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Patentnichtigkeitsprozess ist ein Gerichtsverfahren welches zur Nichtigerklarung eines Patents fuhren kann 22 Abs 1 PatG Das Patent kann auch teilweise fur nichtig erklart werden 22 Abs 2 in Verbindung mit i V m 21 Abs 2 Satz 1 PatG Gemass 22 Abs 2 i V m 21 Abs 3 Satz 1 PatG gelten die Wirkungen des Patents und der Anmeldung als von Anfang an nicht eingetreten Wenn das Patent fur nichtig erklart wird erfolgt dies somit ruckwirkend Das Entsprechende gilt auch fur eine eventuelle teilweise Nichtigerklarung Satz 2 der vorgenannten Norm Inhaltsverzeichnis 1 Prozessrechtliche Besonderheiten 1 1 Rechtsnatur 1 2 Einleitung und Entscheidung 1 3 Zustandigkeit 1 4 Subsidiaritat Nachrangigkeit 1 5 Klagebefugnis 1 6 Dispositionsmaxime Verfugungsgrundsatz 1 7 Untersuchungsgrundsatz 2 Materiellrechtliche Grundlagen 2 1 Mangelnde Patentfahigkeit 2 1 1 Keine Erfindung 2 1 2 Nichtneuheit 2 1 3 Nichtberuhen auf einer erfinderischen Tatigkeit keine Erfindungshohe 2 1 4 Gewerbliche Nichtanwendbarkeit 2 1 5 Verstoss gegen die guten Sitten 2 2 Mangelnde Offenbarung 2 3 Unzulassige Erweiterung 2 4 Erweiterung des Schutzbereichs 2 5 Widerrechtliche Entnahme 3 Siehe auch 4 Einzelnachweise 5 LiteraturProzessrechtliche Besonderheiten BearbeitenRechtsnatur Bearbeiten Der Patentnichtigkeitsprozess befasst sich mit der Uberprufung der Patenterteilung Diese wurde von einer Verwaltungsbehorde dem Deutschen Patent und Markenamt DPMA verfugt und ist somit ein Verwaltungsakt Der Patentnichtigkeitsprozess gleicht insoweit einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren 1 Der entscheidende Unterschied zum Verwaltungsprozess besteht jedoch darin dass der Patentnichtigkeitsprozess gemass 81 Abs 1 Satz 1 PatG zwischen gleichberechtigten Personen des Zivilrechts namlich einem Klager dem so genannten Nichtigkeitsklager und dem Inhaber des angegriffenen Patents durchgefuhrt wird Eine Mitwirkung der fur den Verwaltungsakt die Patenterteilung eigentlich verantwortlichen Behorde des DPMA ist hierbei vom Gesetz nicht vorgesehen So bestimmt 99 Abs 1 PatG auch folgerichtig dass im Patentnichtigkeitsprozess das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden sind wenn die Besonderheiten des Verfahrens dies nicht ausschliessen Der Patentnichtigkeitsprozess ist nach alledem seiner Rechtsnatur nach ein Zivilprozess Einleitung und Entscheidung Bearbeiten Der Patentnichtigkeitsprozess wird durch Klage eingeleitet 81 Abs 1 Satz 1 PatG Diese ist gemass Satz 2 der vorgenannten Vorschrift gegen den im Register als Patentinhaber Eingetragenen zu richten Entschieden wird der Patentnichtigkeitsprozess durch Urteil 84 Abs 1 Satz 1 PatG wobei gemass Satz 2 der vorgenannten Vorschrift uber die Zulassigkeit der Klage durch Zwischenurteil vorab entschieden werden kann Zustandigkeit Bearbeiten Fur die Durchfuhrung des Patentnichtigkeitsprozesses ist in erster Instanz das Bundespatentgericht BPatG zustandig 81 Abs 4 PatG wonach die Klage wegen Erklarung der vollstandigen oder teilweisen Nichtigkeit beim Patentgericht schriftlich zu erheben ist Die Zustandigkeit fur die zweite und zugleich letzte Instanz liegt beim Bundesgerichtshof BGH 110 Abs 1 PatG Nach dieser Vorschrift findet gegen die Urteile der Nichtigkeitssenate des Patentgerichts die Berufung an den Bundesgerichtshof statt Subsidiaritat Nachrangigkeit Bearbeiten Gemass 81 Abs 2 PatG darf ein Patentnichtigkeitsprozess nicht stattfinden solange gegen das Patent ein Einspruch vgl 59 PatG noch erhoben werden kann oder ein Einspruchsverfahren anhangig ist Anderenfalls ist die Klage auf Erklarung der Nichtigkeit des Patents unzulassig Der Patentnichtigkeitsprozess