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Rudolf Kircher 5 Juni 1885 in Karlsruhe 27 September 1954 in Stuttgart war ein deutscher Journalist und Schriftsteller Kircher war mehr als dreissig Jahre lang fur die Frankfurter Zeitung tatig u a als Korrespondent in London und als Chefkorrespondent in Berlin Kircher war bei ausserer Anpassung bekannt fur seinen kalten Sarkasmus der zwischen den Zeilen Kritik an den Zustanden im so genannten Dritten Reich ausserte die er mit virtuoser Formulierkunst Norbert Frei atemberaubendes Florettgefecht 1 tarnte Inhaltsverzeichnis 1 Leben und Tatigkeit 1 1 Fruhe Jahre 1 2 Zeit des Nationalsozialismus 1 3 Nachkriegszeit 2 Zitate 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben und Tatigkeit BearbeitenFruhe Jahre Bearbeiten Kircher war der Sohn eines grossherzoglich badenschen Generalstaatsanwalts Nach dem Schulbesuch studierte Kircher Rechtswissenschaften Er schloss seine Studien 1909 mit der Promotion in Heidelberg ab Anschliessend arbeitete er drei Jahre im grossherzoglich badenschen Staatsdienst 1912 trat Kircher in den Dienst der Frankfurter Zeitung Von 1920 bis 1930 fungierte er als Korrespondent dieser Zeitung in England Zusatzlich zu seiner Korrespondententatigkeit schrieb er mehrere Monographien uber England Kircher heiratete die Tochter Anton Urspruchs Theodora aus der Ehe ging Veronica Kircher als Tochter hervor die in London geboren wurde 1930 wurde Kircher zum Chefkorrespondenten der Frankfurter Zeitung in Berlin ernannt Diese Position in der er den linksliberalen Bernhard Guttmann abloste bekleidete er bis 1938 Aufgrund seiner eher konservativen Einstellungen hatte er in den ersten Jahren seiner Tatigkeit als Berliner Chefredakteur einige Reibungen mit den ubrigen Mitgliedern der dortigen Redaktion Fur die Zeitung selbst erwies diese Personalentscheidung sich jedoch als vorteilhaft da Kircher in Wirtschaftskreisen von denen die Zeitung in den Jahren der Wirtschaftskrise aufgrund der von diesen geschalteten Werbeanzeigen stark abhangig war hoch angesehen war Zudem wollte die Hauptschriftleitung der Frankfurter Zeitung mit der Wahl Kirchers dem allgemeinen politischen Rechtsruck im Land in den fruhen 1930er Jahren Rechnung tragen Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten und der damit einhergehenden Gleichschaltung der Frankfurter Zeitung im Jahr 1933 passte Kircher sich ausserlich an und schrieb Artikel die oberflachlich betrachtet auf der Linie des Regimes lagen Im Sinne der literarischen Camouflage d h des codierten Schreibens auf zwei Ebenen enthielten seine Texte allerdings haufig Widerhaken in denen er in getarnter Weise Kritik an dem herrschenden System an seine Leser wenn diese die Artikel richtig zu lesen verstanden vermittelte So kennzeichnete der den Reichsparteitag in Nurnberg als Volksfest oder brachte implizite Seitenhiebe gegen das antisemitische Hetzblatt Der Sturmer vor indem er vielsagend kommentierte diese Zeitung wurde sich einer Sprache bedienen die wir nicht wiedergeben mochten Die im Zuge des sogenannten Rohm Putsches durchgefuhrte politische Sauberungsaktion des NS Regimes vom Sommer 1934 in deren Verlauf etwa neunzig Personen darunter ein grosser Teil der Fuhrung der nationalsozialistischen Parteiarmee der SA auf Geheiss der Machthaber umgebracht wurden kennzeichnete er in einem Artikel mit der harmlosen Uberschrift Aktion Hitlers als ein Vorgang der einer Befreiung des Volkes von der Herrschaft Minderwertiger gleichkomme was einen hohen Einsatz wert sei Wahrend die Formulierung die auf den Titel eines Buches von Edgar Jung der ebenfalls zu den Ermordeten gehort hatte anspielte prima facie die erschossenen SA Fuhrer von denen die NS Fuhrung behauptete sie hatte einen Putschversuch gegen die legitime Regierung vorbereitet die ihr durch einen Abwehrschlag d h die Sauberungsaktion zuvorgekommen sei um die Staatsmacht in ihre Hande zu bringen als Minderwertige charakterisiert deren Versuch die Herrschaft im Land zu ubernehmen von der Regierung in heroischer Weise verhindert worden sei liess sich die Formulierung sich auch als ein Appell an das Volk oder einen mutigen Teil desselben verstehen in der Zukunft auf eine bestimmte Weise zu handeln D h als die Konstatierung dass eine Herrschaft Minderwertiger nach wie vor bestehe d h dass das NS Regime eine solche sei und dass die noch zu vollziehende Befreiung des Volkes von dieser eine erstrebenswerte Sache ein Preis sei der es Wert ware ein grosses Risiko auf sich zu nehmen einen hohen Einsatz zu investieren Frei sieht Kircher durch dessen Bekanntschaft mit dem ebenfalls ermordeten fruheren Reichskanzler Kurt von Schleicher zunehmend vorsichtig