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Unter dem Akronym SELEX engl Systematic Evolution of Ligands by EXponential Enrichment zu deutsch Systematische Evolution von Liganden durch exponentielle Anreicherung versteht man in der Molekularbiologie ein kombinatorisches Verfahren zur gerichteten Evolution von Oligonukleotid Strangen beispielsweise einstrangiger DNA oder RNA Diese konnen als Liganden spezifisch an ausgewahlte Targets binden 1 2 Inhaltsverzeichnis 1 Eigenschaften 2 Das Verfahren 2 1 Die DNA RNA Bibliothek 2 2 Selektion 2 3 Separation 2 4 Amplifikation 2 5 Mutation 3 Geschichte 4 Bedeutung des Verfahrens 5 Molekulmodifikationen 6 Einzelnachweise 7 Literatur 8 WeblinksEigenschaften BearbeitenDie mit Hilfe der SELEX gewonnenen Oligonukleotid Sequenzen werden Aptamere genannt Das Verfahren wird gelegentlich auch als In vitro Selektion oder In vitro Evolution bezeichnet Einzelstrang DNA basierte ssDNA Aptamere sind nach Ellington und Szostak 3 wegen ihrer hoheren Stabilitat bei gleicher Spezifitat besser geeignet als RNA basierte Aptamere 4 SELEX ist ein eingetragenes Warenzeichen der Firma Gilead Sciences Das Verfahren Bearbeiten nbsp Das SELEX VerfahrenZu Beginn des Verfahrens besteht die Synthese aus einer sehr grossen Anzahl von unterschiedlichen Oligonukleotiden die so genannte Molekulbibliothek auch Molekulpool genannt Aus diesem Pool von bis zu 1016 und mehr unterschiedlichen Molekulen werden die Molekule mit den gewunschten Eigenschaften durch gezielte Vermehrung herausisoliert separiert Die verschiedenen Molekule konkurrieren miteinander und die Molekule welche die gestellte Anforderung beziehungsweise Aufgabe am besten erfullen werden selektiert und weiter vermehrt Anschliessend werden die ausgewahlten und vermehrten Molekule erneut einer Selektion unter variierten und meist verscharften Bedingungen unterzogen Danach werden wiederum nur die besten Molekule erneut gezielt vermehrt Durch den wiederholten Kreislauf von Selektion bindender RNA Molekule Selektion Abtrennung nicht bindender Sequenzen Separation enzymatischer Vervielfaltigung der mit dem Zielmolekul interagierenden RNA Liganden Amplifikation und optionaler Mutation erhalt man ublicherweise Sequenzen die sehr spezifisch und hochaffin an den gewunschten Targets binden 5 Diese evolutionare Vorgehensweise ist besonders leicht mit Molekulen wie DNA oder RNA durchzufuhren da sie mit Hilfe der Polymerase Kettenreaktion relativ einfach vermehrbar sind Der Kreislauf Selektion Separation Amplifikation Mutation wird bis zu zwolfmal wiederholt Die DNA RNA Bibliothek Bearbeiten nbsp 3 und 5 Ende einer NukleinsauresequenzDie einzelstrangige DNA Ausgangsbibliothek ssDNA wird meist durch chemische DNA Synthesen mittels automatisierter Festphasensynthese hergestellt Dabei wird ein DNA Synthesizer so eingestellt dass nicht ein Nukleotid an einer bestimmten Stelle gekuppelt wird sondern eine Mischung aus allen vier Nukleobasen Die randomisierte Sequenz wird in der Mitte zwischen bekannten Sequenzen hergestellt die fur die Primererkennung notwendig sind 6 Der durch PCR erzeugte doppelstrangige DNA und in RNA umgeschriebene Pool kann nun im nachsten Schritt des Selektionsprozesses mit dem gewunschten Zielmolekul unter sorgfaltig ausgewahlten Bedingungen inkubiert werden Die Ausgangsbibliothek enthalt fur gewohnlich einen Bereich von 20 bis 220 randomisierten Nukleotiden 7 An den Enden befinden sich konstante primerbindende 3 bzw 5 Sequenzen Im konstanten Bereich liegt meist eine Promotorsequenz die fur die In vitro Transkription der RNA unerlasslich ist 8 