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Der Lobauer Dialekt obersorbisch Lubijska narec ist ein mittlerweile ausgestorbener sudostlicher Dialekt des Obersorbischen der bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts in den sorbischen Dorfern rund um die Stadt Lobau in der Oberlausitz gesprochen wurde Er zeichnete sich insbesondere durch eine Anzahl von phonetischen Archaismen aus die ihn naher am Altslawischen stehen liessen als die weiter westlich gesprochenen sorbischen Dialekte Es ist davon auszugehen dass die letzten Sprecher des Lobauer Dialekts in den 1960er oder 1970er Jahren gestorben sind Lobauer DialektGesprochen in Deutschland OberlausitzSprecher 0LinguistischeKlassifikation Indogermanisch Slawisch Westslawisch Sorbisch ObersorbischLobauer Dialekt dd dd Diese Dialektkarte des Sorbischen basiert auf einer Arbeit von Hinc Sewc aus dem Jahre 1968 Der Lobauer Dialekt ist hier bereits nicht mehr aufgefuhrt weil er schon damals als ausgestorben angesehen wurde Inhaltsverzeichnis 1 Lage 2 Unterschiede zur sorbischen Standardsprache 2 1 Suffix i 2 2 Prafix wu 2 3 Aussprache von c 2 4 Dativendung bei Maskulina 3 Literatur 4 Quellen 5 EinzelnachweiseLage BearbeitenNoch gegen Ende des 19 Jahrhunderts waren einige Dorfer westlich und nordwestlich von Lobau mehrheitlich sorbischsprachig z B Grossdehsa Oelsa und Breitendorf wahrend die Lobauer Stadtbevolkerung schon seit jeher mehrheitlich deutschsprachig war In den Orten weiter ostlich wie Kittlitz Glossen oder Bellwitz war das Sorbische damals bereits in einer Minderheitenposition wurde aber noch gesprochen vorwiegend von alteren Einwohnern 1 Die sorbischen Einwohner dieser Region verfugten in aller Regel uber keinerlei Ausbildung in ihrer Muttersprache und sprachen demzufolge nur den ortlichen Dialekt der sich von den Dialekten um Bautzen auf denen die Standardsprache basierte in einigen Punkten unterschied Unterschiede zur sorbischen Standardsprache BearbeitenSuffix i Bearbeiten Jan Arnost Smoler beschrieb im Anhang seines gemeinsam mit Joachim Leopold Haupt herausgegebenen Werkes Volkslieder der Wenden in Ober und Niederlausitz einige markante Unterschiede So wurde die Adverbialendung nicht wie in der Standardsprache ublich mit dem Suffix je realisiert sondern mit i z B stajni statt stajnje immer standig Die Endung auf i trat jedoch auch bei verschiedenen Substantiven auf z B dawani statt dawanje das Geben mysli statt mysle die Gedanken Prafix wu Bearbeiten Das standardsprachliche Prafix wu aus bzw heraus wurde im Lobauer Dialekt fur gewohnlich als wy realisiert z B wydac statt wudac herausgeben wymjo statt wumjo das Euter Smoler weist darauf hin dass die Realisierung als wy ursprunglicher sei als das in der Standardsprache angewandte wu Spater wurden auch in der Standardsprache einige Worter wieder der etymologischen Schreibweise angepasst die im Lobauer Dialekt schon immer gebraucht wurde z B wusoki wysoki hoch Aussprache von c Bearbeiten Im Unterschied etwa zum Serbokroatischen gibt es in der modernen obersorbischen Sprache keinen Ausspracheunterschied mehr zwischen c und c Letzterer Laut entwickelte sich aus dem altslawischen t in etwa tj und taucht vor allem als Verbendung im Infinitiv auf Im Russischen wird diese altslawische Form der Verbendung bis heute meist als t weiterverwendet in anderen slawischen Sprachen weicht sie davon ab Wahrend die regulare Infinitivendung im modernen Obersorbischen wie auch im benachbarten Polnischen auf c lautet hatte sich im Lobauer Dialekt die Aussprache von c als tj oder cj erhalten also der aus dem Altslawischen herruhrende Ausspracheunterschied zwischen c und c z B pytacj statt pytac suchen z milostje statt z milosce aus Gnade Dativendung bei Maskulina Bearbeiten Die in der obersorbischen Standardsprache und den meisten Dialekten ubliche Dativendung ej bei belebten Maskulina im Singular wurde im Lobauer Dialekt haufig als owi realisiert so wie es im Tschechischen bis heute gemacht wird z B synowi statt synej dem Sohn kralowi statt kralej dem Konig Literatur BearbeitenDer Lobauer Dialekt wurde kaum geschrieben Eine bemerkenswerte weil sehr fruhe Ausnahme bildet die Ubersetzung von Luthers Katechismus durch Wenceslaus Warichius aus dem Jahr 1595 die entsprechend der Herkunft des Ubersetzers im Lobauer Dialekt niedergeschrieben wurde Auch die Ubersetzung der sieben Busspsalmen durch Gregorius Martini geschah in diesem Dialekt Diese fruhen Schriften gehoren zu den ersten gedruckten sorbischen Werken uberhaupt und entstanden demzufolge in einer Zeit in der die sorbische Sprache noch nicht standardisiert worden war Nachfolgende Autoren und Sprachplaner orientierten sich zu grossen Teilen am vorhandenen Schriftwerk so dass der Lobauer Dialekt trotz seiner Randlage neben dem Bautzener Dialekt zu einer Grundlage fur die entstehende obersorbische Standardsprache wurde Quellen BearbeitenJoachim Leopold Haupt Johann Ernst Schmaler Volkslieder der Wenden in der Ober und Nieder Lausitz J M Gebhardt 1841 S 277 f eingeschrankte Vorschau in der Google Buchsuche Einzelnachweise Bearbeiten Ernst Tschernik Die Entwicklung der sorbischen Bevolkerung Akademie Verlag Berlin 1954 S 103 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Lobauer Dialekt amp oldid 213755572