www.wikidata.de-de.nina.az
Die Kruger Depesche war ein 1896 von Kaiser Wilhelm II versandtes Telegramm an Paulus Kruger den Prasidenten der Sudafrikanischen Republik auf dem Boden des heutigen Transvaal dem er darin zum Sieg uber eine Gruppe Freischarler gratulierte die in britischem Interesse Transvaal angegriffen hatten Stephanus Johannes Paulus KrugerWilhelm II 1902 Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte 2 Die Kruger Depesche 2 1 Entstehung 2 2 Wortlaut 2 3 Reaktionen 3 Bewertung 4 Literatur 5 Anmerkungen 6 EinzelnachweiseVorgeschichte BearbeitenMit der Pretoria Convention erhielten die Buren 1881 zunachst Selbstverwaltung unter britischer Kontrolle 1884 bekam die Sudafrikanische Republik ihre Unabhangigkeit weitgehend zuruck die Zustandigkeit fur auswartige Beziehungen verblieb allerdings bei Grossbritannien 1 Aufgrund des Rohstoffreichtums des Landes der Plane von Cecil Rhodes fur die Expansion seines Wirtschaftsimperiums und eine durchgehende Landverbindung zwischen Nord und Sudafrika Kap Kairo Plan strebte dieser an die Sudafrikanische Republik ins Britische Weltreich zu vereinnahmen Entweder politisch auf gleicher Linie liegend oder sogar direkt von Cecil Rhodes angestiftet fuhrte der in der Kapkolonie tatige Politiker Leander Starr Jameson 1895 einen bewaffneten Uberfall auf die Burenrepublik Transvaal durch der das Ziel hatte das Land zu annektieren Jameson Raid Transvaal vereitelte diesen Plan Grossbritannien distanzierte sich offiziell von der Aktion Der britische Kolonialminister Joseph Chamberlain forderte am 30 Dezember 1895 die Bestrafung der britischen Offiziere die an dem Einfall teilgenommen hatten Der deutsche Botschafter in London Paul Graf von Hatzfeldt hatte eine Unterredung mit dem britischen Premierminister Salisbury Dabei kam Hatzfeldt zu der Uberzeugung dass die Distanzierung der britischen Regierung ernst gemeint war Die Kruger Depesche Bearbeiten nbsp Adolf Marschall von BiebersteinEntstehung Bearbeiten 1884 hatte das Deutsche Reich das spatere Sudwestafrika heute Namibia zum kolonialen Schutzgebiet erklart und war durch diesen Schritt politisch zum aktiven Mitspieler im sudlichen Afrika geworden Bereits anlasslich eines Festessens des Deutschen Klubs zum Kaisergeburtstag im Januar 1895 hatte der deutsche Generalkonsul in Pretoria Franz von Herff dem anwesenden Prasidenten Kruger versichert dass das Schicksal Transvaals dem Deutschen Reich nicht gleichgultig sei Kruger erklarte daraufhin sicher zu sein dass das Deutsche Reich Grossbritannien davon abhalten werde auf seinem Land herumzutrampeln Dies fuhrte zu ernsten diplomatischen Auseinandersetzungen zwischen dem britischen Botschafter in Berlin Sir Edward Malet und dem deutschen Staatssekretar des Ausseren Marschall Die britische Regierung bestand darauf dass Transvaal ohne ihre Zustimmung keine Bundnisse mit anderen Staaten eingehen durfe 2 Nach dem Sieg Transvaals uber die Freischarler von Jameson hatte Wilhelm II die Idee Transvaal in ein deutsches Protektorat umzuwandeln Anm 1 Er ware dabei auf direkten Kollisionskurs mit Grossbritannien gegangen bildete sich aber ein einen dann eventuell ausbrechenden Krieg auf einen Landkrieg beschranken zu konnen 3 nbsp Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst nbsp Paul KayserUber die Idee des Kaisers wurde in einer Konferenz am 3 Januar 1896 gesprochen an der neben dem Kaiser der Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst der Staatssekretar im Auswartigen Amt Aussenminister Adolf Marschall von Bieberstein der Staatssekretar des