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Polyoxymethylene Kurzzeichen POM auch Polyacetale genannt sind hochmolekulare thermoplastische Kunststoffe Die farblosen teilkristallinen Polymere werden hauptsachlich zur Herstellung von Formteilen im Spritzgussverfahren verwendet Wegen der hohen Steifigkeit niedrigen Reibwerten und guter Dimensionsstabilitaten werden Polyoxymethylene fur die Herstellung von Prazisionsteilen eingesetzt Kennzeichnendes Strukturelement ist eine unverzweigte Acetal Gruppe C O CH2 O C Allgemeine Strukturen von PolyoxymethylenenStrukturformel von Polyoxymethylen Konstitutionelle Repetiereinheit Oxymethylen Gruppe von POM H Formales oder reales Monomer zur Synthese ist Formaldehyd Strukturformel von POM C Konstitutionelle Repetiereinheiten von POM C wobei m sehr viel kleiner als k ist Comonomere sind hier entweder Dioxolan oder Ethylenoxid die nur in kleinen Mengen bei der Synthese zugesetzt werden Acetal Gruppe Strukturelement der unverzweigten Acetal Gruppe die blau markiert ist Sie liegen bei POM H und POM C vor und begrunden die alternative Bezeichnung dieser Polymere als Polyacetale Das aus Formaldehyd hergestellte Homopolymer wird als POM H bezeichnet und hat die Struktur CH2 O n Oxymethylen Gruppen Die Copolymere Kurzzeichen POM C haben neben zahlreichen Acetal Gruppen auch CH2 m O Einheiten mit 2 oder 4 Methylen Gruppen Sie dienen zur thermischen Stabilisierung des Polymers POM C hat ahnliche Eigenschaften wie POM H Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Eigenschaften 3 Herstellung 3 1 Homopolymer 3 1 1 Polyformaldehyd 3 1 2 Polytrioxan 3 2 Copolymer 4 Verarbeitung 5 Verwendung 6 Marktanteile 7 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenPolyoxymethylen fallt spontan aus ungehemmten wassrigen Losungen von Formaldehyd aus und wurde 1859 von Alexander Michailowitsch Butlerow isoliert 1 In den 1920er Jahren untersuchten Hermann Staudinger und Werner Kern systematisch die Polymerisation von Formaldehyd Es gelang jedoch nicht stabilisierte Polymere mit ausreichend hohem Polymerisationsgrad herzustellen 2 In den 1940er Jahren wurde die Gewinnung von reinem Formaldehyd von DuPont erforscht und es gelang die Herstellung von POM H die 1956 patentiert wurde Ab Ende der 1950er Jahre wurde POM H produziert und mit dem Handelsnamen Delrin vermarktet Celanese Vereinigte Staaten entwickelte POM C das ab 1961 unter dem Handelsnamen Celcon vertrieben wurde In einem Joint Venture mit Hoechst heute Ticona Kelsterbach wurde POM C in Deutschland hergestellt und wird unter dem Handelsnamen Hostaform vertrieben 3 1971 kam POM C unter dem Namen Ultraform BASF auf den Markt 3 Weitere Handelsnamen sind Kocetal Ramtal Duracon Kepital und Polypenco Eigenschaften BearbeitenEigenschaften POM H POM CCAS Nummer 9002 81 7 24969 26 4Dichte 1 43 g cm3 4 1 41 g cm3 5 Schmelztemperatur 182 C 4 166 C 5 Glasubergangstemperatur 60 C 4 60 C 5 Kurzzeitige max Anwendungstemperatur 150 C 4 140 C 5 Langzeitige max Anwendungstemperatur 110 C 4 100 C 5 Thermischer Ausdehnungskoeffizient 23 100 C 23 10 5 K 1 4 14 10 5 K 1 5 Kugeldruckharte 185 MPa 4 165 MPa 5 Gleitreibungskoeffizient gegen Stahl 0 34 4 0 32 5 Spezifischer Oberflachenwiderstand