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Paul Salitter 15 Dezember 1898 in Lakellen Kreis Oletzko Ostpreussen 8 Januar 1972 in Dusseldorf war ein deutscher Polizeibeamter dessen Bericht uber eine Judendeportation von Dusseldorf aus in das Ghetto Riga ein viel zitiertes Schriftzeugnis zur Deportation deutscher Juden ist Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Organisation des Zuges 3 Salitter Bericht 4 Weitere Schilderungen 5 Uberlieferung 6 Siehe auch 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseLeben BearbeitenPaul Salitter wuchs in Ostpreussen auf und arbeitete nach der Schule als Burogehilfe Er hatte von 1917 bis 1919 als Oberfeldwebel am Ersten Weltkrieg teilgenommen war seit dem 10 Oktober 1919 im Polizeidienst tatig Konigsberg Ostpreussen und erlangte schliesslich in Dusseldorf die Beforderung zum Hauptmann der Schutzpolizei Er war verheiratet und hatte zwei Kinder wahrend der Zeit des Nationalsozialismus trat er aus der evangelischen Kirche aus Im Jahre 1941 versah er im Bereich S II Personal beim Kommando der Schutzpolizei Dusseldorf seinen Dienst 1 Am 13 Marz 1942 wurde Salitter von Dusseldorf zur Polizeiverwaltung Brest Litowsk abgeordnet Uber seine dortige Tatigkeit ist nichts bekannt 2 3 1942 bis 1944 war er in Minsk eingesetzt 1944 war er bei der Schutzmannschaft Brigade Sieglind im Elsass tatig Im Januar 1945 wurde er zum SS Sturmbannfuhrer ernannt 4 Die alliierte Militarregierung leitete Mitte 1945 ein Untersuchungsverfahren gegen Salitter ein Er wurde daraufhin vom Polizeiprasidenten suspendiert und am 18 Oktober 1945 auf Anordnung der Militarregierung aus dem Polizeidienst entlassen Im Entnazifizierungsverfahren wurde er 1946 zunachst als minderbelastet 1951 dann als Mitlaufer eingestuft 5 Salitter bewarb sich 1947 erneut um Anstellung und beteuerte er habe seit seinem Dienstantritt 1919 nur seine Pflicht getan Er versprach auch in der neuen Demokratie meine ganze Personlichkeit in den Dienst der Sache zu stellen genau so wie ich es unter der Regierung Wilhelms II Ebert Hindenburg und im dritten Reich sic getan habe 6 Bis in die 1960er Jahre hinein versuchte Salitter vergebens in den Polizeidienst zuruckzukehren Er stilisierte sich zu einem treuen Staatsdiener und gab an von der Ermordung der Deportierten nichts gewusst zu haben Noch 1966 behauptete Salitter anlasslich eines Ermittlungsverfahrens er habe erst von lettischen Polizeioffizieren erfahren dass in Riga massenhaft Juden erschossen wurden Bis dahin habe er angenommen dass es sich bei den Deportationen um eine reine Umsiedlungsaktion handeln wurde 7 Tatsachlich schrieb Salitter jedoch in seinem Bericht von der Beteiligung lettischer Tater bei der Ausrottung dieser Parasiten und deren Unverstandnis weshalb man sie nicht sofort in Deutschland ausrotte 8 Organisation des Zuges BearbeitenNach einem Erlass aus dem Reichssicherheitshauptamt RSHA wurde die Schutzpolizei verpflichtet Deportationstransporte aus dem Deutschen Reich die im Oktober 1941 begannen mit einem Kommando in der Starke von 1 15 Beamten zu begleiten ein Offizier und 15 Mannschaftsangehorige So wurde auch der Transport von Dusseldorf nach Riga zwar von der Staatspolizeileitstelle Dusseldorf organisiert jedoch von Salitter und seinen Dusseldorfer Beamten bewacht und bis Riga begleitet Die Sammlung