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Als Landsmannschaft bezeichneten sich Vereinigungen von deutschen Studenten aus einem Land Ihre Vielfalt ist unubersehbar ihre begriffliche und zeitliche Zuordnung schwierig So gab es an der Universitat Bologna eine teutsche Nation und an den deutschen Universitaten pommersche frankische schlesische und viele andere Landsmannschaften Festliche Verbrennung der landsmannschaftlichen Abzeichen in Jena 1765 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Verbote 1 2 18 Jahrhundert 1 3 19 Jahrhundert 2 Siehe auch 3 Literatur 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichte Bearbeiten nbsp Die 10 Reichskreise am Anfang des 16 Jahrhunderts nbsp Sachsische Kantoneinteilung 1814 Die fruheste Form studentischer Zusammenschlusse waren die Nationes die mit den ersten Universitaten ab dem 11 Jahrhundert in Europa aufkommen Mit der Reformation und hochschulpolitischen sowie politisch sozialen Veranderungen starben die meisten Nationes aus Vor allem seit der zweiten Halfte des 17 Jahrhunderts bildeten sich an den protestantischen deutschen Universitaten erneut studentische Gemeinschaften in Form von Landsmannschaften die auch societates genannt wurden aus Diese selbstverwalteten Vereinigungen standen nicht mehr unter der Aufsicht der Universitatsbehorden und waren private Vereinigungen von Studenten gleicher geographischer Herkunft Den alteren Nationes Sudlicher Typ glichen sie jedoch in der Weise als dass sie eine Sozietat darstellen deren Intention in der Unterstutzung und sozialen Integration der Neulinge lag und deren Interesse sie bereitwillig vertraten 1 Schindelmeiser schreibt 2 Wahrend der Adel selten auf den Hochschulen anzutreffen war solange der Theologe die erste Rolle spielte wandelte sich das Bild als der Jurist wieder im Staatsdienst bevorzugt wurde Sein Vorrecht war es andrerseits bewaffnet gehen zu durfen Ein Teil der ubrigen Studentenschaft nahm sich daran ein Vorbild der folgende lange Dreissigjahrige Krieg verstarkte diese Neigung In den Landsmannschaften sammelte sich schliesslich alles was diese Auffassung vertrat Nachdem der Pennalismus unterdruckt worden war schloss sich dagegen der weniger tatkraftige Teil der Studenten nicht mehr den Landsmannschaften an Diese Studenten wurden als Wilde oder Obscuranten bezeichnet wahrend die Landsmannschaften sich Verbundene nannten Der Einfluss dieser war wiederum grosser an Hochschulen an denen von vornherein Studenten aus mehrerer Herren Lander zusammentrafen denn die Staatsaufsicht war dort weniger streng Abgesehen von ihrer Lage waren deshalb Jena und Halle fur die Entwicklung des Brauchtums von besonderer Bedeutung Die Verbindung der in den Landsmannschaften zusammengeschlossenen Studenten war nicht fest Es gab auch innerhalb der eigenen Reihen Streitigkeiten die mit der Waffe ausgetragen wurden Sobald der Verbundene die Hochschule verlassen hatte unterhielt er hochstens mit einstigen Freunden die alten Beziehungen aufrecht Bunder verfielen dagegen und wurden wieder aufgemacht Es fehlte von vornherein das Bestreben einen in der Jugend gegrundeten Freundeskreis lebenslanglich zu erhalten Siegfried Schindelmeiser Die Zahl der Landsmannschaften hing stark von der Grosse der Universitat ab Die meisten Hochschulen hatten in dieser Zeit nur einige hundert Studenten die grossten rund tausend Deshalb gab es nicht fur jedes Territorium eine eigene Landsmannschaft Bei den grossen Landern mit starken Herrscherdynastien Preussen Borussia Bayern Bavaria war das unproblematisch fragmentierte Gebiete mit vielen Kleinstaaten Rheinland Westfalen Schwaben Franken wurde auch gern nach den seit dem 15 Jahrhundert existierenden Reichskreisen zusammengefasst Rhenania Guestphalia Suevia