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Der Papyrus Egerton 2 ist ein aus vier Fragmenten bestehender antiker Papyrus aus Mitte bis Ende des 2 Jahrhunderts in Codex Form Das winzige vierte Fragment weist nur einen einzigen Buchstaben aus und ist fur die Rekonstruktion nutzlos Er befindet sich unter der Signatur P London Christ 1 im Britischen Museum Die Schrift enthalt vier bis funf Episoden aus einem sonst unbekannten apokryphen Evangelium oder einer Sammlung von Jesus Erzahlungen Verso von Fragment 1 des Papyrus Egerton 2 Britisches Museum Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Datierung 2 Inhalt 3 Literarische Beurteilung 4 Literatur 4 1 Ausgaben und Ubersetzungen 4 2 Sekundarliteratur 5 Anmerkungen 6 WeblinksHerkunft und Datierung BearbeitenDer Papyrus wurde in Agypten gefunden und 1935 erstmals von dem Papyrologen Harold Idris Bell 1879 1967 und dem Bibliothekar Theodore Cressy Skeat 1907 2003 herausgegeben Das Papyrusfragment Papyrus Koln VI 255 ist ein Teil derselben Handschrift und erganzt das erste Fragment des Egerton Papyrus 1 Es ermoglichte ein besseres Verstandnis und eine verbesserte Ubersetzung der auf den Fragmenten uberlieferten Texte Der Fundort weist nicht notwendig darauf hin dass der Text in Agypten entstanden sein muss Generell haben sich Papyri in Agypten aufgrund der klimatischen Bedingungen weitaus besser erhalten als in anderen Gegenden des romischen Reiches sie konnen aber an anderen Orten geschrieben oder aus anderen Quellen kopiert worden sein Insgesamt belegen die agyptischen Papyrifunde allerdings dass Agypten im 2 nachchristlichen Jahrhundert ein Brennpunkt der Produktion apokrypher Evangelien und Evangelienharmonien war 2 Der Papyrus wird zumeist auf Mitte bis Ende des 2 Jahrhunderts datiert 3 John Dominic Crossan der eine fruhe und originare Entstehung vertritt nimmt als spatesten Abfassungstermin das Jahr 120 an 4 Klaus Berger und Kurt Erlemann vertreten eine sehr fruhe Datierung auf ca 75 n Chr 5 Michael Gronewald der das erganzende Kolner Fragment publizierte datiert die gesamte Handschrift aufgrund von Schriftmerkmalen erst ins 3 Jahrhundert nach Christus auch Brent Nongbri nimmt eine Abfassung im spaten 2 oder fruhen 3 Jahrhundert an 6 Die in der Steuerfrage verwendete Anrede Jesu mit dem Wort Rabbi das fruhestens in den letzten Jahrzehnten des 1 Jahrhunderts im Judentum ublich und den Christen bekannt wurde begrenzt den Entstehungshorizont nach unten C H Dodd hielt diese Anrede allerdings bereits mit der Zerstorung Jerusalems im Jahre 70 fur denkbar Der Papyrus zahlt auf jeden Fall zu den altesten bekannten urchristlichen Handschriften Der Papyrus enthalt Nomina sacra wie sie aus dieser Zeit typisch fur Bibelhandschriften und theologische Literatur sind Sprachlich und inhaltlich ahnelt die erste Episode C H Dodd und Ernst Haenchen zufolge dem Stil des Johannesevangeliums eine Einschatzung die viele spatere Forscher ubernahmen die aber auch bestritten wurde 7 Sie enthalt aber auch synoptische Merkmale Papyrifunde belegen dass das Johannesevangelium in Agypten deutlich fruher als in anderen christlichen Gemeinden besonders stark rezipiert wurde 2 Das zweite Fragment weist Parallelen mit synoptischer Uberlieferung auf Einige Wendungen in der Erzahlung uber die Lepraheilung