Zwischen den beiden konstanten Enden befindet sich die eigentliche Zufallssequenz aus n Nukleotiden was 4n verschiedene mogliche Sequenzen ergibt Rein rechnerisch sind aus einer Zufallssequenz mit n Nukleotid Elementen n 25 eine Bibliothek aus ca 1015 Sequenzen n 50 eine Bibliothek aus ca 1030 Sequenzen n 75 eine Bibliothek aus ca 1045 Sequenzen n 100 eine Bibliothek aus ca 1060 Sequenzen moglich 4 Ein Mol das heisst 6 022 1023 Molekule eines 23mers eine Nukleotidsequenz mit 23 randomisierten Nukleobasen wiegt ca 7 5 kg Um statistisch ein Molekul von jeder moglichen Variante zu haben benotigt man 75 µg Oligonukleotid Fur eine 50 fache statistische Deckung benotigt man lediglich 3 75 mg Oligonukleotid Vollig anders dagegen ist die Situation bei den langerkettigen Sequenzen Fur eine einfache statistische Deckung wurde man nach Abzug der Primer beim 40mer 13 kg beim 50mer 16 kg und beim 100mer 32 kg benotigen 4 Dies ist ab der 40mer praktisch nicht mehr moglich Der Nachteil langer Zufallssequenzen ist dass je langer die Zufallssequenz wird desto kleiner wird der Ausschnitt der moglichen Sequenzen den eine Probe im mg Massstab reprasentiert Der Vorteil langer Zufallssequenzen ist dagegen dass ein einziges 100mer bereits 75 verschiedene 25mer Sequenzen bzw 50 verschiedene 50mer Sequenzen enthalt Die kann das Selektionsverfahren deutlich beschleunigen 4 Selektion Bearbeiten Die Inkubation zwischen den Nukleotid Sequenzen und den Zielstrukturen Targets kann im immobilisierten Zustand oder in Losung stattfinden Die Wechselwirkungskrafte zwischen der Vielzahl an Nukleotid Sequenzen und den Zielstrukturen sind dabei sehr unterschiedlich Die auf dem Schlussel Schloss Prinzip basierende Bindung der Nukleotide ist von ihrer Sekundarstruktur extrem stark abhangig Die Sekundarstruktur hangt wiederum sehr stark von der Sequenz das heisst der Reihenfolge der Nukleobasen Adenin Guanin Cytosin Thymin im Falle von DNA bzw Uracil im Fall von RNA ab Als Sekundarstrukturen werden beispielsweise Helices Triple Helices Haarnadel Schleifen Pseudoknoten und G Quartette beschrieben 9 10 11 12 Separation Bearbeiten Durch unterschiedliche Waschschritte werden die an den Targets nur schwach oder gar nicht gebundenen Sequenzen von den gebundenen Sequenzen abgetrennt separiert Ublicherweise erfolgt die Abtrennung mit Hilfe der Affinitatschromatografie Die gebundenen Sequenzen werden eluiert und mit der PCR vermehrt 13 Amplifikation Bearbeiten Hauptartikel Polymerase Kettenreaktion Die Amplifikation erfolgt durch eine reverse Transkription nur bei RNA und die Polymerase Kettenreaktion PCR Daraus entsteht ein Pool von DNA bzw RNA Molekulen mit im Vergleich zum ursprunglichen Molekulpool verbesserten Bindungseigenschaften zum Liganden Mit diesem Schritt schliesst sich der Kreislauf und wird nun fur gewohnlich acht bis zwolfmal wiederholt bis ein gewunschtes Aptamer erhalten wird oder nur wenig verschiedene Sequenzen angereichert sind Durch Klonierung und Sequenzierung resultieren nach Abschluss der systematischen Evolution monoklonale Aptamere Als mogliche Zielmolekule Targets kommen verschiedenste Molekule wie einfache organische Verbindungen Proteine oder ganze Zellen in Frage 5 Mutation Bearbeiten Wie bereits bei der Molekulbibliothek beschrieben ist eine komplette Randomisierung eines 100meren Oligonukleotid mit 1060 4100 Varianten nicht realisierbar Man kann nur ca 1016 Molekule produzieren Die aus diesem limitierten Pool isolierten aktivsten Oligonukleotide konnen zu einer weiteren Verbesserung durch mutagene PCR leicht verandert werden Man spricht in diesem