der 1 007 Personen erfolgte im stadtischen Schlacht und Viehhof Dusseldorf Der eigentliche Transport begann am 11 Dezember Am Folgetag meldete die Staatspolizeileitstelle Dusseldorf dem SS Sturmbannfuhrer Adolf Eichmann im Referat IV B4 des Reichssicherheitshauptamts sowie dem Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD in Riga Rudolf Lange dass der Transportzug Do 38 den Abgangsbahnhof Dusseldorf Derendorf in Richtung Riga mit insgesamt 1007 Juden verlassen habe 9 Die exakte Abfahrtszeit wurde fur den 11 Dezember 1941 10 45 Uhr gemeldet Im Fernschreiben heisst es Die Transportinsassen fuhren an Verpflegung Brot Mehl und Hulsenfruchte fur 21 Tage und an Zahlungsmitteln 50 000 RM in Reichskreditkassenscheinen mit Der Zug erreichte Riga nach gut drei Tagen Uber den Verlauf der Evakuierung von Juden nach Riga verfasste Salitter einen insgesamt neunseitigen Bericht dieser wurde uber die Stapo Dusseldorf an das RSHA weitergeleitet Die Namen der 15 weiteren begleitenden Schutzpolizisten aus Dusseldorf sind nicht uberliefert Salitter Bericht BearbeitenSalitter fuhrte das Begleitkommando des Deportationszuges Do 38 vom 11 bis 13 14 Dezember 1941 Unmittelbar nach seiner Ruckkehr verfasste er fur Adolf Eichmann und Rolf Lange einen vertraulichen Bericht in dem er die Fahrt ausfuhrlich beschrieb Die Abfahrt des Transportes vom Guterbahnhof Dusseldorf Derendorf war fur 9 30 Uhr vorgesehen doch wurden die Juden schon um 4 Uhr an der Verladerampe bereitgestellt Der Zug bestand aus zwanzig alten Personenwagen Dritter Klasse einem Personenwagen Zweiter Klasse fur das Begleitkommando und sieben mit Gepack beladenen Guterwagen Das Einladen wurde um 9 00 Uhr mit der allergrossten Hast vorgenommen darum waren einzelne Wagen mit bis zu 65 Personen uberladen Auf dem Wege vom Schlachthof zur Verladerampe versuchte ein mannlicher Jude sich vor die Strassenbahn zu werfen und Suizid zu veruben Er wurde jedoch von der Auffangvorrichtung der Strassenbahn erfasst und nur leicht verletzt Eine altere Judin hatte sich unbemerkt von der Verladerampe entfernt und sich in ein naheliegendes Haus gefluchtet Eine Putzfrau bemerkte sie jedoch Am nachsten Morgen wurde um 5 30 Uhr die Grenzstation Laugszargen und nach 15 Minuten die litauische Station Tauroggen erreicht Von hier aus sollte die Fahrzeit bis Riga normal nur noch 14 Stunden betragen doch gab es auf den Bahnhofen oft lange Verzogerungen in der Weiterfahrt Am Abend wurde Mitau Lettland erreicht Es setzte Schneetreiben mit anschliessendem Frost ein Die Ankunft in Riga erfolgte um 21 50 Uhr wo der Zug auf dem Hauptbahnhof Riga 1 Stunden festgehalten wurde Am 13 Dezember erreichte der Transport um 23 35 Uhr die Militarrampe auf dem Bahnhof Skirotowa Der Zug blieb ungeheizt stehen Die Aussentemperatur betrug bereits 12 Grad unter Null Die gesamte Fahrzeit dauerte 61 Stunden 10 Die Ubergabe des Zuges an lettische Polizeimanner erfolgte um 1 45 Uhr Da nun Dunkelheit herrschte und die Verladerampe stark vereist war sollte die Ausladung und die Uberfuhrung der Juden in das noch 2 km entfernt liegende Sammelghetto erst am Sonntag fruh beim Hellwerden erfolgen Weitere Schilderungen BearbeitenEs gab mehrere Uberlebende des Transports die diesen geschildert haben Zu den bekanntesten Texten der Erinnerungsliteratur in der die Dusseldorfer