nach DIN EN 61340 2 3 1 00 10 14 W 4 1 00 10 14 W 5 Wasseraufnahme 0 050 4 0 050 5 Bestandigkeit gegen heisses Wasser Laugen unbestandig 4 bedingt bestandig 5 POM zeichnet sich durch hohe Festigkeit Harte und Steifigkeit in einem weiten Temperaturbereich aus Es behalt seine hohe Zahigkeit weist eine hohe Abriebfestigkeit einen niedrigen Reibungskoeffizienten eine hohe Warmeformbestandigkeit gute Gleiteigenschaften gute elektrische und dielektrische Eigenschaften sowie eine geringe Wasseraufnahme auf Die Eigenfarbe ist wegen der hohen Kristallinitat opak weiss aber das Material ist in allen Farben gedeckt einfarbbar 6 Die Kristallinitat von POM H erreicht 80 6 und liegt etwas hoher als bei POM C mit bis zu 75 7 Der Kristallitschmelzpunkt von POM H liegt bei 175 C und von POM C bei 164 bis 172 C 6 Wegen des hoheren Kristallitschmelzpunktes hat POM H eine etwas bessere Warmebestandigkeit POM C ist etwas bestandiger gegen Alkalien und heisses Wasser Allgemein hat POM eine geringe Witterungsbestandigkeit 6 Bei zu hohen Verarbeitungstemperaturen oder Erhitzen uber 220 C beginnt POM sich thermisch zu zersetzen Es bildet sich u a Formaldehyd das einen stechenden und reizenden Geruch hat POM ist gut spanbar und ist daher ein bevorzugter Plastwerkstoff zur spanenden Bearbeitung von Maschinen und Apparateteilen POM ist ohne spezielle Oberflachenbehandlung nur bedingt klebbar Durch spezielles Beizen der Oberflache lasst sich die Haftung von Klebstoffen meist Epoxidharze verbessern 8 Herstellung BearbeitenMan unterscheidet zwischen dem Homo und Copolymer welche nach unterschiedlichen Verfahren hergestellt werden konnen Homopolymer Bearbeiten Monomere nbsp Formaldehyd nbsp TrioxanPolyoxymethylen Homopolymer POM H hat die Struktur CH2 O n und wird aus Formaldehyd oder aus Trioxan hergestellt Daher wird POM H auch als Polyformaldehyd bzw als Polytrioxan bezeichnet Polyoxymethylen kann durch kationische ringoffnende Kettenpolymerisation von Trioxan erhalten werden POM H wird jedoch meist durch anionische Kettenpolymerisation von Formaldehyd erhalten In beiden Fallen enden die entstehenden Makromolekule als weniger stabile Halbacetale R CH2 O CH2 OH Unter Saureeinfluss oder thermischer Belastung fuhrt dies zu einer Depolymerisation unter Freisetzung von Formaldehyd Zur Stabilisierung werden die Endgruppen durch Veresterung verschlossen Polyformaldehyd Bearbeiten Formaldehyd wird in einer Suspensionspolymerisation in Cyclohexan als Losemittel hergestellt Im ersten Schritt wird wasserfreies Formaldehyd gewonnen Unter Hitze wird das vergleichsweise kurzkettige Paraformaldehyd zu Formaldehyd depolymerisiert 9 H O C H 2 O n H D n H 2 C O H 2 O displaystyle mathrm HO CH 2 O mathit n H xrightarrow Delta mathit n H 2 C O H 2 O nbsp Initiierung der Polymerisation erfolgt durch eine Base wie Natriummethanolat H 3 C O N a H 2 C O H 3 C O C H 2 O N a displaystyle mathrm H 3 C O Na H 2 C O longrightarrow H 3 C O CH 2 O Na nbsp Das Wachstum erfolgt in einer anionischen Kettenpolymerisation H 3 C O C H 2 O N a n H 2 C O H 3 C O C H 2 O n C H 2 O N a displaystyle mathrm H 3 C O CH 2 O Na mathit n H 2 C O longrightarrow H 3 C O CH 2 O mathit n CH 2 O Na nbsp Abbruch tritt durch Spuren