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Johann Konrad Ratzel um 1672 in Alsleben Sachsen Anhalt 10 November 1754 in Halberstadt auch Johann Conrad Raetzel war ein deutscher Apothekenlaborant spater Ratskammerer in Halberstadt der wahrend seines langjahrigen Aufenthaltes in Ostasien eine seinerzeit aufsehenerregende Naturalien Sammlung zusammengetragen hatte Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Sammlung 3 Werke 4 Literatur 5 AnmerkungenLeben BearbeitenRatzel wurde in den Jahren um 1672 in Alsleben an der Saale geboren und evangelisch getauft Er selbst schreibt er habe die Apotheker Kunst bei Reinhold Gerhardt einem Magistratsapotheker im nahegelegenen Aschersleben gelernt und sei durch dessen Erzahlungen zum Reisen in fremde Lander angeregt worden Nach Abschluss der Lehre liess er sich zunachst im Februar 1693 von Conrad Schrecke auch Konrad Schreck in der Ratsapotheke von Magdeburg einstellen gab diese Anstellung jedoch schon im Mai 1694 auf und machte sich trotz Abratens seiner Eltern in Wegeleben und vieler Freunde im Juli zusammen mit seinem Bruder Johann Joachim auf den Weg in die Niederlande In Amsterdam wo sie am 12 September ankamen fielen sie einem der beruchtigten Seelenverkaufer 1 in die Hande Auch der deutsche Apotheker Nicolaus Domsdorff den sie aufsuchten konnte ihnen wenig Hilfe anbieten So harrten sie in ihrem unflatigen Logiement aus bis sie am 12 Dezember bei der Niederlandischen Ostindien Kompanie VOC als Soldaten zu einer hohern Qualitat gelanget selten ein Auslander anmusterten Ihr Schiff die Voetboog lief am 31 jenes Monats von Texel aus Mitte April erreichte Ratzel das Kap der Guten Hoffnung wo ihm u a die Hodmadots oder Hottentotten auffielen Doch fielen auch wenig gute Worte uber das elende Leben und die miserable Behandlung der Soldaten Am 20 Juli 1695 erreichten sie schliesslich die Rheede von Batavia Zu seinem Gluck fand er in Andreas Cleyer aus Hessen geburtig Medicinae Doctor Ober Kauffman und Justitien Rath einen Fursprecher so dass er als Laborant unterkam Funf Jahre nach seiner Ankunft ging Ratzel am 9 Februar 1700 die Ehe mit Anna Kugeln ein einer 26 jahrigen Amsterdamer Lutheranerin Sie war die Nichte von Bartel Jansz van der Valk dem prominentesten Kartenmacher Ingenieur und Landmesser in der Stadt so dass Ratzel Zugang zu den besseren Kreisen der Kompanie gewann Allerdings starb sie im Mai 1702 nach langer Krankheit Raetzel verbrachte die Zeit in Ostindien nahezu ausschliesslich auf Java entsprechend detailliert fallt seine Schilderung Batavias aus Unter den Brauchen der Einheimischen fiel ihm besonders das Betelkauen auf auch streift er diverse Pflanzen Besonders dramatische Ereignisse wie sie andere Reisende gerne ausbreiteten sucht man in seinem Manuskript vergebens Mit Ablauf des zweiten Vertrags entschloss er sich zur Heimreise Der Abschied von so vielen guten Freunden und Freundinnen von seinem Gonner Abraham van Riebeeck 2 von seiner Verwandtschaft darunter besonders van der Valk fiel ihm nicht leicht Am 1 Dezember 1706 lichtete die Grimmenstein die Anker Im Rang eines zweiten Buchhalters erging es ihm nun besser als auf der Hinreise Nach nahezu neun Monaten erreichten sie am 20 September 1706 Texel und wurden freigesprochen Da Ratzels Schiff der Kammer Rotterdam zugehorte segelte er mit nach Rotterdam und nahm dort seine mitgebrachten Guter in Empfang Um wieder zu Kraften zu kommen logierte er in Amsterdam einige Wochen bei Johan Heyde aus Brandenburg Als er am 14 Dezember mit der Postkutsche in Halberstadt eintraf lagen seine Kisten und Packen bereits im Hause des Apothekers Eltzen Im Gegensatz zu vielen Ostindienfahrern hatte Ratzel mit diesen Schatzen und 2041 Gulden fur die zweite Lebenshalfte gut vorgesorgt Die Wiedereingliederung in die burgerliche Gesellschaft verlief ohne erkennbare Schwierigkeiten Ratzel erwarb ein Haus in der Breitenwegischen Nachbarschafft Seit 