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Sayyid Ahmad Khan Bahadur persisch سید احمد خان بہادر heute meist als Sir Syed bekannt 1 17 Oktober 1817 in Delhi 27 Marz 1898 in Aligarh war ein indischer Gelehrter und eine zentrale Figur des sudasiatischen Reformislams Sayyid Ahmad Khan mit den Ordenszeichen des Order of the Star of IndiaSayyid Ahmad Khan Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Verhaltnis zu den Briten 3 Denken und Wirken 4 Islam als wahre Religion 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseLeben BearbeitenAhmad Khans Vorfahren stammten ursprunglich aus der persischen Stadt Herat im mittelalterlichen Chorasan bevor sie nach Indien auswanderten 2 Er wuchs bei seinem Grossvater Khwajah Farid ud Din Ahmad Khan auf 3 Seine Familie hatte eine enge Verbindung zum Hof des Moguls denn sein Grossvater war ein Wazir und Botschafter in Iran und Burma fur die East India Company 3 Er lehrte zudem Mathematik und Astronomie an der Calcutta Madrasa um niedere Beamte fur die Regierungsamter auszubilden 3 Seine Mutter Aziz an Nisa Begum die Khan hochschatzte hatte sich dem Sufismus verschrieben was einen grossen Einfluss auf ihn hatte 3 Khan war lange Zeit an einem islamischen Gerichtshof tatig und schrieb Abhandlungen uber die islamische Geschichte und die islamische Religion 4 Verhaltnis zu den Briten BearbeitenAb 1839 arbeitete Sayyid Ahmad Khan als Beamter fur die East India Company In dieser Funktion grundete er Ubersetzungsvereine wie beispielsweise die Translation Society Seine Zuwendung zur englischen Sprache und Kultur hatte sich seit seinem Besuch in England 1869 70 verstarkt was zu starker Kritik fuhrte Seine Gegner warfen ihm vor die britische Zivilisation als hochste Kulturstufe zu sehen Von Seiten der Briten wiederum erhielt er als treuer Untertan den Adelstitel 5 Wahrend des Aufstands von 1857 hatte er in seiner Funktion als britischer Beamter die Kolonie in Bijnaur vor den Aufstandischen verteidigt 6 Sayyid Ahmad sah die Zusammenarbeit mit den Briten als einzige Moglichkeit an die Lage der Muslime in Indien zu verbessern Fur ihn war der Aufstand von 1857 die Folge von Missverstandnissen zwischen den Briten und den indischen Muslimen gewesen da sie gegenseitig ihre Brauche und Sitten nicht kannten und nicht verstanden Daher unternahm er den Versuch einen Kommentar zur Bibel zu schreiben Sayyid Ahmad vollendete den Kommentar zwar nicht aber er kann dennoch als wichtig angesehen werden da er der erste Versuch eines Kommentars von muslimischer Seite war 7 Denken und Wirken BearbeitenKhan hat in seinem Leben drei Stationen des Denkens durchlaufen die sich folgendermassen einordnen lassen Religioses Denken 1842 1857 Zeit der Ubersetzung 1857 1869 Interpretation der Religion 1870 1898 8 Anhand bestimmter Koranverse die er neu interpretierte versuchte er zu belegen dass der Dschihad fur Muslime nur dann verpflichtend sei wenn es eine aktive Unterdruckung oder Behinderung der Religionsausubung gebe Fur Khan stellt sich der Dschihad somit als ein Kampf fur die Religionsfreiheit dar da die Briten aber weder das rituelle Gebet noch das Ramadan Fasten und die Pilgerfahrt nach Mekka behinderten sei ein Dschihad gegen sie unzulassig Khan interpretiert die kriegerischen Auseinandersetzung des Propheten und seiner Nachfolger nach der Vertreibung also nicht primar als ein Kampf gegen eine andere Religion sondern fur eine freie Religionsausubung 9 Die theologischen Grundlinien Khans sind von der Lehre Schah Waliullahs gepragt und fuhrt damit die Gedanken einer