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Die Physiologie der Zwangsstorung ist seit den 1970er Jahren Gegenstand der Forschung Die fuhrenden Hypothesen beziehen sich auf Veranderungen des prafrontalen Kortex der Basalganglien und des Limbischen Systems Auch Zwangs und Zwangsspektrumsstorungen als Folge einer autoimmunen Erkrankung werden fur eine Subgruppe von Patienten diskutiert Inhaltsverzeichnis 1 Neuroanatomie Neurophysiologie 2 Neurochemie 3 Neuroimmunologie 4 Genetik 5 EinzelnachweiseNeuroanatomie Neurophysiologie BearbeitenDie Ergebnisse zahlreicher Studien deuten auf eine Beteiligung vor allem dieser drei Hirnareale hin den orbitofrontalen Kortex den Gyrus cinguli anterior und den Kopf des Nucleus caudatus 1 2 Dabei sind diese Hirnareale hochkomplex mit den Basalganglien verbunden 3 Neuere Theorien besagen dementsprechend dass die Zwangsstorung mit einem Ungleichgewicht der direkten und indirekten Signalwege durch die Basalganglien einher geht Forschung zur Behandlung starker therapieresistenter Zwangsstorung mittels Tiefer Hirnstimulation zeigte dass sowohl Nucleus caudatus als auch Nucleus accumbens und Nucleus subthalamicus an dem Funktionsprozess einer Zwangsstorung beteiligt zu sein scheinen und damit mogliche Zielregionen fur die Stimulation darstellen 4 5 Wahrend der Effekt der direkten Signalwege exzitatorisch wirke sei der Effekt der indirekten Signalwege inhibitorisch So konne die relativ gesteigerte Aktivierung in eine positive Feedbackschleife munden wodurch sich Gedanken obsessiven Charakters manifestierten 6 Dabei bleibt unklar warum sich spezifische thematisch eingegrenzte Zwangsgedanken entwickeln wie diese thematische Einschrankung zustande kommt und warum ein Zustand generalisierter Zwangsgedanken gleich stark zu allen Themen im klinischen Bild unbekannt ist 7 Neurochemie BearbeitenPharmakologische Studien haben den Fokus auf die Rolle des Serotonin 5 HT Neurotransmittersystems gerichtet 8 So scheint die Wirkung von selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmern SSRIs bei einer Zwangsstorung starker zu sein als jene von Psychopharmaka die selektiv auf den Stoffwechsel anderer Botenstoffe einwirken 8 9 Gestutzt werden diese Erkenntnisse durch Studien die zeigen dass die Gabe von 5 HT Antagonisten dazu geeignet ist die Symptome einer Zwangsstorung zu verstarken 10 Neuere Studien weisen jedoch in die Richtung einer Beteiligung weiterer Botenstoffe vor allem von Glutamin Dopamin und Acetylcholin Die Hypothese einer Veranderung des komplexen Zusammenspiels dieser Botenstoffe bei einer Zwangsstorung passt auch zu der Beobachtung dass der Wirkungseintritt bei der Behandlung von Zwangsstorungen mit selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer sich langsamer vollzieht als dies etwa bei Depression der Fall ist Dies wird von einigen Forschern als Hinweis darauf gedeutet dass die Wirkung der selektiven Serotoninwiederaufnahmehemmer nicht nur durch ein Einwirken auf den Serotoninstoffwechsel erfolgt sondern als Folge einer Verschiebung der weiteren Hirnstoffwechsellage durch Veranderungen im Serotoninstoffwechsel 11 12 13 Neuroimmunologie BearbeitenNach der Entdeckung des PANDA Syndroms ergaben sich Hinweise dass ein Teil der Zwangsstorungen eine autoimmune Grundlage haben konnte wobei die Basalganglien als hierfur entscheidendes Hirnareal definiert wurden Das Pediatric Acute onset Neuropsychiatric Syndrome PANS 14 15 16 beschreibt die im Tierversuch nachvollzogene 17 18 Hypothese einer im Kindesalter rapide einsetzenden neurologisch psychiatrischen Storung die mit zwanghaften Verhaltensstereotypien oder Tics einhergeht 19 20 Unter dem Oberbegriff PANS werden sowohl nichtinfektiose Ursachen wie Stoffwechselstorungen als auch alle in Frage kommenden infektiosen Trigger zusammengefasst letztere unter der Gruppenbezeichnung Pediatric Infection Triggered Autoimmune Neuropsychiatric Disorders PITANDS 21 22 23 24 Das PANDA Syndrom eine mit neurologischen Symptomen assoziierte Infektion durch b hamolysierende Streptokokken der Gruppe A bildet inzwischen die Streptokokken