www.wikidata.de-de.nina.az
Ein Lagemass 1 oder Lageparameter 2 ist in der Stochastik eine Kennzahl der Verteilung einer Zufallsvariable beziehungsweise eines Wahrscheinlichkeitsmasses Anschaulich ist es die Aufgabe eines Lagemasses den typischen Wert einer Zufallsvariable anzugeben In Abgrenzung dazu gibt ein Dispersionsmass an wie sehr die Zufallszahlen um den typischen Wert streuen wurden Der Begriff des Lagemasses und des Lageparameters wird in der Literatur nicht immer eindeutig verwendet So spricht man in der Statistik auch von Lageparametern von Stichproben oder nennt bei Wahrscheinlichkeitsmassen deren Lage durch Wahl eines Parameters bestimmt werden kann diesen Parameter Lageparameter Eine genaue Abgrenzung erfolgt im unten stehenden Abschnitt Inhaltsverzeichnis 1 Typische Lagemasse 1 1 Erwartungswert 1 2 Median 1 3 Modus 2 Beispiele 2 1 Alle Lagemasse bestimmt aber verschieden 2 2 Modus ohne Aussagekraft 2 3 Nicht existenter Erwartungswert 2 4 Mehrdeutiger Median 3 Abgrenzung der Begriffe 3 1 Parametrische Wahrscheinlichkeitsverteilungen 3 2 Lageparameter in der deskriptiven Statistik 4 Literatur 5 EinzelnachweiseTypische Lagemasse BearbeitenErwartungswert Bearbeiten Hauptartikel Erwartungswert Klassisches Lagemass ist der Erwartungswert Er ist allgemein definiert als E X W X d P displaystyle operatorname E X int Omega X mathrm d P nbsp fur eine reelle Zufallsvariable auf dem Grundraum W displaystyle Omega nbsp versehen mit dem Wahrscheinlichkeitsmass P displaystyle P nbsp Anschaulich entspricht der Erwartungswert dem Schwerpunkt der Wahrscheinlichkeitsverteilung Dem Erwartungswert zugeordnete Dispersionsmasse sind beispielsweise die Varianz und die Standardabweichung Ein Nachteil des Erwartungswertes ist dass er im Allgemeinen nicht existieren muss wie die Cauchy Verteilung zeigt Median Bearbeiten Hauptartikel Median Stochastik Eine Zahl m displaystyle operatorname m nbsp heisst ein Median wenn P X m 1 2 displaystyle P X leq operatorname m geq frac 1 2 nbsp und P X m 1 2 displaystyle P X geq operatorname m geq frac 1 2 nbsp ist oder allgemeiner uber die verallgemeinerte inverse Verteilungsfunktion Ein Median ist also ein Wert der die Wahrscheinlichkeitsverteilung so trennt dass jede Halfte die Wahrscheinlichkeit 0 5 hat Bei entsprechender Definition existiert der Median im Gegensatz zum Erwartungswert immer ist aber nicht eindeutig Ein mit dem Median assoziiertes Dispersionsmass ist beispielsweise der Interquartilabstand Modus Bearbeiten Hauptartikel Modus Stochastik Als Modus bezeichnet man bei diskreten Wahrscheinlichkeitsmassen diejenige Stelle an der die Wahrscheinlichkeitsfunktion ein Maximum annimmt entsprechend bei Wahrscheinlichkeitsmassen mit Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion diejenige Stelle an der die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion ein Maximum annimmt In diesen beiden Fallen existiert der Modus immer ist aber nicht notwendigerweise eindeutig Beispiel hierfur sind die bimodalen Verteilungen Ausserdem gibt es auch Wahrscheinlichkeitsmasse ohne Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion wie die Cantor Verteilung Beispiele BearbeitenDie folgenden Beispiele zeigen die Grenzen der verschiedenen Lagemasse und typische auftretende Probleme Alle Lagemasse bestimmt aber verschieden Bearbeiten Betrachtet man als Beispiel eine exponentialverteilte Zufallsvariable X displaystyle X nbsp so besitzt diese die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f l x l e l x x 0 0 x lt 0 displaystyle f lambda x begin cases displaystyle lambda rm e lambda x amp x geq 0 0 amp x lt 0 end cases nbsp fur einen reellen Parameter l gt 0 displaystyle lambda gt 0 nbsp Der Erwartungswert ergibt sich zu E X 1 l displaystyle operatorname E X frac 1 lambda nbsp der Median zu x ln 2 l displaystyle tilde x frac ln 2 lambda nbsp Somit mussen Erwartungswert und Median nicht ubereinstimmen Aufgrund der Monotonie der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auf dem Intervall 0 displaystyle 0 infty nbsp besitzt sie im Punkt 0 ein Maximum Somit ist der Modus der Exponentialverteilung bei 0 Alle drei Lagemasse konnen also selbst wenn sie existieren vollig verschieden sein Die Aussagekraft des Modus ist hier allerdings gering Modus ohne Aussagekraft Bearbeiten Betrachtet man eine Zufallsvariable X displaystyle X nbsp die auf dem Intervall 0 1 displaystyle 0 1 nbsp stetig gleichverteilt ist also die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f x 1 falls 0 x 1 0 sonst