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Mehmet Ruhi Su 1912 in Van 20 September 1985 in Istanbul war ein turkischer Opernsanger Volkssanger und Saz Spieler vermutlich armenischer Herkunft 1 Ruhi Su auf einem Konzert 1979 in Deutschland Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Herkunft 1 2 Ausbildung und fruhe Jahre 1 3 Verfolgung und Not 1 4 Erfolgreichste Phase 1 5 Letzte Jahre 2 Bedeutung 3 Diskografie 3 1 Alben 4 Siehe auch 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHerkunft Bearbeiten Ob Ruhi Su armenischer Herkunft war und seine Eltern im Volkermord an den Armeniern oder beim armenischen Aufstand von Van ums Leben kamen ist nicht gesichert Er selber hat nie offentlich uber dieses Thema gesprochen sondern nur gesagt er sei eines jener Kinder die der Erste Weltkrieg allein zuruckgelassen habe 2 Die Identitat seiner Eltern ist nicht bekannt Sein Sohn Ilgin sagte 2012 Wenn man bedenkt dass mein Vater 1912 in Van geboren wurde er in einem Waisenhaus aufwuchs und niemals ein Verwandter ausfindig gemacht wurde ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch dass er Armenier war 3 Fest steht dass Ruhi Su in einer mittellosen Familie in Adana aufwuchs und dort ab seinem zehnten Lebensjahr ein Internat fur Waisenkinder besuchte Ausbildung und fruhe Jahre Bearbeiten Su begann im Alter von zwolf Jahren Violine zu spielen Nach dem Familiennamensgesetz von 1934 wahlte er den Nachnamen Su und legte sich zudem den Vornamen Ruhi zu 2 Er bewarb sich erfolgreich an der Musikschule Ankara und studierte von 1936 bis 1942 am Konservatorium Ankara In den folgenden Jahren arbeitete er als Lehrer an einer Mittelschule in Ankara Cebeci und am Dorfinstitut Hasanoglan Ab 1945 wirkte er an der Staatsoper mit und sang in Opern wie Madama Butterfly Fidelio Tosca und Rigoletto Wahrend seiner Ausbildung in klassischer Musik begann er sich mit der turkischen Volksmusik auseinanderzusetzen Um seine Stimmbander zu schonen gab er 1937 das Violinespiel auf spater lernte er Saz zu spielen 4 1942 bekam Su eine Sendung im staatlichen Sender Radyo Ankara mit dem Titel Der Bariton Ruhi Su singt Lieder 1945 wurde die Sendung abgesetzt weil Su ein herrschaftskritisches alevitisches Lied gesungen hatte In dieser Zeit setzte Su seine Arbeit an der Oper fort verstarkte aber seine Beschaftigung mit der Volksmusik 1944 gab er im Halkevi Ankara sein erstes Konzert mit Volksliedern 1946 grundete er an der Universitat Ankara einen Chor in der auch seine spatere Frau Sidika Umut kennenlernte Im Jahr darauf wurde der Chor verboten 2 Verfolgung und Not Bearbeiten Su war Mitglied der Kommunistischen Partei der Turkei TKP 5 gegen die 1951 eine Massenverfolgung einsetzte Im November 1952 wurde Su von den Proben zur Oper The Consul verhaftet Auf die Opernbuhne kehrte er nie wieder zuruck Su wurde zunachst im Sansaryan Han inhaftiert einem vormaligen Warenhaus im Istanbuler Stadtteil Sirkeci in armenischem Besitz das nach dem Volkermord enteignet und in den 1940er und 1950er Jahren als Polizeigefangnis genutzt wurde 6 Sansaryan Han galt als Folteranstalt auch Su wurde gefoltert unter anderem wurden ihm die Fingernagel ausgerissen 7 Eingesperrt in einer tabut Sarg genannten winzigen Zelle schrieb er den Text von Mahsus Mahal etwa Besonderer Ort das spater eines seiner bekanntesten Stucke werden sollte Gewidmet war das Lied Sidika Umut ebenfalls Mitglied der TKP 5 die zur selben Zeit in einer anderen Sarg Zelle im selben Gefangnis sass 2 Noch in ihrer Haftzeit heirateten sie wofur man sie aus dem Gefangnis zum Standesamt fuhr 7 Sechs Monate verbrachte Su im Sansaryan Han danach dreieinhalb Jahre im Gefangnis Harbiye Schliesslich wurde er nach Adana verlegt Ein anderes seiner bekanntesten Stucke Hasan Dagi ist eine Aufarbeitung dieser Uberfahrt Dies erzahlte viel spater der Schriftsteller Vedat Turkali 7 der mit demselben Gefangenentransport