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Die Rand Revolte englisch Rand Rebellion oder Rand Revolt war eine gewaltsame Erhebung weisser Minenarbeiter in der Sudafrikanischen Union im Jahr 1922 ausgelost durch die wirtschaftlichen Verwerfungen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs Sie fand im Marz 1922 in der Bergbau und Industrieregion am Witwatersrand statt und wurde von Regierungstruppen unter Premierminister Jan Christiaan Smuts und Jacob van Deventer niedergeschlagen Gefangene werden in Fordsburg Johannesburg von der Polizei abgefuhrt Inhaltsverzeichnis 1 Hintergrund 2 Verlauf 3 Folgen 4 Rezeption in Medien und Kultur 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseHintergrund BearbeitenBereits der Zweite Burenkrieg von 1899 bis 1902 hatte in den Bergbaugebieten Sudafrikas extreme wirtschaftliche Verwerfungen hervorgerufen Minen mussten zeitweise geschlossen werden und weisse europaischstammige Minenarbeiter leisteten Kriegsdienst In den Minen herrschte eine rassistisch bestimmte Hierarchie die von den weissen nun vorwiegend britischen Besitzern uber weisse oft burische Aufseher Vorarbeiter und geschulte Arbeitskrafte bis hin zu den meist ungeschulten Coloureds und schwarzen Afrikanern verlief Nach dem Kriegsende kam es zu einem massiven Zuzug von arbeitssuchenden und ungeschulten weissen Arbeitskraften in die urbanen Gebiete des Rand wodurch die bisherige Ordnung innerhalb der Minenbelegschaften aus dem Gleichgewicht geriet Zudem begann 1904 ein Zuzug chinesischer Kontraktarbeiter in die Minenregionen um die Produktivitat wiederherzustellen Die Minenbesitzer sahen sich zu unpopularen Massnahmen gezwungen die den ungestorten Weiterbetrieb sicherstellen sollten Ab 1910 nahm die Intensitat der Arbeiterbewegung in der South African Labour Party deutlich zu und diese griff dabei Erfahrungen aus den britischen Arbeitskampfen auf In den Jahren 1913 und 1914 entwickelten sich Generalstreiks mit politischen Forderungen und militanten Erscheinungen Die Ereignisse erlangte bereits 1913 eine so verhartete Konfliktlage dass sich die angereisten Spitzenpolitiker Botha und Smuts vor Ort um Vermittlung bemuhten Im Verlaufe ihrer Aktivitaten wurden sie bedroht und dabei physisch angegriffen Diese Eindrucke veranlassten Smuts bei einem Generalstreik im Folgejahr die Armee gegen die Streikenden einzusetzen die dabei brutal vorging Die Streikfuhrer wurden verhaftet und ohne Gerichtsurteil in europaische Staaten abgeschoben Der Premierminister war durch diese Ereignisse gezwungen im Nachgang sich eine Indemnitat vom Parlament bestatigen zu lassen 1 Die im Zeitraum von 1907 Bergarbeiterstreik am Witwatersrand 2 bis 1922 ansteigende Politisierung der Arbeiter kam durch Arbeitskampfe bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs zum Ausdruck Dabei versuchten die weissen Arbeiter ihre Forderungen nach Besserstellung gegenuber den in besserbezahlte Posten aufstrebenden farbigen Arbeitern meist Wanderarbeiter durchzusetzen und sich gegen die Tendenz der Taylorisierung durch schwarze Arbeitskrafte in ihren Arbeitsablaufen zu wehren Wahrend der Kriegsperiode fanden keine nennenswerten Streikaktionen statt Erst unmittelbar danach flammte der Konflikt mit alter Militanz wieder auf Der britische Historiker Jeremy Krikler begrundet die Rand Revolte mit diesen vorangegangenen Ereignissen 1 3 Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs fiel der Goldpreis auf den internationalen Markten so in der Periode von Februar bis Dezember 1920 von 130 Shilling pro Feinunze auf 95 Shilling Ausserdem war es infolge des Krieges zu einer starken Inflation gekommen Aus Sorge dass unter diesen Bedingungen die meisten