werden und sich in Sarkasmus fluchten 1 Entsprechend den neuen Vorschriften des Schriftleitergesetzes wurde Kircher ab dem 1 Januar 1934 so genannter Hauptschriftleiter der kollegial verfassten Redaktion bis zum Mai 1938 als sich zunehmend Konflikte mit der Leitung der Zeitung in Frankfurt einstellten Als ein weiterer Beweggrund als Korrespondent nach Rom zu gehen wird eine homosexuelle Affare 1937 in Nurnberg wahrend des Reichsparteitages genannt 1 durch die er erpressbar wurde Seine zum Teil auch auf Goebbels Propagandalinie liegenden Kommentare gaben ihm einen Freiraum den er z B im Mai 1943 zusammen mit Verlagsleiter Wendelin Hecht beim Frankfurter Gauleiter versuchte auszuschopfen die entlassenen mit Judinnen verheirateten Redakteure sollten zukunftig wenigstens in Ruhe gelassen werden Als der Gauleiter ausweichend antwortete sei Kirchner aufgefahren Denken Sie ich mache Euch Euren Scheiss weiter wenn Sie nicht einmal das fertigbekommen Margret Boveri verteidigte Kircher nach 1945 gegen die Uberheblichkeit der Kollegen die nur durch die Bereitschaft anderer zu schmutzigen Handen etwa eines Mannes wie Rudolf Kircher sich in ihrer Unbelastetheit sonnen konnten Franz Taucher berichtete dass nach der Entlassung judischer Redakteure Kircher die Aufforderung mit einem Funktionar im Radio die so genannte Judenfrage zu diskutieren beantwortet habe wenn er kommen musse werde er kommen aber mit einem Revolver in der Hand um sich damit vor dem Mikrophon zu erschiessen Nach dem Verbot der Frankfurter Zeitung arbeitete Kircher fur eine in Planung gebliebene Zeitschrift fur Schweden namens Tele Kircher schrieb 1944 selbst dass er keine reine Weste mehr habe 2 Nachkriegszeit Bearbeiten Nach der Grundung der Zeitung Der Standpunkt in Meran arbeitete Kircher von 1949 bis 1954 fur die in Stuttgart erscheinende Deutsche Zeitung nicht jedoch fur die neu gegrundete Frankfurter Allgemeine Zeitung Zitate BearbeitenKurt Tucholsky schreibt in seiner Rezension zu den Kircher Buchern Fair Play und Englander Obenauf liegen zwei bunt gekleidete Bucher Von Rudolf Kircher Fair Play und Englander beide bei der Frankfurter Societatsdruckerei in Frankfurt am Main erschienen Es ist sehr merkwurdig England ist fur die deutsche Presse noch nicht entdeckt Ob die sinnlose Uberschatzung von Paris darin ihren Beweggrund hat dass die massgebende Generation der massgebenden Redakteure auf der Schule Englisch nur als Fakultativfach gehabt hat oder woran immer es sonst liegen mag England gibt es kaum In Paris braucht sich nur die Spinelly ihren Oberschenkelschmuck stehlen zu lassen und Prenzlau Konigsberg und Darmstadt sind auf das ungenauste informiert Es blitzt nur so von pariser Informationen London C est la bas wie sie hier in Paris sagen Davon spricht man in feinen Zeitungen nur im politischen Teil Es soll sich aber auch dort eine Art Leben abspielen horte ich Hier bei Kircher dem ausgezeichneten Korrespondenten der Frankfurter Zeitung kann mans kennenlernen 3 dd Werke BearbeitenRevolutionare Aussenpolitik Frankfurt a M Frankfurter Societats Druckerei Frankfurt a M 1919 Englander Frankfurter Societats Druckerei Frankfurt a M 1926 Fair Play Sport Spiel und Geist in England Frankfurter Societatsdruckerei Abt Buchverlag Frankfurt a M 1927 Wie s die Englander machen Frankfurter Societats Druckerei Abt Buchverl Frankfurt a M 1929 Deutscher Umbau Frankfurter Societats Druckerei Frankfurt a M 1931 Im Land der Widerspruche Societats Verlag Frankfurt a M 1933 Fahrten ins Reich Societats Verlag Frankfurt a M 1934 Politik in drei Hauptstadten Societats Verlag Frankfurt a M 1935 Romanita Societats Verlag Frankfurt a M 1942 Literatur BearbeitenUlrich P Schafer Rudolf Kircher als Londoner Korrespondent der Frankfurter Zeitung 1920 1923 1994 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Rudolf Kircher im Katalog der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten a b c Norbert Frei Johannes Schmitz Journalismus im Dritten Reich becksche reihe Verlag C H Beck 1989 unveranderte Vierte Auflage 2011 ISBN 978 3 406 61725 6 Gunter Gillessen Auf verlorenem Posten Die Frankfurter Zeitung im Dritten Reich Berlin 1987 ISBN 978 3 88680 223 4 S 534 zitiert nach Frei Schmitz Journalismus im Dritten Reich Kurt Tucholsky Auf dem Nachttisch Kircher Molnar Rohan Gumbel EbertNormdaten Person GND 119145316 lobid OGND AKS LCCN n94080107 VIAF 79013010 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Kircher RudolfKURZBESCHREIBUNG deutscher Journalist und SchriftstellerGEBURTSDATUM 5 Juni 1885GEBURTSORT KarlsruheSTERBEDATUM 27 September 1954STERBEORT Stuttgart Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rudolf Kircher amp oldid 238882834