1719 war er Erbzinstrager der Commiss Brauerei 1741 wurde er Stadtkammerer und bis 1945 konnte die Nachwelt seinen Namen unter der Rosette der Kirche des Heiligen Geisthospitals lesen Johann Conr Raetzel Camer et Provis 3 Anfang der 1740er Jahre fasste er seine Erlebnisse als Ostindisches Diarium zusammen Die Handschrift umfasst auch einige Zeichnungen von Muscheln Sie ging spater in den Besitz von Heinrich Ernst zu Stolberg Wernigerode uber und wurde von H E Rassmann 1778 um weitere Zeichnungen und Anmerkungen erganzt 4 Sammlung BearbeitenWer wie Ratzel beruflich mit Materia Medica zu tun hatte akkumulierte eine Fulle von organischen und anorganischen Substanzen die man untersuchte aufbereitete konservierte und sortierte Bei fast allen Materialisten zu Ratzels Zeiten blieb es nicht dabei Medizinisch nutzlose Naturprodukte fullten das Haus dazu kamen Artefakte aller Art In den Kunstkammern Wunderkammern Naturalien oder Raritatenkabinetten konnte man die Vielfalt die Schonheit der Schopfung Gottes ebenso bewundern wie die Geschicklichkeit und Phantasie des Menschen Sammelinstinkte kreuzten sich hier mit Exorzismus und Reprasentationssucht in nicht wenigen Fallen auch dem Drang den Kosmos zu erfassen zu ordnen zu katalogisieren Selbst der geringste Bauer schrieb der Giessener Professor Michael Bernhard Valentini 1714 in seinem Unvorgreifflichen Bedencken von Kunst und Naturalien Kammern insgemein wurde in Betrachtung der alltaglich erfahrenen Natur seinen Fleiss darauf anwenden Regeln fur die Prognose der kunftigen Ernte des Wetters aufzustellen 5 nbsp Erstmalige Veroffentlichung von Konrad Ratzels Sammlungskatalog in Michael Bernhard Valentinis Museum Museorum Band II Appendix S 61ff nbsp Titelblatt von Ratzels SammlungskatalogRatzel hatte seine Kisten heil durch tropische Sturme und die restriktive Inspektion der Ostindien Kompanie gebracht Der Aufbau und das Ordnen brauchten ihre Zeit Als der Gelehrte Zacharias Conrad von Uffenbach 1709 nach Halberstadt kam traf er niemanden der etwa eine Bibliothek oder Cabinett hatte 6 Doch schon 1714 ruckte Michael Bernhard Valentini im zweiten Band seines im Folioformat gedruckten Werks Museum Museorum eine neunseitige Aufstellung aus Ratzels Feder ein Herrn Johann Conrad Ratzels zu Halberstadt Specification vieler aus dem Regno Animali vegetabili und Minerali raren colligirten Natural auch einiger Artificial Cabinet Stucke Alle mit grosser Muhe und Kosten von Japonia China Ceram Amboina Banda Tirmor Macassar Java majore amp minore und vielen andern allda herumliegenden Inseln in einer 12 Jahrigen Zeit in Asien mit allem Fleiss colligiret 7 Vermutlich war es diese Anerkennung durch einen renommierten Gelehrten die Ratzel dazu anspornte seinen Katalog auch selbst in handlicherem Format herauszugeben Die erste Auflage erschien etwa um 1730 bei dem Halberstadter Drucker Schildbach Catalogus Oder Eine in ordentlichen Classen abgetheilete Specification Vieler aus dem Regno Animali Vegetabili und Minerali raren Colligirten Natural Auch einiger Artificial Cabinet Stucke Alle Mit grosser Muhe und Kosten von Japonia China Ceram Amboina Banda Timor Macassar Java majore amp minore Und vielen andern alda herumliegenden Inseln in einer 12 Jahrigen Zeit in Asien mit allen Fleiss colligiret von Johann Conrad Ratzeln Die Nachfrage war offenbar rege denn einige Jahre spater vermutlich um 1735 druckte man bey der verwittbeten Bergmannin in Halberstadt eine weitere Auflage An den Anfang des Buches setzte Ratzel ein Avertissement aus dem seine Bereitschaft hervorgeht die im Catalogus spezifizierten Raritaten dem curieusen und geneigten Leser nebst einer eigenhandigen und ausfuhrlichen Beschreibung eines jeden Stucks in seiner Wohnung auf dem breiten Wege zu Halberstadt zur Betrachtung vorzulegen Durchreisenden zu allen Zeiten jenen die in der Stadt oder der Nahe wohnten dienstag und freitag nachmittags von zwei bis vier Uhr