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Die Poincare Welle benannt nach Henri Poincare 1854 1912 ist wie die Kelvinwelle eine Flachwasserwelle in einem rotierenden Bezugssystem Inhaltsverzeichnis 1 Eigenschaften 2 Vorkommen und Beobachtungen 3 Mathematische Beschreibung 3 1 Offener Ozean 3 2 Poincare Wellen in einem unendlichen Kanal 3 3 Barokline Poincare Wellen 3 4 Poincare Wellen im aquatorialen Wellenleiter 4 Weblinks 5 QuellenEigenschaften BearbeitenDie rucktreibende Kraft der Poincare Welle ist von ihrer Frequenz abhangig Wahrend bei hochfrequenten Poincare Wellen die Schwerkraft als rucktreibende Kraft wirkt ist es bei niederfrequenten Poincare Wellen die Corioliskraft Durch diese Frequenzabhangigkeit der rucktreibenden Krafte ist die Poincare Welle prinzipiell dispersiv d h ihre Frequenzen sind eine nichtlineare Funktion ihrer Wellenlangen in denen die Schwerebeschleunigung der Coriolisparameter und die Abmessungen des Gewassers in dem sie sich ausbreitet als Parameter eingehen Poincare Wellen existieren in einem unbegrenzten Ozean mit endlicher Wassertiefe In einem berandeten Ozean werden die Poincare Wellen durch die Bedingung modifiziert dass an der Kuste kein Massentransport vom Meeresboden bis zur Oberflache integrierte Stromung senkrecht zu ihr existieren kann In berandeten Meeren existieren neben der Poincare Welle Kelvinwellen die sich entlang dieser Berandung in einem Streifen endlicher Breite ausbreiten Im Falle eines Kanals ergeben sich zwei Berandungen was die Anzahl der Randbedingungen in der mathematischen Behandlung erhoht Auch der Aquator kann der Poincare Welle aufgrund der dortigen Singularitat im Coriolisparameter am Aquator ist dieser nicht definiert bzw gleich null als Berandung dienen man spricht dann von aquatorialen Poincare Wellen Die Eigenschaften von Poincare Wellen hangen vom Verhaltnis der Wellenlange zum Rossby Radius ab daraus ergeben sich die beiden Grenzfalle kurzer und langer Poincare Wellen Kurze Poincare Wellen sind nur schwach abhangig von der Corioliskraft da sie hohe Frequenzen besitzen und deshalb kaum dispersiv Lange Poincare Wellen werden stark von der Corioliskraft beeinflusst und sind stark dispersiv Eine dispersive Welle ist eine Welle bei der sich die Wellenform mit der Zeit andert Der Rossby Radius R displaystyle R nbsp ist eine Langenskala die durch das Verhaltnis der Geschwindigkeit der Schwerewelle ohne Rotation c displaystyle c nbsp zum Coriolisparameter f displaystyle f nbsp bestimmt ist Rossby Radius R c f displaystyle R frac c f nbsp Der Rossby Radius ist der Vergleichsmassstab fur kurze und lange Poincare Wellen und gibt Auskunft uber die Breite der Uferzone in der sich die nichtdispersive Kelvinwelle ausbreitet Vorkommen und Beobachtungen BearbeitenPoincare Wellen kommen sowohl in allen Ozeanen an Kustenlinien in grossen Buchten und am Aquator als auch in grossen Seen vor z B im Lake Michigan Die erste Beobachtung und Messung mit Stromungsmessgeraten gelang Gustafson und Kullenberg 1936 in der Ostsee Mathematische Beschreibung BearbeitenOffener Ozean Bearbeiten Die Dispersionsrelation also die Beziehung zwischen der Frequenz w displaystyle omega nbsp und dem Wellenzahlvektor k displaystyle vec k nbsp welche einen Wellentyp definiert lautet fur barotrope Poincare Wellen w 2 f 2 g H k h 2 displaystyle omega 2 f 2 gHk h 2 nbsp mit f displaystyle f nbsp Coriolisparameterg displaystyle g nbsp SchwerebeschleunigungH displaystyle H nbsp Wassertiefec g H displaystyle c sqrt gH nbsp Phasengeschwindigkeit der Flachwasserwelle im nicht rotierenden Bezugssystemk h i k x j k y displaystyle vec k