uberfuhrt wurde Nach der vollen Verbussung ihrer funfjahrigen Haftstrafe wurden Ruhi und Sidika Su im Juni 1958 entlassen Es folgen 22 Monate Verbannung zunachst in der Provinzstadt Cumra spater in Ankara wo 1959 ihr Sohn Ilgin geboren wurde Die Arbeitsmoglichkeiten blieben schwierig So lieferte Su den Soundtrack fur den Film Karacaoglan in Kara Sevdasi des Regisseurs Atif Yilmaz Doch bevor der Film in die Kinos kam wurde Sus Musik aus dem Film gestrichen offiziell weil seine Opernstimme nicht passe tatsachlich aus politischen Grunden weil der Produzent Repressalien furchtete 7 Nach dem Sturz der Menderes Regierung durch eine Militarjunta wurde die Situation fur Su etwas leichter Er bekam ein Engagement im Taksim Gazino im Gezi Park damals die bekannteste Vergnugungsstatte in Istanbul und trat in weiteren Clubs auf Doch Plattenfirmen scheuten weiterhin das Risiko mit ihm zu arbeiten Darum starteten befreundete Intellektuelle eine Subskriptionskampagne So konnten 1963 vier Singles erscheinen Fur das Cover der ersten wurde ein Foto des turkisch armenenischen Fotografen Ara Guler ausgewahlt Mit vier Subskriptionen veroffentlichte Su insgesamt 16 Singles Erfolgreichste Phase Bearbeiten 1971 erschien sein erstes Album Seferberlik Turkuleri ve Kuvayi Milliye Destani eine Vertonung von Nazim Hikmets Epos auf den Turkischen Befreiungskrieg Es folgten weitere Alben in kurzen Abstanden 1975 grundete Su den Chor Dostlar Korosu deren Mitglieder er in einem Casting auswahlte und der ihn in folgenden Jahren oft begleitete Der Chor wurde im Dostlar Theater Istanbul angesiedelt arbeitete spater auch mit anderen Kunstlern und besteht bis in die Gegenwart 1977 trat Su erstmals in Europa auf Seine dortigen Eindrucke verarbeitete er in den Liedern Almanya aci vatan Deutschland bittre Heimat und Almanya da Copculerimiz Unsere Mullmaner in Deutschland Beide Stucke erschienen 1977 auf dem Album El Kapilari dem ersten von zwei Alben die er im Duett mit der Musikerin Sumeyra Cakir aufnahm Im selben Jahr kaufte das Ehepaar Su ein Haus am Kustenort Oren Dort wurde ein Studio eingerichtet das Paar hatte oft Besuch von Freunden und Kollegen Diese Jahre waren die glucklichsten ihres gemeinsamen Lebens 7 Politisch engagiert blieb Su auch dort So entstand in dieser Zeit ein anderes seiner bekanntesten Stucke Sisli Meydaninda Uc Kiz eine Aufarbeitung des Massakers am 1 Mai am Taksim Platz 6 Letzte Jahre Bearbeiten Nach dem Militarputsch von 1980 verschlechterte sich Sus Arbeits und Lebensbedingungen wieder Er wurde nicht verhaftet auch seine Werke wurden offiziell nicht verboten aber sie waren in der Turkei nicht mehr erhaltlich Hinzu kam ein faktisches Auftrittsverbot Im Februar 1983 wurde Su zu einer Gala im San Kino in Istanbul eingeladen Aus Angst vor Repressalien verzichteten die Veranstalter darauf ihn anzukundigen Die Schriftstellerin und Journalistin Zeynep Oral die an der Organisation des Abends beteiligt war schilderte spater wie ein nicht enden wollender Applaus Su auf der Buhne empfing Wir applaudierten nicht nur ihm Dieser Applaus war ein Protest gegen Unterdruckung eine Demonstration fur die Ideale an die wir glaubten 7 Es wurde Sus letzter offentlicher Auftritt Er war bereits an Krebs erkrankt In der Turkei war zu dieser Zeit keine medizinische Behandlung moglich Ausreisen konnte er nicht weil sein Reisepass Ende 1980 abgelaufen war und die Militarjunta es ablehnte den Pass zu verlangern In seinem Kampf um die Ausreisebewilligung bekam Su Unterstutzung aus dem In und Ausland so wandten sich Wolf Biermann Heinrich Boll Ingeborg Drewitz Gunter Grass Siegfried Lenz und Gunter Wallraff in einem Brief an die turkische Regierung 8 Mitte 1985 wurde Su schliesslich erlaubt einmalig fur medizinische Zwecke auszureisen Doch das kam zu spat der Krebs war schon zu weit fortgeschritten Dennoch wollte Su nach Deutschland reisen Inmitten