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Die Molekulphysik ist ein Teilgebiet der Physik das sich mit der Untersuchung der chemischen Struktur z B Bindungslangen und winkel der Eigenschaften z B Energieniveaus und des Verhaltens z B Reaktionsprozesse von Molekulen beschaftigt Daher kann die Molekulphysik auch als Grenzgebiet zwischen Physik und Chemie aufgefasst werden Untersuchungsobjekte und methoden entsprechen weitgehend denen der physikalischen Chemie Grundlagen sind die Erkenntnisse der Atomphysik und Quantenmechanik Ein wichtiges Modell zu Berechnung der Molekuleigenschaften ist die Born Oppenheimer Naherung Das in der Atomphysik wichtige Orbitalmodell wird in der Molekulphysik um Molekulorbitale erweitert Eine der wichtigsten Messmethoden der Molekulphysik ist die Schwingungsspektroskopie bzw Molekulspektroskopie in der nicht nur die elektronischen Energiezustande sondern auch Schwingungs und Rotationszustande auftreten Inhaltsverzeichnis 1 Molekulspektren 1 1 Rotation eines zweiatomigen Molekuls 1 2 Schwingungen eines zweiatomigen Molekuls 1 3 Rotations Schwingungs Wechselwirkung 1 4 Elektronische Zustande im zweiatomigen Molekul 2 Hamiltonoperator fur Molekule 3 Siehe auch 4 LiteraturMolekulspektren BearbeitenIn Molekulen werden die von den Atomen bekannten elektronischen Energieniveaus von Schwingungs und diese von Rotationszustanden weiter unterteilt Die Energieabstande zwischen elektronischen Zustanden sind am grossten und liegen bei einigen Elektronenvolt die zugehorige Strahlung liegt etwa im sichtbaren Bereich Die Strahlung von Schwingungsubergangen liegt im mittleren Infrarot ungefahr zwischen 3 und 10 µm die von Rotationsubergangen im fernen Infrarot ca zwischen 30 und 150 µm Das Spektrum eines Molekuls besteht in der Regel aus viel mehr Linien als das eines Atoms Zu einer Anderung des elektronischen Zustandes gehort ein sogenanntes Bandensystem wobei jede einzelne Bande einem gleichzeitigen Schwingungsubergang beim elektronischen Ubergang entspricht Jede Bande besteht wiederum aus einzelnen Spektrallinien zu denen jeweils ein parallel zum elektronischen Ubergang und zum Schwingungsubergang stattfindender Rotationsubergang gehort Hier werden vor allem zweiatomige Molekule betrachtet bei denen die Zustande einfacher dargestellt werden konnen Rotation eines zweiatomigen Molekuls Bearbeiten Siehe auch Rotationsspektroskopie Naherungsweise fur niedrige Rotationsquantenzahlen das heisst wenn das Molekul nicht so schnell rotiert dass der Kernabstand merklich steigt kann man das Molekul als Starrer Rotator betrachten das heisst der Abstand zwischen den Atomkernen ist konstant Es kommt zur Quantisierung des Drehimpulses L N displaystyle vec L N nbsp genannt obwohl die zugehorige Quantenzahl J displaystyle J nbsp genannt wird L N J J 1 ℏ displaystyle left vec L N right sqrt J cdot J 1 cdot hbar nbsp mit den Rotationsquantenzahlen J 0 1 2 displaystyle J 0 1 2 ldots nbsp und der vom Planckschen Wirkungsquantum abgeleiteten Grosse ℏ h 2 p displaystyle hbar frac h 2 pi nbsp Die Rotationsenergie ist E L N 2 2 I J J 1 ℏ 2 2 I h c B J J 1 displaystyle E frac left vec L N right 2 2 cdot I frac J cdot J 1 cdot hbar 2 2 cdot I h cdot c cdot B cdot J cdot J 1 nbsp mit dem Tragheitsmoment I displaystyle I nbsp und der sogenannten Rotationskonstante B h 8 p 2 c I displaystyle B frac h 8 cdot pi 2 cdot c cdot I nbsp des Molekuls Durch spektroskopische Messungen kann man die Rotationskonstante bestimmen und so auf das Tragheitsmoment und den Kernabstand schliessen Der Abstand zwischen den Energieniveaus J n displaystyle J n nbsp und J n 1 displaystyle J n 1 nbsp betragt D E 2 2 n h c B displaystyle Delta E 2 2n cdot hcB nbsp steigt also mit steigender Quantenzahl Die Auswahlregel fur Ubergange mit Absorption oder Emission eines Photons ist D J 1 displaystyle Delta J pm 1 nbsp zusatzlich muss das Molekul ein permanentes Dipolmoment besitzen