h vec i k x vec j k y nbsp Horizontaler WellenvektorDie obige Dispersionsbeziehung der Poincare Wellen zeigt dass fur ihre Frequenzen immer w f displaystyle omega geq f nbsp gilt Poincare Wellen mit einer Wellenlange die kurz verglichen mit dem Rossby Radius ist d h g H f k h 1 displaystyle frac sqrt gH f k h gg 1 nbsp sind naherungsweise nicht dispersive Flachwasserwellen Diese Bezeichnung ist gerechtfertigt da der barotrope Rossby Radius auf der Erde in der Regel wesentlich grosser als die Wassertiefe H ist und somit die entsprechende Wellenlange immer noch wesentlich grosser als die Wassertiefe H ist Kurze Poincare Wellen breiten sich daher sehr schnell unter Beibehaltung ihrer ursprunglichen Form vom Gebiet ihrer Anregung im ganzen Ozean aus Fur grosse Wellenlangen d h g H f k h 1 displaystyle frac sqrt gH f k h ll 1 nbsp ist die Dispersionsbeziehung der Poincare Wellen naherungsweise w f displaystyle omega approx f nbsp In diesem Grenzfall ist die Frequenz konstant gleich dem Coriolisparameter f Die Gravitation hat keinen Einfluss mehr und die Flussigkeitsteilchen bewegen sich im Gleichgewicht von Tragheits und Corioliskraft annahernd in Form von Tragheitsschwingungen Aus diesem Grund wird f auch die Tragheitsfrequenz genannt Die Gruppengeschwindigkeit der barotropen Poincare Wellen c g displaystyle vec c g nbsp betragt c g i w k x j w k y c 2 k w displaystyle vec c g vec i frac partial omega partial k x vec j frac partial omega partial k y c 2 frac vec k omega nbsp und nimmt somit den maximalen Wert c im Grenzfall von kurzen Wellen an Sie tendiert gegen Null wenn die Wellenlangen gegen unendlich gehen Diese Eigenschaften der Gruppengeschwindigkeit von Poincare Wellen bestimmen das Verhalten der Ausbreitung einer anfanglichen lokalisierten Storung derart dass sich eine Wellenfront dispersionsfrei kreisformig um eine anfanglich lokalisierte Storung ausbreitet und im Zentrum der Storung lange Wellen mit c g 0 displaystyle c g approx 0 nbsp also w f displaystyle omega approx f nbsp zuruckbleiben Der Abstand zwischen den propagierenden Fronten muss in diesem Fall sehr viel grosser als der Rossby Radius sein Poincare Wellen in einem unendlichen Kanal Bearbeiten Die beiderseitigen Berandungen in einem in x Richtung unendlich langen Kanal haben zur Folge dass die Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Kanalachse hier v in y Richtung jederzeit bei y 0 und bei y B v 0 sein muss Dies ist immer der Fall wenn v proportional zu einem Satz von Sinusschwingung senkrecht zur Kanalachse mit diskreten Wellenzahlen namlich k y n n p B displaystyle k yn frac n pi B nbsp fur n 1 2 ist Die einzelnen Sinusschwingungen mit den diskreten Wellenzahlen werden als Moden bezeichnet nbsp Dispersionsdiagramm der Poincare und Kelvinwellen in einem rotierenden Kanal dessen Breite ein Rossby Radius B R betragt Kanal im rotierten System nbsp Abb 1 Unendlich langer Kanal x Richtung mit Breite B y Richtung Rotation mit Winkelgeschwindigkeit f 2 displaystyle frac f 2 nbsp Die Dispersionsrelation der Poincare Wellen im unendlichen Kanal erhalt man aus der fur den unbegrenzten Ozean durch Ersetzen der kontinuierlichen Wellenzahlkomponente k y displaystyle k y nbsp durch die diskreten Wellenzahlkomponente k y n displaystyle k yn nbsp Sie lautet dann w 2 f 2 c 2 n 2 p 2 B 2 k x 2 displaystyle omega 2 f 2 c 2 left frac n 2 pi 2 B 2 k x 2 right nbsp mit n 1 2 3 Aus der obigen Dispersionsbeziehung folgt dass die minimale Frequenz einer Poincare Welle im unendlichen Kanal w min 2 f 2 c 2 p 2 B 2 displaystyle omega min 2 f 2 c 2 frac pi 2 B 2 nbsp fur k x 0 displaystyle k x rightarrow 