von Wasser oder Methanol auf H 3 C O C H 2 O n C H 2 O N a H 2 O H 3 C O C H 2 O n C H 2 O H N a O H displaystyle mathrm H 3 C O CH 2 O mathit n CH 2 O Na H 2 O longrightarrow H 3 C O CH 2 O mathit n CH 2 OH NaOH nbsp Eine Stabilisierung des Polymers gegen thermische Depolymerisation erfolgt durch eine Umsetzung mit Essigsaureanhydrid nbsp Polytrioxan Bearbeiten Trioxan wird durch Trimerisierung von Formaldehyd in saurer wassriger Losung gewonnen Die Cyclisierung erfolgt in einer nukleophilen Addition vom Carbonyl O an das Carbonyl C eines benachbarten Aldehyd Molekuls 10 nbsp Die Polymerisation von Trioxan erfolgt als kationische ringoffnende Kettenpolymerisation Als Katalysatoren dienen starke Protonensauren wie Schwefelsaure Trifluoressigsaure oder Bortrifluorid BF3 auch in Form von Bortrifluoriddiethyletherat und Salze wie Eisen III chlorid FeCl3 und Zinn IV chlorid SnCl4 werden verwendet Der kationische Initiator lagert sich an ein Sauerstoffatom des Trioxan an fuhrt im ersten Schritt zur Bildung eines Oxonium Ions In einer Startphase kommt es nur zur Bildung von Formaldehyd und Oligomeren Das System strebt dann ein Gleichgewicht zwischen Formaldehyd und Oligomeren an Danach setzt erst die Propagation zu Makromolekulen ein 11 nbsp Eine Stabilisierung des Polymers gegen thermische Depolymerisation ist auch hier erforderlich Naheliegend ist der Zusatz von anderen cyclischen Ethern wie Dioxolan was zu einem stabilen Copolymerisat fuhrt 12 Copolymer Bearbeiten Comonomere nbsp Oxiran nbsp Dioxolan nbsp 1 3 DioxepanDie Copolymere POM C werden in einer kationischen ringoffnenden Copolymerisation von Trioxan mit Oxiran Dioxolan oder 1 3 Dioxepan hergestellt Der Anteil des Comonomers liegt im Bereich von 2 4 7 Die Comonomere werden statistisch verteilt in das wachsende Polymer eingebaut nbsp Zur thermischen Stabilisierung der Makromolekule mit instabilen Halbacetalen als Endgruppe werden durch Hydrolyse mit NH3 heterogen bei 100 C oder in homogener Schmelze bei 170 220 C Formaldehyd abgespalten bis kein Halbacetal als Endgruppe mehr vorliegt R O C H 2 O C H 2 C H 2 O C H 2 O C H 2 O H D R O C H 2 O C H 2 C H 2 O H 2 H 2 C O displaystyle mathrm R O CH 2 O CH 2 CH 2 O CH 2 O CH 2 OH xrightarrow Delta R O CH 2 O CH 2 CH 2 O H 2 H 2 C O nbsp Verarbeitung Bearbeiten nbsp POM GranulatDas Material kann durch Spritzguss bei 180 bis 220 C POM H 13 bzw 180 bis 230 C POM C verarbeitet werden Auch durch Extrusionsblasformen lasst es sich verarbeiten POM Halbzeug ist gut zur spanenden Weiterverarbeitung geeignet Verwendung Bearbeiten nbsp Schliffklemmen aus POM 14 POM Granulat wird fur Spritzgussteile verwendet Als Halbzeug ist es zur spanenden Weiterverarbeitung z B als extrudiertes Profil erhaltlich 15 es ist besser als die meisten anderen Plastwerkstoffe spanbar Maschinenbau Zahnrader Gleit und Fuhrungselemente Gehauseteile Federelemente Ketten Schrauben Muttern Lufterrader Pumpenteile Ventilkorper Elektrotechnik Isolatoren Spulenkorper Steckverbinder Teile fur elektronische Gerate z B Fernseher und Telefone Fahrzeugbau Lenkstock u a Schalthebel fur Licht Blinker Fensterheber Turschlosssysteme Gelenkschalen Modellbau dunnwandige hoher beanspruchte Teile bei Modellbahnen