Bei entsprechendem Entschluss eines Buchhandlers oder anderer Herrschaften sei er uberdies bereit fur eine durch Kupferstiche illustrierte Neuauflage die Objekte auszuleihen und uberdies seine Ost Indische Reise Beschreibung zur Verfugung zu stellen auf dass sich Teutschland so wohl wie die Niederlander und andere Nationen eines solchen curieusen Scripti in seiner Sprache ruhmen konne Ratzel scheute zwar das finanzielle Risiko doch schien ihm sein Traktatlein so gut gelungen dass er es als Anleitung anpries wie alle die kostbaren Land und See Raritaten so hin und wieder in koniglichen furstlichen ja auch wohl geringers Standes und Privatpersonen Kunst und Raritatenkammern in der grossesten Unordnung zerstreuet und zwar ohne Namen herumliegen ins kunftige in gehorige Ordnung gar leichte gebracht werden konnten Der Katalog seiner Objekte aus dem Reich der Tiere Pflanzen und Mineralien sowie der artificialen Stucke ist in sechsundvierzig Klassen geteilt Besonders die zahlreichen Muscheln und Schnecken arrangierte Ratzel unter dem Gesichtspunkt der Form spitz glatt gewunden gerundet einschalig zweischalig etc gelegentlich auch der Zeichnung und Farbe Insgesamt zahlt Ratzel rund zweihundertfunfzig nach ihren Formen gruppierte Muschel und Schneckensorten auf sechs Arten von Seeigeln elf von Korallen dazu diverse Insekten Seine exotischen Schmetterlinge waren derart zahlreich dass er vor diessmahl deren Namen um sich der Kurtze zu befleissigen mit Willen ausliess Erhebliche Transportprobleme durften die in Spiritus konservierten Echsen buntgefleckten Schlangen und Fische einer uber zwei Ellen lang aufgeworfen haben Einsiedlerkrebse samt ihren geraubeten bunten Hauserchens uber die in seinem Orientalischen Raritaten Cabinett einst ausfuhrlicher zu lesen sein werde konne er ebenfalls mit Spiritus konserviert in beinahe hundert verschiedenen Sorten vorzeigen Ja er besass sogar ein Crocodilus oder Cayman von ziemlicher Grosse Dazu gehorten auch noch Horner Zahne Eier Bezoarsteine vielerlei Mineralien und curieus geschliffene pretieuse asiatische Steine Gold und Silbermunzen Neben all den naturkundlichen Objekten gab es zudem Artificialia und rare Cabinet Stucke wie japanische Lackarbeiten viereckige und runde lackierte Dosen Teeschalen einen Metallspiegel Facher Papier Mobel und Geschirr ja sogar ein Gemalde von Batavia aus der Hand des schwedischen Malers Johann Hendrik Austermann Ein von Nussbaumholze furniertes Schatull schrankchen mit glasernen Fenster Turen samt allen darin gehorigen kuriosen und kostbaren Porzellangeschirren als grossen und kleinen japanischen blau rot und mit Golde bemalten Schusseln Candeln Butter und Zuckernapfe nebst dazugehorigen Deckeln Tellern etc wie auch vielerlei Sorten dutzend und halbdutzendweise grosser und kleiner mit und ohne Rippchen seiende Kaffe und Teeschalchen item Tabakspfeifen etc dazu noch an gleichen Sorten das Chinesen Porzellan mit schonen blauen Chinesen Figuren Landschaften Blumen etc gefuget worunter einige besonders feine durchsichtige Teeschalchen so allbereits vor 80 und mehr Jahren verfertiget und heutigen Tages nicht mehr gemacht werden item zwei porzellane vergoldete Marienbilder eine ziemliche Partie porzellane Pyramiden Flaschchen so aller Orten im Schatull schrankchen zwischen den Schusseln und Schalchen etc in artiger Ordnung herumstehen und dann vier japanische aus Erz gegossene und glatt polierte runde Spiegel samt einem noch auswendig oben auf dem Schatoul schrankchen stehenden kostbaren japanischen grossen Aufsatz mit Figuren und Farben kunstvoll bemalet und endlich ist noch ein grosses Schatull schrankchen vorhanden welches mit schonen und raren Ost Indinischen Bimeneser Holz furnieret darinnen sich in ordentlichen Schubladchen die meisten Seeraritaten befinden etc Schreibung geglattet Viele der Exponate der Sammlung waren wie eine kurze Bemerkung im Catalogus andeutet mit eingehenden