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Der Median auch Zentralwert genannt 1 ist in der Stochastik ein Lagemass fur Wahrscheinlichkeitsverteilungen und Verteilungen von Zufallsvariablen Somit ist er wie auch der Erwartungswert und der Modus eine Kennzahl dafur wo sich die Mitte einer Wahrscheinlichkeitsverteilung befindet Anschaulich ist der Median die Zahl bei der die Wahrscheinlichkeit einen Wert kleiner oder gleich dem Median zu erhalten und die Wahrscheinlichkeit einen Wert grosser oder gleich dem Median zu erhalten gleich ist Es existieren mehrere Formalisierungen dieser intuitiven Vorstellung die sich bezuglich der Existenz und Eindeutigkeit des Medians unterscheiden In der deskriptiven Statistik wird der Median fur Stichproben definiert Die beiden Begriffe unterscheiden sich insofern als der eine Kennzahl einer Stichprobe ist ahnlich dem arithmetischen Mittel der andere eine Kennzahl einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ist ahnlich dem Erwartungswert Die beiden sind per se verschieden lassen sich aber uber die empirische Verteilung verknupfen Inhaltsverzeichnis 1 Erste Definition 1 1 Fur Wahrscheinlichkeitsverteilungen 1 2 Fur Zufallsvariablen 1 3 Definition uber Verteilungsfunktionen 2 Bestimmung und Beispiele 2 1 Bei stetiger Verteilungsfunktion 2 2 Bei Wahrscheinlichkeitsdichten 3 Eindeutige Definition 4 Eigenschaften 5 Beziehung zum Median der deskriptiven Statistik 6 Weitere Definitionen 7 Weblinks 8 Literatur 9 EinzelnachweiseErste Definition BearbeitenFur Wahrscheinlichkeitsverteilungen Bearbeiten Gegeben sei eine Wahrscheinlichkeitsverteilung P displaystyle P nbsp auf R B R displaystyle mathbb R mathcal B mathbb R nbsp also den reellen Zahlen versehen mit der Borelschen s Algebra Dann heisst eine reelle Zahl m displaystyle m nbsp ein Median von P displaystyle P nbsp wenn gilt 2 P m 1 2 displaystyle P infty m geq tfrac 1 2 nbsp und P m 1 2 displaystyle P m infty geq tfrac 1 2 nbsp Fur Zufallsvariablen Bearbeiten Gegeben sei eine reelle Zufallsvariable X displaystyle X nbsp Dann heisst eine reelle Zahl m displaystyle m nbsp ein Median von X displaystyle X nbsp wenn gilt 2 P X m 1 2 displaystyle P X leq m geq tfrac 1 2 nbsp und P m X 1 2 displaystyle P m leq X geq tfrac 1 2 nbsp Damit ist der Median der Zufallsvariable X displaystyle X nbsp genau der Median ihrer Verteilung P X displaystyle P X nbsp Definition uber Verteilungsfunktionen Bearbeiten Ebenso lasst sich der Median auch uber Verteilungsfunktionen definieren Ist F displaystyle F nbsp die Verteilungsfunktion von P displaystyle P nbsp oder von X displaystyle X nbsp so heisst m displaystyle m nbsp ein Median von P displaystyle P nbsp oder von X displaystyle X nbsp wenn F m 1 2 displaystyle F m geq tfrac 1 2 quad nbsp und lim t m F t 1 2 displaystyle quad lim t uparrow m F t leq tfrac 1 2 nbsp Hierbei bezeichnet lim t m F t displaystyle lim t uparrow m F t nbsp den linksseitigen Grenzwert Bestimmung und Beispiele BearbeitenBei stetiger Verteilungsfunktion Bearbeiten Ist die Verteilungsfunktion F displaystyle F nbsp stetig so ist m displaystyle m nbsp genau dann ein Median wenn m displaystyle m nbsp eine Losung der Gleichung F m 1 2 displaystyle F m tfrac 1 2 nbsp ist Dies beruht auf der Tatsache dass der linksseitige Grenzwert dann mit dem Funktionswert ubereinstimmt Beispiele nbsp Median der ExponentialverteilungBetrachtet man als Beispiel die Exponentialverteilung so besitzt diese die Verteilungsfunktion F x 1 e l x x 0 0 x lt 0 displaystyle F x begin cases 1 mathrm e lambda x amp x geq 0 0 amp x lt 0 end cases nbsp fur einen Parameter l gt 0 displaystyle lambda gt 0 