Fall auch von Nachrandomisieren Dabei werden die PCR Bedingungen so eingestellt dass die Polymerase wahrend des Kopiervorganges Fehler macht Eine Fehlerrate von beispielsweise 1 pro 20 Basenpaaren kann durch die Wahl der Bedingungen eingestellt werden 6 Das Nachrandomisieren empfiehlt sich erst nach mehreren Durchlaufen des Selektions Separations Amplifikations Zyklus Es ist genau genommen kein gesonderter Prozessschritt sondern eine Modifizierung des Amplifikations Schrittes Geschichte BearbeitenDie SELEX Methode wurde 1990 zeitgleich von Larry Gold 2 und Andrew E Ellington 1 entwickelt Beide Ansatze basieren auf dem Prinzip der selektiven Erkennung von Zielstrukturen vermittelt durch die 3 dimensionale Form von einzelstrangigen Nukleinsauren Gold verwendete dabei einstrangige DNA single strand DNA ssDNA Ellington dagegen RNA mit definierter Oberflachenstruktur 14 Bedeutung des Verfahrens BearbeitenDie Selektion neuer Enzyme auf RNA und DNA Basis den sogenannten Ribozymen ist in den Fokus der Forschung geruckt Die katalytisch aktive RNA die sich in spezifische dreidimensionale Formen faltet kann wie ein auf Proteinen basierendes Enzym Reaktionen katalysieren Zudem konnen die Ribozyme wie ein Antikorper hochspezifisch kleine Molekule oder Proteine molekular binden Die Herstellung dieser Aptamere genannten hochspezifischen Rezeptoren auf DNA oder RNA Basis die an medizinisch relevante Targets binden konnen ist das Ziel von SELEX 6 Das Verfahren wird genutzt um Aptamere mit extrem hoher Bindungsaffinitat an unterschiedliche Targets zu entwickeln Auch kleine Molekule wie ATP 15 Adenosin 16 17 und Proteine wie beispielsweise Prionen 18 und Signalmolekule wie Vascular Endothelial Growth Factor VEGF 19 sind Targets fur Aptamere Im Bereich der Onkologie sind Aptamere sehr vielversprechende Liganden 20 Das an VEGF bindende Aptamer Pegaptanib ist fur die Behandlung der altersabhangigen Makula Degeneration AMD 19 21 zugelassen Es ist allerdings zu beachten dass extrem hohe Bindungsaffinitaten im sub nanomolaren Bereich nicht unbedingt die Spezifitat zum Zielmolekul erhohen 22 Die sogenannte Off Target Bindung hat signifikante klinische Auswirkungen Die Entwicklungs und Herstellungskosten fur Biosensoren auf Aptamerbasis werden in der Literatur als erheblich niedriger eingeschatzt als auf Basis von Proteinen z B Antikorper 4 Molekulmodifikationen BearbeitenDie Verwendung von 2 Fluor oder 2 Amino Mononukleotid Triphosphat modifizierten RNA Bibliotheken ermoglicht die Gewinnung von Ribonuklease resistenten Aptameren 23 Derart modifizierte Aptamere haben das Potenzial auch in biologischen Flussigkeiten Blut Urin als Sonde zu fungieren 14 24 Einzelnachweise Bearbeiten a b A D Ellington u a In vitro selection of RNA molecules that bind specific ligands in Nature 346 1990 S 818 822 a b C Tuerk u a Systematic evolution of ligands by exponential enrichment RNA ligands to bacteriophage T4 DNA polymerase In Science 249 1990 S 505 510 A D Ellington J W Szostak Selection in vitro of single stranded DNA molecules that fold into specific ligand binding structures In Nature 355 1992 S 850 852 a b c d e Landesumweltamt NRW 2006 Antibiotika Resistenzen und Bakterien in Klaranlagen 1 2 Vorlage Toter Link www lanuv nrw de Seite nicht mehr abrufbar festgestellt im Mai 2019 Suche in Webarchiven nbsp Info Der Link wurde automatisch als defekt markiert Bitte prufe den Link gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis PDF 4 2 MB 2006 a b Sabine Kainz Selektion und Charakterisierung von Aptameren spezifisch fur das Virus der Infektiosen Bursitis