verraten dass der Verfasser nicht aus Palastina stammte bzw mit den dortigen Verhaltnissen nicht vertraut war Man vermutet ihn im damaligen Syrien Kleinasien oder Agypten Inhalt BearbeitenDie ersten beiden Fragmente enthalten Bruchstucke von vier Texten ein Streitgesprach mit Gesetzeskundigen und Obersten des judischen Volkes uber einen angeblichen Gesetzesbruch Jesu Es endet mit dem erfolglosen Versuch ihn zu steinigen die Heilung eines Leprakranken den Versuch Jesus mit der Steuerfrage zu provozieren vgl Mk 12 13 17 EU ein Wunder Jesu am Jordan das sonst nirgends uberliefert ist Hier ist das Fragment stark zerstort so dass der Text kaum rekonstruierbar ist Das dritte sehr kleine Fragment enthalt nur wenige isolierte Worte und erlaubt keine Textrekonstruktion Literarische Beurteilung BearbeitenDer Text des Papyrus weist jeweils in bestimmten Aspekten Ahnlichkeiten mit Johannes sowie mit den synoptischen Evangelien auf Die Gelehrten sind sich in der Beurteilung seines Verhaltnisses zu den kanonischen Evangelien uneins und zerfallen grob in drei Gruppen Die einen halten den Text fur literarisch von neutestamentlichen Quellen abhangig andere glauben es handele sich um eine unabhangige konkurrierende Uberlieferung die gleichzeitig mit den neutestamentlichen Quellen entstanden sein kann und eine dritte Gruppe schatzt das Fragment fur alter ein und halt es fur moglich dass Teile davon bei der Entstehung des Johannesevangeliums als Quelle herangezogen wurden 8 C H Dodd A New Gospel in New Testament Studies Manchester 1953 hielt die erste Perikope fur literarisch vom Johannesevangelium abhangig wahrend die ubrigen Passagen aus mundlicher vom NT unabhangiger Uberlieferung stammten Joachim Jeremias Neutestamentliche Apokryphen Tubingen 1987 S 82 85 glaubte der Autor habe alle vier Evangelien gekannt und frei aus dem Gedachtnis zitiert Es konne sich um einen Auszug aus einem mit einer Passionserzahlung abgeschlossenen Gesamtwerk handeln John Dominic Crossan Four other Gospels Minneapolis 1985 S 65 87 vertritt dagegen die Auffassung zumindest die Perikope uber die Steuerfrage sei alter als die Parallele Mk 12 13 17 Das Fragment sei daher unabhangig von der synoptischen Tradition entstanden und beweise dass es zeitgleich dazu andere mundliche und schriftliche Uberlieferung von Jesus gab John P Meier sieht gerade im Wortlaut der Steuerfrage Anhaltspunkte fur eine abhangige Bildung A Marginal Jew New York 1991 S 119 120 Der markinischen Formulierung der Frage ob es erlaubt sei dem Caesar Kopfsteuer zu zahlen Mk 13 14 EU entspricht in der Egerton Parallele an die Konige zu zahlen was den Regierenden zukommt Diese abstrahierende Verallgemeinerung der an Jesus gerichteten Frage deren konkreter Sitz im Leben hier eliminiert scheint deute auf einen spateren Entstehungshintergrund Dodds Erklarung zu den ubrigen Stucken halt Meier prinzipiell fur denkbar letztlich aber nicht zu beweisen Ob es sich um eigenstandige Jesustraditionen handelt oder um freie Nacherzahlungen des synoptischen Stoffs lasse sich nicht mit hinreichender Sicherheit klaren Auch frei konstruierte Erganzungen wie sie aus anderen apokryphen Schriften bekannt sind liessen sich denken Literatur BearbeitenAusgaben und Ubersetzungen Bearbeiten Harold Idris Bell Theodore Cressy Skeat Fragments of an