was bei Molekulen mit zwei gleichartigen Atomen nicht der Fall ist deshalb haben diese Molekule kein reines Rotationsspektrum Die Energieunterschiede zwischen Rotationsniveaus liegen im Bereich der typischen thermischen Energien von Teilchen bei Zimmertemperatur Im thermischen Gleichgewicht sind die Energiezustande nach der Boltzmann Statistik besetzt Dabei muss man aber beachten dass es sich bei dem Zustand mit der Quantenzahl J eigentlich um 2 J 1 displaystyle 2J 1 nbsp entartete Zustande mit den Richtungsquantenzahlen m J J J 1 1 0 1 J 1 J displaystyle m J J J 1 ldots 1 0 1 ldots J 1 J nbsp handelt Die Besetzungsdichte ist daher proportional zu 2 J 1 e h c B J J 1 k T displaystyle left 2J 1 right cdot e frac hcBJ left J 1 right kT nbsp Das Rotationsspektrum ist ausserdem noch von den Ubergangswahrscheinlichkeiten zwischen den Zustanden abhangig Wenn diese ungefahr gleich sind dann spiegeln die Intensitaten der Spektrallinien die Besetzungsdichten wider Typischerweise steigt die Besetzungsdichte von J 0 displaystyle J 0 nbsp weg mit steigendem J anfangs durch den Faktor 2 J 1 displaystyle 2J 1 nbsp bis zu einem Maximum um dann durch den exponentiellen Faktor wieder abzufallen so sehen dann auch oft Rotationsspektren aus Die Abstande zwischen den Spektrallinien sind dabei alle gleich weil die Abstande zwischen den Energieniveaus bei einer Erhohung von J um 1 immer um 2 h c B displaystyle 2hcB nbsp steigen und durch die Auswahlregel nur Ubergange zum nachstgelegenen Niveau moglich sind Schwingungen eines zweiatomigen Molekuls Bearbeiten Siehe auch Infrarotspektroskopie Die Atome eines zweiatomigen hantelformigen Molekuls konnen auch gegeneinander schwingen Die einfachste Naherung ist hier eine harmonische Schwingung die potentielle Energie eines Atoms muss hier mit der Entfernung von einem Gleichgewichtsabstand r0 zum anderen Atom quadratisch ansteigen Die Energieniveaus eines quantenmechanischen harmonischen Oszillators Quantenzahl n displaystyle nu nbsp sind aquidistant E n ℏ w 0 n 1 2 displaystyle E nu hbar omega 0 cdot left nu frac 1 2 right nbsp Reale Molekule weichen jedoch stark von diesem Verhalten ab das Potenzial ist nicht harmonisch anharmonischer Oszillator und steigt bei Annaherung an das andere Atom viel starker an als bei Entfernung hier nahert es sich asymptotisch der Dissoziationsenergie E d i s displaystyle E rm dis nbsp des Molekuls Eine bessere Naherung als das harmonische Potenzial ist das sogenannte Morse Potential E p o t E 0 E d i s 1 e a r r 0 2 displaystyle E rm pot E 0 E rm dis cdot left 1 e a cdot r r 0 right 2 nbsp E 0 displaystyle E 0 nbsp ist die Nullpunktenergie des Potenzials a displaystyle a nbsp ein Parameter a k 2 E d i s displaystyle a sqrt frac k 2 cdot E rm dis nbsp k displaystyle k nbsp ist hier die Federkonstante des am besten passenden harmonischen Potenzials nbsp Rotations Schwingungs Spektrum von gasformigem Chlorwasserstoff bei Raumtemperatur Hierbei ist die Streckschwingung abgebildet weshalb kein Q Zweig zu vorhanden ist Diese Funktion bildet das reale Potenzial deutlich besser ab Die Schrodinger Gleichung ist in quadratischer Naherung Taylorentwicklung des Morsepotentials analytisch losbar Die Energieniveaus konnen so berechnet werden E n ℏ w 0 n 1 2 ℏ 2 w 0 2 4 E d i s n 1 2 2 mit w 0 a 2 E dis m r displaystyle E nu hbar omega 0 cdot left nu frac 1 2 right frac hbar 2 omega 0 2 4E rm dis cdot left nu frac 1 2 right 2 qquad text mit quad omega 0 a sqrt frac 2E text dis m r nbsp Im Gegensatz zum harmonischen Oszillator liegen nun die erlaubten benachbarten Schwingungszustande nicht mehr aquidistant sondern verringern ihren Abstand naherungsweise mit n 2 displaystyle nu 2 nbsp Ausserdem ist zu beachten dass nur endliche viele gebundene Zustande existieren wobei n max 4 E dis ℏ w 0 2 ℏ w 0 1 a ℏ 2 E d i s m r displaystyle nu text max lfloor frac 4E text dis hbar omega 0 2 hbar omega 0 rfloor