nbsp Gleichsetzen mit 1 2 displaystyle tfrac 1 2 nbsp fuhrt auf die Gleichung 1 2 e l m displaystyle tfrac 1 2 mathrm e lambda m nbsp welche die Losung m ln 2 l displaystyle m frac ln 2 lambda nbsp besitzt In diesem Fall ist der Median eindeutig nbsp Plot der Cantorfunktion 10 Iterationen Aber auch bei stetiger Verteilungsfunktion kann der Median mehrdeutig sein Betrachtet man beispielsweise die Cantor Verteilung deren Verteilungsfunktion rechts abgebildet ist so nimmt diese aufgrund ihrer Konstruktion auf dem gesamten Intervall 1 3 2 3 displaystyle tfrac 1 3 tfrac 2 3 nbsp der Wert 1 2 displaystyle tfrac 1 2 nbsp an Jeder Punkt in diesem Intervall ist somit ein Median Eindeutig ist der Median bei stetiger Verteilungsfunktion beispielsweise dann wenn die Verteilungsfunktion streng monoton wachsend ist Spezieller gilt die Eindeutigkeit bereits dann wenn die Verteilungsfunktion in einer Umgebung in der sie den Wert 1 2 displaystyle tfrac 1 2 nbsp annimmt streng monoton wachsend ist Bei Wahrscheinlichkeitsdichten Bearbeiten Besitzt die Zufallsvariable beziehungsweise die Wahrscheinlichkeitsverteilung eine Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f displaystyle f nbsp sie ist demnach eine absolutstetige Verteilung so ist der Median m displaystyle m nbsp Losung der Gleichung m f x d x 1 2 displaystyle int infty m f x mathrm d x tfrac 1 2 nbsp Dies folgt direkt aus der Tatsache dass absolutstetige Verteilungen immer eine stetige Verteilungsfunktion besitzen diese sich uber das Integral bestimmen lasst und der Aussage im obigen Abschnitt Mehrere Mediane treten hier beispielsweise auf wenn die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auf einem Interval konstant null ist BeispielBetrachtet man die Wahrscheinlichkeitsfunktion f x 0 falls x 1 oder x gt 1 1 2 falls x 1 1 2 oder x 1 2 1 0 falls x 1 2 1 2 displaystyle f x begin cases 0 amp text falls quad x leq 1 text oder x gt 1 tfrac 1 2 amp text falls quad x in left 1 tfrac 1 2 right text oder x in left tfrac 1 2 1 right 0 amp text falls quad x in left tfrac 1 2 tfrac 1 2 right end cases nbsp so ist diese im Interval 1 2 1 2 displaystyle left tfrac 1 2 tfrac 1 2 right nbsp konstant Null Uber die elementaren Integrationsregeln folgt dann dass jeder Wert in 1 2 1 2 displaystyle left tfrac 1 2 tfrac 1 2 right nbsp ein Median ist Das Losen der Integralgleichung entspricht meist der Bestimmung der entsprechenden Verteilungsfunktion und kann damit als Spezialfall des Vorgehens im oberen Abschnitt angesehen werden Eindeutige Definition BearbeitenGegeben sei eine Wahrscheinlichkeitsverteilung P displaystyle P nbsp oder eine reelle Zufallsvariable X displaystyle X nbsp Sei F displaystyle F nbsp die Verteilungsfunktion von P displaystyle P nbsp bzw X displaystyle X nbsp Dann heisst m inf x R F x 1 2 displaystyle m inf left x in mathbb R mid F x geq tfrac 1 2 right nbsp der Median von P displaystyle P nbsp bzw X displaystyle X nbsp 3 Dies entspricht der folgenden Definition Ist Q displaystyle Q nbsp die Quantilfunktion zu F displaystyle F nbsp so ist der Median definiert als m Q 1 2 displaystyle m Q left tfrac 1 2 right nbsp Wegen der Rechtsstetigkeit der Verteilungsfunktion kann bei der oberen der beiden Definitionen das Infimum auch durch ein Minimum ersetzt werden Eigenschaften BearbeitenBei dem Median handelt es sich um ein Quantil genauer um das 50 Quantil Ist die Verteilung symmetrisch gilt also P X P X displaystyle P X P X nbsp so ist Null ein Median Allgemeiner ist bei jeder symmetrischen Verteilung die Symmetrieachse ein Median Jeder Median m displaystyle m nbsp minimiert die absolute Abweichung sprich ist X