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Rekontextualisierung von lateinisch re wieder zuruck contextus enge Verknupfung Zusammenhang 1 2 bezieht sich auf das erneute d h wiederholte Interpretieren eines Inhaltes im Zusammenhang Dieser Artikel bezieht sich auf das Konzept der Rekontextualisierung im Bildungswesen von Deutschland Es wird in der Forschung zur Educational Governance genutzt Das Konzept der Rekontextualisierung ist Teil der Neuen Theorie der Schule von Helmut Fend Es dient der Offenlegung von Gestaltungs und Verantwortungsbereichen fur die qualitative Entwicklung des institutionalisierten Bildungswesens Dieses normativ geleitete Handeln wird beeinflusst von subjektiven Bedingungen im Sinne einer rationalen Entscheidung Das Ziel des institutionellen Akteurs Bildungswesen ist die Vermittlung von Kultur kulturellen Deutungssystemen und von kulturellen Lebensformen 3 Die kulturellen Inhalte werden auf vier Ebenen rekontextualisiert Die spezifische Umwelt jeder Ebene gibt bestimmte Handlungskontexte und Handlungsbedingungen vor die unterschiedliche Handlungsinstrumente und Kompetenzen benotigen und zu verschiedenen Verantwortungsbereichen gehoren Der Handlungskontext sind die Vorgaben der ubergeordneten Ebene Die Handlungsbedingungen kommen von den untergeordneten Ebenen Auf der Makroebene werden im Rahmen der Bildungspolitik und Verwaltung das Bildungsprogramm und rechtliche Vorgaben festgeschrieben Diese Inhalte und Vorgaben werden auf der Mesoebene von den Schulen in den Kontext ihrer Umwelt gesetzt Auf der Mikroebene rekontextualisieren die Lehrkrafte die vorgegebenen Inhalte und Regelungen auf die Schulerschaft hin Sie passen die Inhalte des Bildungsprogrammes an die Eigenheiten und individuellen Bedurfnisse der heterogenen Lerngemeinschaft einer Klasse an Die Schuler und Schulerin setzen die angebotenen kulturellen Inhalte in den Kontext ihres eigenen Weltverstandnisses Erst durch die eigenstandige Rekontextualisierung der Schuler und Schulerin konnen die Bildungsziele des Bildungswesens erreicht werden Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte und Uberblick 2 Definitionsmerkmale von Rekontextualisierung 3 Rekontextualisierung auf der Makroebene 4 Rekontextualisierung auf der Mesoebene 5 Rekontextualisierung auf der Mikroebene 5 1 Primare Rekontextualisierung 5 2 Sekundare Rekontextualisierung 6 Anwendung 7 EinzelnachweiseGeschichte und Uberblick BearbeitenDas Bildungswesen wurde in den 1960er und 1970er Jahren mittels Funktionsanalyse und Strukturdarstellung analysiert Mit der Neuen Theorie der Schule von Helmut Fend werden handlungstheoretische institutionsorientierte und akteursensitive Konzepte genutzt um das Bildungswesen zu analysieren Verantwortungs und Gestaltungsbereiche zu lokalisieren und zu intervenieren Darin werden die hierarchischen Strukturen des Bildungswesens durch institutionelle Regelzusammenhange miteinbezogen Die Veranderung des Analysefokus ist eine Konsequenz der PISA Tests Das Konzept der Rekontextualisierung zieht neben den institutionellen Regelzusammenhangen die zu vorhersehbaren Auftragshandeln fuhren individuelle und situative Faktoren der einzelnen Akteure heran um das Zusammenhandeln der unterschiedlichen Ebenen im Bildungswesen zu analysieren Dabei wird davon ausgegangen dass die Akteure im Sinne einer rationalen Entscheidung ihre eigenen ebenenspezifischen Handlungsmoglichkeiten optimieren Durch die institutionellen Vorgaben wird dieses rationale Handeln zu einem Zusammenwirken gesteuert 4 5 17 18 6 27 Definitionsmerkmale von Rekontextualisierung BearbeitenEs werden funf Definitionsmerkmale genannt Durch institutionelle Rahmenvorgaben entsteht Auftragshandeln das individuell beeinflusst wird Diese Vorgaben mussen je nach den Handlungsbedingungen im Sinne der jeweiligen Umwelt angepasst werden Die Anpassung der institutionellen Vorgaben ist von individuellen und situativen Prozessen