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Kopplung bezeichnet in der Organisationstheorie die Eigenschaft von Systemen auf andere Systeme Einfluss zu nehmen In der Organisationstheorie wurde der Begriff durch Karl E Weick auf Grundlage der Arbeiten von James G March und anderen eingefuhrt 1 2 Weick ist ein Vertreter des systemtheoretischen Erklarungsmodells von Organisationen und betrachtet Organisationen nicht als monolithische Blocke deren Teile allesamt gleich waren 3 vielmehr musse der Zusammenhalt zwischen den fragmentierten Teilen der Organisation durch gewisse Wechselwirkungen erklart werden Fur Weick unterscheiden sich diese Wechselwirkungen wiederum in ihrer jeweiligen Variabilitat und in ihren Dimensionen Eine lose Kopplung loose coupling liegt nach Weick vor wenn zwei getrennte Systeme entweder nur wenige Variablen gemein haben oder ihre gemeinsamen Variablen im Vergleich mit anderen das System beeinflussenden Variablen schwach sind Zwei Systeme die durch wenige oder schwache gemeinsame Variablen verbunden sind werden als lose gekoppelt bezeichnet 4 Diese Idee der losen und festen Kopplung von Weick darf keinesfalls verwechselt werden mit der strukturellen Kopplung in der Theorie sozialer Systeme von Niklas Luhmann Dort konnen Systeme ausdrucklich nur interne strukturdeterminierte Irritationen als Informationen verarbeiten und es ist unmoglich dass ein System seine Umwelt in keiner Weise ursachlich beeinflusst Nach Weick geschehen Einflusse bei loser Kopplung plotzlich im Gegensatz zu gleichmassig hin und wieder im Gegensatz zu standig vernachlassigbar im Gegensatz zu wesentlich indirekt im Gegensatz zu direkt und irgendwann im Gegensatz zu sofort 5 Dadurch bleiben in lose gekoppelten Systemen auftretende Storungen eher begrenzt 6 In stark gekoppelten Systemen hingegen konnen Storungen weitreichende Wirkungen erzielen die dann aber auch schneller wahrgenommen werden Wenn beispielsweise in einem Einzelhandelsbetrieb die Verkaufszahlen zuruckgehen wird dies in der Absatzplanung eher wahrgenommen als in der Produktion Die Personalabteilung hingegen wird dies erst wahrnehmen wenn die Belegschaftsstarke verandert werden muss Die Art der Kopplung beschreibt Weick als Ergebnis der Wechselwirkung von Umwelt und Subsystem Je regulierter und vorhersehbarer diese Umwelt ist desto starker wird die Kopplung zwischen solchen Subsystemen sein Je unvorhersehbarer die Umwelt ist und je breiter die Reaktionsspielraume der Systeme sind desto loser sind diese miteinander gekoppelt Umgekehrt werden stark gekoppelte Systeme im Gegensatz zu den lose gekoppelten Veranderungen nur sehr schlecht weiterleiten Die Ursache liegt in der geringen Variabilitat der Verbindungen die schnell zu stereotypen Ergebnissen fuhrt siehe Ashbysches Gesetz Qualifizierung von Kopplungen BearbeitenWeick nennt vier Hauptfaktoren die Einfluss auf die Starke von Kopplungen nehmen 3 VorschriftenVorschriften Regeln Anweisungen usw unterscheiden sich in Wichtigkeit Anzahl Moglichkeiten zur Abweichung und Klarheit Kopplungen werden starker wenn sich diese vier Faktoren verstarken wenn die Vorschrift also beispielsweise sehr wichtig ist Akzeptanz von VorschriftenJe mehr Ubereinstimmung uber den Inhalt von Vorschriften Verletzung von Vorschriften und Folgen einer Verletzung vorliegt umso starker wird die Kopplung sein Hier spielen kulturelle Faktoren auf der Ebene der Organisation Organisationskultur aber auch auf der Ebene der Gesellschaft eine Rolle FeedbackJe schneller die Folgen einer Handlung ruckvermittelt werden umso starker ist die Kopplung AufmerksamkeitJe mehr Aufmerksamkeit einer Kopplung geschenkt wird umso starker wird sie Verandert sich die Aufmerksamkeit beispielsweise weil wichtigere Dinge beachtet werden