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Die evangelische Sudkirche in der Pliensauvorstadt in Esslingen am Neckar 1925 26 nach Planen von Martin Elsaesser errichtet ist ein Kirchenbau aus der Zeit des Expressionismus Sie gilt als eines der interessantesten Bauwerke des 20 Jahrhunderts in Esslingen am Neckar Die Sudkirche von Norden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Vorgeschichte 1 2 Kirchenbau 1 3 Die Sudkirche im Dritten Reich 2 Gestaltung 2 1 Funktionale Trennung 2 2 Ausseres 2 3 Predigtkirche 2 4 Feierkirche 2 5 Ausstattung 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenVorgeschichte Bearbeiten Mit der Entwicklung zur Industriestadt und dadurch steigenden Einwohnerzahlen begann die Besiedlung der Flachen uber der Bruck sudlich des Neckars die bislang hauptsachlich fur Garten und Weinbau genutzt worden waren Die Bebauung bestand aus grunderzeitlichen Villen von Fabrikbesitzern und mehrstockigen Arbeiterwohnhausern 1880 wurde die erste Kleinkinderpflege in der Pliensauvorstadt eingerichtet die schnell grossen Zuspruch fand Im Domizil dieser Einrichtung Steck s Sale genannt wurde an Pfingsten 1901 ein erster Gottesdienst gefeiert Ein weiterer Versammlungsraum fur evangelische Einwohner befand sich seit 1892 in der Uhlandstrasse 14 1909 wurde dort die Eroffnung einer provisorischen Pfarrstelle gefeiert 1919 wurde eine ordentliche Pfarrei eingerichtet Der erste Pfarrer der Gemeinde war Otto Riethmuller Zu dieser Zeit existierte bereits ein Kirchenbauverein in der mehrere Tausend Menschen zahlenden Gemeinde 1914 wurde ein Baugrundstuck an der Spitalsteige angekauft doch der Ausbruch des Ersten Weltkriegs verhinderte zunachst eine Fortfuhrung des Bauprojekts 1919 erstellte Martin Elsaesser zwei Entwurfe fur eine grosse und eine kleine Volkskirche Die grosse Version hatte 3000 Personen gefasst und ware zugleich eine Kriegergedachtniskirche gewesen die kleine Version die dann ausgefuhrt wurde bot Platz fur 927 Besucher Kirchenbau Bearbeiten Am 28 Mai 1925 begann der Kirchenbau Neben finanziellen Schwierigkeiten infolge der Inflation stellte vor allem die Bodenbeschaffenheit Sandstein auf einer Mergelschicht und das steil abfallende Gelande die Kirchenbauer vor Probleme Durch die erforderliche Fundamentsicherung beliefen sich die Baukosten schliesslich nicht wie ursprunglich geplant auf 140 000 bis 160 000 sondern auf 610 970 Reichsmark Martin Elsaesser der 1925 die Leitung des Hochbauamts in Frankfurt am Main ubernahm musste die Bauaufsicht abgeben und verzichtete nach langen Streitigkeiten auf sein Architektenhonorar Aus finanziellen Grunden mussten seine ursprunglichen Plane etwas geandert werden Die Kirche wurde 2 40 Meter niedriger das Dach wurde mit Ziegeln statt mit Kupfer gedeckt und das Gemeindehaus wurde uberhaupt nicht errichtet Wahrend die Hohe des Gebaudes spater nicht mehr geandert werden konnte wurden die Plane fur Dacheindeckung und Gemeindehaus in den 1980er Jahren schliesslich nachtraglich verwirklicht Am 14 November 1926 wurde die Sudkirche eingeweiht Otto Riethmuller wurde der erste Pfarrer der Sudkirchengemeinde Symbol seines theologischen Verstandnisses war das Kreuz auf der Weltkugel das unter anderem den Altar der Sudkirche aber auch Riethmullers Grabstein auf dem Cannstatter Uff Friedhof schmuckt Die Sudkirche im Dritten Reich Bearbeiten Otto