Minen unproduktiv werden wurden kam es zu Massenentlassungen die 10 000 weisse und tausende farbige und schwarze Minenarbeiter betrafen Die Chamber of Mines plante die Aufhebung der Ungleichstellung von weissen und farbigen Arbeitern und die Erhohung des Anteils letzterer in den Belegschaften um die Kosten zu senken da deren Lohne weiterhin deutlich geringer als die weisser Arbeiter ausfielen Die Regel dass kein Posten der von einem geschulten weissen Arbeiter besetzt wurde an einen schwarzen oder farbigen Arbeiter ubergehen durfte hatte die Chamber of Mines 1918 auf Druck der weissen Arbeiter eingefuhrt Gegen diese geplante Aufhebung der colour bar sinngemass Rassenschranke kam es 1921 zu ersten sporadischen Streiks die im Verlauf des Jahres an Zuspruch gewannen Im Sommer 1921 grundete sich unter dem Eindruck der Oktoberrevolution in Russland von 1917 die Communist Party of South Africa CPSA unter William H Bill Andrews die allerdings ebenfalls weisse Interessen vertrat In ihr vereinigten sich mehrheitlich in den 1910ern entstandene Gewerkschaften und Vereinigungen unter anderem die International Socialist League Wahrend die CPSA auf einen Generalstreik hinarbeitete bereitete sich eine rivalisierende Gruppe namens Federation of Labour auf einen bewaffneten Aufstand vor Das neue Jahr 1922 wurde durch einen Streik in den Kohleminen des Transvaal eingeleitet der sich bald in die Goldminen des Rand ausbreitete und an dem sich auch Arbeiter aus anderen Wirtschaftszweigen beteiligten Bis zum 10 Januar kam die Arbeit in den Minen praktisch zum Erliegen Bob Waterston ein Abgeordneter der South African Labour Party brachte im House of Assembly eine Vorlage ein die die Ausrufung der Republik und die Bildung einer provisorischen Regierung vorsah Der Parteifuhrer der rechtsgerichteten Nasionale Party im Transvaal Tielman Roos schlug in diesem Zusammenhang eine Versammlung der Mitglieder des House of Assembly in Pretoria vor was von jenen aber abgelehnt wurde Roos bestritt spater dass die Nasionale Party etwas mit dem Aufstand zu tun gehabt hatte Im Februar 1922 scheiterten die schon langer andauernden Verhandlungen zwischen den Streikenden und der South African Industrial Federation endgultig als eine Aktionsgruppe die Kontrolle ubernahm weisse Arbeiter bewaffnete und Barrikaden zu errichten begann Die Zeitung The Star beschrieb wie sich die Gewalt bewaffneter weisser Gruppen gegen schwarze Afrikaner und Coloureds ausbreitete und berichtete von Schiessereien und stumpfer Gewaltanwendung Einer der Slogans der Streikenden war Workers of the world unite and fight for a white South Africa 4 in Reminiszenz an das Motto des Kommunistischen Manifests von 1848 Proletarier aller Lander vereinigt euch Verlauf BearbeitenAm Montag dem 6 Marz 1922 wurde der Generalstreik ausgerufen der zunachst in Kohlebergwerken Fahrt aufnahm und am 8 Marz begann die offene Rebellion als die Streikenden der Goldbergwerke am Witwatersrand den Versuch unternahmen die Stadt Johannesburg fur sich zu vereinnahmen Die bewaffneten Arbeiter erhielten durch burische Landbewohner Verstarkung die eigene Motive fur ihren Hass auf die Smuts Regierung mitbrachten Gemeinsam vollzogen sich dabei pogromartige Jagdattacken auf schwarze Arbeiter 5 Unter Beteiligung von burischen Akteuren versuchten bewaffnete Kommandos das Postamt und das Kraftwerk der Stadt zu sturmen was von der ortlichen Polizei verhindert wurde Der Tag endete mit Strassenkampfen zwischen weissen Streikteilnehmern und schwarzen Minenarbeitern Rote Gruppen beteiligten sich an den Ausschreitungen und versuchten ebenfalls sich Waffen zu beschaffen Am folgenden Tag wurden mehrere Einheiten der Active Citizen Force Armeereserve