www.wikidata.de-de.nina.az
Febronianismus bezeichnet eine aufklarerisch orientierte innerkatholische Reformbewegung der zweiten Halfte des 18 Jahrhunderts Inhaltsverzeichnis 1 Kirchengeschichtliche Einordnung 2 Ziele 3 Wirkungsgeschichte 4 LiteraturKirchengeschichtliche Einordnung BearbeitenDer Begriff verdankt seinen Namen dem von dem Trierer Weihbischof Johann Nikolaus von Hontheim 1701 1790 unter dem Pseudonym Justinus Febronius veroffentlichten Werk De statu ecclesiae et legitima potestate Romani Pontificis insgesamt 5 Bde 1763 1773 Bd I II 1763 Die erste deutsche Ubersetzung erschien 1764 unter dem vollstandigen Titel Buch von dem Zustand der Kirche und der rechtmassigen Gewalt des romischen Papstes die in der Religion widrig gesinnten Christen zu vereinen Das Werk geht zuruck auf den Auftrag an Hontheim anlasslich der Kaiserwahl Karls VII 1742 die Gravamina der deutschen Nation wider den romischen Hof die schon aus dem 15 Jahrhundert stammenden Beschwerden der deutschen Reichskirche gegen Rom zusammenzustellen vgl dazu auch Emser Kongress 1786 Die baldige Indizierung des Buches durch Papst Clemens XIII 17 Februar 1764 konnte die Wirksamkeit der Schrift bis weit in das 19 Jahrhundert hinein und die ihm folgende umfangreiche Auseinandersetzung in nahezu ganz Europa nicht verhindern Hontheim selbst leistete 1778 auf massiven Druck hin einen formlichen Widerruf Auch Kaiser Joseph II lehnte die Schrift des Febronius ab da deren reichskirchliche Tendenzen im Widerspruch zu den territorial staatskirchlichen Ansichten standen Historisch ist der Febronianismus in der Tradition des Episkopalismus und verschiedener spatmittelalterlicher Reformkonzile und diverser Widerstandsbewegungen gegen den wachsenden papstlichen Zentralismus zu sehen Starke Einflusse auf den Febronianismus hat der Gallikanismus im Blick auf die staatskirchlichen Tendenzen aber auch der Jansenismus in seiner Opposition gegen den Primat des Papstes Ziele BearbeitenInhaltlich lasst sich eine dreifache Zielsetzung des Febronianismus ausmachen 1 Der Febronianismus kann geradezu als Frontalangriff auf die Institution des Papsttums und seinen Anspruch auf den Jurisdiktionsprimat verstanden werden Die Schlusselgewalt kommt demnach der Gesamtkirche zu die sie auf die Bischofe ubertragt Oberste Instanz kirchlicher Gesetzgebung und Jurisdiktion ist das allgemeine Konzil Es bedarf weder der Berufung noch der Bestatigung durch den Papst Die Bischofe sind die eigentlichen Trager der kirchlichen Gewalt Der Papst hat weder gesamtkirchliche Jurisdiktionsgewalt noch das Recht auf Ernennung der Bischofe Er hat die Selbstandigkeit der bischoflichen Jurisdiktion zu schutzen und in Glaubensstreitigkeiten zu entscheiden es verbleiben ihm also allenfalls einigende und ordnende Aufgaben Der papstliche Primat wird so faktisch reduziert zum Ehrenprimat centrum unitatis ecclesiae 2 Die Starkung der Stellung der Bischofe gegenuber Rom impliziert den Versuch den weltlichen Landesherrn zur Verwirklichung von Reformanliegen grossere Rechte innerhalb der Kirche einzuraumen dies insbesondere im Blick auf die ausgedehnten Vorrechte des katholischen Adels in den Domkapiteln aber auch etwa in dem angestrebten Appellationsrecht der Bischofe appellatio ab abusu an die weltliche Gewalt 3 Schliesslich aber nicht zuletzt galt das Anliegen des Febronianismus auch der moglichen Wiedervereinigung der getrennten Kirchen Grossere Ferne von Rom Schritte zum Nationalkirchentum auch nach dem Vorbild der protestantischen Landeskirchen und kirchliche Reformen sollten diesen Weg ebnen freilich unter Vernachlassigung nahezu aller theologisch trennenden Fragen Wirkungsgeschichte BearbeitenErfolgreich ist der Febronianismus in keinem der drei Ziele gewesen Die Thesen zur Stellung des Papstes stiessen auf weitgehende Ablehnung des Episkopats der lieber der Jurisdiktion des Papstes als der der Metropoliten unterstellt sein wollte Was die Tendenzen zum Staatskirchentum betraf so hat der mit ihnen drohende Zerfall der romisch katholischen Kirche in einzelne Landeskirchen die Kirche im 18 Jahrhundert insgesamt zwar gefahrdet doch blieben auch sie nur Episode wie die Absicht einer moglichen Wiedervereinigung der Kirche trotz der weitgehenden Uberwindung des Konfessionalismus im 18 Jahrhundert Wirklich erfolgreich durfte aber der indirekte Beitrag des Febronianismus auf dem Weg zur beginnenden Sakularisation der geistlichen Furstentumer 1803 gewesen sein Literatur Bearbeitenin der Reihenfolge des Erscheinens Gustav Schnurer Katholische Kirche und Kultur im 18 Jahrhundert Schoningh Paderborn 1941 Hermann Petersen Febronianismus und Nationalkirche Diss Universitat Strassburg 1942 Volker Pitzer Justinus Febronius Das Ringen eines katholischen Irenikers um die Einheit der Kirche im Zeitalter der Aufklarung Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1971 ISBN 3 525 56522 4 Karl Otmar Freiherr von Aretin Vom Deutschen Reich zum Deutschen Bund Deutsche Geschichte Bd 7 Vandenhoeck amp Ruprecht Gottingen 1980 ISBN 3 525 33437 0 Christopher Spehr Aufklarung und Okumene Reunionsversuche zwischen Katholiken und Protestanten im deutschsprachigen Raum des spateren 18 Jahrhunderts Beitrage zur historischen Theologie Bd 132 Mohr Siebeck Tubingen 2005 ISBN 3 16 148576 9 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Febronianismus amp oldid 222288566