etwa Drehgestelle und Griffstangen POM bricht bei Belastung weniger leicht als ABS ist jedoch in hellen Farben transluzent und nicht lackierbar Medizin Insulinpen Mobelbau Beschlage Schlosser Griffe Scharniere oder auch Gardinenrollen Bauwesen Hulsen fur Punkthalter im konstruktiven Glasbau Verpackung Aerosoldosen Fahrzeugtanks Gasampullen Sport Paintballzubehor insbesondere Bolzen Bekleidung Reissverschlusse Musik Tortex Plektra fur Zupfinstrumente als Ersatz fur Plektra aus Schildpatt Delrin Kiele fur Cembali als Ersatz fur Rabenfederkiele einige Blasinstrumente insbesondere Irische Querfloten und Tin Whistles Gastronomie die Bruhgruppe in Kaffee Vollautomaten Physikalische Chemie die verschiebbare Barriere der Filmwaage Das hydrophobe Material ist schwer genug um das Hindurchschlupfen der Monolage zu verhindern Feuerzeuge Gehause E Zigarette DriptipsDie Verwendung von POM zur Herstellung von Gegenstanden die in Kontakt mit Lebensmitteln kommen ist im Lebensmittel Bedarfsgegenstande und Futtermittelgesetzbuch geregelt Verwendet werden darf nur POM mit einem Schmelzindex von maximal 50 g pro 10 min MFI 190 2 16 Zudem sind die maximal zulassigen Anteile von Katalysatoren und anderen fur die Herstellung und Verarbeitung notwendigen Stoffen geregelt Fur die Aufbewahrung und Verpackung von sauren Fullgutern mit einem pH Wert unter 2 5 ist POM nicht geeignet 16 Marktanteile BearbeitenMarktfuhrer auf dem ca 780 000 t grossen POM Markt waren 2006 17 ca 25 Ticona ca 20 DuPont ca 20 Polyplastics ca 10 Mitsubishi Gas Chemical ca 10 KEP ca 15 andereEinzelnachweise Bearbeiten Charles E Carraher Jr Giant Molecules Essential Materials for Everyday Living and Problem Solving John Wiley amp Sons 2003 ISBN 978 0 471 45721 3 S 192 books google com Wolfgang Kaiser Kunststoffchemie fur Ingenieure 3 Auflage Carl Hanser Munchen 2011 S 389 a b Sigrid Luftl P M Visakh Sarath Chandran Polyoxymethylene Handbook Structure Properties Applications and Their Nanocomposites Wiley New Jersey 2014 S 2f Eingeschrankte Vorschau a b c d e f g h i j k KUNDERT AG Kunststoff Datenbank Eintrag POM H a b c d e f g h i j k KUNDERT AG Kunststoff Datenbank Eintrag POM C a b c d Wolfgang Kaiser Kunststoffchemie fur Ingenieure 3 Auflage Carl Hanser Munchen 2011 S 384f a b Bernd Tieke Makromolekulare Chemie 3 Auflage Wiley VCH Weinheim 2014 S 128 Gerd Habenicht Kleben Grundlagen Technologie Anwendungen Springer Verlag Berlin 2013 S 616 Eingeschrankte Vorschau Bernd Tieke Makromolekulare Chemie 3 Auflage Wiley VCH Weinheim 2014 S 113 Eberhard Breitmaier Gunther Jung Organischen Chemie 7 Aufl Thieme Stuttgart 2012 S 321 Olagoke Olabisi Kolapo Adewale Handbook of Thermoplastics CRC Press Boca Raton 2016 S 268 Eingeschrankte Vorschau Wolfgang Kaiser Kunststoffchemie fur Ingenieure 3 Auflage Carl Hanser Munchen 2011 S 386ff Bernd Tieke Makromolekulare Chemie 3 Auflage Wiley VCH Weinheim 2014 S 116 Beschreibung bei Duran Gruppe Halbzeug Beispiele bei Firma Kern abgerufen am 18 Mai 2021 Kunststoffe im Lebensmittelverkehr Carl Heymanns Verlag KG XXXIII Acetalharze Stand 1 Juni 2007 Polyoxymethylen POM kunststoffe de Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Polyoxymethylene amp oldid 237851297