Riga Deportation beschrieben wird zahlt der Bericht der 1923 in Monchengladbach geborenen Hilde Sherman Zander Er wurde fur den 2007 entstandenen Film Ehe die Spuren verwehen 11 genutzt in dem es um den Abriss des ehemaligen Guterbahnhofs Dusseldorf Derendorf geht Auch die Uberlebende Erna Valk schildert diese Fahrt 12 Leicht greifbar ist nunmehr ein Bericht des Schutzpolizeihauptmanns Wilhelm Meurin der ab 10 November 1941 einen Transport von Dusseldorf nach Minsk begleitete 13 Dieser Zug blieb mehrfach bis zu acht Stunden bei scharfem Frost ungeheizt stehen und erreichte seinen Bestimmungsort erst nach 96 Stunden Eindrucksvoll sind die erhaltenen Tagebucheintragungen Berthold Rudners der am 14 November 1941 von Berlin nach Minsk verschleppt wurde 14 Uberlieferung BearbeitenDer Salitter Bericht befindet sich heute in der Wiener Library in London Ein erster Abdruck erfolgte in der Dissertation von Kurt Duwell aus dem Jahre 1968 15 Die Quelle ist vollstandig als Dokument VEJ 6 59 abgedruckt 16 Eine Kopie des Berichts sowie Salitters Personalakte wurden im April 2008 durch NRW Ministerprasident Jurgen Ruttgers und Beamte des Polizeiprasidiums Dusseldorf an die israelische Gedenkstatte Yad Vashem ubergeben Diese Delegation war die erste Gruppe uniformierter deutscher Polizisten die in Yad Vashem an einem offiziellen Gedenkakt teilnahmen Schon 2007 war der Kontakt zum Polizeiprasidium entstanden 17 Siehe auch BearbeitenJuden in Dusseldorf OrdnungspolizeiLiteratur BearbeitenAlois Puyn Dokument der Unmenschlichkeit Transportbericht uber Evakuierung niederrheinischer Juden tauchte auf In Kalender fur das Klever Land 1985 S 17 19 Hilde Sherman Zander Zwischen Tag und Dunkel Madchenjahre im Ghetto 4 Aufl Frankfurt M 1993 ISBN 3 548 20386 8 Raul Hilberg Sonderzuge nach Auschwitz Berlin Frankfurt 1987 ISBN 3 548 33085 1 S 130 138 Kurt Duwell Riga ist stadtebaulich eine sehr schone Stadt Die Dusseldorfer Judendeportationen vom Herbst 1941 In Augenblick Zeitschrift der Mahn und Gedenkstatte Dusseldorf Band 20 Nr 21 2002 ISSN 1434 3606 S 13 15 Barbara Materne Die Dusseldorfer Deportation in das Ghetto von Riga am 11 Dezember 1941 In Augenblick Band 20 Nr 21 2002 ISSN 1434 3606 S 10 12 Ingrid Schupetta Deportationsziel Riga Massenmord und Arbeitseinsatz In Augenblick Band 20 Nr 21 2002 ISSN 1434 3606 S 1 6 Michels Zimmermann Die Gestapo und die regionale Organisation der Judendeportationen Das Beispiel der Stapo Leitstelle Dusseldorf In Gerhard Paul Klaus Michael Mallmann Hrsg Die Gestapo Mythos und Realitat Darmstadt 2003 ISBN 3 89678 482 X S 357 372 Thomas Kohler Uberlegungen zum Sozial und Berufsprofil der Dusseldorfer Polizei und ihres Personals Mit biographischen Beispielen und Organigrammen In Carsten Dams Klaus Donecke Thomas Kohler Hrsg Dienst am Volk Dusseldorfer Polizisten zwischen Demokratie und Diktatur Frankfurt am Main 2007 ISBN 978 3 935979 99 3 S 55 95 Weblinks BearbeitenVollstandiger Bericht mit Kommentierung Salitter Bericht pdf Faksimili von Abfahrmeldung und Salitter Bericht pdf Fernsehbeitrag im wdr monitor 2009 Artikel uber die Ubergabe in Yad Vashem focus de Artikel uber die Ubergabe in Yad Vashem rp online wassenberg be Angaben zur Vita Paul Salitter in Geschichte des Polizeiprasidiums des Vereins Geschichte am Jurgensplatz e V Einzelnachweise Bearbeiten Ein