0 nbsp ist Fur sehr grosse Kanalbreiten B gt gt R geht die minimale Frequenz gegen die Tragheitsfrequenz f Fur schmale Kanalbreiten B lt lt R ist die minimale Frequenz naherungsweise w min p c B displaystyle omega min frac pi c B nbsp welches die grosste Seichesperiode fur Eigenschwingungen quer zur Kanalachse darstellt nbsp Dispersionsdiagramm der Poincare und Kelvinwellen in einem rotierenden Kanal dessen Breite 10 Rossby Radien B 10 R betragt Die Gruppengeschwindigkeit fur Poincare Wellen im Kanal hat nur eine Komponente entlang der Kanalachse die gegeben ist durch c g i w k x i c 2 k x w displaystyle vec c g vec i frac partial omega partial k x vec i c 2 frac k x omega nbsp Die Grenzwerte der Gruppengeschwindigkeit der Poincare Wellen im Kanal sind analog zu denen im offenen Ozean c g 0 displaystyle c g 0 nbsp fur k x 0 displaystyle k x rightarrow 0 nbsp und c g c displaystyle c g c nbsp fur k x displaystyle k x rightarrow infty nbsp Von einer lokalen Storung im Kanal breiten sich somit nichtdispersive Wellenfronten mit der maximalen Gruppengeschwindigkeit einer Flachwasserwelle im nichtrotierenden Bezugssystem nach allen Richtungen aus Erreichen Teile der Front die Wande des Kanals werden die Wellen dort mehrfach reflektiert und es bilden sich zwischen den nach beiden Enden des Kanals propagierenden Wellenfronten ein diskretes Spektrum von Wellen mit verschwindender Gruppengeschwindigkeit und den minimalen Frequenzen w min displaystyle omega min nbsp In einem rotierenden Kanal sind neben den Poincare Wellen Kelvin Wellen eine mogliche Bewegungsform Sie erfullen automatisch die Randbedingung an den Ufern des Kanals da sie keine Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Kanalachse haben Ihre Dispersionsbeziehung ist w g H k x displaystyle omega sqrt gH k x nbsp Kelvin Wellen sind nichtdispersive Flachwasserwellen die sich im Gegensatz zu Poincare Wellen nur innerhalb einer Uferzone mit der Breite des Rossby Radius ausbreiten Diese Uferzone wird auch Kustenwellenleiter genannt Die Ausbreitungsrichtung der Kelvin Wellen im Kustenwellenleiter ist stets so dass in Ausbreitungsrichtung schauend das Ufer auf der Nordhalbkugel Sudhalbkugel rechts links liegt Kelvin Wellen werden immer dann angeregt wenn innerhalb des Kustenwellenleiters Druckgradienten parallel zum Ufer auftreten Da die Kelvin Wellen sich wie nichtdispersive Flachwasserwellen verhalten bleibt die anfangliche Form ihrer Anregung bei der Ausbreitung im Kustenwellenleiter erhalten Lasst man die Breite des Kanals von einem der Ufer aus betrachtet gegen unendlich gehen so verschwindet der zu dem unendlich entfernten Ufer gehorende Zweig der Kelvinwelle Die Poincare Moden konvergieren alle gegen eine Dispersionskurve mit der minimalen Frequenz w min f displaystyle omega min f nbsp so dass bezuglich der Poincare Wellen die Dispersionskurve des unbegrenzten Ozeans entsteht Im Unterschied zum offenen Ozean existiert im einseitig begrenzten Ozean neben den Poincare Wellen jedoch eine Kelvin Welle die sich nur im Kustenwellenleiter in die jeweils erlaubte Richtung ausbreitet Barokline Poincare Wellen Bearbeiten In geschichtetem Wasser existieren neben den barotropen auch barokline Poincare Wellen Die einfachste Form der Schichtung des Meeres besteht aus einer dunnen oberflachennahen Schicht der Dichte r 1 displaystyle rho 1 nbsp die sich von der Meeresoberflache z 0 bis zur Tiefe z h erstreckt Darunter liegt bis zum Meeresboden in der Tiefe z H eine zweite Schicht mit der grosseren Dichte r 2 displaystyle rho 2 nbsp Die Dichtesprungschicht die die beiden Wasserkorper in der Tiefe z h trennt kann