in die Stadt verlegt um die Ruhe wiederherzustellen Am 10 Marz erschutterte eine Reihe von Explosionen die Stadt und die roten Gruppen traten nun verstarkt in Erscheinung Um den Aufstand niederzuschlagen rief Smuts den Kriegszustand aus es wurden jetzt Einheiten der Union Defence Force entsandt und Flugzeuge der 1920 neugebildeten South African Air Force abgestellt die im Verlauf des Konflikts Teilgebiete von Johannesburg bombardierten Die Kampfe hielten in der Stadt einige Tage an 5 Zu dieser Zeit befand sich Brakpan bereits in der Hand der Aufstandischen und in Benoni und Springs fanden Strassenkampfe mit der Polizei statt Flugzeuge der SAAF beschossen die Rebellen und bombardierten die Workers Hall von Benoni Die Polizeistationen von Brakpan und Benoni waren umkampft Im Johannesburger Vorort Brixton umzingelten 1500 Rebellen 183 Polizeibeamte und belagerten sie fur 48 Stunden Flugzeuge der SAAF warfen Versorgungsguter ab um den Polizisten zu helfen wobei sie beschossen wurden Das Kriegsrecht wurde ausgerufen und Burgerkontingente aus den umliegenden Distrikten einberufen Am 11 Marz griffen die Roten eine kleine Abteilung der Imperial Light Horse am Ellis Park in Doornfontein Johannesburg an die ernsthafte Verluste erlitt Eine Abteilung der Transvaal Scottish marschierte auf dem Weg ins East Rand bei Dunswart in einen Hinterhalt und erlitt gleichfalls schwere Verluste Die Aufstandischen durchsuchten Passanten in Jeppestown und Fordsburg Stadtteile von Johannesburg und beschossen Polizisten sowie Unbekannte die sie verdachtigten das Minenmanagement zu unterstutzen Aufgrund der zunehmenden Kritik an der Behandlung der Situation begab sich Premierminister Jan Christiaan Smuts selbst ins Krisengebiet und ubernahm in der Nacht den Oberbefehl Am 12 Marz griffen Militareinheiten und Burgerkontingente die Rebellen an die sich auf dem Brixton Ridge verschanzt hatten und machten 2200 Gefangene Am nachsten Tag brachten Einheiten unter Jacob van Deventer den belagerten Polizisten in Brakpan und Benoni Entsatz Am 15 Marz beschoss Artillerie den Sammelpunkt der Rebellen am Fordsburg Square der am Nachmittag an die Regierungstruppen fiel Die Anfuhrer der Roten Percy Fisher und Harry Spendiff begingen Suizid Samuel Alfred Long spater als Martyrer der Aufstandischen verehrt wurde bei dieser Gelegenheit gefangen genommen noch im selben Jahr von einem Sondergericht wegen Mordes verurteilt und am 17 November mit zwei weiteren Verurteilten im Zentralgefangnis von Pretoria gehangt Vom 15 bis 19 Marz fuhrte das Militar Patrouillen Razzien und Hausdurchsuchungen durch wobei viele weitere Aufstandische gefangen genommen wurden Am 16 Marz gab das Hauptquartier der UDF eine Verlautbarung ab wonach der Aufstand ein Versuch von Bolschewisten internationalen Sozialisten und Kommunisten eine soziale Revolution zu entfachen gewesen sei Um Mitternacht des 18 Marz wurde der Aufstand fur beendet erklart Folgen Bearbeiten nbsp Blue Plaque am Fordsburg Square angebracht 2013Die Rand Revolte hatte in allen Teilen der betroffenen Gemeinschaften viel menschliches Leid zur Folge und kostete rund 200 Menschenleben und mehr als 1000 Verletzte Die Niederschlagung des Aufstands und die Arbeitsausfalle verursachten Kosten in Hohe von mehreren Millionen Sudafrikanischen Pfund 15 000 Arbeiter verloren ihre Arbeit und die Goldproduktion sackte ab Etliche der Aufstandischen wurden deportiert und einige fur Taten die einem Mord entsprachen zum Tode verurteilt Vier der Anfuhrer des Aufstands wurden ebenfalls verurteilt sie sangen beim Betreten die Hinrichtungsstatte das sozialistische Lied The Red Flag Smuts wurde fur seine harten Massnahmen bei der Niederschlagung des