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Der Lago di Cadagno oder Cadagnosee ist ein alpiner Natursee im Val Piora in der Gemeinde Quinto etwa 8 km ostlich von Airolo im Kanton Tessin der Schweiz Lago di CadagnoGeographische Lage Kanton TessinDatenKoordinaten 697609 156173 46 549722222222 8 7113888888889 1921 2 Koordinaten 46 32 59 N 8 42 41 O CH1903 697609 156173Lago di Cadagno Kanton Tessin Hohe uber Meeresspiegel 1921 2 m u M Flache 26 haLange 842 mBreite 423 mVolumen 2 420 000 m Maximale Tiefe 21 mVorlage Infobox See Wartung NACHWEIS FLACHEVorlage Infobox See Wartung NACHWEIS SEEBREITEVorlage Infobox See Wartung NACHWEIS VOLUMENVorlage Infobox See Wartung NACHWEIS MAX TIEFE Der See liegt in einer durch glaziale Erosion geschaffenen Mulde des Piora Hochtals sein Wasserspiegel etwa 1921 Meter uber dem Meeresspiegel Das gut 400 m breite und doppelt so lange Gewasser hat bei einer Flache von rund 26 ha eine maximale Tiefe von 21 Metern Es gehort zu den wenigen meromiktischen Seen die geogen in Europa entstanden sind und weist eine dauerhafte Schichtung seines undurchmischten Wasserkorpers auf Infolge der besonderen Bedingungen dieser Meromixis hat sich im Laufe der Zeit ein limnologisch einzigartiges Okosystem im Lago di Cadagno entwickelt Inhaltsverzeichnis 1 Geschichteter Wasserkorper 2 Wassernutzung 3 Forschung 4 Weblinks 5 EinzelnachweiseGeschichteter Wasserkorper BearbeitenIm Wasserkorper des Lago di Cadagno findet saisonal keine vollstandige Durchmischung statt sondern das Wasser tiefer Schicht bleibt das ganze Jahr uber getrennt vom Wasser oberflachennaher Schicht Grund fur diese Meromixis genannte Erscheinung sind die naturlichen Ortsbedingungen sie ist also geogen Stabilisiert wird die Schichtung in eine obere sauerstoffreiche oxische Zone das Mixolimnion und eine untere sauerstoffarme anoxische Zone das Monimolimnion zunachst physikalisch durch Dichteunterschiede infolge verschiedenen Gehalts an Salzen Wahrend der oberen Zone elektrolytarmes Oberflachenwasser zufliesst wird die tiefe Zone von unterseeischen Karstquellen gespeist deren Wasser fortwahrend aus dem Dolomitgestein gewaschene Ionen anliefert Aufgrund dieser Quellen ist der Lago di Cadagno ein seltenes Beispiel fur das naturliche Phanomen eines krenogen quellenbedingt meromiktischen Sees Wegen der damit eingetragenen Substanzen ist die tiefe Schicht dichter das daruber geschichtete Wasser leichter Beide Zonen durchmischen sich nicht eine schmale Zwischenzone die Chemokline ist als dritte Schicht ausgebildet Die Chemokline findet sich hier in einer Tiefe von 10 bis 13 Metern und weist steile physikalische und chemische Gradienten auf Diese Ubergangszone wird im Lago di Cadagno dicht bewohnt von Bakterien die Photosynthese betreiben und Schwefel oxidieren Bis zu 100 000 Zellen pro Milliliter an phototrophen Schwefelbakterien vorherrschend Purpurbakterien der Gattungen Chromatium und Amoebobacter bilden innerhalb der physikalisch chemisch definierten Zone einen biologisch bestimmbaren 1 2 Meter dicken Schichtbereich Diese planktonischen Proteobakterien schirmen das anoxische schwefelhaltige Wasser tieferer Schicht ab und sind Primarproduzenten Damit ermoglichen sie das Vorkommen anderer Lebensformen in der oberen Schicht des Lago di Cadagno 1 Auch der benachbarte grossere Lago Ritom Ritomsee war ein meromiktischer See mit ahnlichem Phanomen bevor dieser naturliche See durch bauliche Massnahmen fur die Energiegewinnung erheblich verandert wurde Wassernutzung BearbeitenIm Herbst 2005 gerieten die Schweizerische Bundesbahnen SBB die das Ritom Kraftwerk in Piotta betreiben in Kritik weil in kurzer Zeit zu viel Wasser aus dem Lago di Cadagno abgelassen wurde um den benachbarten Ritom Stausee zu speisen Einige