mussen wird die Variabilitat wieder ansteigen und die Kopplung wird schwacher Diese vier Aspekte sind freilich nicht als abschliessende Zusammenstellung zu verstehen Auch wenn weitere Faktoren hinzugefugt werden wird schnell klar dass keine Organisation vollstandig lose oder stark gekoppelt ist 3 Die meisten Organisationen lassen sich als Mischungen von losen und starken Kopplungen charakterisieren Dementsprechend kann man in Organisationen zwar durchaus von Ordnung sprechen diese ist aber erheblich weniger durchgangig oder allumfassend als es konventionelle Burokratiemodelle beispielsweise der Kulturtypologie nach Deal und Kennedy 7 oder die Burokratieformen der Aston Gruppe 1 erscheinen lassen Daruber hinaus variieren die Kopplungen in einem System mit der Zeit und die Kopplung ist weniger eine prazise Beschreibung eines Systemzustands als eine Art und Weise uber die Beziehungen innerhalb einer Organisation oder der Organisation selbst nachzudenken Auswirkungen und Beispiele BearbeitenSchwaches Koppeln erhoht die Ambiguitat Mehrdeutigkeit in Systemen Vorschau und Planung prevoir Organisation organiser Leitung commander Koordination coordonner und Kontrolle controler die Management Funktionen nach Henri Fayol 8 werden erschwert Andererseits ermoglicht es Losungen zu finden Aus diesen Grunden scheuen Organisationen Ambiguitat 3 Daraus folgt auch dass Delegation Selbstbestimmung und Differenzierung in Teams keine attraktiven Alternativstrategien darstellen da all diese Methoden die Variabilitat von Kopplungen und damit die Ambiguitat fordern 3 Allerdings ware es falsch zu glauben dass man die Ambiguitat beseitigen konne Systeme sind ohne Ambiguitat nicht denkbar Damit wird Ambiguitat zu einer Ursache fur viele Dinge die in Organisationen geschehen Ein Beispiel fur solche Effekte wird als aberglaubiges Lernen bezeichnet 9 Nach Hedberg ubersteigen komplizierte Interaktionen zwischen Organisationen und ihrer Umwelt die menschlichen kognitiven Fahigkeiten so dass falsche Schlusse gezogen werden Werden diese Schlussfolgerungen in den Strukturen bewahrt dem Organisationsgedachtnis dann findet zwar organisatorisches Lernen statt aber es ist aberglaubig weil es eine Ursache Wirkungs Beziehung abbildet die in der Realitat keinen Bestand hat Solche Prozesse verzogern echtes Lernen weil nun erst eine falsch gespeicherte Information durch inkrementelle Anpassungen korrigiert werden muss Quellen Bearbeiten a b Derek S Pugh David J Hickson Writers on Organizations 5 Auflage Penguin Books London 1996 ISBN 0 14 025023 9 S 124 129 Weick selbst nennt als Quelle der Idee den Neurologen Robert B Glassman Persistence and loose coupling in living systems In Behavioral Science 18 1973 S 83 98 Dieser wiederum beruft sich auf W Ross Ashbys theoretische Vorarbeiten a b c d e Karl E Weick Sources of order in Underorganized Systems Themes in Recend Organizational Theory In Karl E Weick Hrsg Making Sense of the organization University of Michigan Blackwell Publishing Malden MA 2001 ISBN 0 631 22317 7 S 32 57 Karl E Weick Der Prozess des Organisierens Suhrkamp Frankfurt am Main 1985 ISBN 3 518 06039 2 S 163 Teresa L Thompson Encyclopedia of Health Communication Sage Reference 2014 ISBN 978 1 4522 5875 1 S 781 Karl E Weick Der Prozess des Organisierens suhrkamp Taschenbucher Wissenschaft 1194 2007 ISBN 978 3 518 28794 1 Terrence E Deal Allan A Kennedy Corporate Cultures Perseus 2000 Henri Fayol General and Industrial Management Pitman London 1949 B Hedberg How organizations learn and unlearn In P C Nystrom William H Starbuck Hrsg Handbook of organizational design Vol 1 Oxford University Press New York 1981 ISBN 0 19 827241 3 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kopplung Organisationstheorie amp oldid 230601302