Riethmullers Nachfolger Pfarrer Paul Schmidt betreute die Sudkirchengemeinde von 1928 bis 1959 Er gehorte der Evangelischen Bekenntnisgemeinschaft in Wurttemberg an die er zeitweilig auch leitete Pfarrer Schmidt und seine Frau versteckten als Mitglieder der Wurttembergischen Pfarrhauskette wahrend der Naziherrschaft judische Mitburger in einem versteckten Raum in der Sudkirche 1 Gestaltung BearbeitenFunktionale Trennung Bearbeiten Die Volkskirche die sowohl die Liturgie als auch die Sakramente nahebringen will ist in Predigt und Feierkirche unterteilt 2 Elsaesser erklarte 1924 sakrale Handlungen im engeren Sinn nahmen nur in Ausnahmefallen einen grossen Raum in Anspruch 3 und sollten daher in einem kleineren der Konzentration forderlicheren Raum gefeiert werden Die Feierkirche der Sudkirche ist kreisrund wahrend die Predigtkirche einen rechteckigen Grundriss aufweist Ahnliche Plane hatte schon 1819 Karl Friedrich Schinkel fur die Kirche am Spittelmarkt in Berlin gehegt 4 Ausseres Bearbeiten Die Esslinger Sudkirche ist ein Sakralbau des Expressionismus und zeigt neben runden und geschwungenen Formen auch gezackte in die Hohe weisende Elemente die an die Tradition der Gotik erinnern Das Aussere der Kirche erinnert aber auch an romanische Kirchen in Frankreich oder Italien Der Baukorper wird durch Backsteinmauerwerk gepragt Von aussen ist die Einteilung in Predigt und Feierkirche nicht zu erkennen wenn man einmal von den kleinen rechteckigen Fenstern absieht die zu dem seitenschiffartigen Gang gehoren der die Feierkirche umgibt Uberhaupt ist die Fenstergestaltung der einzige von aussen sichtbare Hinweis auf die Untergliederung des Gebaudes Im Erdgeschoss das nur zur Talseite hin uberhaupt mit Fenstern ausgestattet ist befinden sich grosse Rundbogenfenster die zu Gemeinde und Konfirmandensaal gehoren Die schmalen Rundbogenfenster gehoren zum Konfirmanden die breiten zum Gemeindesaal Die hohen schmalen und in Zweiergruppen angeordneten Fenster der Predigtkirche setzen sich deutlich von den fast quadratischen des Seitengangs ab Das Mittelschiff besitzt ausserdem oben eine weitere Reihe grosserer rechteckiger Fenster An der sudostlichen Ecke zwischen Predigt und Feierkirche erhebt sich ein vierstockiger Turm auf quadratischem Grundriss Strebepfeiler zwischen den Fenstern und am Turm sind Elemente die schon in der Gotik verwendet wurden Die gotischen Elemente wiederholen sich am Pfarrhaus der Sudkirche das z B spitzbogige Treppenhausfenster besitzt Aufgrund der Hanglage des Bauwerks befinden sich die Gemeinderaume im unteren Geschoss und die Feierkirche liegt niedriger als die Predigtkirche Auf der West und der Hangseite besitzt die Kirche Emporen 5 Das Hauptportal der Sudkirche befindet sich auf deren Nordseite Es wird bekront von dem Relief Muhselige und Beladene von Dorkas Reinacher Harlin Predigtkirche Bearbeiten Die Predigtkirche besitzt eine Holzbalkendecke und ist in sachlichem Stil gehalten Auf der Sudseite ist sie durch ein Seitenschiff mit ansteigenden Rangen erweitert Dieses Seitenschiff besitzt Nischen mit Tonnengewolben die an spatgotische und barocke Kirchenbauten erinnern Die Wande des Mittelschiffs sind unverputzt und zeigen roten Backstein mit grauen Zementfugen die in dem hellen Raum fur interessante Schattenwirkungen sorgen Die Wande des Seitenschiffs sind dagegen verputzt und mit Schablonenmalerei