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Liquiditatsfalle englisch liquidity trap ist in der Volkswirtschaftslehre ein von John Maynard Keynes eingefuhrter Begriff fur den Teil der Kurve der Liquiditatspraferenz in welchem die Geldnachfrage zu Spekulationszwecken unendlich elastisch wird Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Grundsatzlicher Zusammenhang 3 Liquiditatsfalle und Wirksamkeit der Geldpolitik 4 Sonstiges 5 Siehe auch 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenDas Geldangebot verschwindet wahrend der Phase der Liquiditatsfalle vom Geldmarkt und wird als zinsloses Bargeld gehalten Hortung weil die Transaktionskosten der Geldanlage den Zins ubersteigen 1 Dadurch sinkt das Zinsniveau bei einer Liquiditatsfalle so tief dass jedes Wirtschaftssubjekt tendenziell eine Erhohung des Marktzinses erwartet und deshalb Vorsichtskasse Bargeld halt Extremfall ist der Negativzins bei dem die Liquiditatsfalle am hochsten ist Die Liquiditatsfalle ist mit unendlicher Zinselastizitat der Geldnachfrage verbunden so dass die Geldnachfrage zu Transaktionszwecken den Verlauf der Geldnachfragekurve nicht beeinflussen kann John Maynard Keynes Hauptwerk Allgemeine Theorie der Beschaftigung des Zinses und des Geldes vom Februar 1936 geht davon aus dass bei sehr niedrigem Zinsniveau kunftig steigende Zinsen immer wahrscheinlicher werden woraus eine Massenbewegung ins Bargeld entsteht 2 so dass alle weitere Liquiditat als Bargeld gehalten wird somit dem Wirtschaftskreislauf tendenziell entzogen wird und dadurch der Zinssatz nicht weiter sinkt Grundsatzlicher Zusammenhang BearbeitenSofort verfugbares flussiges liquides Geld das in diesem Zustand noch nicht Geldkapital ist besitzt gegenuber langfristig investiertem Vermogen und gegenuber der Ware zunachst einmal einen entscheidenden Vorteil Liquides Geld bietet die Moglichkeit sowohl fur Kaufe als auch fur Investitionen sofort zur Verfugung zu stehen Bei jederzeitiger Zahlungsbereitschaft und damit rascher Handlungsfahigkeit auch uber einen langeren Zeitraum hinweg kann der Geldhalter auf wesentlich bessere oder doch zumindest auf bessere Alternativen warten Den beschriebenen dem flussigen Geld immanenten Liquiditatsvorteil gegenuber der Ware nannte John Maynard Keynes die Liquiditatspramie englisch liquidity preference des Geldes 3 Dieser Vorteil lasst sich nach Keynes bei etwa 3 Prozent beziffern Demnach stunde flussiges Geld grundsatzlich nur dann am Finanzmarkt als Kredit zur Verfugung und konne damit zu Geldkapital werden wenn als Liquiditatsverzichtspramie der dafur zu erwartende Geldzins diesen Liquiditatsvorteil von etwa 3 ubersteigt oder ihn zumindest ausgleicht Als Folge der Liquiditatspramie des Geldes wurde fur Investitionen deren Rendite unterhalb dieser ehernen Grenze von etwa 3 liege kein Geld zur Verfugung gestellt werden siehe Grenzleistungsfahigkeit Solche Investitionen wurden somit nicht getatigt werden Das gelte fur Investitionen in Sachkapital ebenso wie fur Anlagen am Kreditmarkt Da die fur Investitionen in Sachkapital zu erwartende Rendite der Sachzins oder Realkapitalzins bei steigendem Sachkapitalstock also wachsender Ausstattung mit Produktionsmitteln stetig abnimmt unterblieben dann oft langfristig wichtige Investitionen Flussiges Geld vermogen Liquiditat steht dem Wirtschaftskreislauf dann verstarkt nur noch kurzfristig zur Verfugung Es wurde infolge der Erwartung der Liquiditatspramie gehortet Das Tauschmittel Geld fur den Physiokraten Francois Quesnay ein Transportmittel im wirtschaftlichen Blutkreislauf wird zum dem Wirtschaftskreislauf entzogenen liquiden Schatzmittel wird also in Wirklichkeit illiquide Zunehmend fehlen dem Wirtschaftskreislauf die notwendigen langfristigen Finanzmittel Kreditverknappung Das infolge verbesserter Sachkapitalausstattung eintretende Absinken der Rendite von Sachkapital Sachzins auf unter drei Prozent fuhrt nach Keynes in die Liquiditatsfalle Geld bleibt zunehmend liquide steht dem Wirtschaftskreislauf nur noch kurzfristig zur Verfugung Die Folge davon ist eine strukturelle Nachfragelucke und langfristig Deflation verbunden mit latenter Unterbeschaftigung und Arbeitslosigkeit Es werden damit Krisenerscheinungen virulent die zunehmende staatliche Eingriffe in das Wirtschaftsleben