Foto um 1940 ist zu sehen auf www wassenberg be 1 2 Vorlage Toter Link www wassenberg be Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven Zugriff am 15 Marz 2011 www wassenberg be 1 2 Vorlage Toter Link www wassenberg be Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven Die Personalakte ist abgedruckt in Klaus Donecke Red Transparenz und Schatten Dusseldorfer Polizisten zwischen Demokratie und Diktatur Katalog zur Dauerausstellung im Polizeiprasidium Dusseldorf Hg vom Verein Geschichte am Jurgensplatz e V Dusseldorf 2007 ISBN 978 3 7700 1306 7 S 63 Susanne Heim Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 6 Deutsches Reich und Protektorat Bohmen und Mahren Oktober 1941 Marz 1943 Berlin 2019 ISBN 978 3 11 036496 5 S 238 in Anm 2 Susanne Heim Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 6 Deutsches Reich und Protektorat Bohmen und Mahren Oktober 1941 Marz 1943 Berlin 2019 ISBN 978 3 11 036496 5 238 Wiederverwendung im Dienst der Schutzpolizei In www yadvashem org 16 Januar 1947 abgerufen am 30 September 2023 Antrag www wassenberg be 1 2 Vorlage Toter Link www wassenberg be Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven Zugriff am 15 Marz 2011 https villamerlaender de wp content uploads 2021 06 Salitterbericht pdf Salitter Bericht Kapitel 2 Aufenthalt in Riga Fernschreiben Nr 13 165 vom 12 Dezember 1941 der Staatspolizeileitstelle Dusseldorf unter dem Aktenzeichen II B4 71 02 1300 41 abgedruckt bei Gertrude Schneider Reise in den Tod Deutsche Juden in Riga 1941 1944 Dulmen 2008 ISBN 978 3 89960 305 7 S 70f Jorg Wollenberg Der Judenmord in Rigaauf HaGalil 26 Januar 2002 abgerufen am 4 Januar 2022 Ehe die Spuren verwehen Deutschland 2007 Regie Renate Gunther Greene The Wiener Library Ghetto Riga und Konzentrationslager Stutthof P III No 367 zitiert aus wp ge mittelkreis Abruf am 14 Marz 2011 Dokument VEJ 6 42 in Susanne Heim Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 6 Deutsches Reich und Protektorat Bohmen und Mahren Oktober 1941 Marz 1943 Berlin 2019 ISBN 978 3 11 036496 5 S 199 204 Dokument VEJ 6 60 In Susanne Heim Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 6 Deutsches Reich und Protektorat Bohmen und Mahren Oktober 1941 Marz 1943 Berlin 2019 ISBN 978 3 11 036496 5 S 244 246 Kurt Duwell Die Rheingebiete in der Judenpolitik des Nationalsozialismus vor 1942 Beitrag zu einer vergleichenden zeitgeschichtlichen Landeskunde Bonn 1968 Zugl Universitat Koln Diss 1968 Susanne Heim Bearb Die Verfolgung und Ermordung der europaischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 1945 Quellensammlung Band 6 Deutsches Reich und Protektorat Bohmen und Mahren Oktober 1941 Marz 1943 Berlin 2019 ISBN 978 3 11 036496 5 S 238 244 Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar festgestellt im September 2023 Suche in Webarchiven 1 2 Vorlage Toter Link www polizei nrw de www polizei nrw de Abruf am 14 Marz 2011 Normdaten Person LCCN no2012017516 VIAF 231975416 Wikipedia Personensuche Kein GND Personendatensatz Letzte Uberprufung 22 April 2023 PersonendatenNAME Salitter PaulKURZBESCHREIBUNG deutscher PolizeibeamterGEBURTSDATUM 15 Dezember 1898GEBURTSORT Lakellen Kreis Oletzko OstpreussenSTERBEDATUM 8 Januar 1972STERBEORT Dusseldorf Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Paul Salitter amp oldid 237754348