beeinflusst Das sind Prozesse der Selbst und Fremdwahrnehmung von den Fahigkeiten der Aufgabenerfullung und von der situativen Gesamtlage d h dem Zusammentreffen besonderer Verhaltnisse und Gegebenheiten Auf den unterschiedlichen Ebenen des Bildungswesens entstehen spezifische Handlungsaufgaben die eigene Handlungsinstrumente Kompetenzen und Verantwortungen erfordern Die Erfahrungen der operativen Ebene konnen institutionelle Vorgaben verandern Das hierarchisch organisierte Bildungssystem ist demnach nicht nur von oben nach unten sondern auch von unten nach oben hin durchlassig Die auf der operativen Ebene gemessene die Wirkung kann institutionelle Vorgaben verandern Die PISA Studie ist ein Beispiel dafur 5 27 6 41 Rekontextualisierung auf der Makroebene BearbeitenAuf der Makroebene befinden sich Bildungspolitik und Rechtsprechung Bildungsverwaltung und Bildungsplanung Die Aufgabe der Bildungspolitik ist in Abstimmung zum gesellschaftlichen Kontext und kulturellen Traditionen Gesetze Verordnungen und Ressourcen vorzugeben Diese werden von politischen Konstellationen und den Formen der Entscheidungsfindung beeinflusst Der Handlungskontext der Bildungsverwaltung sind dann die gesetzlichen Vorgaben Die Bildungsverwaltung rekontextualisiert die Vorgaben der Bildungspolitik auf die Mesoebene hin Dabei geben die Meso und Mikroebene die Handlungsbedingungen vor Deswegen werden Organisationsmodelle entwickelt die sich an der schulischen Praxis orientieren wie zum Beispiel Lernkapazitat nach Altersgruppen Umgang mit der Heterogenitat von Klassen und Kapazitaten der Lehrkrafte Dadurch werden die nach Altersklassen segmentierte Bildungsziele formuliert Gesetze Verordnungen und Zustandigkeitsregelungen regulieren das Zusammenhandeln Es werden so Vorgaben gestaltet die dann erneut rekontextualisiert werden mussen Dadurch entsteht das gemeinschaftliche Auftragshandeln das fur das flachendeckende Erreichen der Bildungsziele unerlasslich ist 5 In den Lehrplanen wird zusammengefasst was als Kernbestand einer Hochkultur gilt Was als Kernbestand betrachtet wird ist abhangig von den Leitideen der Kultur wie z B Frommigkeit Gehorsam Leistungsorientierung oder Fugsamkeit Dadurch wird bestimmt mit welchem Wissen und welchen Kompetenzen die junge Generation ausgestattet werden soll Es wird eine gesellschaftliche Tradition konstruiert Wie es zu der Festlegung kommt ist abhangig von der Qualitat der Diskurse zur Zielfindung politischen Entscheidungsprozessen und der Umsetzung der politischen Vorgaben auf der Verwaltungseben Zum einen werden diese Prozesse durch die komplexe gesellschaftliche Entwicklung beeinflusst zum anderen durch individuelle und situative Einflusse der Akteure Die Rekontextualisierung auf der Makroebene wird eine zentrale Funktion zugeschrieben 5 40 47 Fur die Makrosteuerung der Wissensvermittlung stehen jeder der Institutionen spezifische Instrumente zur Verfugung die jeweils zu ihrem Verantwortungsbereich passen Diese Institutionen koordinieren sachliche und personelle Ressourcen die Ausbildungsplanung sie gestalten Studiengange und entwickeln Lehrplane Sie regeln was auf der Ebene der Schule entschieden werden kann und geleistet werden muss Zum Beispiel werden uber die schulformspezifischen Lehrplane der Zugang zu Wissen und Konnen reguliert Dazu gehort dass die Lerninhalte bestimmten Lernwegen zugeordnet sind was sich auf die Schulformen die Lernniveaus und globalen Lernzeiten auf Facher und Stundentafeln und Jahrgangsklassen bezieht Dazu kommen die Regulierung von Prufungsformen Eingangsbedingungen und Abschlussen von Bildungsgangen noch hinzu Neben spezifischen Instrumenten der Gestaltung der Bildungsgange gibt es ebenso welche fur die Entwicklung der Bildungsplane sowie Instrumente zur Fuhrung Aufsicht und Evaluation Instrumente der Verwaltung von Ressourcen fur die Bildungsplanung und Instrumente des Personalmanagements 5 39 40 89 Rekontextualisierung