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Das Franck Condon Prinzip ist eine quantenmechanische Gesetzmassigkeit mit deren Hilfe sich Aussagen uber die Wahrscheinlichkeiten von Ubergangen zwischen verschiedenen Schwingungszustanden eines Molekuls machen lassen Das Prinzip bezieht sich dabei auf den Fall dass sich neben dem Schwingungszustand auch die elektronische Anregung des Molekuls andert und wird beispielsweise in der Molekularphysik Spektroskopie und als aktives Medium von Molekullasern wie Farbstoff und Molekulgaslaser angewandt Es ist nach den Physikern James Franck und Edward Condon benannt Inhaltsverzeichnis 1 Physikalischer Hintergrund 2 Aussage 3 Quantenmechanische Formulierung 4 Literatur 5 EinzelnachweisePhysikalischer Hintergrund Bearbeiten nbsp Abbildung 1 Schwarze Kurven Energie eines zweiatomigen Molekuls in Abhangigkeit vom theoretisch festgehaltenen Abstand der Kerne fur zwei verschiedene Zustande der Elektronenhulle schematisch Die Schwingungszustande sind mit ihren Wellenfunktionen fur den Kernabstand auf der Hohe der jeweiligen Energie eingezeichnet Die beiden Pfeile stellen vibronische Ubergange dar Der innere Zustand eines Molekuls kann laut der Quantenmechanik nur bestimmte diskrete Energiewerte annehmen Ein Zustand wird dabei beschrieben durch eine Wellenfunktion Bei einem Molekul kann eine Anregung des inneren Zustands also eine Erhohung der Energie bei ruhendem Massenmittelpunkt auf drei Arten stattfinden elektronische Anregung durch verschiedene Anregungszustande der Elektronen im Molekul Vibrations Anregung durch Molekulschwingungen d h Schwingungen der Atomkerne des Molekuls gegeneinander Rotations Anregung durch die Rotation des Molekuls diese spielt fur das Franck Condon Prinzip nur eine untergeordnete Rolle In Abbildung 1 ist schematisch fur zwei verschiedene elektronische Zustande eines zweiatomigen Molekuls die Energie in Abhangigkeit vom theoretisch festgehaltenen Abstand der Kerne dargestellt Diese Energie wirkt sich bei den Kernen aus wie eine potentielle Energie und ermoglicht Schwingungszustande verschiedener Energie und Amplitude und wird daher als Potentialkurve bezeichnet Beide sind mit Schwingungen der Kerne kombiniert deren Wellenfunktionen auf der Hohe der jeweiligen Energie eingezeichnet sind Abgebildet sind unten der elektronische Grundzustand und oben ein elektronisch angeregter Zustand jeder von verschiedenen Vibrationszustanden des Molekuls begleitet die mit den Zahlen v displaystyle v nbsp bzw v displaystyle v nbsp durchnummeriert werden Die beiden senkrechten Pfeile stellen zwei vibronische Ubergange dar wobei nach der Born Oppenheimer Naherung angenommen wird dass der Kernabstand gleich bleibt Solche vibronischen Ubergange konnen durch Absorption und Emission oder auch durch Stosse des Molekuls mit Elektronen Atomen oder anderen Molekulen stattfinden Aussage BearbeitenDas Franck Condon Prinzip beruht auf der Tatsache dass der Wechsel von Elektronen zwischen verschiedenen Zustanden so schnell stattfindet in ca 10 15 Sekunden dass sich der Abstand der Atomkerne zueinander wahrend der Anregung nicht andert eine Kernschwingungsperiode dauert ca 10 13 s Diese hohe Geschwindigkeit des elektronischen Ubergangs gegenuber der Kernbewegung wird durch die geringe Masse der Elektronen ermoglicht analog zur Born Oppenheimer Naherung Wenn ein Molekul nun von einem elektronischen Zustand in einen anderen ubergeht so ist dieser Ubergang umso wahrscheinlicher je mehr die Vibrations Wellenfunktionen der beiden Zustande zueinander kompatibel sind z B beim gleichen Kernabstand ein Maximum haben Einige vibronische Ubergange sind damit wahrscheinlicher als andere und zwar die bei denen sich der Kernabstand nicht andert Fur diese Ubergange wird ein senkrechter Pfeil siehe Abbildung 1 gezeichnet weshalb auch von senkrechten Ubergangen gesprochen wird 1 Mit dem durch das Franck Condon Prinzip gegebenen Formalismus lassen sich die Intensitaten dieser Ubergange berechnen wie sie etwa fur die Spektroskopie genutzt werden Am Beispiel der Zustande in Abbildung 1 bedeutet dies Vom Vibrations Grundzustand v 0 displaystyle v 0 nbsp im elektronischen Grundzustand ist der wahrscheinlichste Ubergang in den elektronisch angeregten Zustand derjenige der im Vibrations Zustand v 2 displaystyle v 2 