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Die Mannheimer Schule bezeichnet die Leistungen des Hofmusikerkreises der sich vor allem wahrend der Regierungszeit des Kurfursten Karl Theodor in Mannheim in der Zeit von 1743 bis 1778 bildete Plakette Mannheimer Schule der Kurpfalzer Meile der Innovationen in Mannheim Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Orchester und Kompositionsschule 3 Mannheimer Schule als Wegbereiter der Konzert Sinfonie 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenObwohl die Mannheimer Schule heute vor allem mit dem Kurfursten Karl Theodor verbunden wird schuf die Voraussetzungen fur die Grundung bereits sein Vorganger Karl III Philipp von der Pfalz Dieser verlegte im Jahr 1720 die Residenz seines Hofes von Heidelberg nach Mannheim Im Zuge dessen legte er durch eine Fusion von 16 Musikern aus Innsbruck und 26 Musikern aus Dusseldorf den Grundstein der spateren Mannheimer Hofmusik 1 Als Kapellmeister wurde Carlo Luigi Grua bestimmt Doch erst wahrend der Mannheimer Regierungszeit seines Nachfolgers Karl Theodor entstand in den Jahren von 1743 bis 1778 eine Hofkapelle ganz eigener Pragung die zu den grossten und besten in Europa gehorte 2 Orchester und Kompositionsschule BearbeitenMit der Aufbauarbeit des modernen Hoforchesters wurde zunachst in erster Linie der Konzertmeister und spatere Instrumentalmusikdirektor Johann Anton Wenzel Stamitz betraut Stamitz wird daher auch als Grunder der Mannheimer Schule angesehen Durch die Ausbildung erstklassiger Geiger z B Christian Cannabich oder die Bruder Johannes und Carlo Giuseppe Toeschi die zu den besten Virtuosen des Orchesters gehorten schuf er die Basis fur die mustergultige Mannheimer Schule die von den Zeitgenossen daher zunachst als Violin oder Orchesterschule dann aber auch zunehmend als eine Kompositionsschule verstanden wurde Tatkraftige Unterstutzung erhielt Stamitz im Sommer 1753 von dem neu engagierten Kapellmeister Ignaz Holzbauer Holzbauer dehnte Stamitz planvolle Aufbauarbeit nun auf alle Stimmgruppen des Orchesters aus wobei die neuen Stellen mit auswartigen Virtuosen mit Spezialisten ihres Faches besetzt wurden eine Strategie die gleich zu Anfang die Basis fur das kunftige Virtuosenorchester der 1770er Jahre legte Denn diese auswartigen Spitzenkrafte blieben nicht nur sondern sie gaben in ihrer fur gewohnlich gut funfundzwanzigjahrigen Dienstzeit ihr Konnen an begabte Schuler weiter Besonders begabten Schulern gewahrte der Kurfurst zusatzlich Stipendien fur Studienaufenthalte in Italien Die gleiche Ausbildungsmethode die lange Dienstzugehorigkeit und die Tatsache dass die Musiker durch die ausreichende Verdienstmoglichkeit sich ganz auf ihren Beruf konzentrieren konnten forderten nicht nur die Virtuositat des Einzelnen sondern trugen auch ganz wesentlich zu der von den Zeitgenossen als Sensation geruhmten Spielkultur und Spieldizplin des Hoforchesters bei Letztere ist vor allem das Verdienst des Stamitz Meisterschulers Christian Cannabich Laut Schubart genugten bereits ein Nicken des Kopfes und ein Zucken des Ellenbogens dieses schulebildenden Orchesterleiters um eine prazise Wiedergabe der Kompositionen zu gewahrleisten 3 Cannabich schulte seine Soldaten 4 in der perfekten Ausfuhrung der Werke die bis zur Manier kultiviert wurde Der derzeit fruheste bekannte Beleg der Mannheimer Schule als Kompositionsschule stammt von Wolfgang Amadeus Mozart der im Widmungstext seiner sechs Violinsonaten KV 301 306 an die Kurfurstin Elisabeth Auguste von Pfalz Sulzbach aus dem Jahr 1778 sinnfallig zwischen der Hofkapelle und der Schule unterscheidet und sowohl die grosse Anzahl der musizierenden Komponisten als auch die zahlreichen Meisterwerke dieser beruhmten Schule hervorhebt Die wichtigsten nachgewiesenen Instrumental und Kompositionslehrer waren Johann Stamitz Ignaz Holzbauer Christian Cannabich Georg Joseph Vogler und indirekt auch Franz Xaver Richter Diese umfassende praktische und theoretische Ausbildung fuhrte dazu dass nicht nur Kapellmeister oder Konzertmeister komponierten wie es sonst ublich war Im Mannheimer Ensemble gab es mehr Virtuosen die zugleich bedeutende Komponisten waren als in irgendeinem anderen Orchester der Epoche Dazu zahlten beispielsweise die Geiger Christian Cannabich Wilhelm Cramer Georg Zarth Christian Danner Friedrich Eck Ignaz Franzl Carl und Anton Stamitz Carlo Giuseppe und Johannes Toeschi Peter Winter die Violoncellisten Innocenz Danzi und Anton Fils der Fagottist Georg Wenzel Ritter die Flotisten Johann Baptist Wendling und Georg Metzger der Hornist Franz Anton Dimmler die Oboisten Friedrich Ramm und Ludwig August Lebrun sowie dessen spatere Frau die Koloratur Sopranistin Franziska Lebrun geb Danzi ferner der Sanger