos prudentium nostrorum uti consilio burgensium nostrorum videlicet dilectorum Stralessund propter melius bonum et propter utilitatem futuram civitatem nostram novam Schadegard dictam duximus totaliter adnichilandam et tempore procedente aliam in loco magis apto ubi nostris dilectis expedire videbitur exponendam 1 Aus dem Jahr 1271 stammt die zweite und zugleich letzte bekannte Erwahnung Schadegards Anno Domini 1271 die beate Katerine magister Godefredus ortolanus convenit cimiterium in Schadegarde et quoddam aliud spaciam ad hoc ad 12 annos ita tamen quod singulis annis dabit civitati 2 libras 2 Die Ubersetzung der Texte in die deutsche Sprache ist zwischen den Historikern umstritten Grundsatzliche Einigkeit besteht darin dass Furst Wizlaw II mit der ersten Urkunde Schadegard auf Bitten seiner geliebten Einwohner von Stralsund aufgab Welcher Form diese Aufgabe war ist dann schon umstritten Der zweite Text berichtet von der Verpachtung eines Grundstucks mit Bezug zu Schadegard durch den Rat der Stadt Stralsund am 23 November 1271 an einen Gartner Hier gibt es unterschiedliche Deutungen zur Art des Grundstucks Keine der beiden urkundlichen Erwahnungen trifft ausdruckliche Aussagen zur Lage Schadegards oder lasst eindeutige Verortungen zu Name BearbeitenDer Name Schadegard lasst sich verschieden deuten Vertreten werden die Bedeutungen Wartburg Graue Stadt Burg und kleine Stadt Burg Zunachst nahm man an Schadegard konne aufgrund des Namensbestandteils Schade analog dem polnischen Begriff czata fur Wache Wachposten als Wartburg gedeutet werden Nach F Liewehr allerdings fand das Wort czata erst im 17 Jahrhundert Eingang in die polnische Sprache 3 Teodolius Witkowski deutete daher den Namensbestandteil Schade als nordwestslawisch fur sady grau und gard fur die nordwestslawische Bezeichnung Burg Schloss Stadt Schadegard wurde demnach etwa Graue Stadt Burg bedeuten 3 Max Bathe verweist wiederum auf das Auftreten des Namensbestandteils Schade in Flur und Siedlungsnamen wie Schadebeuster bei Perleberg Schadewohl und Schadeberg in der Altmark und Schadefahre Schade bedeute hier klein und Schadegard somit kleine Stadt Burg Dass es sich bei Schadegard zum Zeitpunkt des Abbruchs noch um eine Burg gehandelt hatte ist unwahrscheinlich Denn die slawischen Burgen gingen nach 1235 in Vorpommern und nach 1240 in Hinterpommern ein nachdem dort die deutsche Vogteiverfassung die wendische Kastellaneiverfassung abgelost hatte Zur Zeit der Auflosung Schadegards im Jahr 1269 wurden mit Sicherheit keine Burgen mehr errichtet Die Fursten errichteten zumeist anstelle der Burgen ein furstliches Haus 4 Die Stralsunder Neustadt Bearbeiten nbsp Stadtplan Stralsunds von 1647 die Altstadt und die Neustadt vereintBereits im Jahr 1256 erfolgte die erstmalige urkundliche Nennung einer Stralsunder Neustadt quod nos domui S Spiritus in nostra civitate noviter fabricate contulimus quandam insulam sive agrum adjacentem nove civitati 5 Diese Neustadt lag rund um den heutigen Neuen Markt zwischen Lobshagen und Tribseer Tor Furst Wizlaw I hatte 12 Jahre zuvor im Jahr 1234 der Siedlung Stralsund am Ufer des Strelasunds die Lubischen Stadtrechte nach dem Vorbild Rostocks verliehen Die Stadt Stralsund hatte zu dieser Zeit ihren Mittelpunkt in der heutigen Altstadt rund um den Alten Markt bis etwa zur Linie Papenstrasse Apollonienmarkt Katharinenberg Lage Schadegards BearbeitenSchadegards Lage wird entweder auf dem Gebiet der Neustadt in der Nahe des heutigen Neuen Marktes sudlich des Grundungszentrums von Stralsund um den heutigen Alten Markt oder auf dem Gebiet