Reichsmarineamtes Friedrich von Hollmann der Chef des Marinekabinetts Gustav von Senden Bibran sowie der kommandierende Admiral Eduard von Knorr teilnahmen Uber den Verlauf der Beratungen gibt es unterschiedliche Darstellungen der Beteiligten 3 Um die wirren Ideen des Kaisers abzufedern schlug Adolf Marschall von Bieberstein vor ein Gluckwunschtelegramm des Kaisers an den Prasidenten von Transvaal zu dem Sieg uber Jameson zu versenden Die weitere Idee des Kaisers ein Kriegsschiff nach Sudafrika zu schicken konnten die anderen Beteiligten der Besprechung darauf zuruckschrauben dass Oberst Friedrich von Schele als Privatmann nach Sudafrika reiste um die Situation zu erkunden 4 Mit dem Entwurf des Telegramms wurde der Ministerialbeamte Paul Kayser beauftragt die Endredaktion nahm Adolf Marschall von Bieberstein vor Wortlaut Bearbeiten Noch am gleichen Tag sandte Kaiser Wilhelm II dem Prasidenten von Transvaal das Gluckwunschtelegramm mit folgendem Wortlaut Ich spreche Ihnen Meinen aufrichtigen Gluckwunsch aus dass es Ihnen ohne an die Hulfe befreundeter Machte zu appellieren mit Ihrem Volke gelungen ist in eigener Tatkraft gegenuber den bewaffneten Scharen welche als Friedensstorer in Ihr Land eingebrochen sind den Frieden wiederherzustellen und die Unabhangigkeit des Landes gegen Angriffe von aussen zu wahren 1 Der Text wurde nahezu zeitgleich der Presse zur Verfugung gestellt darunter den Nachrichtenagenturen Reuters und Wolffs Telegraphischem Bureau 5 Am Text fallt unter anderem auf dass die Passage die Unabhangigkeit des Landes gegen Angriffe von aussen zu wahren dem Staat Transvaal eine Unabhangigkeit unterstellt die er durch seine Einschrankung in aussenpolitischen Angelegenheiten rechtlich so nicht besass Damit stellt das Telegramm auch einen Angriff auf britische Rechte dar Reaktionen Bearbeiten Die konservative deutsche Presse stimmte dem Telegramm einhellig zu Die linksliberalen und linken Zeitungen wiesen dagegen auf das Konfliktpotential mit Grossbritannien hin das durch das Telegramm mobilisiert wurde Die Reaktion in Grossbritannien war sehr negativ Die Presse kritisierte das Telegramm scharf Uber mehrere Tage brachten die Zeitungen gehassige Angriffe gegen den Kaiser Die First Royal Dragoons deren Ehrenoberst er war hangten zeitweise sein Portrat im Kasino mit dem Gesicht zur Wand auf 6 Kaiser Wilhelms II Grossmutter Konigin Victoria teilte ihm ihren Kummer amp Erstaunen uber das Telegramm mit Auch der Furst von Wales und der Herzog von York ausserten gegenuber einer deutschen Delegation dass sie das Telegramm als eine Beleidigung ansahen noch dazu durch einen Verwandten und englischen Admiral der Wilhelm II schliesslich war 7 Aber in der Parlamentsdebatte zu Transvaal spielte es keine Rolle 8 Die mittel und langfristige Wirkung des Telegramms auf das deutsch britische Verhaltnis ist umstritten 9 Als Reaktion auf die Kruger Depesche loste Grossbritannien schliesslich die Mittelmeerentente auf die aber ohnehin kaum noch Bedeutung hatte Die Kruger Depesche mutierte so in erster Linie zu einem Konfliktstoff zwischen konservativem und linkem Lager in Deutschland Ohne die internen Gegebenheiten zu kennen erschien das Telegramm in der Offentlichkeit als aussenpolitisch nur unprofessionell Der eigentliche Veranlasser im Hintergrund Kaiser Wilhelm II versuchte sich deshalb spater in seinen Memoiren reinzuwaschen Er betonte dass er gegen die Absendung der Depesche wegen der negativen Folgen fur das Verhaltnis mit Grossbritannien gewesen sei dass er aber vom Kanzler Hohenlohe dazu zwingend uberredet