Untergruppe von PITANDS 25 26 27 28 29 Die Ergebnisse der PANS PITANDS PANDAS Forschung passen zu Erkenntnissen daruber dass zwanghafte Verhaltensstereotypien auch bei anderen neurologische Erkrankungen welche die Basalganglien betreffen auftreten Hierzu zahlen unter anderem das Tourettesyndrom Parkinson Epilepsie Schizophrenie Morbus Huntington und Chorea minor 30 31 Eine Reihe von Untersuchungen verweist auf die Wirksamkeit immunmodulatorischer Therapieansatze mittels Plasmapherese oder i v Immunglobulinen Langzeituntersuchungen wiesen eine anhaltende und langfristige Besserung des klinischen Bildes durch die antibiotische Prophylaxe und durch die Pravention von Streptokokkeninfektionen nach Es gelang in den 1990er Jahren auch der Nachweis dass das B Lymphozytenantigen D8 17 bei Patienten mit Erkrankungen aus dem Zwangsspektrum erhoht ist Zusatzlich wurden bei Zwangspatienten verschiedene autoimmunologische Parameter z B pathologische Autoantikorper nachgewiesen In einer Untersuchung fand sich bei Patienten mit Zwangsstorung vergleichbar zur Chorea Sydenham eine erhohte Inzidenz von Anti Basalganglien Antikorpern 32 33 34 35 36 37 Genetik BearbeitenGenetische Faktoren bei der Entstehung der Zwangserkrankung sind wiederholt untersucht worden Indizien fur einen genetischen Zusammenhang ergeben sich aus der Beobachtung dass Eltern und Geschwister von Zwangspatienten durchschnittlich haufiger an Zwangsstorungen erkranken 38 39 40 Die Hopkins family study ergab dass die Pravalenz der Zwangserkrankung bei Verwandten ersten Grades 11 7 betragt wahrend sie bei entfernteren Verwandten nur bei 2 7 liegt 41 Auf einen genetischen Zusammenhang lassen auch Studienergebnisse schliessen die eine Ubereinstimmung von Zwangssymptomen eineiiger Zwillinge zwischen 80 und 87 ergaben wogegen sie bei zweieiigen Zwillingen nur zwischen 47 und 50 lag 42 Eine Studie beziffert den erblichen Anteil bei der klassischen Zwangserkrankung auf 45 65 Kinder bzw 27 47 Erwachsene benennt aber auch die Notwendigkeit weiterer Forschung in diesem Bereich 43 Der Stand der neurogenetischen Forschung deutet also auf eine genetische Komponente im Sinne einer erhohten Vulnerabilitat Spezifische Genabschnitte konnten bisher nicht isoliert werden 44 Offen bleibt auch inwieweit der Einfluss gemeinsam erlebter Umweltfaktoren z B in der Ursprungsfamilie eine Rolle spielt Einzelnachweise Bearbeiten T V Maia R E Cooney B S Peterson The neural bases of obsessive compulsive disorder in children and adults In Development and Psychopathology 2008 S 1251 1283 S P Whiteside J D Port J S Abramowitz A meta analysis of functional neuroimaging in obsessive compulsive disorder In Psychiatry Research 132 2004 S 69 79 G E Alexander M R DeLong P L Strick Parallel organization of functionally segregated circuits linking basal ganglia and cortex Annual review of Neuroscience 9 1986 S 357 381 Neurochirurgie Kunstlich stimulierte Schleifen In spektrum de 15 August 2012 abgerufen am 3 Februar 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Archivlink gemass Anleitung und entferne dann diesen Hinweis 1 2 Vorlage Webachiv IABot pandasnetwork org PDF 1017 kB In Pediatr Therapeut 2012 2 S 2 doi 10 4172 2161 0665 1000113 N Muller et al Mycoplasma pneumoniae infection and Tourette s syndrome In Psychiatry Res 2004 Dec 15 129 2 S 119 125 PMID 15590039 TE Ercan et al Mycoplasma pneumoniae infection and obsessive compulsive disease a case report In J Child Neurol 2008 Mar 23 3 S 338 340 PMID 18079308 RK Schneider et al Psychiatric presentations of non HIV infectious diseases Neurocysticercosis Lyme disease and pediatric autoimmune neuropsychiatric disorder associated with streptococcal infection In Psychiatr Clin North Am 2002 Mar 25 1 S 1 16 PMID 11912935 S E Swedo Pediatric autoimmune neuropsychiatric disorders associated with streptococcal infections PANDAS In Molecular psychiatry Band 7 Suppl 2 2002 ISSN 1359 4184 S S24 S25 doi 10 1038 sj mp 4001170 PMID 12142939 Review T Insel From Paresis to PANDAS and PANS Memento des 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