der heutigen Kniepervorstadt im Norden des ursprunglichen Stadtzentrums vermutet Da eine archaologische Untersuchung in diesen Gebieten wegen der dichten Wohnbebauung nicht moglich ist fallt die genaue Bestimmung schwer Die zwei Urkunden in lateinischer Sprache werden von Historikern unterschiedlich ubersetzt bzw gedeutet Lage in der Stralsunder Neustadt Bearbeiten Zu den Verfechtern einer Lage Schadegards sudlich des ursprunglichen Zentrums von Stralsund in der spateren Neustadt gehoren Hellmuth Heyden und Herbert Ewe Ewe nannte seine Vermutung 1958 allerdings eine gewagte Hypothese 6 Heyden verortet Schadegard mitsamt der heute nicht mehr existierenden Kirche St Peter und Paul in der Nahe des heutigen Katharinenbergs und des Katharinenklosters und teilweise auf dem heutigen Neuen Markt Nach dem Abbruch der Burg entstand demnach dort ein furstliches Haus mit der Burgkapelle St Peter Nach der Aufhebung des Burgfleckens Schadegard 1269 und der Eingemeindung nach Stralsund ware als Ersatzort fur Schadegard die Neustadt starker mit der Altstadt verbunden worden 7 Heyden weist darauf hin dass seine Theorie durch das tatsachlich erfolgte Zusammenwachsen von Alt und Neustadt gestutzt werde Stralsunder Urkunden erwahnen tatsachlich eine heute nicht mehr existente St Peter und Paul Kirche 8 Dem Petrus geweihte Kirchen waren vielerorts in Pommern anstelle der vormaligen heidnischen Tempel in den slawischen Burgen errichtet worden so in Stettin 1124 Um 1298 begannen die deutschen Siedler in der Neustadt mit dem Bau der Marienkirche Bis etwa 1321 existierten offenbar zwei grosse Kirchen in der Stralsunder Neustadt Die Marienkirche diente den deutschen Siedlern und St Peter den wendischen Einwohnern Zum Beleg seiner These deutet Heyden das Wort nichilanda in der ersten Urkunde im Sinne von Aufhebung und nicht von Abbruch dazu ware nach Heyden das Wort destruere verwendet worden Er sieht seine Ubersetzung durch den Codex Pomeraniae diplomaticus S 403 405 601 ff gestutzt Exponenda ubersetzt er als herausstellen im Sinne von aus einer schon bestehenden Ansiedlung eine weitere herausstellen und herausbauen Ein Neubau ware nach Heyden mit exstruere oder locale beschrieben worden Tatsachlich wird in den Stralsunder Urkunden das erste Stralsunder Urkundenbuch beginnt mit dem Jahr 1270 nie etwas von einem Abbruch einer Stadt oder gar dem Neubau einer solchen erwahnt Dafur beurkundet Witzlaw II 1273 dass er fur den Fall einer Verbindung des alten Ortes Stralsund mit einem oder dem neuen Ort die orbare erhohen wolle extra prenominate ville munitionis ambitum villa de novo fundate tamquam priori annexa Die zeitliche Nahe legt nach Heyden nahe dass es sich bei den beschriebenen Vorgangen der Urkunden von 1269 und 1273 um denselben Vorgang handelte namlich eine Verbindung von Stralsunds Altstadt mit Schadegard als Neustadt in Form einer Eingemeindung Er sieht seine These zudem gestutzt von seiner Deutung der zweiten Urkunde wonach 1271 der Schadegarder Kirchhof cimiterium in Schadegarde verpachtet worden sei Auf diesem Kirchhof vermutet er die St Peter Kirche Hagemeister erwahnt allerdings ohne Quellenangabe dass sich der Rugenfurst beim Angriff der pommerschen Herzoge Bogislaw II und Kasimir II im Jahr 1212 in eine Kirche zuruckgezogen hatte 9 wobei es sich dabei nach Heyden um die Schadegarder Kirche gehandelt hatte Dass die Pacht an Stralsund zu entrichten war deutet Heyden somit als Beleg dafur dass Schadegard lediglich seine Selbstandigkeit verloren habe und ein Ortsteil von Stralsund geworden ware Grund fur den Wunsch der Stralsunder