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Das Kaiser Wilhelm Volkshaus war ein nicht umgesetztes Bauprojekt in Lubeck Inhaltsverzeichnis 1 Stiftung durch Emil Possehl 2 Architektenwettbewerb 3 Architekturkontroverse 4 Ende des Projekts 5 Entwurfe 6 Quellen 7 EinzelnachweiseStiftung durch Emil Possehl BearbeitenNach dem Brand im Iroquois Theater in Chicago 1903 wurden neue Sicherheitsbestimmungen fur die deutschen Buhnen bindend Sie stellten den Fortbestand des 1858 errichteten Lubecker Theatergebaudes in Frage und fuhrten 1905 zu seinem Abriss Es stand zur Wahl das neue Theater an gleicher Stelle oder am Zollschuppenplatz vor dem Holstentor zu errichten Da eine Pattsituation herrschte forcierte Emil Possehl die Entscheidung im Dezember 1905 indem er anbot dem Staat die Kaufsumme fur die Grundstucke der Beckergrube zu stiften Das Geld stunde zum Jahreswechsel bereit Er begrundete dies damit dass er sich dort keinen Monumentalbau vorstellen konne sondern allenfalls eine Volkslesehalle 1 nbsp ZollschuppenDiese Idee griff Possehl 1913 im hundertsten Jahr nach dem Ende der Franzosischen Zeit wieder auf Der Unternehmer und Mazen teilte der Lubecker Burgerschaft am 24 Februar 1913 in einem Schreiben mit dass er der Stadt 800 000 Mark zu stiften beabsichtige Am 9 Marz 1913 veroffentlichten die Lubeckischen Blatter den Artikel 1813 1913 In diesem heisst es das Possehl der Stadtbevolkerung ein Kaiser Wilhelm Volkshaus schenke Vielerorts gedachte man dem Heldenkaiser mit einem Ehrenmal Auch in der Hansestadt war ein solches seit 1888 geplant und auf dem Markt wurde im Marz 1897 dessen Grundstein fur sein Reiterstandbild gelegt Die Fortfuhrung verzogerten Unstimmigkeiten Neben der Befurwortung des Denkmals 2 kamen eine etwaige Kaiser Wilhelm Dankeskirche 3 oder ein Kaiser Wilhelm Volkshaus 4 zur Sprache 1912 hatte der Senat Louis Tuaillon mit der Anfertigung eines Denkmals beauftragt Die Absicht hierbei war wie Possehl in seinem Schreiben ausfuhrte dem Bilde von Erz das uns an diesen Helden und Fursten erinnern soll ein in einem Monumentalbau verkorpertes geistiges Denkmal zur Seite zu stellen Dieses sollte jedoch nicht mehr auf dem Markt sondern neben einem Seitenschiff von St Jakobi aufgestellt werden Mit dem Volkshaus hatte Possehl die Standortfrage entschieden Die Gesellschaft zur Beforderung gemeinnutziger Tatigkeit wurdigte das soziale Engagement ihres langjahrigen Mitgliedes mit der Verleihung der Denkmunze in Gold 5 Vorgesehen war das Kaiser Wilhelm Volkshaus als der gesamten Bevolkerung zugangliche Kultur und Veranstaltungsstatte mit offentlicher Bibliothek Lesehalle Ausstellungsraumen und Vortragssaal sowie einem grossen und einem kleinen Theater und Konzertsaal Architektenwettbewerb BearbeitenFur die Gestaltung des Bauwerks wurde noch im Marz durch den Senat ein Architektenwettbewerb mit speziellem Reglement ausgeschrieben Hierbei erhielten vier Architekten ausdrucklich Einladungen Entwurfe einzureichen Peter Behrens Hermann Billing Max Littmann und Theodor Fischer Daruber hinaus war die Teilnahme nur Architekten moglich die entweder in Lubeck geboren waren dort schon erfolgreiche Projekte verwirklichen konnten und ihren Wohnsitz hatten 6 Als Einreichungsfrist wurde der 1 August 1913 festgelegt Nicht nur alle vier eingeladenen Architekten steuerten Entwurfe bei sondern auch der in Lubeck aufgewachsene und mittlerweile als Regierungsrat im preussischen Kultusministerium tatige Erich Blunck Er war Possehls personlicher Favorit und wurde spater auch das Grabmal des Unternehmers auf dem Burgtorfriedhof gestalten Insgesamt gingen bis zum August Entwurfe von 23 Architekten ein