verziert Feierkirche Bearbeiten Die Feierkirche ist viel niedriger als die Predigtkirche und unter der Orgelempore der Predigtkirche untergebracht Am Ubergang zwischen beiden Raumen steht ein beidseitig nutzbarer Altartisch der mit einem Kreuz aus Leuchtstoffrohren und zwei Kugelkreuzen geschmuckt ist Die Wande der Feierkirche sind verputzt und mit Schablonenmalerei verziert wie die des Seitenschiffs der Predigtkirche zeigen aber warmere Farbtone Die bunten Glasfenster des Chorumgangs lassen nur wenig Licht in die Feierkirche fallen Den hohlenartigen Charakter des halbdunklen Raums unterstreicht das Strahlengewolbe an der Decke Die beiden Emporen der Kirche lassen eine getrennte Aufstellung des Chores und Auffuhrungen mit Wechselgesangen zu Ausstattung Bearbeiten Lampen im Art deco Stil entworfen an der Kolner Kunstgewerbeschule eine Kreuzigungsgruppe von Maria Eulenbruch aus Terracotta und drei kanzeltragende Engel von Dorkas Reinacher Harlin schmucken die Kirche Die Kanzel tragt den Text der Seligpreisungen aus der Bergpredigt auf Terracottafliesen Im Foyer befindet sich seit dem 50 jahrigen Jubilaum der Kirche ein Mosaik von Hans Gottfried von Stockhausen das Jesus als den guten Hirten zeigt Literatur BearbeitenWalter Distel Protestantischer Kirchenbau seit 1900 in Deutschland Dissertation Eidgenossische Technische Hochschule ETH Zurich Zurich 1933 S 57 Norbert Bongartz Die Sudkirche in Esslingen Rekonstruktion der ursprunglichen Farbigkeit im Kircheninneren In Denkmalpflege in Baden Wurttemberg 8 Jahrgang 1979 Heft 1 S 41 PDF Elisabeth Spitzbart Maier Die Kirchenbauten Martin Elsaessers und ihre Voraussetzungen in der protestantischen Kirchenbautheorie und Liturgiediskussion Stuttgart 1989 Elisabeth Spitzbart Maier Die Sudkirche in Esslingen von Martin Elsaesser In Esslinger Studien Band 29 1990 S 281 305 Peter Schaal Ahlers Junge Fotografen sehen Kirchen Evangelische Kirchen in Esslingen hg Ev Gesamtkirchengemeinde Esslingen 2009 Elisabeth Spitzbart Jorg Schilling Martin Elsaesser Kirchenbauten Pfarr und Gemeindehauser Tubingen Berlin 2014 ISBN 978 3 8030 0778 0 Reinhard L Auer Jorg Schilling et al Sudkirche Esslingen 1926 Bauheft 06 in der Reihe Martin Elsaesser Bauhefte hg Florian Afflerbach und Dr Jorg Schilling Hamburg 2015 Klaus Martin Bresgott Sudkirche Esslingen am Neckar in ders Neue Sakrale Raume 100 Kirchen der Klassischen Moderne Zurich 2019 S 48f Weblinks BearbeitenStadtkirchengemeinde Esslingen Martin Elsaesser Kirchen 1 Einzelnachweise Bearbeiten Knoll Velden Hohrath 2006 S 16 Ulrich Zimmermann Die Predigtkirche und die Querkirche Protestantischer Kirchenbau in Wurttemberg Eine Studie zur Geschichte und Theologie des Kirchenraums und zur Entstehung zweier Kirchenbautypen Neulingen 2023 S 148 260 280 ISBN 978 3 949763 29 8 zitiert nach Andreas Knoll Frauke Velden Hohrath u a Die Sudkirche in Esslingen DKV Kunstfuhrer Nr 638 Munchen Berlin 2006 ISBN 978 3 422 02041 2 S 18 Horst Schwebel Liturgie als Bauherr Wandlungen im protestantischen Kirchenbau zwischen 1900 und 1950 In Jean Wolfgang Stock Hrsg Europaischer Kirchenbau 1900 1950 Berlin u a 2006 S 150 kirchbau de48 732794 9 296158 Koordinaten 48 43 58 1 N 9 17 46 2 O Normdaten Geografikum GND 7576035 6 lobid OGND AKS VIAF 247867062 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Sudkirche Esslingen am Neckar amp oldid 237672991