displaystyle X nbsp eine Zufallsvariable mit E X lt displaystyle operatorname E X lt infty nbsp so gilt stets E X a E X m displaystyle operatorname E X a geq operatorname E X m nbsp fur alle a R displaystyle a in mathbb R nbsp und Gleichheit gilt genau dann wenn auch a displaystyle a nbsp ein Median ist Beziehung zum Median der deskriptiven Statistik BearbeitenDer Median in der deskriptiven Statistik als Kennzahl einer Stichprobe lasst sich uber die empirische Verteilung mit dem Median einer Wahrscheinlichkeitsverteilung in Beziehung setzen Ist eine Stichprobe x x 1 x 2 x n displaystyle x x 1 x 2 dots x n nbsp gegeben und ist E x displaystyle E x nbsp die empirische Verteilung auf x displaystyle x nbsp so ist ein Median im Sinne der Wahrscheinlichkeitstheorie von E x displaystyle E x nbsp ein Median im Sinne der deskriptiven Statistik von x displaystyle x nbsp Aufgrund der verschiedenen Definitionen kann es jedoch auch zu leichten Abweichungen kommen Weitere Definitionen BearbeitenAm direktesten wird der Median als derjenige Wert fur den P X m 1 2 P X m displaystyle P X leq m frac 1 2 P X geq m nbsp gilt oder als F 1 1 2 displaystyle F 1 left tfrac 1 2 right nbsp definiert In beiden Definitionen ist die Existenz des Medians aber nicht garantiert So ist fur P X 0 0 2 1 P X 1 displaystyle P X 0 0 2 1 P X 1 nbsp immer F 1 1 2 displaystyle F 1 left tfrac 1 2 right emptyset nbsp da die Verteilungsfunktion nie den Wert 1 2 displaystyle tfrac 1 2 nbsp annimmt Ebenso existiert kein m displaystyle m nbsp so dass die obige Gleichungskette erfullt ist Fur alle m lt 1 displaystyle m lt 1 nbsp ist P X m lt 1 2 displaystyle P X leq m lt tfrac 1 2 nbsp ebenso wie fur alle m 1 displaystyle m geq 1 nbsp immer P X m 1 displaystyle P X leq m 1 nbsp gilt Ausserdem ist zu beachten dass die Verteilungsfunktionen in alterer russischsprachiger Literatur als linksstetig und nicht wie im deutschen Sprachraum als rechtsstetig definiert werden So ist dann zum Beispiel im Falle des fairen Munzwurfes einmal F 1 1 2 0 1 displaystyle F 1 left tfrac 1 2 right 0 1 nbsp anstelle von F 1 1 2 0 1 displaystyle F 1 left tfrac 1 2 right 0 1 nbsp Weblinks BearbeitenMedian in Statistics In Michiel Hazewinkel Hrsg Encyclopedia of Mathematics Springer Verlag und EMS Press Berlin 2002 ISBN 1 55608 010 7 englisch encyclopediaofmath org V V Senatov Quantile In Michiel Hazewinkel Hrsg Encyclopedia of Mathematics Springer Verlag und EMS Press Berlin 2002 ISBN 1 55608 010 7 englisch encyclopediaofmath org Eric W Weisstein Statistical Median In MathWorld englisch Literatur BearbeitenChristian Hesse Angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie 1 Auflage Vieweg Wiesbaden 2003 ISBN 3 528 03183 2 doi 10 1007 978 3 663 01244 3 Norbert Kusolitsch Mass und Wahrscheinlichkeitstheorie Eine Einfuhrung 2 uberarbeitete und erweiterte Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 45386 1 doi 10 1007 978 3 642 45387 8 Einzelnachweise Bearbeiten Hans Otto Georgii Stochastik Einfuhrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik 4 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 978 3 11 021526 7 S 101 doi 10 1515 9783110215274 a b Hans Otto Georgii Stochastik Einfuhrung in die Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik 4 Auflage Walter de Gruyter Berlin 2009 ISBN 978 3 11 021526 7 S 233 doi 10 1515 9783110215274 Norbert Kusolitsch Mass und Wahrscheinlichkeitstheorie Eine Einfuhrung 2 uberarbeitete und erweiterte Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 45386 1 S 113 doi 10 1007 978 3 642 45387 8 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Median Stochastik amp oldid 226791616