ist also subsidiar gegenuber einem eventuellen vorrangigen Einspruchsverfahren gegen das Patent Klagebefugnis Bearbeiten Klagebefugt im Patentnichtigkeitsprozess ist grundsatzlich jedermann 2 Es handelt sich also insoweit um eine Popularklage Eine Ausnahme bildet lediglich der Fall der so genannten widerrechtlichen Entnahme Diebstahl geistigen Eigentums Hier ist nur der Verletzte d h insbesondere der Erfinder oder dessen Rechtsnachfolger klagebefugt Ein Recht auf das Patent haben namlich gemass 6 PatG nur der bzw die Erfinder und dessen deren Rechtsnachfolger Dispositionsmaxime Verfugungsgrundsatz Bearbeiten Die Parteien Nichtigkeitsklager und Patentinhaber haben insofern die Herrschaft uber das Verfahren als sich die Prufung und Entscheidung im Patentnichtigkeitsprozess im Rahmen der gestellten Antrage halten muss 3 Gemass 99 PatG i V m 308 ZPO darf ein Patent grundsatzlich nicht uber den vom Klager beantragten Umfang hinaus fur nichtig erklart werden 4 Daraus folgt auch dass der Patentnichtigkeitsprozess endet wenn der Nichtigkeitsklager die Klage bzw eine von ihm gegen ein abweisendes Urteil eingelegte Berufung zurucknimmt Es darf in diesem Fall also nicht zu einer Nichtigerklarung des Patents durch das Gericht kommen Untersuchungsgrundsatz Bearbeiten Im Patentnichtigkeitsprozess gilt anders als im normalen Zivilprozess der Untersuchungsgrundsatz des 87 Abs 1 PatG wonach das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen erforscht und insoweit nicht an das Vorbringen und die Beweisantrage der Parteien gebunden ist Allerdings bezieht sich 87 Abs 1 PatG nur auf das Problem wie der fur die Gerichtsentscheidung erhebliche Sachverhalt ermittelt werden muss nicht aber auf die Fragen der Prozessgestaltung und der Disposition uber das Verfahren an sich oder dessen Gegenstand 5 Im Gegensatz zu dem im normalen Zivilprozess geltenden Verhandlungsgrundsatz bleibt es also im Patentnichtigkeitsprozess den Parteien nicht uberlassen welchen Sachverhalt sie dem Gericht zur Urteilsfindung prasentieren wollen Deshalb ist es im Patentnichtigkeitsprozess dem Beklagten Patentinhaber nicht moglich durch ein Anerkenntnis im Sinne von i S v 307 ZPO bezuglich des vom Klager vorgebrachten Sachverhalts das Gericht dazu zu veranlassen ohne weitere Sachprufung der Klage stattzugeben Materiellrechtliche Grundlagen BearbeitenDer Patentnichtigkeitsprozess fuhrt dann zur vollstandigen oder teilweisen Nichtigerklarung des Patents wenn mindestens einer der gesetzlichen Nichtigkeitsgrunde siehe unten gegeben ist Erforderlich ist ausserdem ein ausdrucklich auf Erklarung der Nichtigkeit bzw teilweisen Nichtigkeit des zu bezeichnenden Patents gerichteter Antrag des Klagers Klageantrag 81 Abs 5 Satz 1 PatG Mangelnde Patentfahigkeit Bearbeiten Das Patent wird fur nichtig erklart wenn es nicht patentfahig ist 22 Abs 1 i V m 21 Abs 1 Nr 1 PatG Das ist dann der Fall wenn mindestens eine der in den 1 bis 5 PatG angegebenen Voraussetzungen fur den Patentschutz nicht erfullt ist Keine Erfindung Bearbeiten Gemass 1 Abs 1 PatG ist Patentfahigkeit nicht gegeben wenn es sich beim Gegenstand des Patents nicht um eine Erfindung handelt Eine Legaldefinition des Begriffs Erfindung existiert nicht wohl weil es trotz vielfaltiger Bemuhungen von Rechtsprechung und Literatur bisher nicht gelungen ist eine in allen Aspekten unangreifbare Fixierung des Begriffs der Erfindung zu schaffen Eine dem Wesen der Erfindung recht nahe kommende von Bruchhausen 6 in enger Anlehnung an Lindenmeier 7 konzipierte Definition lautet wie folgt Eine Erfindung ist eine Anweisung zur Benutzung von Kraften oder Stoffen der Natur mit dem beliebig wiederholbaren Erfolg eines unmittelbar