Burger Schadegards Selbstandigkeit als vom Landesherren abhangigen Burgort aufzuheben ware der Drang nach Erweiterung des Stadtgebietes in sudlicher Richtung gewesen Als nova civitas ware nach Heyden das Gebiet bezeichnet gewesen das ausserhalb des Grundungszentrums lag und das sich mit der steten Vergrosserung der Stadt aufgrund des Zuzugs von Deutschen von einem slawischen Burgflecken zu einer deutschen Siedlung entwickelte Lage nordlich der Stadt Stralsund Bearbeiten Auf dem Gebiet der heutigen Kniepervorstadt vermuten Historiker wie A Brandenburg Otto Fock und Konrad Fritze Schadegard Sie gehen davon aus dass es sich bei Schadegard um eine selbstandige Stadt in der Nahe Stralsunds gehandelt habe Sie deuten civitas novas als neue Stadt und nicht als Neustadt in Abgrenzung zur Altstadt civitas antiqua Auch die Stadt Stralsund wird in einer Urkunde vom 25 Februar 1240 in der der Stadt nochmals das Stadtrecht bestatigt wird als civitas nova bezeichnet 10 Hier wird civitas nova wohl im Sinne von einer kurzlich neu gegrundeten Stadt verwendet Ernst Uhsemann sieht Schadegard als Neugrundung der Stralsunder Burger nach dem Uberfall der Lubecker und der damit verbundenen fast volligen Zerstorung der gerade gegrundeten Stadt Stralsund im Jahr 1249 11 Dabei bezieht er sich auf Brandenburgs Ausfuhrungen wonach die neue Stadt Schadegard von den Stralsundern selbst angelegt war sie hatte keine eigenen Bewohner und keine eigene Obrigkeit die angekundigte Zerstorung war nur die formliche Anerkennung dafur dass Stralsund wieder als Stadt hergestellt worden war 12 Auch Konrad Fritze vermutet dass Schadegard nordlich am Strelasund gelegen habe Er sieht in der Anlage Schadegards eine Befestigungsanlage die zum besseren Schutz Stralsunds errichtet wurde 13 Fritze sieht rund um die Anlage die Entwicklung eines suburbiums als moglich an welches in Konkurrenz zu Stralsund stand und von den Stralsundern deshalb nicht geduldet wurde Literatur BearbeitenA Brandenburg Wo stand Stralsund vor 600 Jahren Stralsund 1830 Kulturhistorisches Museum Stralsund Stadtarchiv Stralsund Landesarchiv Greifswald Museum der Stadt Greifswald und Stadtarchiv Greifswald Hrsg Greifswald Stralsunder Jahrbuch Band 4 Petermanken Verlag Schwerin 1964 Ernst Uhsemann Streifzuge durch das alte Stralsund Verlag der Koniglichen Regierungs Buchdruckerei Stralsund 1925Einzelnachweise Bearbeiten Pommersches Urkundenbuch II 903 zum Jahre 1269 Carl Gustav Fabricius Das alteste Stralsunder Stadtbuch 1270 1310 Berlin 1872 a b Teodolius Witkowski Strela Stralow Stralsund Schadegard sprachlich In Greifswald Stralsunder Jahrbuch Band 4 1964 S 66 Hellmuth Heyden Zum Schadegard Problem In Greifswald Stralsunder Jahrbuch Band 4 1964 S 57 Pommersches Urkundenbuch II S 32 f Nr 625 Herbert Ewe Die Altstadt von Stralsund Untersuchungen zum Baubestand und zur stadtebaulichen Denkmalpflege Berlin 1958 S 15 Hellmuth Heyden Zum Schadegard Problem In Greifswald Stralsunder Jahrbuch Band 4 1964 S 57 62 Carl Gustav Fabricius Das alteste Stralsunder Stadtbuch 1270 1310 Berlin 1872 W Hagemeister Ein Gang durch die St Nikolaikirche zu Stralsund Stralsund 1900 Pommersches Urkundenbuch I 374 Ernst Uhsemann Streifzuge durch das alte Stralsund Verlag der Koniglichen Regierungs Buchdruckerei Stralsund 1925 S 10 A Brandenburg Wo stand Stralsund vor 600 Jahren Stralsund 1830 Konrad Fritze Entstehung Aufstieg und Blute der Hansestadt Stralsund In Geschichte der Stadt Stralsund Hermann Bohlaus Nachfolger Weimar 1984 S 16 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Schadegard amp oldid 217330507