hervorrufen Oft geschieht dies in Form von wiederholten enormen Finanzspritzen und Zinssenkungen der Zentralbank was wiederum latente Inflationsgefahr bei gleichzeitig steigender Deflationsgefahr bedingt ein Tanz auf des Messers Schneide Hand in Hand wachst damit die staatliche Reglementierungsbereitschaft Der andauernde Fluss der Liquiditatspramie kann nach Ansicht von Keynes zu gewaltigen Vermogensumverteilungen fuhren 4 Wenn die Wirtschaftsteilnehmer einen steigenden Zinssatz erwarten kaufen sie keine zusatzlichen zinsbringenden Wertpapiere da deren Kurswert bei einer Zinssteigerung fallen wurde und dem Kursrisiko des Wertverlustes keine Aussicht auf Wertsteigerung infolge von wieder fallenden Kreditzinsen entgegensteht Daher wird Geld weder fur Wertpapiere noch fur Guter ausgegeben Es wird dem Wirtschaftskreislauf in spekulativer Absicht entzogen und in der Spekulationskasse gehalten verschwindet also in der Liquiditatsfalle 5 Verbunden hiermit ist die Gefahr einer Deflation Der kritische Zinssatz ist der sogenannte Strike Zins der nicht unterschritten wird weil die Wirtschaftssubjekte trotz der Erhohung ihres Geldbestandes nicht mehr in Zinstitel investieren Die Geldpolitik der Zentralbank als Mittel der Nachfragestimulation wird unwirksam weil auch bei weiter fallenden Zinsen die Nachfrage nach Wertpapieren nicht steigt In dieser Situation muss der Staat zur Ankurbelung der Wirtschaft aktiv werden beispielsweise durch eine expansive Fiskalpolitik Eine solche Situation kann eintreten wenn der Zinssatz nahe oder genau null ist Eine Ausgabenerhohung des Staates aufgrund einer Liquiditatsfalle bedeutet dass der Staat sich wirtschaftsseitig gezwungen sieht zu investieren um einer Deflation vorzubeugen Liquiditatsfalle und Wirksamkeit der Geldpolitik BearbeitenDie Aussage dass jegliche Geldpolitik in der Liquiditatsfalle unwirksam ist trifft freilich nur fur eine expansive Geldpolitik zu Bei einer hinreichend grossen Geldmengensenkung ist es aber moglich dass die Wirtschaftssubjekte um durch den entstandenen Nachfrageuberhang auf dem Geldmarkt weiterhin liquide zu bleiben einen Teil ihrer Wertpapiere verkaufen da annahmegemass ein Nachfrageuberhang Geldlucke d h mehr Geldnachfrage als Geldangebot auf dem Geldmarkt mit einem Angebotsuberhang Gelduberhang d h mehr Angebot als Nachfrage auf dem Wertpapiermarkt korrespondiert vgl Walras Gesetz Sinkende Kurse ziehen jedoch so die Theorie einen Zinsanstieg nach sich Eine solche Politik ist nur geeignet das Zinsniveau zu erhohen also die Liquiditatsfalle zu verlassen Das gesamtwirtschaftliche Einkommen geht bei zinselastischer Investitionsnachfrage zuruck da jetzt weniger Investitionen lohnend sind Neben der Investitionsfalle und nach unten unflexiblen Lohnen kann hier die Ursache fur das von Keynes beschriebene Gleichgewicht bei Unterbeschaftigung gesehen werden Keynes nahm an dass Geld ein unverderbliches Gut sei und dass es so etwas wie einen negativen Zinssatz nicht geben konne In einem Wirtschaftssystem jedoch in dem die Anleger ihr Geld nur mit Verlust in der Spekulationskasse halten es also dem Wirtschaftskreislauf nicht ohne Nachteile entziehen konnten wurde es keine Liquiditatsfalle geben Sonstiges BearbeitenUmgangssprachlich wird der Begriff Liquiditatsfalle zur Beschreibung des Phanomens verwendet dass Unternehmen trotz guter Kreditwurdigkeit keine Kredite bekommen Zutreffender ist fur diese Situation der Begriff Kreditklemme Siehe auch BearbeitenNettokreditaufnahme KonjunkturpolitikWeblinks BearbeitenInteraktive Erklarung der Liquiditatsfalle auf den Seiten des Pearson Verlags englisch Einzelnachweise Bearbeiten Verlag Dr Th Gabler Hrsg Gablers Wirtschafts Lexikon Band 4 1984 Sp 125 John Maynard Keynes Allgemeine Theorie der Beschaftigung des Zinses und des Geldes 1936 S 172 John Maynard Keynes Allgemeine Theorie der Beschaftigung des Zinses und des Geldes 1936 S 194 ff John Maynard Keynes A Tract on Monetary Reform 1923 S 29 Manfred Borchert Geld und Kredit Einfuhrung in die Geldtheorie und Geldpolitik 8 Auflage Oldenbourg Munchen 2010 ISBN 978 3 486 59955 8 S 119 eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Normdaten Sachbegriff GND 4215386 4 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Liquiditatsfalle amp oldid 237163220