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Der Nassauskiesungsbeschluss Beschluss des Ersten Senats vom 15 Juli 1981 1 BvL 77 78 des Bundesverfassungsgerichts ist eine wichtige Entscheidung im Bereich des Staatshaftungsrechts Das Bundesverfassungsgericht stellt hier klar dass zwischen Enteignung Inhalts und Schrankenbestimmungen zum Eigentum und enteignungsgleichen Eingriffen zu differenzieren ist Inhaltsverzeichnis 1 Vorherige Handhabung 2 Sachverhalt 3 Prazisierung der Vorlagefrage durch das BVerfG 4 Entscheidung des BVerfG 5 Ergebnis 6 Weblinks 7 LiteraturVorherige Handhabung BearbeitenVor dem Beschluss gewahrte der Bundesgerichtshof Eigentumern die von rechtswidrigem hoheitlichem Handeln betroffen wurden einen Entschadigungsanspruch auf Grundlage von Art 14 GG gleichgultig ob diese sich gegen das hoheitliche Handeln vorher verwaltungsgerichtlich zur Wehr gesetzt hatten oder nicht Diese Praxis wurde als Dulden und Liquidieren bezeichnet Vereinfacht kann man sagen dass ein Burger sobald er in irgendeiner Form in seinem Eigentum beeintrachtigt wurde vor einem Zivilgericht eine Entschadigung geltend machen konnte Wie das BVerfG feststellt entsprach diese Praxis aber nicht den Differenzierungen des Verfassungsgesetzgebers zwischen rechtmassiger Enteignung rechtmassigen gesetzlichen Schranken des Eigentums und rechtswidrigen Eingriffen in das Eigentum Das BVerfG stellt klar dass es fur Enteignungen nur Entschadigungen gibt soweit sie im Enteignungsgesetz vorgesehen sind Junktim Klausel Sieht das Enteignungsgesetz keine Entschadigung vor ist es verfassungswidrig die Enteignung daher nicht zulassig Liegt eine gesetzliche Beschrankung der Eigentumsnutzung vor Inhalts und Schrankenbestimmung gibt es grundsatzlich keine Entschadigung fur die daraus resultierende Beeintrachtigung des Eigentums Sonstige Eingriffe in das Eigentum konnen nur dann Entschadigungsanspruche begrunden wenn der Burger vorher im Wege des Primarrechtsschutzes alles getan hat um eine Verletzung in seinen subjektiven offentlichen Rechten abzuwehren Ferner ist Art 14 GG hierfur nicht die richtige Anspruchsgrundlage vergleiche Sonderopfertheorie des BGH Sachverhalt BearbeitenDer Klager betrieb auf seinem im Alleineigentum stehenden Grundstuck eine Kiesbaggerei Auf zwei angrenzenden Grundstucken die er gepachtet hatte baute er bis in den Grundwasserbereich hinein Sand und Kies ab Diese angrenzenden Parzellen waren Wasserschutzgebiete nach dem Wasserhaushaltsgesetz da hier die Stadt R ein Wasserwerk betrieb Im Februar 1965 beantragte der Klager ihm zur Fortsetzung des Kiesabbaus eine Erlaubnis nach dem Wasserhaushaltsgesetz zu erteilen Im Oktober 1973 lehnte die Behorde diesen Antrag mit der Begrundung ab die Entfernung der Abbaustellen zur Brunnenanlage des Wasserwerks betrage teilweise nur 120 m Verunreinigungen des Baggersees konnten daher den Brunnen erreichen und die offentliche Wasserversorgung gefahrden Der Widerspruch des Klagers blieb ohne Erfolg Eine Verpflichtungsklage auf Erteilung der beantragten Erlaubnis erhob er nicht Der Antrag des Klagers auf Gewahrung einer Entschadigung wurde gleichfalls abgelehnt Daraufhin erhob er Klage gegen das Land Nordrhein Westfalen auf Zahlung einer angemessenen der Hohe nach in das Ermessen des Gerichts gestellten Entschadigung Er machte geltend die Versagung der Erlaubnis zur Nassauskiesung stelle einen enteignenden Eingriff in seinen eingerichteten und ausgeubten Gewerbebetrieb sowie in das Grundeigentum dar Etwaige Entschadigungsanspruche des Grundstuckseigentumers seines Verpachters hatte er sich zuvor abtreten lassen Das Landgericht gab der Klage statt auf die Revision des Landes hin kam der Rechtsstreit zum Bundesgerichtshof welcher dem Bundesverfassungsgericht das Verfahren zur Klarung der Frage vorlegte ob 1a Abs 3 2 Abs 1 und 6 des Wasserhaushaltsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16 Oktober 1976 BGBl I S 3017 mit Art 14 Abs 1 Satz 2 GG insoweit vereinbar sind als sie den Inhalt des Grundeigentums im Verhaltnis zum Grundwasser regeln Prazisierung der Vorlagefrage durch das BVerfG BearbeitenDie Mitglieder des Bundesverfassungsgerichtes kritisierten schon seit langerer Zeit die Praxis des Bundesgerichtshofes rechtmassigen Enteignungen nach Art 14 Abs 3 GG rechtswidrigen enteignungsgleichen Massnahmen sowie Eigentumsbeeintrachtigungen durch Inhalts und