auf der Mesoebene BearbeitenAuf der Mesoebene befinden sich die Schulen Die Makroebene gibt den Handlungskontext vor Dies sind interne Aufgaben Rechtsstrukturen Ressourcen und Entscheidungsraume der Schulen Die Schulleitung und die Lehrkrafte bilden gemeinsam einen kooperativen Akteur der gegenuber Schulerschaft und Eltern eine definierte Aufgabe hat Es liegt in der Verantwortung der Schulen wie diese Vorgaben dann in der lokalen Umwelt umgesetzt werden Die Umwelt der Schule bilden vor allem die Schulerschaft und die Elternschaft aber auch die Gemeinde und Offentlichkeit Aus der unterschiedlichen Zusammensetzung der Schulerschaft Elternschaft und der weiteren Umwelt ergeben sich zum Teil sehr unterschiedliche Handlungsbedingungen fur den kooperativen Akteur Die soziologische Stadtforschung hat gezeigt dass im Vergleich von Schulen von stadtischen Migrantenghettos zu kleinstadtischen Gymnasien die Lernkapazitat der Schulerschaften sich stark voneinander unterscheiden 5 145 147 Wie die Vorgaben der Makroebene umgesetzt werden ist massgeblich von dem Zusammenhandeln der Schulleitung und dem Kollegium abhangig Dieses Zusammenhandeln ist hochgradig variabel Es ist abhangig von den Beziehungen zwischen den Einzelakteuren Das betrifft effektive Verwaltung und transparente Entscheidungsprozesse Arbeitsplatzqualitat fur die Lehrkrafte Gestaltung des Kontakts zu Eltern offentliche Selbstdarstellung und die Vernetzung mit anderen Schulen Weil die Aufgabenerfullung von dem Zusammenhandeln bestimmt wird werden den Schulen im Zuge von Autonomiediskussionen in der Bildungspolitik mehr Freiheiten zugestanden Es ergibt sich ein grosserer Gestaltungsspielraum in Fragen der Organisationsform Personalangelegenheiten Programmplanung und Qualitatssicherung Als Beispiel die Lehrplane sind nicht mehr ganzlich verpflichtend sondern sie werden in Schulcurricula umgesetzt Die Entburokratisierung der Schulen soll zu mehr padagogischer Freiheit und besseren Bildungsergebnissen fuhren Das Kollegium wird jedoch auch starker mit organisatorischer Arbeit beschaftigt Die neuen Aufgaben werden auch als Schulentwicklung bezeichnet 5 156 214 219 Rekontextualisierung auf der Mikroebene BearbeitenPrimare Rekontextualisierung Bearbeiten Die Hauptaufgabe der Lehrkrafte ist die institutionelle Vermittlung der kulturellen Inhalte angepasst an die Besonderheiten der Lernenden Das ist der Handlungskontext und wird primare Rekontextualisierung genannt Das Auftragshandeln der Lehrkraft wird von den Schulklassen beeinflusst Hieraus ergeben sich die Handlungsbedingungen die massgeblich von drei Faktoren bestimmt werden Die in Klassen zusammengefassten Schuler und Schulerinnen bilden Gruppen mit heterogenen kognitiven Lernvoraussetzungen An diese muss der Inhalt angepasst werden Zudem fuhren die sozialen Beziehungen der Schuler und Schulerinnen zu einer eigenen Dynamik in der Klasse Hinzukommen die verschiedenen Personlichkeiten und Bedurfnisse der Schuler und Schulerinnen Lernen findet dadurch in einer komplexen gruppenpsychologischen Dynamik statt Wie die Individuen der Klasse reagieren was sie verstehen konnen und wie die gewunschten Lernprozesse erreicht werden konnen ist der primare situative Handlungskontext 5 241 250 251 Sekundare Rekontextualisierung Bearbeiten Die eine Aufgabe der Lehrkrafte ist die optimale padagogische Vermittlung des Wissens Die andere Aufgabe ist die Sicherung vorgegebener Bildungsstandards Selektion und die Objektivitat von Prufungen Das ist die sekundare Rekontextualisierung Die Richtlinien der Makro und Mesoebene sind der Handlungskontext Dazu gehoren Lehrplane Zeitplane Prufungsregelungen schulinternen Verfahren und das Schulcurriculum sowie Lehrmittel wie Schulbuchern Das Auftragshandeln der Lehrkrafte erfullt eine Doppelfunktion Einerseits ist es ihre Aufgabe die Inhalte an die Schuler und Schulerinnen anzupassen Andererseits ist es ihre Aufgabe die Schuler und