nbsp endet Ubergange in andere Vibrations Zustande konnen auch stattfinden allerdings ist die Wahrscheinlichkeit dafur geringer nbsp Abbildung 2 Schematische Darstellung der Intensitatsverteilung von vibronischen Ubergangen gemass dem Franck Condon Prinzip Die Zahlen v v displaystyle v rightarrow v nbsp geben dabei den Anfangszustand v displaystyle v nbsp und Endzustand v displaystyle v nbsp der Vibration an Ein Beispiel fur eine solche Intensitatsverteilung zeigt Abbildung 2 Vibronische Ubergange vom elektronischen Grundzustand in den angeregten Zustand Absorption sind blau die umgekehrten Ubergange Fluoreszenz dagegen in grun dargestellt Die schmalen Linien werden beobachtet wenn die Molekule in Gasform vorliegen Die gestrichelten Linien zeigen dagegen den Fall dass die Molekule in flussiger oder fester Phase vorliegen hier findet eine sogenannte Linienverbreiterung statt Quantenmechanische Formulierung BearbeitenDer Anfangszustand des Ubergangs setzt sich aus einem elektronischen Anteil e und einem Vibrationsanteil v zusammen und sei in der Bra Ket Notation mit ps displaystyle left psi right rangle nbsp bezeichnet Fur eine exakte Behandlung musste zusatzlich noch der Spin berucksichtigt werden der hier allerdings aus Grunden der Ubersicht vernachlassigt wird ferner der Rotationsanteil der aber oft nur vernachlassigbare Zusatzenergien verursacht Der Endzustand sei analog mit ps displaystyle left psi right rangle nbsp bezeichnet Eine quantenmechanische Beschreibung ausserhalb der Bra Ket Notation lasst sich ebenfalls in der Literatur finden 2 Ein Ubergang zwischen beiden Zustanden wird beschrieben durch den Dipoloperator m displaystyle boldsymbol mu nbsp der sich aus der Elementarladung e und den Orten r i displaystyle boldsymbol r mathrm i nbsp der Elektronen sowie den Ladungen eZj und Orten R j displaystyle boldsymbol R mathrm j nbsp der Atomkerne zusammensetzt m m ϵ m K e i r i e j Z j R j displaystyle boldsymbol mu boldsymbol mu epsilon boldsymbol mu K e sum limits i boldsymbol r i e sum limits j Z j boldsymbol R j nbsp Die Ubergangswahrscheinlichkeit von ps displaystyle left psi right rangle nbsp zu ps displaystyle left psi right rangle nbsp ist gegeben durch das Skalarprodukt P ps m ps displaystyle P left langle psi right boldsymbol mu left psi right rangle nbsp wahrend die Intensitat I des Ubergangs das Quadrat dieser Ubergangswahrscheinlichkeit ist I P 2 displaystyle I left P right 2 nbsp Um diese zu berechnen wird ausgenutzt dass die Wellenfunktion naherungsweise durch ein Produkt aus elektronischer und Vibrationswellenfunktion ausgedruckt werden kann ps ps ϵ r i ps v R j displaystyle psi psi epsilon boldsymbol r i psi v boldsymbol R j nbsp wobei die elektronische Wellenfunktion ps ϵ displaystyle psi epsilon nbsp allein von den Koordinaten der Elektronen abhangt und die Vibrationswellenfunktion ps v displaystyle psi v nbsp allein von denen der Kerne Diese Separation der Wellenfunktionen ist analog zu der Born Oppenheimer Naherung zu verstehen Sie ist die fundamentale Annahme bei der Ableitung des Franck Condon Prinzips Zusammengefasst ergibt sich eine Gleichung fur die Berechnung der Intensitaten P ps ϵ ps v m ps ϵ ps v ps ϵ ps v m ϵ m K ps ϵ ps v ps ϵ ps v m ϵ ps ϵ ps v ps ϵ ps v m K ps ϵ ps v ps v ps v U b e r l a p p u n g s i n t e g r a l ps ϵ m ϵ ps ϵ U b e r g a n g s d i p o l m o m e n t ps ϵ ps ϵ 0 ps v m K ps v displaystyle begin aligned P amp left langle psi epsilon psi v right boldsymbol mu left psi epsilon psi v right rangle amp left langle psi epsilon psi v right boldsymbol mu epsilon boldsymbol mu K left psi epsilon psi v right rangle amp left langle psi epsilon psi v right boldsymbol mu epsilon left psi epsilon psi v right rangle left langle psi epsilon psi v right boldsymbol mu K left psi epsilon psi v right rangle amp underbrace left langle psi v psi v right rangle mathrm ddot U berlappungsintegral cdot underbrace left langle psi epsilon boldsymbol mu epsilon psi epsilon right rangle mathrm ddot U bergangsdipolmoment underbrace left langle psi epsilon psi epsilon right rangle 0 left langle psi v boldsymbol mu K psi v right rangle end aligned nbsp Hier wurde eine Vereinfachung vorgenommen namlich ps ϵ ps v m ϵ ps ϵ ps v ps v ps v ps ϵ m ϵ ps ϵ displaystyle left langle psi epsilon psi v right boldsymbol