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Als Basalganglien oder Nuclei basales werden mehrere Kerne bzw Kerngebiete des Endhirns Telencephalon zusammengefasst die unterhalb der Grosshirnrinde Cortex cerebri liegen Diese subkortikalen basalen Kerne sind fur wichtige funktionelle Aspekte motorischer kognitiver und limbischer Regelungen von grosser Bedeutung beispielsweise fur Spontaneitat Affekt Initiative Willenskraft Antrieb schrittweises Planen vorwegnehmendes Denken Erwartungen motorische Selektion Die Basalganglien violett und ihre anatomisch funktionellen Nachbarstrukturen Inhaltsverzeichnis 1 Anatomie 2 Funktion 3 Krankheiten 4 Gating Theorie 5 Quellen 6 WeblinksAnatomie Bearbeiten nbsp Horizontalschnitt durch das Vorderhirn Basalganglien blau nbsp 4 Koronare Schnitte mit Bezeichnung der wichtigsten Strukturen der BasalganglienZu den Basalganglien teilweise auch als Stammganglien oder nach neuerer Nomenklatur als Basalkerne Nuclei basales bezeichnet zahlt man im engeren Sinne anatomisch den Nucleus caudatus geschweifter Kern und den Nucleus lentiformis linsenformiger Kern Dieser besteht aus Putamen Schalenkorper und Pallidum oder Globus pallidus bleiche Kugel mit einem internen Pallidum internum mediale oder Globus pallidus internus medialis GPI und einem externen Segment Pallidum externum laterale oder Globus pallidus externus lateralis GPE Nucleus caudatus und Putamen liegen in der fruhen Embryonalentwicklung zusammen und werden dann durch das Durchwachsen der Capsula interna der langsten Projektionsbahn des Zentralen Nervensystems getrennt Sie bleiben jedoch uber feine Streifen bzw Brucken grauer Substanz Pontes grisei caudatolenticulares verbunden und werden daher zusammen als Striatum das Gestreifte bezeichnet Diese Zusammenfassung ist nicht nur morphologisch sondern auch funktionell relevant Ventral sind Nucleus caudatus und Putamen noch verbunden Diese Stelle wird als Fundus striati oder Nucleus accumbens bezeichnet Zu den Basalganglien im weiteren Sinne funktionell rechnet man die Substantia nigra schwarze Substanz ein im Mittelhirn gelegenes Kerngebiet bestehend aus Pars compacta SNc Pars reticularis SNr und lateralis den Nucleus subthalamicus STN auch Corpus Luysi genannt Die Eingangsstation in die Basalganglien stellt das Striatum dar Es erhalt nicht nur Projektionen aus der Grosshirnrinde und der Substantia nigra sondern noch aus den verschiedensten Kerngebieten des Zentralnervensystems z B Raphe Kerne Formatio reticularis Den Ausgangspunkt bildet das Pallidum internum GPI welches direkt GABAerg hemmend auf den Thalamus projiziert und ihn und somit auch die Grosshirnrinde hemmt Sowohl Pallidum als auch Nucleus subthalamicus gehoren entwicklungsgeschichtlich zum Thalamus ventralis Funktion Bearbeiten nbsp Vernetzung der Kerne im BasalgangliensystemUber die bis heute nur ansatzweise verstandene komplexe Funktion der Basalganglien wird gegenwartig hypothetisch postuliert dass sie massgeblich sowohl an der Selektion und Prozessierung von derzeit erforderlichen motorischen und nicht motorischen hoher integrativen Handlungsmustern beteiligt sind als auch gleichzeitig an der Suppression bzw Inhibition derzeit nicht geforderter also unerwunschter und damit zu unterdruckender Aktivierungsmuster Die Basalganglien sind gewissermassen als ein Filterprozess siehe Gating in eine komplexe Regelschleife loop eingebunden die von der Grosshirnrinde ausgeht und uber die Basalganglien und den Thalamus zuruck zum Grosshirn Frontallappen verlauft Von fast der gesamten Grosshirnrinde genauer von den Nervenzellen der Schicht V gelangen bis