Bassist Giovanni Battista Zonca und die Kapell bzw Vizekapellmeister Ignaz Holzbauer und Georg Joseph Vogler Mannheimer Schule als Wegbereiter der Konzert Sinfonie BearbeitenDie Doppelfunktion von Komponist und Musiker bildete die Voraussetzung fur eine Orchester und Kompositionswerkstatt die ihresgleichen in Europa suchte Nach Ludwig Finscher leisteten die Kurpfalzer einen ganz wesentlichen Beitrag zur Entwicklung der grossen Konzertsinfonie und der klassisch romantischen Orchestertechnik 5 Die Mannheimer setzten auf die Aneinanderreihung kleinerer melodischer Motive auf Kontrast Abwechslung und Uberraschung und ganz besonders auf den Orchesterklang In diesem Zusammenhang ist vor allem die damals neuartige Blaserbehandlung zu nennen Die melodisch gepragten Abschnitte wurden namlich nun auch zunehmend von den Blasern gestaltet Hinzu kam eine moderne aussagekraftige Orchestersprache die Hugo Riemann im Jahr 1906 nicht von ungefahr als sogenannte Mannheimer Manieren mit aussermusikalischen Vorstellungen umschrieb die als Mannheimer Seufzer Mannheimer Rakete Mannheimer Walze Bebung Schleifer oder Vogelchen in die Musikgeschichte eingegangen sind Dank der spieltechnischen Perfektion des Hoforchesters machten das Crescendo die ausgefeilte Kontrastdynamik das Aufeinanderprallen von Forte und Piano auf engstem Raum das drohnende Unisono oder etwa die wuchtigen rasch aufeinanderfolgenden Akkordschlage des Orchesters am Anfang eines Satzes grosseren Effekt als anderswo Diese Orchestereffekte wurden in den musikalischen Akademien Hofkonzerte geradezu zelebriert sie hatten Kultcharakter Mit ihrer Orchesterbesetzung den solistisch besetzten Blasern ab 1758 auch Klarinette und ab den 1760er Jahren mit dem Verzicht auf das Cembalo schufen die Mannheimer jenen modernen Klang des sogenannten klassischen Sinfonieorchesters den Joseph Haydn Wolfgang Amadeus Mozart Ludwig van Beethoven und andere Komponisten bis in das 19 Jahrhundert ihren Sinfonien zugrunde legten Mit ihrer differenzierteren Instrumentation und der damit zusammenhangenden Erschliessung neuartiger Klangbereiche und Klangmoglichkeiten gaben die Kurpfalzer neue Impulse die nicht nur die Orchestermusik in der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts bis hin zur Wiener Klassik nachhaltig beeinflussten sondern auch den Weg fur die Orchesterkompositionen des 19 Jahrhunderts bereiteten Literatur BearbeitenRoland Wurtz Verzeichnis und Ikonographie der kurpfalzischen Hofmusiker zu Mannheim nebst darstellendem Theaterpersonal 1723 1803 Heinrichshofen Wilhelmshaven 1975 ISBN 3 7959 0167 7 Ludwig Finscher Die Mannheimer Hofkapelle im Zeitalter Carl Theodors Palatinum Verlag Mannheim 1992 ISBN 3 920671 02 3 Barbel Pelker Mannheimer Schule In Ludwig Finscher Hrsg Die Musik in Geschichte und Gegenwart Zweite Ausgabe Sachteil Band 5 Kassel Meiningen Barenreiter Metzler Kassel u a 1996 ISBN 3 7618 1106 3 Sp 1645 1662 Online Ausgabe fur Vollzugriff Abonnement erforderlich Romain Feist L Ecole de Mannheim Editions Papillon Genf 2001 ISBN 2 940310 12 2 franzosisch Barbel Pelker Die kurpfalzische Hofmusik in Mannheim und Schwetzingen 1720 1778 In Silke Leopold Barbel Pelker Hrsg Suddeutsche Hofkapellen im 18 Jahrhundert Eine Bestandsaufnahme Schriften zur Sudwestdeutschen Hofmusik Band 1 Heidelberg University Publishing Heidelberg 2018 ISBN 978 3 946054 78 8 S 195 366 Online Ausgabe Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Mannheimer Schule im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Forschungsstelle Sudwestdeutsche Hofmusik der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Umfassende Informationen Datenbanken Musiker Noten Literatur Publikationen und Notenausgaben der Forschungsstelle zur kurpfalzischen Hofmusik Die Mannheimer Schule Website des Kurpfalzischen Kammerorchesters 1743 1778 Mannheimer Schule Kurpfalzer Meile der InnovationenEinzelnachweise Bearbeiten Jiri Fukac Bohmische Lander und Mannheim im Netzwerk von Musiktrassen Versuch der Deutung einer komplizierten Wechselbeziehung In Christine Heyter Rauland Christoph Hellmut Mahling Hrsg Untersuchungen zu Musikbeziehungen zwischen Mannheim Bohmen und Mahren im spaten 18 und fruhen 19 Jahrhundert Schott Mainz 1993 ISBN 3 7957 1333 1 S 22 34 hier S 28 Barbel Pelker Die kurpfalzische Hofmusik in Mannheim und Schwetzingen 1720 1778 2018 S 197 ff Christian Friedrich Daniel Schubart Ideen zu einer Asthetik der Tonkunst Wien 1806 S 137 Brief W A Mozarts vom 9 Juli 1778 S 2 Ludwig Finscher Mannheimer Orchester und Kammermusik In Die Mannheimer Hofkapelle im Zeitalter Carl Theodors Mannheim 1992 S 141 176 Normdaten Sachbegriff GND 4168830 2 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Mannheimer Schule amp oldid 233334791