mu epsilon left psi epsilon psi v right rangle approx left langle psi v psi v right rangle left langle psi epsilon boldsymbol mu epsilon psi epsilon right rangle nbsp die nur zulassig ist solange das uber die Elektronen Koordinaten gehende Skalarprodukt ps ϵ m ϵ ps ϵ displaystyle left langle psi epsilon boldsymbol mu epsilon psi epsilon right rangle nbsp wirklich unabhangig ist von der Position der Kerne Dies ist in der Realitat zwar nicht exakt der Fall aber oft eine hinreichend gute Naherung Der zweite Summand in oben gezeigter Gleichung verschwindet da die Elektronen Wellenfunktionen verschiedener elektronischer Zustande zueinander orthogonal sind Ubrig bleibt ein Produkt aus zwei Termen Das Quadrat des ersten Terms Uberlappungsintegral ist der Franck Condon Faktor wahrend der zweite Term das Ubergangsdipolmoment angibt das durch die Bahndrehimpuls und Spin Auswahlregel fur elektrische Dipolstrahlung bestimmt wird 3 4 Das Uberlappungsintegral hangt ausschliesslich von den Kernkoordinaten ab Es zeigt die Uberlappung zwischen den vibratorischen Wellenfunktionen der am Ubergang beteiligten elektronischen Zustande Grund und Anregungszustand 5 Hieraus folgt dass vibronische Ubergange intensiver sind je besser die Schwingungswellenfunktionen uberlappen Dies zeigt sich in der Grosse der Franck Condon Faktoren die im Bereich von S 1 displaystyle S 1 nbsp maximale Uberlappung bis S 0 displaystyle S 0 nbsp keinerlei Uberlappung reicht 6 Das Franck Condon Prinzip macht Aussagen uber erlaubte vibronische Ubergange zwischen zwei verschiedenen elektronischen Zustanden wobei weitere quantenmechanische Auswahlregeln die Wahrscheinlichkeiten dieser Ubergange modifizieren oder diese gar ganz verbieten konnen So gilt die Schwingungsauswahlregel D v 1 displaystyle Delta v pm 1 nbsp hier nicht mehr da es sich um Schwingungswellenfunktionen unterschiedlicher elektronischer Zustande handelt 7 Die Schwingungsauswahlregel wird vielmehr quasi durch die Franck Condon Faktoren ersetzt Auswahlregeln in Bezug auf die Rotation des Molekuls wurden hier vernachlassigt Sie spielen in Gasen eine Rolle wahrend sie in Flussigkeiten und Festkorpern vernachlassigbar sind Hervorzuheben ist dass die quantenmechanische Formulierung des Franck Condon Prinzips das Ergebnis einer Reihe von Annaherungen ist vor allem der Dipol Naherung sowie der Born Oppenheimer Naherung Die mit ihrer Hilfe berechenbaren Intensitaten konnen in der Realitat abweichen beispielsweise dann wenn zusatzlich magnetische Dipolubergange oder elektrische Quadrupolubergange berucksichtigt werden mussen oder die beschriebene Faktorisierung in einen elektronischen sowie Vibrations und Spin Anteil nicht hinreichend zulassig ist Literatur BearbeitenOriginale Veroffentlichungen von Franck und Condon in Fachzeitschriften J Franck Elementary processes of photochemical reactions In Trans Faraday Soc Nr 21 1926 S 536 542 doi 10 1039 TF9262100536 E U Condon A Theory of Intensity Distribution in Band Systems In Phys Rev Nr 28 1926 S 1182 1201 doi 10 1103 PhysRev 28 1182 E U Condon Nuclear Motions Associated with Electron Transitions in Diatomic Molecules In Phys Rev Nr 32 1928 S 858 872 doi 10 1103 PhysRev 32 858 Lehrbucher zum Thema Peter W Atkins Ronald S Friedman Molecular Quantum Mechanics 4 Auflage Oxford University Press 2004 ISBN 0 19 927498 3 Gerhard Herzberg Molecular Spectra and Molecular Structure 2 Auflage Krieger Publishing Company 1992 ISBN 0 89464 789 X Einzelnachweise Bearbeiten J Michael Hollas Moderne Methoden in der Spektroskopie Vieweg Braunschweig Wiesbaden 1995 ISBN 3 528 06600 8 S 226 230 Karl Hensen Molekulbau und Spektren Steinkopff Darmstadt 1973 ISBN 978 3 7985 0607 7 S 127 130 David J Willock Molecular Symmetry Wiley Chichester 2009 ISBN 978 0 470 85348 1 S 339 342 Daniel C Harris Michael D Bertolucci Symmetry and Spectroscopy Dover New York 1978 ISBN 0 486 66144 X S 330 332 Robert L Brooks The Fundamentals of Atomic and Molecular Physics Springer New York Heidelberg 2013 ISBN 978 1 4614 6677 2 S 151 P Atkins J de Paula Physical Chemistry Freeman New York 2006 ISBN 0 7167 8759 8 S 486 Gerd Wedler Lehrbuch der Physikalischen Chemie Wiley VCH Weinheim 2004 ISBN 978 3 527 31066 1 S 621 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Franck Condon Prinzip amp oldid 239165415