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Mit fortschreitender Reformation und der erkennbaren Unmoglichkeit den zwischen der rom kath Kirche und den Protestanten manifest gewordenen Riss zu ignorieren oder gar ruckgangig zu machen wuchs im 16 Jahrhundert auf beiden Seiten die Gesprachsbereitschaft Einen ersten Schritt hatte unter dem Einfluss des Erasmus von Rotterdam Papst Hadrian VI bereits 1523 mit einem klaren Bekenntnis zur Mitverantwortung der katholischen Kirche an der Reformation getan In diesem Sinne ist die auf dem Reichstag zu Augsburg 1530 von den Protestanten unter Federfuhrung Philipp Melanchthons vorgelegte Confessio Augustana als weitgehende Bereitschaft zu theologischen Konzessionen auf der Grundlage einer simplicitas vitae christianae Einfachheit des christlichen Lebens zu lesen Von diesem Zeitpunkt an ist der stark von Erasmus beeinflusste romisch katholisch orientierte Humanismus der eigentliche Motor der Einigungsbestrebungen an denen auf protestantischer Seite v a Melanchthon und Martin Bucer beteiligt waren Religionsgesprache Leipzig 1534 und 1539 Hagenau und Worms 1540 Auf dem Regensburger Reichstag erzielten Melanchthon und Gasparo Contarini weitgehende dogmatische Einigung v a in der Rechtfertigungslehre denen aber sowohl Martin Luther wie Rom wegen der noch offenen Fragen in der Lehre von der Kirche und der Transsubstantiation ihre zustimmende Bestatigung versagten Die im 17 Jahrhundert zunehmende Verfestigung der protestantischen Kirchen in lutherische und reformierte die durch das Tridentinum gestarkte romisch katholische Kirche und der Druck der Gegenreformation bewirkten auf der anderen Seite auch eine in allen Lagern zunehmende Gesprachsbereitschaft Die bereits von Bucer vorbereitete Differenzierung in articuli fundamentales et non fundamentales bereitete dafur den Boden ebenso vor wie die Ruckbesinnung auf die den drei grossen Konfessionen weitgehend gemeinsame Anerkennung der christlichen Tradition der ersten Jahrhunderte von Georg Calixt in den Versuch umgesetzt auf der Grundlage des Apostolikums und der kirchlichen Lehrentscheidungen der ersten Jahrhunderte consensus quinquesaecularis eine kirchliche Einheit herbeizufuhren die die fundamental wesentlichen christlichen Wahrheiten umfasste die Calixt von den spateren nicht fundamentalen Glaubensartikeln unterschied Auf protestantischer Seite fuhrte dieser Versuch zu dem Jahrzehnte andauernden synkretistischen Streit war aber auch fur Rom nach der grundlegenden Entscheidung des Tridentinums in der Frage der kirchlichen Tradition vollig unakzeptabel Mehrfach hat der Kleriker Cristobal de Royas y Spinola mit zeitweiliger Unterstutzung des Kaisers und indirekt auch des Papstes nach 1673 deutsche Furstenhofe besucht und Verhandlungen zu einer Wiedervereinigung der Kirchen unter gewissen Zugestandnissen der katholischen Kirche gefuhrt Erfolglos wie dieser Versuch blieb auch das breit angelegte Bemuhen von Gottfried Wilhelm Leibniz dem Calixt Schuler Gerhard Wolter Molanus und auf katholischer Seite J B Bossuet und Spinola im sogenannten Reunionsbriefwechsel und in langwierigen Verhandlungen von 1683 bis 1702 dogmatische und v a praktische Einigung zu erzielen Letztendlich scheiterte der Versuch an der romisch katholischen Forderung das Tridentinum als orthodox anzuerkennen Abseits der grossen Kirchen sind besonders zu nennen die pietistisch gepragten philadelphischen Sozietaten als uberkonfessionell allein am wahren Glauben orientierte Gruppierung Daneben insbesondere die der Aufklarung nahestehende Bewegung des Sozinianismus und ihre Dogmatikverachtung Sie beinhaltete nahezu selbstverstandlich den Toleranzgedanken wenn auch auf Ebene des allein personlich zu verantwortenden Bekenntnisses insistierte daneben aber beharrlich auf der Idee der Wiedervereinigung aller Christen Im weiteren 18 Jahrhundert schuf die Uberwindung des Konfessionalismus durch die aufklarerisch orientierte Theologie und den Pietismus prinzipiell gute Voraussetzungen fur kirchliche Einigungsbestrebungen die allerdings mit der zunehmenden Tendenz zur Sakularisierung und dem damit verbundenen Bedeutungsverlust der Kirchen insgesamt zugleich erschwert wurden Eine Ausnahme davon bildete die katholische Reformbewegung des Febronianismus mit ihren anti romischen eher nationalkirchlich orientierten Zielen die freilich auf protestantischer Seite vgl die Ablehnung durch den im Ubrigen theologisch eher seichten Vertreter der Neologie Karl Friedrich Bahrdt kein nennenswerter Echo hervorrief und so fur einige Jahrzehnte ein innerkatholisches Problem blieb Das beginnende 19 Jahrhundert sieht noch einmal einen umfangreichen literarischen aber schon zu seiner Zeit nicht mehr wirklich zur Kenntnis genommenen Versuch katholischer und protestantischer Verstandigung in dem Briefwechsel zwischen Johann Anton Sulzer Wahrheit in Liebe in Briefen uber Katholicismus und Protestantismus Konstanz Freiburg 1810 und Johann Heinrich Jung Stilling Antwort durch Wahrheit in Liebe Nurnberg 1811 Auf der Tagesordnung der Zeit stehen nun die Fragen der innerprotestantischen Einigung beginnend mit der altpreussischen Union und zunehmend die Okumenische Bewegung Literatur in Auswahl BearbeitenC W Hering Gesch der kirchl Unionsversuche seit der Reformation bis auf unsere Zeit 2 Bde 1836 R Stupperich Der Humanismus u die Wiedervereinigung der Konfessionen 1936 E Benz Leibniz u die Wiedervereinigung der christl Kirchen ZRGG 2 1949 50 97 113 M Geiger Die Unionsbestrebungen der schweiz ev Theol unter Fuhrung des helvet Triumvirates ThZ 9 1953 117 136 R Rouse S C Neill A History of the Ecumenical Movement 1517 1948 London 1954 Karin Masser Christobal de Gentil de Rojas y Spinola O F M und der lutherische Abt Gerardus Wolterius Molanus Munster 2002 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kirchliche Einigungsbestrebungen amp oldid 204900738