lfloor frac 1 a hbar sqrt 2E rm dis m r rfloor nbsp durch E n max E dis displaystyle E nu text max E text dis nbsp gegeben ist Die Auswahlregeln fur Ubergange zwischen Schwingungsniveaus in der Dipolnaherung sind D n 1 displaystyle Delta nu pm 1 nbsp fur den harmonischen Oszillator fur den anharmonischen Oszillator sind auch D n 2 3 displaystyle Delta nu pm 2 pm 3 dots nbsp mit abnehmender Wahrscheinlichkeit erlaubt Bei Streckschwingungen muss zusatzlich ein Rotationsubergang stattfinden es gilt dabei also D J 1 displaystyle Delta J pm 1 nbsp Dabei unterscheidet man den sog P und R Zweig wobei P D J 1 displaystyle Delta J 1 nbsp und R D J 1 displaystyle Delta J 1 nbsp bezeichnet Bei Beugeschwingungen ist auch ein Ubergang ohne Anderung des Rotationszustandes moglich den man Q Zweig nennt Rotations Schwingungs Wechselwirkung Bearbeiten nbsp Schwingungs Rotationsubergange und resultierendes SpektrumWeil das Tragheitsmoment des Molekuls durch die Schwingungen schwankt muss man zur Energie des Molekuls bei genauerer Betrachtung noch die Rotations Schwingungs Wechselwirkungsenergie addieren Nach den folgenden Ansatz fur die Gesamtenergie E n J j 0 k 0 Y j k n 1 2 j J k J 1 k displaystyle E nu J sum j 0 infty sum k 0 infty Y jk nu frac 1 2 j J k J 1 k nbsp kann man die sogenannten Dunham Koeffizienten Y j k displaystyle Y jk nbsp den experimentellen Resultaten anpassen Das effektive Potenzial fur die Molekulschwingung im zweiatomigen Molekul wird durch die Rotation erhoht E p o t 0 displaystyle E pot 0 nbsp ist das Potenzial ohne Rotation E p o t E p o t 0 J J 1 ℏ 2 2 M r 2 displaystyle E pot E pot 0 frac J J 1 hbar 2 2Mr 2 nbsp Dadurch kommt es bei hoheren Rotationsquantenzahlen zur Ausbildung einer sogenannten Rotationsbarriere Bei steigender Entfernung der Atomkerne wachst das effektive Potenzial von einem Minimum Gleichgewichtslage zu einem Maximum der Rotationsbarriere das bereits uber der Dissoziationsenergie liegt um danach wieder zur Dissoziationsenergie abzufallen Dadurch kann sich das Molekul in einem Schwingungszustand hinter der Rotationsbarriere befinden dessen Energie hoher ist als die Dissoziationsenergie Es kann dann zur Dissoziation durch den Tunneleffekt kommen Bei sehr hohen Rotationsquantenzahlen wird auch das Potenzialminimum uber die Dissoziationsenergie gehoben bei noch hoheren Rotationsquantenzahlen gibt es schliesslich kein Minimum und somit keine stabilen Zustande mehr Elektronische Zustande im zweiatomigen Molekul Bearbeiten Ahnlich wie bei Atomen wird auch hier der Zustand eines Elektrons durch eine Hauptquantenzahl n und eine Bahndrehimpulsquantenzahl l angegeben wobei den verschiedenen Werten von l wie beim Atom Buchstaben zugeordnet sind s p d f Das elektrische Feld ist aber nicht mehr kugelsymmetrisch deshalb muss sich der Bahndrehimpuls relativ zur Kernverbindungsachse einstellen Die Projektion des Bahndrehimpulses L l displaystyle vec L l nbsp auf die Kernverbindungsachse nennt man L l displaystyle vec L lambda nbsp mit der zugehorigen Quantenzahl l Fur die unterschiedlichen Werte von l schreibt man griechische Buchstaben die den romischen Buchstaben bei den Werten von l entsprechen s p d f Man schreibt dann z B den Grundzustand des Wasserstoffmolekuls 1ss 2 2 Elektronen befinden sich im Grundzustand n 1 l 0 l 0 Die Kopplung der einzelnen Drehimpulse zu einem Molekuldrehimpuls erfolgt zweckmassig je nach den Starken der Wechselwirkungen in unterschiedlicher Reihenfolge man spricht von den Hundschen Kopplungsfallen a e nach Friedrich Hund Die Summe der auf die Kernverbindungsachse projizierten Bahndrehimpulse nennt man L L displaystyle vec L Lambda nbsp mit der Quantenzahl L die Summe der Elektroneneigendrehimpulse Spins nennt man wie beim Atom L S displaystyle vec L S nbsp mit der Quantenzahl S die Projektion dieses Gesamtspins auf die Kernverbindungsachse nennt man L S displaystyle vec L Sigma nbsp mit der Quantenzahl