auf wenige Ausnahmen primarer visueller und auditiver Cortex Informationen zum Striatum als der Eingangsstation der Basalganglien in Form kortiko striataler Verbindungen exzitatorische glutamaterge Transmission Uber die Ausgangsstation der Basalganglien die Substantia nigra Pars reticulata SNR und den Globus pallidus internus GPI gelangt die von den Basalganglien verarbeitete Endinformation inhibitorisch GABA erge Transmission zum Thalamus und vom Thalamus exzitatorischer glutamaterg primar zur frontalen Hirnrinde zuruck Die Basalganglien stellen einen elementaren im Detail noch wenig verstandenen funktionellen Beitrag fur den frontalen sogenannten exekutiven Teil des Gehirns dar Man grenzt heute eine direkte exzitatorische Verbindung vom Striatum zu den Ausgangsstrukturen SNR und GPI gegenuber einer indirekten inhibitorischen Verbindung ab Das Striatum und der GPI sind beide GABAerg hemmend Somit fuhrt eine direkte Projektion des Striatum auf den GPI zu einer Hemmung seiner Hemmung Disinhibition was nun eine Erregung des Thalamus bzw der Grosshirnrinde bedeutet Bei der indirekten Verbindung ist es etwas komplizierter Das Striatum hemmt den Globus pallidus externus GPE welcher den Nucleus subthalamicus hemmt Somit kommt es wieder zu einer Hemmung der Hemmung sprich der Nucleus subthalamicus ist erregt Er wirkt nun wiederum erregend auf den GPI welcher nun den Thalamus und somit indirekt die Grosshirnrinde hemmt Wenn der GPE gehemmt wird verschwindet auch eine direkte Hemmung auf den GPI was die inhibitorische Wirkung des GPI noch mehr verstarkt Hierdurch liegt die Ausgangsmodulation der Basalganglienaktivitat sozusagen an zwei entgegengesetzt gerichteten Zugeln die ein mehr Plus oder weniger Minus an Bewegung oder Handlungsmustern im weiteren Sinne Verhalten bewirken Die von den Nervenzellen der Substantia nigra Pars compacta ausgehende dopaminerge Projektion zum Striatum stellt heute deswegen einen besonders stark erforschten Modulationsweg innerhalb der Basalganglien dar weil man erkannt hat dass seine Storung infolge einer vorzeitigen Degeneration Alterung zu den Symptomen der Parkinsonschen Krankheit fuhrt Krankheiten BearbeitenZu den neurologischen Krankheiten die mit einer Funktionsstorung der Basalganglien einhergehen gehoren Parkinson Syndrome z B Parkinson Krankheit Multisystematrophie MSA Neurodegeneration mit Eisenablagerung NBIA z B Hallervorden Spatz Syndrom Dystonie Syndrome z B Torticollis spasmodicus Athetose Tardive Dystonie Choreatische Syndrome z B Chorea Huntington Hemiballismus Tardive Dyskinesie Choreoathetose PANS PANDAS ADHS Tic Storungen z B Tourette SyndromBeim Morbus Parkinson kommt es infolge einer chronisch fortschreitenden Degeneration der von der Substantia nigra Pars compacta SNc ausgehenden dopaminergen Transmission zu einer pathologischen Veranderung der striatalen Modulation die in sehr unterschiedlichem Ausmass zu Muskeltonusveranderungen Rigor Bewegungsverarmung Hypokinese Zittern Tremor Haltungsinstabilitat vermindertem Geruchssinn Hyposmie und anderen Symptomen fuhren kann Bei fruhkindlichen perinatalen Hirnschadigungen z B Kernikterus Sauerstoffmangel sind Schadigungen der Basalganglien mit Veranderungen des Muskeltonus z B Athetose haufig Bei Morbus Wilson kommt es durch Kupferablagerung u a in den Basalganglien zu komplexen motorischen und psychischen Funktionsstorungen Gating Theorie BearbeitenWie oben beschrieben wird die Filterfunktion der Basalganglien bzw des Striatum als Gating bezeichnet Die Gating Theorie an sich ist neuroanatomisch und physiologisch relativ gut etabliert findet sich jedoch unter