verwertbaren Ergebnisses das nicht zum bisherigen Stande der Technik gehort und im Rahmen des durchschnittlichen Fachkonnens nicht zu erwarten war Eine nicht abschliessende Aufzahlung dessen was keine Erfindung ist enthalt 1 Abs 3 PatG Nichtneuheit Bearbeiten Der Patentgegenstand ist nicht patentfahig wenn die Erfindung nicht neu ist 1 Abs 1 Satz 1 2 Halbsatz HS PatG Gemass 3 Abs 1 Satz 1 PatG gilt eine Erfindung als neu wenn sie nicht zum Stand der Technik gehort In Umkehrung dieser Regel ist somit Nichtneuheit gegeben wenn die Erfindung zum Stand der Technik gehort Nach 3 Abs 1 Satz 2 PatG umfasst der Stand der Technik alle Kenntnisse die vor dem fur den Zeitrang der Anmeldung massgeblichen Tag durch schriftliche oder mundliche Beschreibung durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Offentlichkeit zuganglich gemacht worden sind Weitere Details den Stand der Technik i S v 3 Abs 1 Satz 1 PatG betreffend sind Abs 2 ff von 3 zu entnehmen Nichtberuhen auf einer erfinderischen Tatigkeit keine Erfindungshohe Bearbeiten Die Patentfahigkeit ist des Weiteren ausgeschlossen wenn die Erfindung nicht auf einer erfinderischen Tatigkeit beruht keine Erfindungshohe aufweist 1 Abs 1 Satz 1 3 HS PatG In Umkehrung der Legaldefinition von 4 Satz 1 PatG ist eine Erfindung nicht auf einer erfinderischen Tatigkeit beruhend wenn sie sich fur den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt Gewerbliche Nichtanwendbarkeit Bearbeiten Ferner ist Patentfahigkeit nicht gegeben wenn die Erfindung nicht gewerblich anwendbar ist Umkehrschluss aus 1 Abs 1 Satz 1 4 HS PatG Eine Erfindung gilt als nicht gewerblich anwendbar wenn ihr Gegenstand auf keinem gewerblichen Gebiet einschliesslich der Landwirtschaft hergestellt oder benutzt werden kann Umkehrschluss aus 5 PatG Verstoss gegen die guten Sitten Bearbeiten Die Patentfahigkeit ist auch dann ausgeschlossen wenn die gewerbliche Verwertung der Erfindung gegen die offentliche Ordnung oder die guten Sitten verstossen wurde 2 Abs 1 1 HS PatG wobei allerdings ein solcher Verstoss nicht allein aus der Tatsache hergeleitet werden kann dass die Verwertung durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist 2 HS der vorgenannten Norm Abs 2 der in Rede stehenden Norm schlussendlich enthalt einen nicht abschliessenden Katalog weiterer Ausnahmen bei denen Erfindungen trotz an sich erfullter Patentierbarkeitskriterien die Patentfahigkeit versagt werden muss Mangelnde Offenbarung Bearbeiten Das Patent wird fur nichtig erklart wenn es die Erfindung nicht so deutlich und vollstandig offenbart dass ein Fachmann sie ausfuhren kann 22 Abs 1 i V m 21 Abs 1 Nr 2 PatG Unzulassige Erweiterung Bearbeiten Gemass 22 Abs 1 1 Alt i V m 21 Abs 1 Nr 4 PatG wird des Weiteren das Patent fur nichtig erklart wenn der Gegenstand des Patents uber den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht in der sie bei der fur die Einreichung der Anmeldung zustandigen Behorde ursprunglich eingereicht worden ist das Gleiche gilt wenn das Patent auf einer Teilanmeldung oder einer nach 7 Abs 2 PatG eingereichten neuen Anmeldung beruht und der Gegenstand des Patents uber den Inhalt der fruheren Anmeldung in der Fassung hinausgeht in der sie bei der fur die Einreichung der fruheren Anmeldung zustandigen Behorde ursprunglich eingereicht worden ist Zur Feststellung einer unzulassigen Erweiterung i S v 21 Abs 1 Nr 4 PatG ist der Gegenstand des erteilten Patents d h die durch die Patentanspruche definierte gegebenenfalls mit Hilfe von Beschreibung und Zeichnung auszulegende Lehre mit dem Gesamtinhalt der ursprunglichen Anmeldungsunterlagen zu vergleichen 8 Demgemass kann z B eine Erweiterung der Patentanspruche