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Kurt Hubert Franz 17 Januar 1914 in Dusseldorf 4 Juli 1998 in Wuppertal war im Rahmen der Aktion T4 in den Euthanasie Anstalten Grafeneck Brandenburg Hartheim und Sonnenstein als Koch tatig und anschliessend bei der Aktion Reinhardt stellvertretender und schliesslich letzter Lagerkommandant des Vernichtungslagers Treblinka Kurt Franz als SS Untersturmfuhrer Inhaltsverzeichnis 1 Jugend und Ausbildung 2 Bei den SS Totenkopfverbanden 3 Bei der Aktion T4 4 Bei der Aktion Reinhardt 5 Bei der Partisanenbekampfung 6 Nach dem Krieg und Verurteilung 7 Literatur 8 Weblinks 9 EinzelnachweiseJugend und Ausbildung BearbeitenKurt Hubert Franz wurde am 17 Januar 1914 in Dusseldorf als Sohn eines Kaufmanns geboren und hatte eine Schwester Nach achtjahrigem Besuch der Volksschule in Dusseldorf war er als Laufbote tatig bevor er 1929 im Dusseldorfer Restaurant Hirschquelle eine Kochlehre begann Diese setzte er im Wittelsbacher Hof fort ohne eine Gehilfenprufung abzulegen Seine Mutter heiratete nach dem Tod ihres ersten Mannes 1928 erneut Sein Stiefvater war ein deutsch national eingestellter Mann wahrend seine Mutter als streng glaubige Katholikin galt Nach einem halben Jahr als Mitglied in der Kyffhauser Jugend meldete sich Franz im Oktober 1932 zu einem vom Stahlhelm eingerichteten Lager des Freiwilligen Arbeitsdienstes in Ratingen Im Fruhjahr 1934 kam er ins Lager Honnef wo er im Oktober 1934 den Arbeitsdienst im Rang eines Truppfuhrers verliess Bis Oktober 1935 war er als Volontar bei dem Metzgermeister Stollmann in Dusseldorf Oberkassel tatig Danach wurde er zur Ableistung seiner Wehrpflicht zum Artillerieregiment 6 in Minden eingezogen Wahrend seiner zweijahrigen Wehrdienstzeit wurde er zuletzt mit dem Dienstgrad eines Oberkanoniers zeitweise auch in seinem Beruf als Koch eingesetzt Bei den SS Totenkopfverbanden BearbeitenNoch wahrend des Wehrdienstes bewarb sich Franz bei den SS Totenkopfverbanden Ende 1937 wurde er in die 3 SS Totenkopfstandarte Thuringen SS Nr 319 906 aufgenommen Auch hier wurde er nach seiner Grundausbildung als Koch verwendet Ausserdem war er als Rekrutenausbilder tatig Zum SS Sturmmann wurde er am 30 Januar 1938 zum SS Rottenfuhrer am 9 November 1938 und zum SS Unterscharfuhrer am 30 Januar 1940 befordert In dieser Zeit wurde Franz zeitweise im Wachdienst des KZ Buchenwald eingesetzt 1941 diente er als SS Scharfuhrer in der SS Bekleidungskammer Bei der Aktion T4 BearbeitenZusammen mit einem anderen Gleichgesinnten wurde Franz 1939 zur Dienststelle des Reichsarztefuhrers Dr Leonardo Conti in die Berliner Vossstrasse befohlen Hier wurde er durch den SA Standartenfuhrer und Leiter des Amtes IIa der Kanzlei des Fuhrers Werner Blankenburg uber die anlaufende sogenannte Euthanasie Aktion unterrichtet und der Gemeinnutzigen Stiftung fur Anstaltspflege einer von mehreren Tarnorganisationen der Kanzlei Hitlers zugeteilt Er war einer von sieben Teilnehmern die unter der Leitung von SS Standartenfuhrer und Oberdienstleiter der Kanzlei des Fuhrers Viktor Brack am 17 Oktober 1939 eine Vorbesichtigung der Samariter Heilanstalt Grafeneck durchfuhrten um ihre Tauglichkeit als Euthanasie Anstalt zu prufen Grafeneck wurde dann auch als erste von insgesamt sechs derartigen Anstalten ab Januar 1940 zu diesem Zweck in Betrieb genommen Franz selbst wurde im Rahmen der Aktion T4 in den Euthanasie Anstalten Grafeneck Brandenburg Hartheim und Sonnenstein als Koch eingesetzt 1940 heiratete er Die Ehe blieb kinderlos Allerdings hatte Franz mit vier anderen Frauen vier nichteheliche Kinder Um die Jahreswende 1941 42 wurde er in die Kanzlei Hitlers zuruckbeordert