worden sei 10 Diese spate Darstellung ist gegenuber den vorliegenden unmittelbar nach der Beratung am 3 Januar 1896 aufgezeichneten Tagebucheintragen von Adolf Marschall von Bieberstein und Chlodwig zu Hohenlohe Schillingsfurst 11 nicht sehr glaubhaft Hohenlohe Schillingsfurst resumiert Nicht Uberlegung sondern kaiserliche Laune war das treibende Element 12 Es gibt aber auch die Ansicht dass Adolf Marschall von Bieberstein das Telegramm als Instrument sah seine bedrohte Stellung zu festigen indem er dem Kaiser eine grandios wirkende offentliche Geste ermoglichte 13 Kaiser Wilhelm II selbst schrieb in einem Brief an Konigin Victoria vom 8 Januar 1896 dass das Telegramm nie als ein Schritt gegen England und die Regierung gedacht war sondern sich gegen die Filibustiers und Rebellen gerichtet habe die Transvaal angegriffen hatten Wilhelm fuhrte die Grunde fur das Telegramm auf Erstens sei es im Namen des Friedens der plotzlich gebrochen worden war entstanden zweitens fur die Deutschen in Transvaal und die Bondhalter zuhause die 250 300 Millionen Mark in das Land investiert hatten Ein Kanonenboot hatte nur in Delagoa landen sollen falls Strassenkampfe und Brandstiftung ausgebrochen waren sowie um das deutsche Konsulat zu verteidigen 14 Als es vier Jahre spater zum Zweiten Burenkrieg kam verfolgte Deutschland eine sehr zuruckhaltende Politik Eine Intervention zugunsten der Gegner des Britischen Weltreiches wurde ernsthaft nicht mehr erwogen Bewertung BearbeitenDie Kruger Depesche wertet Hoser als Teil einer dilettantischen Politik der Grossspurigkeit die auch durch Wilhelm II reprasentiert wurde und eine der Ursachen war weshalb sich das deutsch britische Verhaltnis in den auf das Telegramm folgenden Jahren zunehmend verschlechterte 15 Literatur BearbeitenPaul Hoser Die Krugerdepesche 1896 In Jurgen Zimmerer Hrsg Kein Platz an der Sonne Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte Frankfurt 2013 ISBN 978 3 593 39811 2 S 150 163 Mit umfangreicher Bibliographie Johannes Lepsius u a Die grosse Politik der Europaischen Kabinette 1871 1914 Bd 11 Die Krugerdepresche und das europaische Bundessisystem 1896 darin S 1 65 Kap LXIII Die Krugerdepesche und ihre Ruckwirkung auf das Deutsch Englische Verhaltnis 1896 Berlin 1923 John C G Rohl Wilhelm II Band 2 Der Aufbau der Personlichen Monarchie 1888 1900 C H Beck Munchen 2001 ISBN 3 406 48229 5 S 871 882 Anmerkungen Bearbeiten Adolf Marschall von Bieberstein vermerkt in seinem Tagebuch dazu S eine M ajestat entwickelt etwas wunderbare Plane Einzelnachweise Bearbeiten a b Hoser Krugerdepesche S 150 John C G Rohl Wilhelm II Der Aufbau der Personlichen Monarchie 1888 1900 2001 ISBN 3 406 48229 5 S 868 a b Hoser Krugerdepesche S 152 Hoser Krugerdepesche S 153 Hoser Krugerdepesche S 157 John C G Rohl Wilhelm II Der Aufbau der Personlichen Monarchie 1888 1900 2001 ISBN 3 406 48229 5 S 876 John C G Rohl Wilhelm II Der Aufbau der Personlichen Monarchie 1888 1900 2001 ISBN 3 406 48229 5 S 880 Hoser Krugerdepesche S 157 ff Hoser Krugerdepesche S 158 ff Kaiser Wilhelm II Ereignisse und Gestalten aus den Jahren 1878 1918 Verlag von K F Koehler Leipzig und Berlin 1922 Auszugsweise zitiert bei Hoser Krugerdepesche S 152 Norman Rich u H Fisher Die Geheimen Papiere Friedrich von Holstein 1 Gottingen 1956 S 161 ff Hoser Krugerdepesche S 156 John C G Rohl Wilhelm II Band 2 Der Aufbau der Personlichen Monarchie 1888 1900 2001 ISBN 3 406 48229 5 S 881 882 Hoser Krugerdepesche S 160 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kruger Depesche amp oldid 236820135