diesem Namen zurzeit fast nur in neuropsychologischen Publikationen Dies ist fur die Validitat der Gating Theorie ausgesprochen wichtig da Gating an sich inhaltlich nichts Neues darstellt sondern nur einen anderen Namen fur ein bereits bestehendes Konzept Aus der Gating Theorie lasst sich eine Reihe von anderen Theorien ableiten Krankheiten erklaren und interindividuelle Unterschiede bezuglich der Personlichkeit des Menschen beschreiben Tic Storungen als Fehlverschaltung der Basalganglien bei denen ein immer wiederkehrendes Bewegungsmuster ausgefuhrt wird indem gewisse Verhaltensplane durch das Striatum falsch prozessiert werden ADHS Hier vermuten manche Forscher ahnliche Verschaltungsmuster wie bei Tic Storungen nur dass in diesem Falle nicht ein bestimmtes Verhaltensmuster falsch prozessiert wurde sondern eine generelle inadaquate Filterfunktion vorliegt in der redundantes oder unangebrachtes Verhalten erregt wird Hyperaktivitat wahrend neue Verhaltensplane fehlerhaft gehemmt werden Aufmerksamkeitsdefizit Zwangsstorung Die Gating Theorie der Zwangsstorungen ist vergleichbar mit der der Tic Storungen wobei sie wissenschaftlich und auch nach Meinung vieler Fachleute eher auf wackeligen Beinen steht da sie zwar Zwangshandlungen erklaren kann jedoch weder Zwangsgedanken noch die affektive Komponente der Zwangsstorung Ein weiterer Erklarungsansatz aus der Gating Theorie ist der der interindividuellen Personlichkeitsunterschiede Hans Jurgen Eysenck beschrieb einen der bis heute etabliertesten Personlichkeitsfaktoren als Extraversion vs Introversion und erklarte ihn uber kortikale Grunderregung Diese neurophysiologische Erklarung wird jedoch mittlerweile immer haufiger hinterfragt Neuere Forschung versucht diese Personlichkeitsdimension uber das Gating zu erklaren Demnach haben Introvertierte ein effizienteres Gating im Vergleich zu Extravertierten weshalb Extravertierte ihr Gating also die Fahigkeit des Striatums Verhaltensplane adaquat zu prozessieren verstarken mussen indem sie zusatzliche internale oder externale sensorische Stimuli suchen Hierdurch wird nach der Theorie die glutamaterge Projektion der Hirnrinde auf das Striatum verstarkt wodurch dieses nun besser filtern kann Diese Theorie erklart beispielsweise warum Extravertierte besser Lernen wenn sie z B Musik horen wahrend Introvertierte hierdurch eher abgelenkt werden Die Gating Theorie im weiteren Sinne ist vielversprechend steckt jedoch zurzeit noch in ihren Anfangen Viele der Subtheorien sind wissenschaftlich fundiert wobei die Verknupfungen teilweise obwohl logisch noch schlecht bis gar nicht untersucht sind Quellen BearbeitenJonathan W Mink The Basal Ganglia Kapitel 31 Fundamental Neuroscience 2003 Academic Press Bastian Conrad Andres Ceballos Baumann Bewegungsstorungen in der Neurologie richtig erkennen und behandeln 1 Auflage Thieme Verlag Stuttgart New York 1996 ISBN 3 13 102391 0 Andres Ceballos Baumann Bastian Conrad Bewegungsstorungen 2 Auflage Thieme Verlag Stuttgart New York 2005 ISBN 3 13 102392 9 G Percheron G Fenelon V Leroux Hugon A Feve 1994 Histoire du systeme des ganglions de la base La lente emergence d un systeme cerebral majeur Revue Neurologique Aug Sep 150 8 9 543 54 Lennart Heimer The Human Brain and Spinal Cord Functional Neuroanatomy and Dissection Guide Springer New York 1995 ISBN 0 387 94227 0 Weblinks BearbeitenModels of Basal Ganglia In Scholarpedia englisch inkl Literaturangaben Mit den Basalganglien assoziierte Funktionen und Erkrankungen mit Links zu aktuellen Studien Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Basalganglien amp oldid 239108321