Franconia Die kleinen Ostseeuniversitaten Kiel Rostock Greifswald Konigsberg hatten in der Regel geringe oder keine Aktivitaten von Landsmannschaften Hier waren alle Studenten in der Allgemeinheit oder Burschenschaft zusammengefasst also der Gesamtheit der Burschen der Studenten Dieser Begriff Burschenschaft wurde dann spater ab 1815 von den Studenten in Jena als Bezeichnung fur ihre Neugrundung einer allumfassenden politisch ausgerichteten Verbindungsform wieder aufgegriffen die sich bewusst gegen die landsmannschaftliche Gliederung der Studentenschaft wandte Abzeichen der Landsmannschaften an der Universitat Leipzig nbsp Sachsen nbsp Meissner nbsp Polen nbsp BayernVerbote Bearbeiten Landsmannschaften machten sich verdachtig fur Auswuchse und Exzesse unter den Studenten verantwortlich zu sein Die damals ublichen ausufernden Trinkgelage das oft ungezugelte Duellwesen und Prugeleien mit Handwerksgesellen wurden ihnen angelastet Die damaligen Landsmannschaften waren haufig verboten wobei diese Verbote aber nur mehr oder weniger streng umgesetzt wurden Meistens gab es aktuelle Anlasse fur Verfolgungen die sich dann wieder beruhigten So lasst sich die Existenz vieler Landsmannschaften ex negativo aus Gerichtsakten und Verboten nachweisen Bis zum letzten Jahrzehnt des 18 Jahrhunderts trug der Student im Alltag jederzeit eine Waffe Neben den halbwegs regularen Duellen die auf Ehrenstreitigkeiten beruhten und bei denen Kartelltrager Sekundanten und Unparteiische zum Einsatz kamen gab es oft auch spontane Auseinandersetzungen die an Ort und Stelle ausgetragen wurden in der Form des so genannten Rencontre frz Zusammentreffen Gefecht Ab 1794 wurde das Recht zum Waffentragen fur Studenten im Heiligen Romischen Reich eingeschrankt Fechtwaffen durften nur noch auf Reisen von Stadt zu Stadt zur Selbstverteidigung mitgenommen werden bei Gangen innerhalb der Stadt oder bei Spaziergangen oder ritten ausserhalb der Stadt waren sie verboten Dies fuhrte zu einer Verfeinerung und gesteigerten Formalisierung des Duellwesens Existenznachweis aufgrund von Verbotsedikten 3 Stadt Jena Helmstedt Leipzig Greifswald Giessen Konigsberg Heidelberg Halle Gottingen Erlangen Kiel MarburgJahr 1644 1654 1654 1659 1664 1664 1683 1717 1751 1769 1774 1789 18 Jahrhundert Bearbeiten nbsp Landsmannschaftliche Uniformen in Gottingen 1773 Vor allem im 18 Jahrhundert trugen Mitglieder von Landsmannschaften eine Art Uniform So war in der Regel die Farbe des Rockes und die Farbe der Rockaufschlage einheitlich Teilweise wurde ein oder zweifarbige Nationalkokarden am Hut getragen 4 Diese Einheitlichkeit wurde von den Universitatsbehorden als Abzeichen geheimer Gesellschaften verfolgt Bei der Gestaltung der Uniformen spielten auch die im 18 Jahrhundert von den Herrschern eingefuhrten Civiluniformen eine Rolle die von den Amtstragern des jeweiligen Landes in Landesfarben getragen werden mussten So wurde es ublich dass die Erben dieser Wurdentrager schon an der Universitat mit der Uniform ihrer Vater einheitlich auftraten Das konnte dann allerdings schlecht als Abzeichen einer geheimen Gesellschaft verboten werden Die Unterscheidung was als Abzeichen eines verbotenen Zusammenschlusses oder als erlaubte Anwendung von Landesfarben zu gelten hatte war und blieb bis weit in die erste Halfte des 19 Jahrhunderts ein Problem das die Universitatsverwaltungen teilweise intensiv beschaftigte So besagen die Gottinger Universitatsgesetze aus dem Jahre 1802 In Gefolg dieser Verbote wegen der Orden und Landsmannschaften sind ferner auch alle Kennzeichen und Unterscheidungs Merkmahle in Kleidungen Cocarden u s w in Gottingen zu tragen den Studierenden verboten So bald Jemand dergleichen an sich bemerken lasst wird solches als eine Anzeige betrachtet dass er