Die mit der Wettbewerbsausrichtung betraute Jury befurwortete den Vorschlag von Peter Behrens der einen Grossbau in moderner nach den Massstaben der Zeit schlichter Gestaltung vorsah Das ausschlaggebende Preisgericht jedoch dem Possehl selbst vorstand und dem daneben Karl Hinckeldeyn Ludwig Hoffmann Bruno Schmitz Johannes Baltzer Carl Muhlenpfordt und Karl Schaefer angehorten entschied am 7 Oktober zugunsten des traditionsorientierten Entwurfs von Erich Blunck der historistischen Prinzipien folgte und sich der Formensprache der Neugotik sowie der Backsteinbauweise bediente Auf Grundlage des Blunck schen Siegerbeitrags sollten alle weiteren Plane entwickelt werden Architekturkontroverse BearbeitenDie Entscheidung fuhrte in Lubeck und weit daruber hinaus zu einer heftigen Kontroverse die uber reine Stilfragen weit hinausging Wahrend die Entscheidung fur den Blunck Entwurf vielfach als Ausdruck ruckwartsgewandten antimoderenen Denkens interpretiert wurde stellten seine Befurworter den unterlegenen Behrens Entwurf als Verkorperung wurzelloser urbaner Beliebigkeit dar die keine Elemente nationaler regionaler oder historischer Grosse enthielt und der es an der fur ein derartiges Bauwerk erforderlichen Wurde mangelte Die Streitigkeiten zwischen beiden Lagern klangen im Verlauf der folgenden Monate nicht ab In der Zwischenzeit legte Baurat Muhlenpfordt anhand umfangreicher und detaillierter Untersuchungen dar dass der vorgesehene Standort nicht zu empfehlen war da die nach Norden gewandte Hauptfassade des Volkshauses standig im verdunkelnden Schatten liegen wurde und zudem der massive Baukorper durch seine Lage unvermeidlich den Raumeindruck negativ beeinflussen musste Senat und Burgerschaft folgten seiner dringenden Empfehlung den Standort an die Nordseite des Platzes zu verlegen so dass Blunck die Plane entsprechend anzupassen hatte Ende des Projekts Bearbeiten nbsp Reiterstandbild Wilhelms I einziges realiertes Element des Volkshaus ProjektsBei Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August 1914 waren die Arbeiten noch nicht uber Planungen hinaus fortgeschritten Aufgrund des Krieges wurde das Projekt zuruckgestellt aber nicht aufgegeben Blunck entwickelte seine Plane auch wahrend der kommenden Jahre weiter und im Sommer 1916 liess die Stadt Lubeck vor dem Holstentor Geruste errichten mit denen die Effekte der vorgesehenen Bauwerkshohe insbesondere auf die Wahrnehmung des Stadttors und auf die Gesamtwirkung des Bereichs praktisch ermittelt werden sollten Noch 1921 ging Baurat Friedrich Wilhelm Virck in einem Beitrag zum Buch Deutschlands Stadtebau Lubeck davon aus dass eine Umsetzung des Projekts in naher Zukunft erfolgen wurde Jedoch kam es nie zum Bau des Kaiser Wilhelm Volkshauses dessen Konzept dem Lubecker Senat in den 1920er Jahren nicht mehr zeitgemass schien Stattdessen wurden die verbliebenen Mittel aus Emil Possehls Schenkung 1926 mitverwendet um am ursprunglich vorgesehenen Standort des Volkshauses dem Gelande sudlich des Holstentorplatzes die von Virck entworfene Holstentorhalle zu errichten Das einzige Element des Kaiser Wilhelm Volkshauses das tatsachlich verwirklicht wurde ist das fur die Freiflache vor der Hauptfassade vorgesehene Reiterstandbild Wilhelms I das wegen des Krieges erst 1921 nach dem Tod des Bildhauers Louis Tuaillon fertiggestellt wurde 7 dessen Abnahme die Stadt Lubeck dann aber verweigerte und das daher in Privatbesitz von Siegfried Buchenau uberging 1934 kaufte die Stadt es seinen Erben ab und stellte es auf dem Lindenplatz auf wo es sich als alleiniges Uberbleibsel des Volkshaus Projekts bis heute befindet Entwurfe Bearbeiten nbsp Peter Behrens Vorentwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus nbsp Behrens Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus nbsp Erich Blunck Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Ansicht von Osten Noch fur die Sudseite des Platzes vorgesehener Ursprungsentwurf von 1913 nbsp Blunck Blick von Westen 1913 nbsp Blunck Portal des Ostflugels mit Kaiser Wilhelm Denkmal 1913 nbsp Blunck Erdgeschoss und 1 Obergeschoss 1913 nbsp Blunck Allgemeiner Lageplan 1913 nbsp Blunck Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Nordseite 1917 nbsp Blunck Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Ost und Westseite 1917 nbsp Blunck Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Grundriss des Erdgeschosses 1917 nbsp Blunck Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Grundriss des Obergeschosses 1917 nbsp Hermann Billing Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus nbsp Max Littmann Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus nbsp Littmann Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Blick von Osten nbsp Littmann Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Detail nbsp Littmann Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus nbsp Littmann Grundrisse nbsp Littmann Allgemeiner Lageplan nbsp Theodor Fischer Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Ansicht von Osten nbsp Fischer Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Ansicht von Westen nbsp Fischer Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Ansicht von Suden nbsp Fischer Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Gesamtplan nbsp Fischer Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Nordseite Fassade zum heutigen Holstentorplatz nbsp Fischer Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Westseite nbsp Fischer Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus Ostseite nbsp Fischer Entwurf fur das Kaiser Wilhelm Volkshaus SudseiteQuellen BearbeitenAxel Schildt Possehl Geschichte und Charakter einer Stiftung S 77 ff Haufe Lexware 2019 ISBN 3648133403 Gesellschaft zur Beforderung gemeinnutziger Tatigkeit Hg Lubeckische Blatter Nr 41 12 Oktober 1913 S 644 ff Gesellschaft zur Beforderung gemeinnutziger Tatigkeit Hg Lubeckische Blatter 56 Jahrgang 1914 S 135 S 137 S 138 S 156 S 174 S 176 S 178 S 194 S 818 Deutsche Bauzeitung 13 Dezember 1913 S 921 ff Deutsche Bauzeitung 17 Dezember 1913 S 935 ff Vaterstadtische Blatter 6 August 1916 S 185 ff Senat der Freien und Hansestadt Lubeck Hg Deutschlands Stadtebau Lubeck Deutscher Architektur und Industrieverlag 1921 S 39 41 Bauzeitung fur Wurttemberg Baden Hessen Elsass Lothringen 10 Jahrgang Nr 16 19 April 1913 S 126 127 Kunst und Kunstler Heft IV Januar 1914 S 232 f Kunst und Kunstler Heft V Februar 1914 S 245 f Einzelnachweise Bearbeiten Jan Jasper Fast Vom Handwerker zum Unternehmer Die Lubecker Familie Possehl Schmidt Romhild Lubeck 2000 ISBN 3 7950 0471 3 Carl Weyrowitz Zum Kaiser Wilhelm Denkmal Lubeckische Blatter 53 Jahrgang Nr Ausgabe vom 1912 S 495 ff Unser Kaiser Wilhelm Denkmal Ein Vorschlag In Lubeckische Blatter 24 Jahrgang Nummer 6 Ausgabe vom 7 Februar 1904 S 86 87 Paul Stern Die Errichtung eines Volkshauses zur Erinnerung an Kaiser Wilhelm I in Lubeck In Lubeckische Blatter 31 Jahrgang Nummer 23 Ausgabe vom 4 Juni 1911 S 369 372 Zum Gedachtnis unserer Befreiung In Lubeckische Blatter 55 Jahrgang Nr 10 Ausgabe vom 9 Marz 1913 S 163 170 Information uber den Einladungswettbewerb fur ein Volkshaus Berliner Architekturwelt 1914 Heft 3 Kunst im offentlichen Raum Lubeck Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Kaiser Wilhelm Volkshaus amp oldid 233514475