Vertreter aus der Leventina brachten die Sache bis vor das Kantonsparlament in Bellinzona Die Kritiker argumentierten dass die aus dem Lago di Cadagno kommende Wassermenge im Verhaltnis zu der im Ritomsee sehr gering sei und zudem ihre Entnahme das Fortbestehen des gesamten Okosystems im Lago di Cadagno gefahrde Die SBB konnten also durchaus auf das Wasser des Lago di Cadagno verzichten ohne die Leistung des Kraftwerks zu beeintrachtigen Als Folge auf diese Kritiken haben die SBB im Fruhling 2006 im Rahmen der Konzessionerneuerungen fur den Ritomsee auf die Nutzung des Wassers aus dem Lago di Cadagno verzichtet 2 Forschung BearbeitenSowohl der See wie auch dessen Umgebung finden seit rund drei Jahrzehnten zunehmendes Interesse als Gegenstand wissenschaftlicher Forschung und Lehre Erleichtert werden Untersuchungen dieser Region durch das nahegelegene Zentrum fur Alpine Biologie Centro di biologia alpina di Piora das ein Labor und Unterkunftsraume bietet Es ist durch Umbau zweier Gebaude der Alpe di Piora aus dem 16 Jahrhundert entstanden und Aufenthaltsort fur zahlreiche Forscher aus Europa und Ubersee Bereits um 1960 wurden Pollenprofile von Bodenproben des Seeufers und benachbarter Moore beschrieben Pollenanalytische Studien ergaben Hinweise auf Veranderungen des Bewuchses in dieser Region der Westalpen wahrend des Holozans die mit Absenkungen der Durchschnittstemperatur gegen Ende des Atlantikums und zu Beginn des Subboreals in Verbindung stehen und als Piora Schwankungen bekannt wurden 3 Die physikalischen chemischen und biologischen Verhaltnisse des Lago di Cadagno sind hinsichtlich bestimmter geochemischer und mikrobiologischer Fragestellungen naher untersucht worden Insbesondere die Bedingungen von Wachstum Vermehrung der Populationen phototropher Schwefelpurpurbakterien in der Zwischenzone Chemokline des dreischichtig stratifizierten Gewassers wurden eingehender studiert Der See gilt als uberaus geeignetes Modellsystem um die Bedeutung schwefeloxidierender obligat oder fakultativ anaerober Primarproduzenten in Okosystemen besser kennenzulernen Die Verhaltnisse in der Ubergangszone am Rand zur sauerstofffreien schwefelhaltigen tieferen Schicht hoheren Salzgehalts des Mixolimnions ahneln denen wie sie vor rund 1 6 Milliarden Jahren an Kontinentalrandern von Ozeanen wahrend des Proterozoikums bestanden haben 4 Weblinks BearbeitenWebsite des Zentrums fur Alpine Biologie Region Ritom Piora Seeleine zwischen Piora und Cadagno auf ti ch fileadmin Lago di Cadagno auf schweizersee ch Peter Bossard Sonja Gammeter Christine Lehmann Ferdinand Schanz et al Limnological description of the Lakes Zurich Lucerne and Cadagno in Aquatic Sciences 63 3 September 2001 S 225 249 doi 10 1007 PL00001353 Nitrogen Inputs in the Ancient Ocean Underappreciated Bacteria Step Into the Spotlight auf SciTechDaily vom 6 August 2021Einzelnachweise Bearbeiten Claudio Del Don Kurt W Hanselmann Raffaele Peduzzi Reinhard Bachofen The meromictic alpine Lake Cadagno Orographical and biogeochemical description In Aquatic Sciences Band 63 Marz 2001 S 70 90 doi 10 1007 PL00001345 Wasserkraftanlage Ritom Azienda Elettrica Ticinese Abgerufen am 8 September 2017 A Stapfer Pollenanalytische Untersuchungen im Val Piora Tessin Ein Beitrag zur Klima und Vegetationsgeschichte der Nacheiszeit In Geographica helvetica Geogr Helv Band 46 Nr 4 1991 S 156 164 M Philippi K Kitzinger J Berg et al Purple sulfur bacteria fix N2 via molybdenum nitrogenase in a low molybdenum Proterozoic ocean analogue In Nature Communications Jahrgang 12 Nr 4774 August 2021 doi 10 1038 s41467 021 25000 z Normdaten Geografikum GND 4433991 4 lobid OGND AKS VIAF 233865390 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lago di Cadagno amp oldid 236202087