seiner Reisevorbereitungen verstarb er am 20 September 1985 in Istanbul Sein Begrabnis wurde zum ersten Massenprotest gegen die Junta seit dem Putsch funf Jahre zuvor Soldaten und Polizisten griffen den Trauerzug an 163 Menschen wurden festgenommen 8 Bis in die Gegenwart wurde sein Grab auf dem Friedhof Zincirlikuyu mehrfach geschandet 8 Seine Ehefrau Sidika Su starb am 18 Oktober 2006 Bedeutung BearbeitenSeit den 1960er Jahren durchstreifte Su anatolische Dorfer und die Armenvierteln von Istanbul in denen sich Einwanderer aus Anatolien niedergelassen hatten und entdeckte mundlich uberlieferte Lieder 4 Zudem vertonte er Werke der alten turkisch alevitischen Asik genannten Dichter wie Yunus Emre und Pir Sultan Abdal Vor dem Hintergrund seiner Ausbildung verband Su die traditionelle turkische Volksmusik mit Elementen der klassischen europaischen Musik Zusammen mit Asik Veysel war er es der die stadtischen turkischen Milieus mit der Musik Anatoliens bekannte machte Zugleich modernisierte und politisierte Su die Volksmusik Er wurde zum Wegbereiter der Ozgun Muzik und beeinflusste sowohl Folkmusiker wie Rahmi Saltuk Zulfu Livaneli Arif Sag oder Ahmet Kaya als auch Rockmusiker wie Cem Karaca oder Haluk Levent Etliche turkische Kunstler coverten Lieder die er geschrieben oder entdeckt hatte Die Band Grup Yorum veroffentlichte 2015 ein ganzes Album mit seinen Liedern Ruhi Su gilt als einer der einflussreichsten turkischen Musiker des 20 Jahrhunderts uberhaupt nbsp Grab in ZincirlikuyuDiskografie BearbeitenAlben Bearbeiten 1971 Seferberlik Turkuleri Ve Kuvayi Milliye Destani 1972 Yunus Emre 1972 Karacaoglan 1972 Pir Sultan Abdal 1974 Siirler Turkuler 1974 Koroglu 1977 El Kapilari zusammen mit Sumeyra 1977 Sabahin Sahibi Var zusammen mit Sumeyra 1977 Semahlar 1980 Cocuklar Gocler Baliklar 1981 ZeybeklerNach seinem Tod 1986 Pir Sultan dan Levni ye 1987 Kadikoy Tiyatrosu Konseri I 1987 Kadikoy Tiyatrosu Konseri II 1988 Beydagi nin Basi 1988 Dadaloglu Ve Cevresi 1989 Huma Kusu Ve Taslamalar 1990 Sultan Suyu Pir Sultan Abdal dan Deyisler 1991 Dostlar Tiyatrosu Konseri Zusammen mit Sumeyra 1992 Ankara nn Tasina Bak 1993 Semahlar 1993 Cocuklar Gocler Baliklar 1993 Zeybekler 1993 Ezgili Yurek 1993 Ekin Idim Oldum Harman 1993 Uyur Iken Uyardilar 1994 Barabar 1995 Aman OfSiehe auch BearbeitenTurkische Volksmusik Ozgun Muzik Armenier in der TurkeiWeblinks BearbeitenRuhi Su Liedtexte Biographie auf der Webseite der Ruhi Su Stiftung Ruhi Su Belgeseli Dokumentarfilm von Hilmi Etikan von 2004 Mit englischen Untertiteln Interview in BBC Turkce Radiointerview von 1977 2015 wiederveroffentlichtEinzelnachweise Bearbeiten Murat Meric 100 yasinda bir dev Ruhi Su Radikal 5 September 2012 a b c d Ruhi Su Kultur ve Sanat Dernegi 100 yasinda bir dev Ruhi Su Biographie auf der Webseite der Ruhi Su Stiftung abgerufen am 28 Januar 2017 Sedat Kaya Sabahin bir sahibi var sorarlar birgun sorarlar Haber Hurriyeti 19 Juli 2015 a b Ruhi Su im Interview mit BBC Turkce Radiointerview von 1977 2015 fur die Sendung Arsiv Odasi neu aufbereitet abgerufen am 28 Januar 2017 a b Seval Deniz Karahaliloglu Ruhi Su ile Birlikte Kirk Yil Sidika Su Interview mit Sidika Su Bianet 21 Oktober 2006 a b Deniz Yucel Taksim ist uberall Die Gezi Bewegung und die Zukunft der Turkei Edition Nautilus Hamburg 2014 a b c d e f Ruhi Su Belgeseli Dokumentarfilm von Hilmi Etikan aus dem Jahr 2004 mit englischen Untertiteln abgerufen am 28 Januar 2017 a b c Murat Meric Ozledigimiz Ruhi Su Kultur Servisi 20 September 2015 Normdaten Person GND 128967447 lobid OGND AKS LCCN nr88000045 VIAF 76479178 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Su RuhiALTERNATIVNAMEN Su Mehmet RuhiKURZBESCHREIBUNG turkischer Volkssanger und Saz SpielerGEBURTSDATUM 1912GEBURTSORT VanSTERBEDATUM 20 September 1985STERBEORT Istanbul Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Ruhi Su amp oldid 233334829