wellenformige Bewegungen um ihre Ruhelage ausfuhren die Interne Wellen genannt werden Im Falle einer Wellenlange die gross gegen die Wassertiefe ist breiten sich die langen internen Wellen dispersionsfrei mit der Phasengeschwindigkeit c i 2 r 2 r 1 r 2 g h H h H displaystyle c i 2 frac rho 2 rho 1 rho 2 g frac h left H h right H nbsp aus Dann existiert der durch die barotrope Phasengeschwindigkeit c definierte barotrope Rossbyradius der im Ozean annahernd 2000 km betragt Daneben gibt es den durch die barokline Phasengeschwindigkeit c i displaystyle c i nbsp definierten baroklinen Rossby Radius R i displaystyle R i nbsp der durch die im Allgemeinen dunne Deckschicht und insbesondere durch die geringe Dichtedifferenz der beiden Wasserschichten verglichen mit der mittleren Dichte des Wassers um Grossenordnungen kleiner ist namlich nur 10 km bis 100 km betragt Aus diesem Grund konnen Ozeane und Randmeere bezuglich interner Poincare Wellen als unendlich weiter Kanal betrachtet werden Die internen Poincare Wellen mit verschwindender Gruppengeschwindigkeit haben dann alle minimale Frequenzen die nur in geringem Mass grosser als f sind und in gemessenen Stromungsspektren mit geringer Frequenzauflosung wie ein einziger Spektralpeak erscheinen Die geringe Weite des internen Rossby Radius hat daruber hinaus zur Folge dass der Kustenwellenleiter in dem sich die barokline Kelvin Welle ausbreitet wesentlich gebundelter ist da der barokline Rossby Radius um 1 bis 2 Grossenordnungen kleiner als der barotrope ist Poincare Wellen im aquatorialen Wellenleiter Bearbeiten Analog zum Kanal mit fester Berandung lassen sich die sogenannten aquatorialen Poincare Wellen beschreiben welche anstelle der Kanalufer durch den aquatorialen Rossby Radius begrenzt sind Die Randbedingung fur die meridionale Komponente der Geschwindigkeit besteht in diesem Fall in der Annahme dass sie ausserhalb des aquatorialen Wellenleiters gegen Null geht Die meridionalen Geschwindigkeiten V n displaystyle V n nbsp der verschiedenen Poincare Moden n lassen sich dann in folgender Form beschreiben V n V n 0 exp y 2 2 R 2 H n y R displaystyle V n V n0 exp left frac y 2 2R 2 right H n left frac y R right nbsp mit H n y R displaystyle H n left frac y R right nbsp Hermitesches PolynomR 2 c b displaystyle R 2 frac c beta nbsp Rossby Radius am Aquator beschreibt die meridionale Ausdehnung des aquatorialen Wellenleitersb displaystyle beta nbsp Gradient des Coriolisparameters am Aquator y displaystyle y nbsp meridionaler Abstand vom Aquator positiv nach NordenIm aquatorialen Wellenleiter sind neben Poincare Wellen auch aquatoriale Kelvin Wellen eine mogliche Bewegungsform Sie sind dadurch charakterisiert dass ihre meridionale Geschwindigkeitskomponente verschwindet und ihre zonale Geschwindigkeitskomponente proportional U K y exp y 2 2 R 2 displaystyle U K y approx exp left frac y 2 2R 2 right nbsp ist Die Kelvin Welle breitet sich im aquatorialen Wellenleiter immer nach Osten aus und hat dabei die Phasen und Gruppengeschwindigkeit c der Flachwasserwelle im nichtrotierenden Bezugssystem Der barokline Rossby Radius betragt am Aquator ungefahr 300 km Weblinks BearbeitenGlossary of Meteorology A Model of Ocean Waves Animations of Poincare wavesQuellen BearbeitenA Gill Atmosphere Ocean Dynamics International Geophysics 1982 ISBN 0 12 283522 0 T Gustafson und B Kullenberg 1936 Untersuchung von Tragheitsstromungen in der Ostsee Sven Hydrogr Biol Komm Skr Hydrogr No 13 J Pedlosky Geophysical fluid dynamics Springer 1998 ISBN 0 387 96387 1 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Poincare Welle amp oldid 238136764