Unknown Gospel London 1935 Joachim Jeremias Wilhelm Schneemelcher Papyrus Egerton 2 In Wilhelm Schneemelcher Hrsg Neutestamentliche Apokryphen I Evangelien 6 Auflage Tubingen 1987 S 82 85 deutsche Ubersetzung und Einleitung Klaus Berger Christiane Nord Das Neue Testament und fruhchristliche Schriften Frankfurt 1999 S 671 672 deutsche Ubersetzung und Kommentierung Stanley E Porter Der Papyrus Egerton 2 P Egerton 2 P Lond Christ 1 In Christoph Markschies Jens Schroter Hrsg Antike christliche Apokryphen in deutscher Ubersetzung 1 Band Evangelien und Verwandtes Mohr Siebeck Tubingen 2012 S 360 365 Stanley E Porter Der Papyrus Koln VI 255 P Koln VI 355 In Christoph Markschies Jens Schroter Hrsg Antike christliche Apokryphen in deutscher Ubersetzung 1 Band Evangelien und Verwandtes Mohr Siebeck Tubingen 2012 S 366 367 Sekundarliteratur Bearbeiten Michael Gronewald Unbekanntes Evangelium oder Evangelienharmonie Fragment aus dem Evangelium Egerton In ders u a Hrsg Kolner Papyri Band 6 Papyrologica Coloniensia Bd 7 Westdeutscher Verlag Leverkusen 1987 ISBN 3 531 09923 X S 136 145 Jon B Daniels The Egerton Gospel Its Place in Early Christianity Dissertation The Claremont Graduate School California UMI Ann Arbor 1989 Frederick F Bruce Egerton Papyrus 2 in Ausserbiblische Zeugnisse uber Jesus und das fruhe Christentum 3 Auflage Brunnen Verlag Giessen 1993 S 146 149 Kurt Erlemann Papyrus Egerton 2 Missing Link zwischen synoptischer und johanneischer Tradition in New Testament Studies 42 1996 S 12 34 Johannes B Bauer Die Saat aufs Wasser geht auf PEgerton 2 fr 2 verso Bell Skeat in Zeitschrift fur die neutestamentliche Wissenschaft 97 2006 S 280 282 Petr Pokorny Ulrich Heckel Einleitung in das Neue Testament Seine Literatur und Theologie im Uberblick Mohr Siebeck Tubingen 2007 S 359 361 ISBN 978 3 16 148011 9 Tobias Nicklas Papyrus Egerton 2 in Paul Foster Hrsg The Non Canonical Gospels T amp T Clark London 2008 S 139 149 Anmerkungen Bearbeiten Michael Gronewald Unbekanntes Evangelium oder Evangelienharmonie Fragment aus dem Evangelium Egerton Leverkusen 1987 a b John P Meier A Marginal Jew New York 1991 S 150 Stanley E Porter Der Papyrus Egerton 2 P Egerton 2 P Lond Christ 1 In Christoph Markschies Jens Schroter Hrsg Antike christliche Apokryphen in deutscher Ubersetzung 1 Band Evangelien und Verwandtes Mohr Siebeck Tubingen 2012 S 361 John Dominic Crossan Four other Gospels Shadows on the Contours of Canon Minneapolis 1985 S 69 referiert bei John P Meier S 149 Klaus Berger Christiane Nord Das Neue Testament und fruhchristliche Schriften Frankfurt 1999 S 671 Stanley E Porter Recent Efforts to Reconstruct Early Christianity on the Basis of its Papyrological Evidence In ders mit Andrew Pitts Hrsg Christian Origins and Greco Roman Culture Social and Literary Contexts for the New Testament Brill Leiden Boston 2013 S 74 John P Meier S 148 Stanley E Porter Der Papyrus Egerton 2 P Egerton 2 P Lond Christ 1 In Christoph Markschies Jens Schroter Hrsg Antike christliche Apokryphen in deutscher Ubersetzung 1 Band Evangelien und Verwandtes Mohr Siebeck Tubingen 2012 S 362 Weblinks Bearbeiten 1 Early Christian Writings Englische Ubersetzung griechischer Text Links und Literatur Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Papyrus Egerton 2 amp oldid 201154123