in einer unerlaubten Verbindung stehe und ist mit demselben Art 18 Nr 4 zu verfahren Im ubrigen aber auf alle Falle ist der Gebrauch solcher Kennzeichen mit Carcerstrafe und nach Befinden mit dem Consilio abeundi zu belegen Es versteht sich ubrigens nach der Ansicht dieses Verbots von selbst dass darunter so wenig militarische als Hof und Jagduniformen sammt den dazu gehorigen Cocarden begriffen sind welche einem Jeden der beweisen kann dass er seinem Stande nach dazu berechtigt ist zu tragen unbenommen bleibt Der Zusammenschluss der Landsmannschaften war in der ersten Halfte aber noch eher lose Eine verschworene Gemeinschaft gar mit strengem Lebensbundprinzip gab es nicht Das fuhrten die zur Mitte des Jahrhunderts aufkommenden Studentenorden ein die mit ihrer strafferen Ordnung ihren Zeremonien und ihren Ordensgesetzen die Landsmannschaften durch die uberwiegende Doppelmitgliedschaft sowohl in den Orden wie den Landsmannschaften beeinflussten Allein fur Gottingen sind heute Konstitutionen von Landsmannschaften des 18 Jahrhunderts bekannt So kann man aus den uberlieferten Protokollen der Hannoverschen Landsmannschaft fur die Jahre 1777 1779 den Inhalt der geltenden Gesetze der Landsmannschaft ableiten Diese hatte Chargierte ein Selektionsprinzip bei der Aufnahme durch Rezeption und Strafgewalt uber die Mitglieder angefangen von Geldstrafen bis hin zur Exclusion bei Verstoss gegen die Prinzipien 5 Mit der Silhouetten Sammlung Schubert liegt eine zeitlich unmittelbar anschliessende Dokumentation landsmannschaftlichen Lebens an dieser Universitat vor Auch die Gesetze der Westphalischen Landsmannschaft in Gottingen vom 4 November 1787 sind erhalten 5 nbsp Mosellaner Siegel 1760 nbsp Kurlander Uniform 1773 nbsp Braunschweiger 1779 nbsp Jenaer Rhenanen 1797 nbsp Erstes Band 1800 Zur Entstehung der Studentenorden berichtet Hoede dass die Landsmannschaft der Mosellander in Jena im Siebenjahrigen Krieg fritzisch eingestellt gewesen sei 6 Dadurch sei es zu Schlagereien mit Preussenfeinden gekommen dass sie beschlossen habe ihre Zusammenkunfte auf den Zimmern d h geheim stattfinden zu lassen 1762 habe diese Landsmannschaft in ihrem damals neu verfassten Gesetz dem Senior fast unumschrankte Gewalt eingeraumt Zu seiner Unterstutzung seien Subsenior und Sekretar eingesetzt worden wahrend die Aufnahme erst nach strenger Auslese in einem formlichen Verfahren stattgefunden habe Damit seien zwar die Voraussetzungen fur einen engeren Bund mit grosserer Festigkeit geschaffen worden aber unabhangig von der Freimaurerei 7 Siehe auch Landsmannschaften und Studentenorden an der Universitat Gottingen im 18 Jahrhundert und Senioren Convent zu Frankfurt Oder 1798 19 Jahrhundert Bearbeiten Die alten Landsmannschaften verschwanden zum Ende des 18 Jahrhunderts durch die standige Bekampfung Nur in Gottingen bestanden sie noch bis 1812 Sie wandelten sich ab 1808 in Corpslandsmannschaften um und schlossen sich 1809 zum Gottinger Senioren Convent zusammen Der erste Gottinger SC Comment wurde im Fruhjahr 1809 mit dem Titel Allgemeiner Komment der Gottinger Burschenschaft von vier Corpslandsmannschaften unterzeichnet 8 Infolge des Verbots der Orden Anfang Juni 1792 durch Herzog Karl August von Weimar mittels des Conclusum Corporis Evangelicorum 9 bestatigt und erweitert im Juni 1793 durch einen Abschied des Immerwahrenden Reichstages in Regensburg im gesamten Deutschen Reich gewann landsmannschaftliche Konzept aber mit Ubernahme der straffen Ordnung und der Reglements der Orden an Bedeutung So entstanden um das Jahr 1800 die ersten der spater Corps genannten Verbindungen die sich zunachst die unterschiedlichsten Namen gaben Gesellschaft Kranzchen gar Clubb und zur allgemeinen Sprachverwirrung auch Landsmannschaft Daniel