displaystyle f x begin cases 1 amp text falls 0 leq x leq 1 0 amp text sonst end cases nbsp so sind sowohl Erwartungswert als auch Median gleich 0 5 Als Modus erhalt man jedoch das komplette Intervall 0 1 displaystyle 0 1 nbsp da es ein Maximum der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion ist Auch hier ist wieder die Aussagekraft des Modus gering Nicht existenter Erwartungswert Bearbeiten Typischer Fall einer Wahrscheinlichkeitsverteilung ohne Erwartungswert ist die Cauchy Verteilung im einfachsten Fall mit der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion f x 1 p 1 x 2 displaystyle f x frac 1 pi 1 x 2 nbsp Dann existiert der Erwartungswert E X R x p 1 x 2 d x displaystyle operatorname E X int mathbb R frac x pi 1 x 2 mathrm d x nbsp nicht Allerdings sind sowohl Modus als auch Median in diesem Fall eindeutig Der Median befindet sich aufgrund der Symmetrie der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion bei 0 ebenso wie der Modus Mehrdeutiger Median Bearbeiten Der Median ist in der obigen Definition nicht immer eindeutig Ist beispielsweise X displaystyle X nbsp binomialverteilt mit dem Parameter p 1 2 displaystyle p tfrac 1 2 nbsp so ist P X 0 P X 1 1 2 displaystyle P X 0 P X 1 tfrac 1 2 nbsp Somit gilt P X x 1 2 displaystyle P X leq x geq frac 1 2 nbsp und P X x 1 2 displaystyle P X geq x geq frac 1 2 nbsp fur alle x 0 1 displaystyle x in 0 1 nbsp Somit ist jede Zahl in diesem Intervall ein Median Definiert man den Median allgemeiner uber die verallgemeinerte inverse Verteilungsfunktion so ist er eindeutig Abgrenzung der Begriffe BearbeitenAn zwei Stellen ist die Verwendung des Begriffs des Lageparameters zweideutig Bei Verwendung von Verteilungsklassen die durch ein oder mehrere reelle Parameter naher bestimmt werden konnen Im Ubergang zur deskriptiven Statistik in der Stichproben Kennzahlen zugeordnet werden sollen im Gegensatz zu WahrscheinlichkeitsmassenParametrische Wahrscheinlichkeitsverteilungen Bearbeiten Beispiel fur den ersten Fall ist die Normalverteilung Sie wird durch zwei Parameter m s 2 displaystyle mu sigma 2 nbsp bestimmt Dabei ist der Parameter m displaystyle mu nbsp sowohl Erwartungswert Median und Modus und bestimmt die Position der Verteilung auf der x Achse Daher wird er auch Lageparameter genannt Allerdings muss nicht immer solch ein Parameter existieren der eine Verschiebung entlang der Achse bewirkt ebenso muss dieser nicht automatisch mit einem der Lagemasse im allgemeine Sinn ubereinstimmen Lageparameter in der deskriptiven Statistik Bearbeiten In der deskriptiven Statistik sind Lagemasse Kennzahlen einer Stichprobe wohingegen die hier besprochenen Lagemasse Kennzahlen von Wahrscheinlichkeitsmassen also Mengen funktionen sind So ist ein Lagemass der Stichprobe x 1 x n R n displaystyle x 1 dots x n in mathbb R n nbsp beispielsweise das arithmetische Mittel das arithmetische Mittel eines Wahrscheinlichkeitsmasses auf R displaystyle mathbb R nbsp ist aber intuitiv nicht wohldefiniert Zusatzlich verwirrend ist oft dass dieselbe Bezeichnung fur Kennzahlen von Stichproben und von Wahrscheinlichkeitsverteilungen verwendet werden Modus Median manchmal Mittelwert synonym mit Erwartungswert oder arithmetisches Mittel Allerdings lassen sich die Begriffe uber die empirische Verteilung verknupfen Ist eine Stichprobe x x 1 x n displaystyle x x 1 dots x n nbsp gegeben so gilt der Erwartungswert der empirischen Verteilung zu x displaystyle x nbsp ist das arithmetische Mittel der Stichprobe x displaystyle x nbsp der Median im Sinne der Wahrscheinlichkeitstheorie der empirischen Verteilung zu x displaystyle x nbsp ist der Median im Sinne der deskriptiven Statistik der Stichprobe x displaystyle x nbsp der Modus im Sinne der Wahrscheinlichkeitstheorie der empirischen Verteilung zu x displaystyle x nbsp ist der Modus im Sinne der deskriptiven Statistik der Stichprobe x displaystyle x nbsp Literatur BearbeitenChristian Hesse Angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie 1 Auflage Vieweg Wiesbaden 2003 ISBN 3 528 03183 2 S 153 doi 10 1007 978 3 663 01244 3 Norbert Kusolitsch Mass und Wahrscheinlichkeitstheorie Eine Einfuhrung 2 uberarbeitete und erweiterte Auflage Springer Verlag Berlin Heidelberg 2014 ISBN 978 3 642 45386 1 doi 10 1007 978 3 642 45387 8 Einzelnachweise Bearbeiten Hesse Angewandte Wahrscheinlichkeitstheorie 2003 S 153 Kusolitsch Mass und Wahrscheinlichkeitstheorie 2014 S 241 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lagemass Stochastik amp oldid 234218944