innerislamischen Erneuerungsbewegung fort die noch nicht in Wechselwirkung mit dem Westen entstand So betont auch Khan die Konzentration auf Koran und Sunna im Rahmen des ijtihads bei der Losung von Rechtsproblemen 10 Sayyid Ahmad Khan beschaftigte sich ab 1870 auch intensiv mit der Herausforderung die die neu entstehende Disziplin der Naturwissenschaften an Gesellschaft und Religion stellte 11 In einer Rede 12 legt er dar wie der wahre Islam seiner Meinung nach sein sollte Zum einen grenzt er den Islam scharf von der griechischen Philosophie besonders Aristoteles ab deren Denkweisen tief in der islamischen Kultur verwurzelt sind womit er indirekt den rationalistisch gepragten Islam der an den Madrasas den islamischen Hochschulen gelehrt wird kritisiert Die griechische Philosophie ist fur ihn ein unzureichendes Mittel um den Anforderungen zu genugen die die moderne Naturwissenschaft an die Religion stellt Diese moderne Naturwissenschaft ist durch die Empirie ausgezeichnet und gerade nicht durch ein sich auf eine Metaphysik berufendes Gedankengerust Sayyid Ahmad Khan sieht in dieser naturwissenschaftlichen Empirie und Erfahrungsorientierung den Anknupfungspunkt an den Islam und die grundstandige Vereinbarkeit mit ihm Sie beruht darauf dass er den Islam als Gottes Wort die Naturwissenschaft aber als Gottes Werk betrachtet die per se nicht im Widerspruch zueinander stehen konnen 13 Der Islam muss seiner Meinung nach zuruck zu seinen Wurzeln um flexibel genug zu sein den Anfragen der neuen Zeit zu genugen Sayyid Ahmad Khan lasst sich damit in die breite Stromung des Reformislam wie es ihn zur gleichen Zeit zum Beispiel auch in Agypten gab einordnen So versuchte er zum Beispiel den Koran von seinem mystischen Beiwerk zu befreien und betonte naturwissenschaftliche Elemente innerhalb der Theologie Dieser Versuch der Vereinbarung von Theologie und Naturwissenschaft brachte ihm allerdings viel Kritik ein da er selbst nicht die Madrasen Ausbildung absolviert hatte es sich aber dennoch zur Aufgabe gesetzt hatte theologische Aussagen zu hinterfragen 14 Diese Vorwurfe kamen vor allem von Seiten der orthodoxen muslimischen Bewegungen der Ahl i Hadith und der Deoband Schule von denen er teilweise als Naturalist kritisiert wurde 15 Ausserdem wurde er stark fur seinen Bibelkommtar kritisiert in dem er dem Vorwurf einer Falschung der Erzahlungen widerspricht In diesem Zusammenhang sah er sich dem Vorwurf einer zu starken Assimilierung an den kolonialen Westen ausgesetzt Ab etwa 1862 beschaftigte sich Ahmad Khan mit der Bibel der er grundsatzliche Authentizitat der Schriften und teilweisen Offenbarungscharakter zurechnete Er teilte nicht die von Muslimen schon zur selben Zeit geausserten Vorwurfe das Christentum sei aufgrund seiner Lehre von der Trinitat eine polytheistische Religion 1869 70 lebte Ahmad Khan etwa anderthalb Jahre lang in England Nach der Ruckkehr versuchte er die Muslime in Indien nicht nur davon zu uberzeugen der britischen Herrschaft gegenuber loyal zu sein sondern auch etwas von der westlichen Kultur aufzunehmen Zudem beschloss er ein muslimisches Cambridge zu bauen Die Absicht die er verfolgte war die Muslime wieder an das Eliten und Staatssystem anschlussfahig zu machen Im britischen Kolonialismus hat sich das System dahingehend verandert dass nun vor allem brahmanische Hindus in Verwaltungspositionen eingesetzt wurden die sich bereitwilliger in das koloniale Verwaltungssystem integrieren liessen Damit bildeten sie eine neue elitare Schicht gegenuber den Muslimen die nach dem Aufstand 1857 durch