Schrankenbestimmungen des Eigentums nach Art 14 Abs 1 Satz 2 GG die gleiche Rechtsfolge Entschadigung folgen zu lassen wenn nur eine bestimmte Intensitat des belastenden Eingriffs vorliege Um sich zu dieser Praxis des Bundesgerichtshofes rechtsverbindlich aussern zu konnen formulierte der Senat die Vorlagefrage daher dahingehend um ob 1a Abs 3 Nr 1 2 Abs 1 3 Abs 1 Nr 6 6 und 17 des Wasserhaushaltsgesetzes insoweit mit Art 14 Abs 3 Satz 2 des Grundgesetzes unvereinbar sind als sie die Versagung einer wasserrechtlichen Erlaubnis oder Bewilligung fur das Zutageleiten von Grundwasser ohne Entschadigung zulassen Entscheidung des BVerfG BearbeitenIm Folgenden C II stellt das Bundesverfassungsgericht zunachst klar dass das Grundgesetz in Art 14 GG zwischen drei Formen der Eigentumsbeeintrachtigung differenziert Inhalts und Schrankenbestimmungen die in abstrakt genereller Art und Weise den Zuweisungsgehalt des Eigentums d h Rechte und Pflichten des Eigentumers regeln Enteignungsgesetze die konkret individuell einem bestimmten Personenkreis das Eigentum entziehen Legalenteignung Ermachtigungsgrundlagen fur die Exekutive konkret individuell Eigentum zu entziehen wobei der behordliche Vollzugsakt Gegenstand von primarrechtlichen Verfahren vor den Verwaltungsgerichten sein kann Administrativenteignung Das Gericht fragt dann ob eine vorher bestehende Rechtsposition des Klagers verletzt wurde womit ein Enteignungsgesetz bzw eine Administrativenteignung vorliegen konnten Dies wird aber verneint da das Grundwasser kein Eigentum des Einzelnen sei und man den vom Klager betriebenen Kiesabbau als moglicherweise schutzenswerte Rechtsposition nicht von der Grundwasserbeeintrachtigung trennen konne Vorliegend handelt es sich also bei den in Frage stehenden Normen des Wasserhaushaltsgesetzes da nicht konkret individuell eine Rechtsposition des Klagers beeintrachtigt wurde um Inhalts und Schrankenbestimmungen Ferner C III geht das Gericht der Frage nach ob diese Inhalts und Schrankenbestimmungen verfassungsgemass sind Zunachst wird festgestellt dass das Grundwasser wegen seiner uberragenden Bedeutung fur das Gemeinwohl Gegenstand einer gesetzlichen Regelung sein kann die die individuelle Benutzung Einzelner einem Genehmigungsvorbehalt unterstellt und somit der freien Verfugbarkeit entzieht Das schliesst auch die Kiesentnahme ein die gerade mit dem Ziel sauberes Grundwasser zu gewinnen kollidiert Zuletzt wird die Verhaltnismassigkeit des Wasserhaushaltsgesetzes gepruft Dies ist einer der entscheidenden Punkte des Beschlusses Grundsatzlich hat fur eine Inhalts und Schrankenbestimmung d h eine abstrakt generelle Regelung des Eigentums nie Entschadigung gezahlt zu werden Hinsichtlich der Verhaltnismassigkeit des Gesetzes kann es allerdings geboten sein aus Grunden des Vertrauensschutzes Ubergangs und Hartefallregelungen zu erlassen oder fur solche Falle Entschadigungen vorzusehen Erfullt eine Inhalts und Schrankenbestimmung das Kriterium der Verhaltnismassigkeit nicht so besteht kein Anspruch auf Entschadigung sondern das Gesetz und die darauf beruhenden Verwaltungshandlungen sind verfassungswidrig Folglich muss sich ein Klager primarrechtlich gegen das Gesetz bzw die aufgrund des Gesetzes erlassenen Massnahmen wehren Er kann aber nicht einfach die Hand aufhalten und wegen der Verfassungswidrigkeit des Gesetzes Entschadigung verlangen Denn Art 14 GG enthalt eine Bestandsschutzgarantie des Eigentums keine Eigentumswertgarantie Ergebnis BearbeitenIm Wasserhaushaltsgesetz waren Ubergangsvorschriften von funf Jahren vorgesehen Insgesamt konnte der Klager aufgrund der Schwebelage wahrend der Gerichtsverfahren 17 Jahre weiter auskiesen Damit war dem Bestandsschutzinteresse des Klagers aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts genugt so dass in der Folge der Bundesgerichtshof den Entschadigungsanspruch des Klagers wegen der Verfassungskonformitat des Wasserhaushaltsgesetzes ablehnen und der Revision des Landes Nordrhein Westfalen stattgeben konnte Weblinks BearbeitenBVerfGE 58 300Literatur BearbeitenJoachim Lege 30 Jahre Nassauskiesung Wie das BVerfG die Dogmatik zum Eigentumsgrundrecht aus Art 14 GG revolutioniert hat In JuristenZeitung JZ ISSN 0022 6882 2011 Heft 22 S 1084 1091 Bitte den Hinweis zu Rechtsthemen beachten Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Nassauskiesungsbeschluss amp oldid 235609737