Aufstands weithin kritisiert Er verlor an Unterstutzung in der Wahlerschaft und seine Partei die South African Party verlor die Parlamentswahl von 1924 gegen Barry Hertzogs Nasionale Party die daraufhin mit der South African Labour Party eine Koalition einging Die weissen Minenarbeiter wurden gezwungen die Massnahmen der Minenbesitzer wie Lohnsenkungen zu akzeptieren und die Goldproduktion stieg wieder an bedingt durch zunehmende Beschaftigung farbiger Arbeitskrafte und durch arbeitssparende Massnahmen Mit der zunehmenden Industrialisierung in den Ballungszentren Sudafrikas geriet die Regierung unter Druck mehr fur den Schutz der Privilegien der unterschiedlich gut ausgebildeten weissen Arbeiter nicht nur im Minensektor sondern auch im produzierenden Gewerbe zu unternehmen Die Koalition aus NP und SALP verabschiedete ab 1924 mehrere Gesetze zu diesen Zwecken die die Rassensegregation in Sudafrika vorantrieben und als Vorphase zur Apartheid gelten Zu diesen Rechtsnormen gehoren der Industrial Conciliation Act No 11 1924 der Minimum Wages Act No 27 1925 6 und der Mines and Works Amendment Act von 1926 Die CPSA sah sich ab 1924 zu einer Umkehr ihrer Politik veranlasst fast exklusiv die Interessen weisser Arbeitnehmer zu vertreten 1925 machten Schwarze bereits die Mehrzahl der Mitglieder aus und 1928 nahm die Partei nicht ohne Druck seitens der Komintern das Ziel von einer Native Republic an womit die indigene nichtweisse Bevolkerung gemeint war 7 Rezeption in Medien und Kultur BearbeitenDie South African Broadcasting Corporation produzierte 1984 eine achtteilige Fernsehserie unter dem Titel 1922 die die Ereignisse thematisiert In Agatha Christies Kriminalroman Der Mann im braunen Anzug 1924 wird die Revolte als Hintergrund des Plots verwendet ohne dass naher auf die Ursachen und Umstande eingegangen wird Christie hatte 1922 eine Weltreise zur Propagierung der British Empire Exhibition unternommen bei der sie auch in Sudafrika Station machte Literatur BearbeitenLuli Callinicos Gold and Workers 1886 1924 Ravan Press Johannesburg 1981 Steven G Marks Workers of the World Fight and Unite for a White South Africa The Rand Revolt the Red Scare and the Roots of Apartheid in The South Africa Reader History Culture Politics Duke University Press 2013 ISBN 978 0 8223 5529 8 doi 10 1215 9780822377450 045 Weblinks BearbeitenRand Rebellion 1922 auf sahistory org za englisch Account of events Rand Rebellion 1922 auf sahistory org za englisch Dennis Webster When the city of gold bled red in New Frame vom 4 Marz 2022 englisch South Africa s very own Communist Revolution The Rand Revolt of 1922 auf samilhistory com englisch Einzelnachweise Bearbeiten a b Christoph Marx Sudafrika Geschichte und Gegenwart Verlag W Kohlhammer Stuttgart 2012 S 201 202 H J Simons Trade Unions In Ellen Hellmann Leah Abrahams Handbook on Race Relations in South Africa Oxford University Press Cape Town London New York 1949 S 158 170 hier S 159 Jeremy Krikler The Rand Revolt the 1922 insurrection and racial killing in South Africa Jonathan Ball Publishers SA Johannesburg 2005 Jisc bibliografischer Nachweis Johan Fourie The South African poor white problem in the early 20th century Lessons for poverty today in Management Decision Februar 2006 a b Christoph Marx Sudafrika Geschichte und Gegenwart Verlag W Kohlhammer Stuttgart 2012 S 203 H J Simons Trade Unions In Ellen Hellmann Leah Abrahams Handbook on Race Relations in South Africa Oxford University Press Cape Town London New York 1949 S 158 170 hier S 160 161 South African Communist Party SACP auf sahistory org za abgerufen am 21 November 2022 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Rand Revolte amp oldid 234486306