und in der Kuche dieser Dienststelle in der Wilhelmstrasse 40 beschaftigt Bei der Aktion Reinhardt BearbeitenNach seiner Beforderung zum SS Oberscharfuhrer am 20 April 1942 wurde Franz zum SS und Polizeifuhrer fur den Distrikt Lublin SS Brigadefuhrer Odilo Globocnik beordert und fur die Aktion Reinhardt der Wachmannschaft des Vernichtungslagers Belzec zugeteilt Hier blieb er bis Mitte 1942 Danach kam er ins Vernichtungslager Treblinka wo er als Stellvertreter des Lagerkommandanten Franz Stangl eingesetzt war Am 21 Juni 1943 wurde er zum SS Untersturmfuhrer befordert Nach der Abberufung Stangls leitete Franz von August bis November 1943 das Vernichtungslager als Kommandant Das Aufgabengebiet von Franz in Treblinka wird im Urteil des Landgerichtes Dusseldorf vom 3 September 1965 wie folgt beschrieben Urteil S 49f In Treblinka wo infolge der Unfahigkeit des ersten Lagerkommandanten Dr Irmfried Eberl die gesamte Vernichtungsmaschinerie durcheinandergeraten war und alles drunter und druber ging ubernahm der Angeklagte zunachst die Fuhrung der ukrainischen Wachmannschaften und brachte diesem wilden Haufen wie er sich ausdruckte erst einmal militarische Zucht und Ordnung bei Dabei liess er es aber nicht bewenden sondern kummerte sich schon bald um den gesamten Lagerbetrieb den er mit und unter der Leitung Wirths neu aufbaute und durchorganisierte Er kummerte sich dabei um alles was im Lager vor sich ging und stieg gar bald zum Stellvertreter des Lagerkommandanten auf In dieser Eigenschaft hatte er alle Zugel in der Hand und auf den ganzen Ablauf des Lagergeschehens einen uneingeschrankten Einfluss zumal der Nachfolger von Dr Eberl der spatere SS Hauptsturmfuhrer Stangl sich um den ausseren Dienstbetrieb nur wenig oder fast gar nicht kummerte und sich draussen kaum sehen liess Franz nahm tatkraftig an allen im Lager anfallenden Arbeiten Anteil inspizierte die Lagereinrichtungen im unteren wie im oberen Lager sowie die verschiedenen Arbeitskommandos Bei der Ankunft von Transporten traf der Angeklagte nicht nur die Massnahmen zu verstarkten Sicherheitsvorkehrungen sondern griff auch personlich bei dem Entladen der Zuge der Selektion der alten kranken und gebrechlichen Personen mit ein suchte unter den Ankommlingen Arbeitsjuden aus und beaufsichtigte die Abfertigung der Transporte auf dem Umschlagplatz das Entkleiden der Opfer und ihre Weiterleitung durch den Schlauch bis in die Gaskammern Leisteten die Juden seinen Befehlen dabei nicht schnell genug Folge oder zeigten sich sonst Widerstande so schlug er brutal mit der Peitsche oder der Faust auf die bedauernswerten Opfer ein hetzte den Hund Barry auf die Menschen oder verschaffte mit der Pistole seinen Worten und seinem Willen den erforderlichen Nachdruck Alles in allem nutzte der Angeklagte der wegen seines hubschen Gesichts seiner guten Figur und seines gepflegten Ausseren bei den judischen Haftlingen den polnischen Spitznamen Lalka hatte was in deutsch Puppe bedeutet die ihm zur Verfugung stehende Machtfulle in einer furchtbaren und hemmungslosen Weise aus um das vom Fuhrer gesetzte Endziel der restlosen Vernichtung der judischen Menschen in seinem Machtbereich mitverwirklichen zu helfen und den nach Treblinka verschleppten Juden die kurze Spanne ihres Lebens die ihnen hier noch zur Verfugung stand zur qualvollen Holle zu machen Er offenbarte dabei einen derartigen Sadismus und eine solche Missachtung allen judischen Lebens dass die menschliche Phantasie kaum ausreicht um sich die von ihm oder unter seiner Leitung und Mitwirkung verubten Untaten uberhaupt vorstellen zu konnen Er bezeichnete die im Lager befindlichen Juden als Arschlocher als Dreck als