gegenuber der ursprunglichen Fassung derselben im Rahmen des 21 Abs 1 Nr 4 PatG noch zulassig sein 9 Erweiterung des Schutzbereichs Bearbeiten Eine Nichtigerklarung des Patents erfolgt ferner dann wenn der Schutzbereich des Patents erweitert worden ist 22 Abs 1 2 Alternative Alt PatG Vordergrundig konnte man die unzulassige Erweiterung i S v 22 Abs 1 1 Alt i V m 21 Abs 1 Nr 4 PatG und die Erweiterung des Schutzbereichs nach 22 Abs 1 2 Alt PatG fur ein und denselben Nichtigkeitsgrund halten 10 Jedoch tragt die Vorschrift des 22 Abs 1 2 Alt PatG dem Umstand Rechnung dass sich der Schutzumfang eines bereits erteilten Patents nachtraglich noch erweitert haben kann namlich in einem nach Patenterteilung durchgefuhrten Einspruchsverfahren 10 Der Gesetzgeber ging bei der Schaffung des 22 Abs 1 2 Alt PatG 11 davon aus dass eine Erweiterung nach Patenterteilung dann nicht bereits unter den Nichtigkeitsgrund unzulassige Erweiterung nach 22 Abs 1 1 Alt i V m 21 Abs 1 Nr 4 PatG fallt wenn sie noch im Rahmen der ursprunglichen Offenbarung der Patentanmeldung liegt 12 Widerrechtliche Entnahme Bearbeiten Gemass 22 Abs 1 i V m 21 Abs 1 Nr 3 PatG schliesslich wird das Patent auch dann fur nichtig erklart wenn der wesentliche Inhalt des Patents den Beschreibungen Zeichnungen Modellen Geratschaften oder Einrichtungen eines anderen oder einem von diesem angewendeten Verfahren ohne dessen Einwilligung entnommen worden ist widerrechtliche Entnahme Es handelt sich hier um einen Fall des Diebstahls geistigen Eigentums zu dessen Geltendmachung nicht jedermann sondern ausschliesslich der Verletzte Erfinder oder dessen Rechtsnachfolger antragsberechtigt und damit klagebefugt ist 81 Abs 3 PatG Siehe auch BearbeitenStreitgegenstand im Patentnichtigkeitsverfahren Klageanderung im Patentnichtigkeitsprozess Streitgegenstand Patent Ausschliesslichkeitsrecht Erfindung Einwand des freien Standes der Technik Zivilprozess GebrauchsmusterloschungsverfahrenEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts BVerwGE Bd 8 S 350 Benkard Rogge PatG GebrmG 10 Aufl Munchen 2010 Rn 21 zu 22 PatG Benkard Rogge PatG GebrmG 10 Aufl Munchen 2010 Rn 45 zu 22 PatG So schon das Reichsgericht RG in Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR S 738 740 Benkard Schafers PatG GebrmG 10 Aufl Munchen 2010 Rn 2 zu 87 PatG Benkard Bruchhausen PatG GebrmG 10 Aufl Munchen 2010 Rn 43 zu 1 PatG Zeitschrift Mitteilungen der deutschen Patentanwalte Mitt 1959 S 121 124 Bundesgerichtshof BGH in Zeitschrift Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR 1992 S 158 BGH in GRUR 1988 S 197 a b Dietrich Scheffler Der Streitgegenstand seine Anderung und ihre prozessualen Rechtsfolgen im Patentnichtigkeitsverfahren in Rundbrief Deutscher Verband der Patentingenieure und Patentassessoren VPP Nr 2 Munchen Juni 2005 S 63 durch das Gemeinschaftspatentgesetz GPatG vom 26 Juli 1979 BGBl I S 1269 Vgl im Einzelnen die amtl Begrundung zur Gesetzesanderung abgedr in Zeitschrift Blatt fur Patent Muster und Zeichenwesen BlPMZ 1979 S 276 281 zu Nr 12 Literatur BearbeitenDietrich Scheffler Der Streitgegenstand seine Anderung und ihre prozessualen Rechtsfolgen im Patentnichtigkeitsverfahren in Rundbrief Deutscher Verband der Patentingenieure und Patentassessoren VPP Nr 2 Munchen Juni 2005 S 60 ff Peter Schlosser Zivilprozessrecht I Erkenntnisverfahren Munchen 1983 Heinz Thomas Hans Putzo Zivilprozessordnung 23 Aufl Munchen 2001 Georg Benkard Patentgesetz Gebrauchsmustergesetz 10 Aufl Munchen 2006 zitiert Benkard Bearbeiter Rainer Schulte Patentgesetz 6 Aufl Koln Berlin Bonn Munchen 2001 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Patentnichtigkeitsprozess amp oldid 202435671