Dissertation Hamburg 2005 a b c Universitat Marburg Anwendung der PCR in der in vitro random selection Memento des Originals vom 3 September 2016 im Internet Archive nbsp Info Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht gepruft Bitte prufe Original und Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot online media uni marburg de D P Bartel J W Szostak Isolation of new ribozymes from a large pool of random sequences In Science 261 1993 S 1411 1418 A A Beaudry G F Joyce Directed evolution of an RNA enzyme In Science 257 1992 S 635 641 N Leontis u a The non Watson Crick base pairs and their associated isostericity matrices In Nucleic Acids Research 30 2002 S 3497 3531 B E Eaton u a Ribonucleosides and RNA In Annual Review of Biochemistry 64 1995 S 837 863 F Jiang u a Structural basis of RNA folding and recognition in an AMP RNA aptamer complex In Nature 382 1996 S 183 186 Woese CR Architecture of ribosomal RNA constraints on the sequence of tetra loops In Proceedings of the National Academy of Sciences 87 1990 S 8467 8471 F Jarosch u a In vitro selection using a dual RNA library that allows primerless selection In Nucleic Acids Research 34 2006 S 86 a b Michael Blank Systematische Evolution von DNA Aptameren zur Charakterisierung und Diagnostik von pathologisch veranderten Endothelzellen in Tumoren und entzundlichen Regionen des Rattenhirns Tubingen 2002 DNB 965284956 urn nbn de bsz 21 opus 5841 Dissertation Universitat Tubingen T Dieckmann u a Solution structure of an ATP binding RNA aptamer reveals a novel fold In RNA 2 1996 S 628 640 D E Huizenga J W Szostak A DNA aptamer that binds adenosine and ATP In Biochemistry 34 1995 S 656 665 D H Burke L Gold RNA aptamers to the adenosine moiety of S adenosyl methionine structural inferences from variations on a theme and the reproducibility of SELEX In Nucleic Acids Research 25 1997 S 2020 2024 R Mercey u a Fast reversible interaction of prion protein with RNA aptamers containing specific sequence patterns In Archives of Virology 151 2006 S 2197 2214 a b H Ulrich u a DNA and RNA aptamers from tools for basic research towards therapeutic applications In Combinatorial Chemistry amp High Throughput Screening 9 2006 S 619 632 C S Ferreira u a DNA aptamers that bind to MUC1 tumour marker design and characterization of MUC1 binding single stranded DNA aptamers In Tumor Biology 27 2006 S 289 301 D Vavvas D J D Amico Pegaptanib Macugen treating neovascular age related macular degeneration and current role in clinical practice In Ophthalmology Clinics of North America 19 2006 S 353 360 J M Carothers u a Aptamers selected for higher affinity binding are not more specific for the target ligand In Journal of the American Chemical Society 128 2006 S 7929 7937 B Eaton u a in Annual Review of Biochemistry 64 1994 S 837 863 W Pieken in Science 253 1991 S 314 317Literatur BearbeitenMichael G Radermacher Entwicklung eines DNS Aptamers gegen das aktivierte Integrin GP IIB IIIA PDF 4 6 MB Dissertation 2007 Albert Ludwigs Universitat Freiburg i Br Sylvia Ehses Isothermale in vitro Selektion und Amplifikation zur Untersuchung von Evolutionsvorgangen Dissertation 2005 Ruhr Universitat Bochum Claudia Catharina Gauglitz Direkte und nichtkompetitive Bestimmung von Bindungskonstanten mit fluoreszierenden RNA Liganden Dissertation 2000 FU Berlin Mark Matzas Selektion und Identifikation von Peptid Nukleinsauren Dissertation 2005 Universitat HamburgWeblinks BearbeitenHelmholtz Zentrum fur Umweltforschung FluMag SELEX Abgerufen von https de wikipedia org w index php title SELEX amp oldid 228429489