Scheisse und als Hunde die so bald und so grundlich wie moglich beseitigt werden mussten Irgendeine Achtung vor dem Leben und der Personlichkeit seiner Opfer war ihm vollig fremd Er misshandelte boxte prugelte und totete wenn es ihm Spass machte und wenn er gerade dazu aufgelegt war Er fand nichts dabei wenn sein Hund Barry sich auf seinen Zuruf auf die hilflosen Juden sturzte sie zu Boden warf und sie in seiner Anwesenheit verletzte und zerfleischte War ein Haftling infolge dieser Misshandlungen nicht mehr arbeitsfahig so erschoss ihn Franz auf der Stelle oder liess ihn zur Liquidierung ins Lazarett bringen wenn ihm aus irgendwelchem Grunde nicht danach zumute war die Erschiessung selbst vorzunehmen Demgemass war der Angeklagte Franz der Schrecken des ganzen Lagers Sobald er sich zu Fuss zu Pferde oder auf dem Fahrrad im Lager sehen liess warnte einer den anderen vor seinem Kommen weil man wusste dass jetzt wieder irgendeine Misshandlung oder Totung fallig sein wurde Jeder Haftling mochte er noch so krank oder schwach sein erhohte seinen Arbeitseifer und bemuhte sich einen moglichst gunstigen Eindruck zu machen um nur ja nicht aufzufallen Gleichwohl fand der Angeklagte immer wieder Grunde um judische Haftlinge zu misshandeln und zu qualen und sie sogar entweder an Ort und Stelle zu toten oder zum Lazarett zur Erschiessung zu schicken Besonders gefurchtet war seine Anwesenheit bei den taglichen Appellen wo er sehr haufig in grossem Umfang Selektionen vornahm um die Kranken und nicht mehr voll Arbeitsfahigen fur die Liquidierung im Lazarett auszusuchen oder als Vergeltung fur irgendwelche Fluchtversuche Verstosse gegen die Lagerdisziplin oder sonstige Nichtigkeiten In zahlreichen Fallen verhangte er auch die Prugelstrafe und vollzog sie eigenhandig auf dem dafur vorgesehenen Prugelbock Dabei beschimpfte und bedrohte er sowohl die bedauernswerten Opfer als auch die angetriebenen Arbeitshaftlinge in der gemeinsten und unflatigsten Weise und machte aus allem eine grosse Schau die Furcht und Schrecken verbreitete und in der der Angeklagte sich selbst bestatigen wollte Wieviele Menschen in Treblinka durch die Hand des Angeklagten Franz oder durch seine unmittelbare Veranlassung zu Tode gekommen sind ist mit Sicherheit nicht mehr feststellbar Fest steht nur dass diese Zahl nicht gering ist und der Angeklagte durch sein Verhalten im Lager eine grosse Blutschuld auf sich geladen hat Ein grosser Teil der Strome von Blut und Tranen die in Treblinka geflossen sind geht allein auf sein Konto Bei der Partisanenbekampfung BearbeitenNach Auflosung des Vernichtungslagers Treblinka kam SS Untersturmfuhrer Franz als Ausbilder zur Landesschutzschule Triest und anschliessend nach Gorz wo er eine neue derartige Schule einrichten sollte Franz wurde Ende 1944 bei der Partisanenbekampfung verwundet und nach seiner Genesung als Sicherheitsoffizier fur die Bahnlinie Gorz Triest verwendet Nach dem Krieg und Verurteilung BearbeitenNach Kriegsende setzte er sich zu seiner ins thuringische Arnstadt evakuierten Frau ab Aus der amerikanischen Gefangenschaft konnte er fliehen und nach Dusseldorf zuruckkehren Dort meldete er sich am 26 Juni 1945 mit seinem richtigen Namen beim Arbeitsamt an Bis Ende 1948 war er als Bruckenbauarbeiter tatig Von 1949 bis zu seiner Verhaftung an seinem Wohnort Dusseldorf am 2 Dezember 1959 arbeitete er wieder als Koch 1 Im Treblinka Prozess wurde Franz vom Landgericht Dusseldorf mit Urteil vom 3 September 1965 Az 8 I Ks 2 64 wegen gemeinschaftlichen Mordes an mindestens 300 000 Personen wegen Mordes in 35 Fallen an mindestens 139 Personen und wegen versuchten Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt Das Gericht legte ihm bei den Strafzumessungserwagungen eine nahezu satanische Grausamkeit ausserordentlich grosse verbrecherische Energie und Unbarmherzigkeit gegenuber den Opfern zur Last Wegen seines Alters und aus gesundheitlichen Grunden wurde Franz Mitte 1993 entlassen nachdem er bereits seit Ende der siebziger Jahre Freiganger war Er lebte mit seiner Frau in Ratingen und starb am 4 Juli 1998 in einem Altersheim in Wuppertal 2 In seinem Dokumentarfilm Der Judenmord Deutsche und Osterreicher berichten von 1998 3 gelang es dem belgischen Filmemacher Michel Alexandre den damaligen Freiganger Kurt Franz in der JVA Remscheid Luttringhausen vor der Kamera zu seiner Zeit im Vernichtungslager Treblinka zu befragen 4 Im begleitend dazu erschienenen Buch wurde das im Film gefuhrte Interview mit Franz ebenfalls vollstandig abgedruckt 5 Bekannt geworden ist das private Fotoalbum von Franz welches bei einer Wohnungsdurchsuchung im Zuge seiner Verhaftung 1959 sichergestellt wurde 4 Franz hatte es sich entgegen dem offiziellen Verbot uber seine Zeit bei der Aktion Reinhardt und in Triest angelegt und auf einer Seite mit Schone Zeiten betitelt 6 Literatur BearbeitenMichel Alexandre Der Judenmord Deutsche und Osterreicher berichten Koln 1998 ISBN 3 8025 2610 4 Ernst Klee Willi Dressen Volker Riess Schone Zeiten Frankfurt a M 1988 ISBN 3 10 039304 X Ernst Klee Was sie taten Was sie wurden Frankfurt a M 1986 ISBN 3 596 24364 5 Volker Riess 20 Jahre nach Schone Zeiten Ein Ruckblick mit Bildern In Mitteilungen des Bundesarchivs Jg 16 2008 Heft 3 S 103 111 PDF 35 8 MB Irene Sagel Grande Adelheid L Ruter Ehlermann H H Fuchs C F Ruter Massenvernichtungsverbrechen in Lagern Verfahrensgegenstand Vergasung von mindestens 700 000 uberwiegend judischer Manner Frauen und Kinder sowie in der Minderzahl auch von Zigeunern Todliche Misshandlung Erschiessung Erschlagung und Erhangung einzelner Haftlinge sowie Zerfleischung durch Barry den Hund des Lagerkommandanten Gerichtsentscheidungen LG Dusseldorf 650903 und BGH 700630 In Justiz und NS Verbrechen Sammlung deutscher Strafurteile wegen nationalsozialistischer Totungsverbrechen 1945 1966 Bd XXII Nr 596 University Press Amsterdam 1981 S 1 238 Weblinks BearbeitenDie Franz Foto Story In deathcamps org Belzec Perpetrators An overview of the German and Austrian SS and Police Staff In deathcamps org englisch Christfried Togel Bahnstation Treblinka Zum Schicksal von Sigmund Freuds Schwester Rosa Graf In freud biographik deEinzelnachweise Bearbeiten Samuel Willenberg Treblinka Treblinka Lager Revolte Flucht Warschauer Aufstand S 217 Anmerk 8 Hamburg Munster Unrast 2009 ISBN 9783897718203 Torsten Thissen Der vergessene Prozess um Treblinka In Rheinische Post 18 Oktober 2014 S D7 Der Judenmord Deutsche und Osterreicher berichten In Lexikon des internationalen Films Filmdienst abgerufen am 9 Februar 2018 a b Kurt Franz aus Ratingen Letzter Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka Abgerufen am 9 Februar 2018 Michel Alexandre Der Judenmord Deutsche und Osterreicher berichten Egmont VGS Koln 1998 ISBN 3 8025 2610 4 S 138 143 Volker Riess 20 Jahre nach Schone Zeiten Ein Ruckblick mit Bildern In Mitteilungen des Bundesarchivs Jg 16 2008 Heft 3 S 103 111 PDF 35 8 MB Normdaten Person GND 189532580 lobid OGND AKS VIAF 220699269 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Franz KurtALTERNATIVNAMEN Franz Kurt HubertKURZBESCHREIBUNG letzter Kommandant des Vernichtungslagers TreblinkaGEBURTSDATUM 17 Januar 1914GEBURTSORT DusseldorfSTERBEDATUM 4 Juli 1998STERBEORT Wuppertal Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kurt Franz SS Mitglied amp oldid 232494013