Schulerinnen an die Inhalte anzupassen und Unterschiede zu bewerten Hierdurch steht die padagogische Forderung in Spannung zu der institutionellen Selektionsaufgabe Hinzukommen Erwartungen aus Elternhaus Gemeinde und Offentlichkeit die weitere Handlungsbedingungen schaffen Die Entscheidung uber den Bildungsgang des Kindes kann zu Konflikten mit den Eltern fuhren die Prufungsverfahren anfechten Das fuhrt dazu dass die Auswahl von Inhalten sich nach guter Prufbarkeit und objektiver Rechtfertigung richtet Gleichzeitig wird dadurch die Transparenz bei der Notenvergabe gefordert und die Absprache der Lehrkrafte im Kollegium 5 240 263 264 266 Die kognitiven Lehrvoraussetzungen der Lehrkraft sind Fachwissen Methodenwissen Methodenkompetenz und Subjektwissen Zu dem Subjektwissen gehoren die Kenntnisse uber das lernende Subjekt Das Fachwissen wird durch eine Methode gestaltet die in den zeitlichen Ablauf des Unterrichts eingefugt und an die heterogenen Lernmoglichkeiten angepasst werden Dabei liegt es in der Verantwortung der Lehrkraft die Schuler und Schulerinnen zu aktivieren Im Unterricht stellen die Lehrkrafte kulturelles Wissen zur Verfugung Erst durch die Rekontextualisierung des Wissens der Schuler und Schulerinnen vollzieht sich die Bildung Ob die Bildungsziele erreicht werden entscheidet sich an dieser Stelle und kann nicht kontrolliert werden Erst durch die Selbsttatigkeit der Schuler und Schulerinnen kommt es zu deren kognitiver Entwicklung Das Lehrergebnis ist daher von der Eigenaktivitat der Schuler und Schulerinnen abhangig Aufgrund der Reformpadagogik werden die individuellen selbstgesteuerten Entwicklungen der Kinder zu der Orientierung der Rekontextualisierung des Bildungsprogrammes im Unterricht 5 236 257 261 Anwendung BearbeitenDas Konzept der Rekontextualisierung wird im Rahmen der Educational Governance eingesetzt Es wird beispielsweise untersucht wie Lehrkrafte Bildungsreformen in ihre Alltagspraxis in der Schule integrieren 7 Ausserdem findet es Verwendung in der Untersuchung des Zusammenhandelns von Kanton und Gemeinden in der Schweiz 8 Zudem wird es im Rahmen einer Studie zur Erlangung des Schulabschlusses genutzt 9 Einzelnachweise Bearbeiten Duden re Rechtschreibung Bedeutung Definition Herkunft Abgerufen am 21 November 2018 Duden Kontext Rechtschreibung Bedeutung Definition Synonyme Herkunft Abgerufen am 21 November 2018 Helmut Fend Geschichte des Bildungswesens Der Sonderweg im europaischen Kulturraum VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2006 S 20 Helmut Fend Dimensionen von Qualitat im Bildungswesen Von Produktindikatoren zu Prozessindikatoren am Beispiel der Schule In Eckhardt Klieme Rudolf Tippelt Hrsg Zeitschrift der Padagogik Nr 53 2008 S 192 a b c d e f g h i j Helmut Fend Schule gestalten Systemsteuerung Schulentwicklung und Unterrichtsqualitat VS Verlag fur Sozialwissenschaften Wiesbaden 2008 a b Helmut Fend Die Wirksamkeit der neuen Steuerung Theoretische und methodische Probleme ihrer Evaluation In Katharina Maag Merki Roman Langer Herbert Altrichter Hrsg Educational Governance als Forschungsperspektive Springer Fachmedien Wiesbaden 2008 Barbara Asbrand Die dokumentarische Methode in der Governance Forschung Zur Rekonstruktion von Rekontextualisierungsprozessen In Katharina Maag Merki Roman Langer Herbert Altrichter Hrsg Educational Governance als Forschungsperspektive Strategien Methoden Ansatze Springer Fachmedien Wiesbaden 2014 S 186 Stephanie Appius Amanda Nageli Martin Lewa Schulreformen Zusammenspiel von Kanton und Gemeinden In Judith Hangartner Markus Heinzer Hrsg Gemeinden in der Schul Governance der Schweiz Steuerungskultur im Umbruch Springer Fachmedien Wiesbaden 2016 S 77 Anke Fuchs Dorn Den Schulabschluss schaffen Erfolgsbedingungen einer schulischen Fordermassnahme Springer Fachmedien Wiesbaden 2013 S 11 14 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rekontextualisierung amp oldid 225846100