Ludwig Wallis berichtet 1813 uber das Leben an der Georg August Universitat Gottingen Zu den Grunden des landsmannschaftlichen Prinzips bei der Formierung von studentischen Gemeinschaften schreibt er 10 Man halte sich zu seinen Landsleuten und suche nicht unter Unbekannten sich einen Kreis von Freunden oder steten Gesellschaftern zu bilden Diess ist aus mehreren Grunden verwerflich man verliert die Liebe und das Zutrauen zu jenen und findet sich am Ende schrecklich betrogen denn leider ist der Spruch nur zu oft wahr donec eris felix multos numerabis amicos diese neugeschaffene Freundschaft ist selten acht und herzlich Und man hat gewiss immer an seinen Landsleuten die besten Stutze in Verlegenheiten den besten Rath in hauslichen Angelegenheiten und die beste Hulfe bey Zwistigkeiten mit Dritten In der Regel gerathen diejenigen welche sich von ihren Jugendfreunden Schul Kameraden oder Landsleuten abziehen auf Abwege werden liederlich verschwenderisch und ruinieren Geist und Korper Daniel Ludwig Wallis So reichte in Gottingen von den 1809 bestehenden funf Landsmannschaften der Kurlander Friesen Hannoveraner Vandalen und Westfalen die letztere bis in das Jahr des Universitatsjubilaums 1787 kontinuierlich zuruck Hier kamen noch 1810 die Hessen 1811 die Pommern hinzu Im Jahre 1812 kam es zu einer grossen Untersuchung in deren Folge am 7 Marz 1812 alle Studenten dieser Landsmannschaft dem Prorektor schworen mussten keine neue wieder aufzumachen Somit wurde kurzerhand unter der Bezeichnung Corps wieder aufgemacht 11 Siehe auch BearbeitenSenioren Convent Gottinger Landsmannschaften und Corps vor 1870 Konigsberger Senioren Convent Landsmannschaftlicher Senioren ConventLiteratur BearbeitenOtto Deneke Franz Eichhorn der Vandale Gottingen 1931 Otto Deneke Die Westphalische Landsmannschaft 1787 bis 1812 Gottingen 1935 Wilhelm Raeder Curonen an den Universitaten Deutschlands 1801 1831 1935 Otto Deneke Alte Gottinger Landsmannschaften Gottingen 1937 Gunnar Henry Caddick Die Hannoversche Landsmannschaft an der Universitat Gottingen von 1737 1809 Gottingen 2002 Rainer A Muller Landsmannschaften und Studentische Orden an deutschen Universitaten des 17 und 18 Jahrhunderts aus Historia Academica Band 36 1997Weblinks BearbeitenLandsmannschaften In Meyers Konversations Lexikon 4 Auflage Band 10 Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig Wien 1885 1892 S 471 Einzelnachweise Bearbeiten Siehe P Dietrich Die Deutsche Landsmannschaft in Historia Academica 3 4 o J S 15ff Siegfried Schindelmeiser Die Albertina und ihre Studenten 1544 bis WS 1850 51 Bd 1 Munchen 2010 ISBN 978 3 00 028704 6 Bd 1 S 35 L Golinski Die Studentenverbindungen in Frankfurt a O Diss Breslau 1903 S 21 36 Vgl Abb aus Hans Georg Schmeling Gottingen im 18 Jahrhundert Katalog Gottingen 1987 S 168 a b Deneke 1937 Klaus Hoede Zur Frage der Herkunft geheimer studentischer Verbindungen im 18 Jahrhundert Einst und Jetzt Bd 12 1967 S 5 42 Siegfried Schindelmeiser Die Albertina und ihre Studenten 1544 bis WS 1850 51 und Die Geschichte des Corps Baltia II zu Konigsberg i Pr Neuausgabe von Rudiger Dohler und Georg v Klitzing Bd 1 S 37 Munchen 2010 ISBN 978 3 00 028704 6 GoogleBooks Abgedruckt bei Gotz von Selle im Gottinger Universitatstaschenbuch 1929 Vergleiche R G S Weber Die deutschen Corps im Dritten Reich 1997 S 20 Ludwig Wallis Der Gottinger Student oder Bemerkungen Rathschlage und Belehrungen uber Gottingen und das Studentenleben auf der Georgia Augusta 2 Neudruck der Ausgabe von 1913 und 1813 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1995 S 68 f ISBN 3 525 39153 6 Horst Bernhardi Die Gottinger Landsmannschaften von 1840 1854 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Landsmannschaft Fruhe Neuzeit amp oldid 223509226