S die Summe von L L displaystyle vec L Lambda nbsp und L S displaystyle vec L Sigma nbsp nennt man L W displaystyle vec L Omega nbsp mit der Quantenzahl W Der mechanischen Drehimpuls des Molekuls L N displaystyle vec L N nbsp tritt mit den elektronischen Drehimpulsen auch noch in Wechselwirkung Fur die elektronischen Zustande werden oft auch andere Bezeichnungen verwendet X steht fur den Grundzustand A B C stehen fur die immer hoher angeregten Zustande kleine Buchstaben a b c kennzeichnen in der Regel Triplettzustande Hamiltonoperator fur Molekule BearbeitenEs ist ublich den Hamiltonoperator nicht in SI Einheiten sondern in sogenannten atomaren Einheiten zu schreiben da dies die folgenden Vorteile birgt Da Naturkonstanten nicht mehr explizit auftauchen sind die Ergebnisse in atomaren Einheiten einfacher hinzuschreiben und unabhangig von der Genauigkeit der involvierten Naturkonstanten Die in atomaren Einheiten berechneten Grossen lassen sich dennoch einfach in SI Einheiten zuruckrechnen Numerische Losungsverfahren der Schrodingergleichung verhalten sich numerisch stabiler da die zu verarbeitenden Zahlen wesentlich naher bei der Zahl 1 liegen als dies in SI Einheiten der Fall ist Der Hamiltonoperator ergibt sich zu H T e T k V e e V k k V e k displaystyle H T e T k V ee V kk V ek nbsp mit T e 1 2 i 1 N D i displaystyle T e frac 1 2 sum i 1 N Delta i nbsp der kinetischen Energie der Elektronen T k 1 2 m 1 M 1 m m D m displaystyle T k frac 1 2 sum mu 1 M frac 1 m mu Delta mu nbsp der kinetischen Energie der Atomkerne V e e i 1 N 1 j gt i N 1 r i j displaystyle V ee sum i 1 N 1 sum j gt i N frac 1 r ij nbsp der potentiellen Energie der Wechselwirkung zwischen den Elektronen V k k m 1 M 1 n gt m M Z m Z n R m n displaystyle V kk sum mu 1 M 1 sum nu gt mu M frac Z mu Z nu R mu nu nbsp der potentiellen Energie der Wechselwirkung zwischen den Kernen V e k i 1 N m 1 M Z m R i m displaystyle V ek sum i 1 N sum mu 1 M frac Z mu R i mu nbsp der potentiellen Energie der Wechselwirkung zwischen den Elektronen und Atomkernen Hierbei sind i displaystyle i nbsp und j displaystyle j nbsp die Indizes uber die Elektronen m displaystyle mu nbsp bzw n displaystyle nu nbsp die Indizes uber die Atomkerne r i j displaystyle r ij nbsp der Abstand zwischen dem i ten und dem j ten Elektron R m n displaystyle R mu nu nbsp der Abstand zwischen dem m displaystyle mu nbsp ten und dem n displaystyle nu nbsp ten Atomkern und R i m displaystyle R i mu nbsp der Abstand zwischen dem i displaystyle i nbsp ten Elektron und dem m displaystyle mu nbsp ten Atomkern Z m displaystyle Z mu nbsp die Kernladungszahl des m displaystyle mu nbsp ten Atomkerns Die zeitunabhangige Schrodingergleichung ergibt sich dann zu H PS E PS displaystyle H Psi E Psi nbsp wobei allerdings in der Praxis die Gesamtschrodingergleichung mit Hilfe der Born Oppenheimer Naherungen in eine elektronische Schrodingergleichung mit festen Kernkoordinaten und eine Kernschrodingergleichung aufgeteilt wird Die Losung der Kernschrodingergleichung setzt dabei die Losung der elektronischen Schrodingergleichung fur alle relevanten Kerngeometrien voraus da die elektronische Energie als Funktion der Kerngeometrie dort eingeht Die elektronische Schrodingergleichung ergibt sich formal durch setzen von T k 0 displaystyle T k 0 nbsp Siehe auch Bearbeiten nbsp Commons Molekulphysik Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Physikalische Chemie Spektroskopie Franck Condon PrinzipLiteratur BearbeitenHermann Haken Hans Christoph Wolf Molekulphysik und Quantenchemie Einfuhrung in die experimentellen und theoretischen Grundlagen Springer 2006 ISBN 978 3 540 30315 2 Wolfgang Demtroder Molekulphysik Theoretische Grundlagen und experimentelle Methoden Oldenbourg Wissenschaftsverlag 2013 ISBN 978 3486706789 Normdaten Sachbegriff GND 4039979 5 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Molekulphysik amp oldid 236734893