den Untergang des Mogulreichs und die Machtubernahme der britischen Kolonialherren ihre Macht einbussten 16 Diese Entwicklung empfanden die Muslime als Demutigung weshalb sie sich vom System abgewendet haben Mit der Abwendung verpassten sie den Anschluss was unter anderem auch die sprachliche Bildung betraf Um die Anschlussfahigkeit wiederherzustellen grundete Khan das Anglo Muhammadan Oriental College die spatere Aligarh Muslim University Hier konnten junge Muslime die neue Amtssprache Englisch lernen damit sie den kolonialen Anspruchen gerecht werden konnten Der neu gestaltete Lernkanon zielte dabei auch darauf ab die Schuler in Kontakt mit Humanismus Naturwissenschaften und Politiktheorie zu bringen 17 In der Konsequenz sollten erneut muslimische Eliten etabliert werden Jedem dieser Colleges sollte eine Moschee angeschlossen sein so wie Kirchen an die Colleges in Oxford und Cambridge angeschlossen sind 1873 wurden erste Planungen des College veroffentlicht 18 1875 wurde im indischen Aligarh die Aligarh Muslim University gegrundet Khans bildungspolitisches Engagement und sein weitreichende Einfluss fand auch in der Arbeit der 1886 gegrundeten Muhammadan Educational Conference Ausdruck Diese hatte die Verbreitung eines modernen und hoheren Bildungsstands unter den Moslems zum Ziel wobei die Ubersetzungsarbeiten vom Englischen ins Urdu eine wesentliche Rolle spielten 17 Den weiteren politischen Entwicklungen stand Khan stark ablehnend gegenuber Als 1885 der Indische Nationalkongress gegrundet worden war empfahl er sogar seinen Glaubensbrudern dem Kongress fernzubleiben Khan befurchtete dass die schon seit dem Aufstand 1857 bestehende Machtverschiebung zu Gunsten der Hindus die nur als Minderheit vertretenen Muslime weiter an den Rand drangen wurden 19 Islam als wahre Religion BearbeitenDas zentrale Argument fur den Islam als wahre Religion postuliert Khan in seiner Aussage Islam is nature and nature is Islam 20 Der Einklang mit der empirischen Natur bildet fur ihn das Fundament von Religion So wird auch die Natur des Menschen als eine vernunftige Art angesehen und auf eine vernunftige Weise beides im Sinne der Empirie betrachtet Die Offenbarung Gottes liegt in seinem Werk Natur und seinem Wort Koran Diese beiden konnen nicht kategorial unterschieden werden Alles Sein z B Natur Mensch ist Gottes Werk die Religion ist Gottes Wort 21 Zusammen bilden sie das din ein Konzept des Sufismus es besagt dass der islamische Prophet Mohammad praexistent ist und sein Licht sich in allen Propheten widerspiegelt das er hier neu interpretiert losgelost von Mohammad als universale Religion Gottes Wort spiegelt sich in der ganzen Natur seinem Werk wider 3 Von daher wird seine Annahme der Ubereinstimmung des Islam mit der Naturwissenschaft und seine Bewahrung als wahre Religion durch seine Ubereinstimmung mit der menschlichen Natur verstandlich 22 Literatur BearbeitenRalf Lange Sonntag Ahmad Khan Sir Sayyid In Biographisch Bibliographisches Kirchenlexikon BBKL Band 17 Bautz Herzberg 2000 ISBN 3 88309 080 8 Sp 20 34 Artikel Artikelanfang im Internet Archive Christian Troll The contribution of Sayyid Ahmad Khan to a new nineteenth century Ilm al kalam Diss London 1975 Belkacem Belmekki Sir Sayyid Ahmad Khan and the Muslim Cause in British India Klaus Schwarz Verlag Berlin 2010 ISBN 978 3 87997 377 4 Francis Robinson Ahmad Khan Sir Saiyid Syed Ahmed Khan 1817 1898 In Henry Colin Gray Matthew Brian Harrison Hrsg Oxford Dictionary of National Biography from the earliest times to the year 2000 ODNB Oxford University Press Oxford 2004 ISBN 0 19 861411 X oxforddnb com Lizenz erforderlich Stand 2004 Sayyid Ahmad Khan Sir In Encyclopaedia Britannica 11 Auflage Band 24 Sainte Claire Deville Shuttle London 1911 S 278 englisch Volltext Wikisource Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Syed Ahmed Khan Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Artikel zu Sir Sayyid Ahmad Khan von Maria Sophia Moritz bei suedasien infoEinzelnachweise Bearbeiten Siehe die Seite der von ihm gegrundeten Aligarh Muslim University zu ihrer Geschichte George Farquhar Graham The Life and Work of Syed Ahmed Khan C at S L Blackwood 1885 S 1 a b c d e Arian Hopf Translating Islam Translating Religion Conceptions of Religion and Islam in the Aligarh Movement CrossAsia Heidelberg 2021 S 8 f und 300 Monika Tworuschka Islam im 19 Jahrhundert In Albrecht North Jurgen Paul Hrsg Der islamische Orient Grundzuge seiner Geschichte Wurzburg 1998 S 422 Annemarie Schimmel Der Islam im Indischen Subkontinent Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1992 ISBN 3 534 09273 2 S 106 Annemarie Schimmel Der Islam im Indischen Subkontinent Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1983 ISBN 3 534 09273 2 S 105 Annemarie Schimmel Der Islam im Indischen Subkontinent Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1992 S 106 J M S Baljon Jr The Reforms and Religious Ideas of Sir Sayyid Ahman Khan Leiden 1949 S 45 Rudolph Peters Jihad in Classical and Modern Islam Princeton 1995 S 123 f Aziz Ahmad Islamic Modernism in India and Pakistan 1857 1964 London 1967 S 40 f Arian Hopf Translating Islam Translating Religion Conceptions of Religion and Islam in the Aligarh Movement CrossAsia Heidelberg 2021 S 15 Ahmad Khan Lecture on Islam 1884 In Christian W Troll Sayyid Ahmad Khan A Reinterpretation of Muslim Theology Vikas Publ House New Delhi 1978 S 307 332 Christian W Troll Sayyid Ahmad Khan A Reinterpretation of Muslim Theology New Delhi Bombay Bangalore Calcutte Kanpur 1978 S 226 Annemarie Schimmel Der Islam im Indischen Subkontinent Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1992 ISBN 3 534 09273 2 S 111 f Annemarie Schimmel Der Islam im Indischen Subkontinent Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1992 ISBN 3 534 09273 2 S 107 Jamal Malik Islam in Sudasien In Albrecht Noth Jurgen Paul Hrsg Der islamische Orient Grundzuge seiner Geschichte MISK Band 1 ERGON Verlag Wurzburg 1998 S 519 a b Aziz Ahmad Islamic Modernism in India and Pakistan 1857 1964 London 1967 S 37 S R Sharma Life and Works of Sir Syed Ahmed Khan Book Enclave Jaipur Indien 2011 S 6 f Annemarie Schimmel Der Islam im Indischen Subkontinent Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt 1992 ISBN 3 534 09273 2 S 177 Ahmad Khan Lecture on Islam 1884 In Christian W Troll Sayyid Ahmad Khan A Reinterpretation of Muslim Theology Vikas Publ House New Delhi 1978 S 317 Ahmad Khan Lecture on Islam 1884 In Christian W Troll Sayyid Ahmad Khan A Reinterpretation of Muslim Theology Vikas Publ House New Delhi 1978 S 317 318 Sayyid Ahmad Khan Lecture on Islam In Christian W Troll Hrsg Sayyid Ahmad Khan A Reinterpretation of Muslim Theology New Delhi Bombay Bangalore Calcutta Kanpur 1978 S 316 f Normdaten Person GND 119306891 lobid OGND AKS LCCN n83184778 VIAF 56627751 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Khan Sayyid AhmadKURZBESCHREIBUNG indoislamischer DenkerGEBURTSDATUM 17 Oktober 1817GEBURTSORT DelhiSTERBEDATUM 27 Marz 1898STERBEORT Aligarh Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sayyid Ahmad Khan amp oldid 225653044