Beschreibungen versehen Unter den Besuchern die sich schriftlich zur Sammlung ausserten finden wir den koniglich preussischen Regierungsrat und Fiskaladvokaten Johann Heinrich Lucanus der in seiner auf 1742 datierten Handschrift Grundliche Beschreibung des alten loblichen Furstenthums Halberstadt auf Ratzel und dessen Schatze eingeht 8 Besonders die exotischen Muscheln erregten Aufsehen Der nordhauser Pfarrer Friedrich Christian Lesser 1692 1754 ein engagiertes Mitglied der Leopoldina fand hier als Anhanger der Physikotheologie gar einen Beweis fur Gottes Existenz 9 Testaceo theologia oder Grundlicher Beweis des Daseyns und der vollkommensten Eigenschaften eines gottlichen Wesens aus naturlicher und geistlicher Betrachtung der Schnecken und Muscheln zur gebuhrender Verherrlichung des grossen Gottes und Beforderung des ihm schuldigen Dienstes ausgefertiget Einer von Lessers Briefpartnern war Friedrich Lorentz von Jemgumer Closter Ratssekretar in Schwabisch Hall und Sammler mit grossem Naturalienkabinett Dieser wiederum erhielt ausfuhrliche Kunde von Ratzels Muscheln dank eines am 17 Mai 1747 von dem Mediziner Franz Ernst Bruckmann 1697 1753 aufgesetzten Reisebriefs 10 Epistola Itineraria LXVII Sistens Conchothecam Ratzelianam Ad Virvm Celeberrimvm Consvltissimvm Atqve Doctissimvm Dominvm Dominvm Frid Lorentz von Jemgvmer Closter Consilii Secretioris et Consistorii Halae Svevorvm Secretarivm Dignissimvm Amicvm in Pavcis Maxime Colendvm Uber den Verbleib dieser gewaltigen Sammlung ist nichts bekannt Werke BearbeitenOstindisches Diarium oder Tage Buch Darinnen kurtzlich enthalten was mir Johan Conrad Ratzeln auf selbiger Reise notables fur gekommen ist nach 1742 Universitats und Landesbibliothek Sachsen Anhalt Halle Signatur Stolb Werner Zi 9 Handschrift Catalogus oder Eine in ordentlichen Classen abgetheilete Specification vieler aus dem regno animali vegetabili und minerali raren colligirten Natural auch einiger artificial Cabinet Stucke Schildbach Halberstadt ca 1730 Catalogus oder Eine in ordentlichen Classen abgetheilete Specification vieler aus dem regno animali vegetabili und minerali raren colligirten Natural auch einiger artificial Cabinet Stucke Bergmann Halberstadt ca 1735 Literatur BearbeitenRatzel Johann Conrad In Heinrich Wilhelm Rotermund Fortsetzung und Erganzungen zu Christian Gottlieb Jochers allgemeinem Gelehrten Lexicon Band 6 Pf Ri Johann Georg Heyse Bremen 1819 Sp 1244 Digitalisat Wolfgang Michel Johann Konrad Raetzel 1672 1754 Erste Spuren eines Ostindienreisenden und Raritatensammlers In Studies in Languages and Cultures Nr 4 Kyushu University 1999 S 1 14 Digitalisat 16 2 MB Roelof van Gelder Das ostindische Abenteuer Deutsche in Diensten der Vereinigten Ostindischen Kompanie der Niederlande 1600 1800 Convent Hamburg 2004 Ubersetzung von Het Oost Indisch avontuur Duitsers in dienst van de VOC 1600 1800 SUN Nijmegen 1997 Anmerkungen Bearbeiten Diese Wirte nutzen die Situation der meist mittellosen Ankommlinge gewahrten Unterkunft und Kost bis zur Zeit der Anheuerung Die Angeheuerten mussten dann einen Teil ihres Handgeldes und ihren Transportbrief im Wert von etwa 150 Gulden ubergeben Der Name leitet sich vom niederlandischen cedeel oder ceel d h Schuldbrief ab Riebeeck Sohn des Grunders der Kapkolonie wurde wenige Jahre spater Generalgouverneur in Ostindien G Arndt Zur Heimatkunde von Halberstadt Halberstadt 1910 S 119 f Stolb Werner Zi 9 fol 75 88 95 Michael Bernhard Valentini Museum Museorum Band II Frankfurt am Main 1714 S 1 Zacharias Conrad von Uffenbach Merkwurdige Reisen durch Niedersachsen Holland und Engelland Teil 1 Ulm Menningen 1753 S 152 Michael Bernhard Valentini Museum Museorum Frankfurt am Main 1714 Band 2 Appendix XIX S 61 69 Michel 1993 M Blochberger Leipzig 1744 S 59 Siehe auch van Gelder 2004 S 196 Abgedruckt in Franz Ernst Bruckmann Epistolarum itinerarium Centuria prima et secunda Wolfenbuttel 1742 S 702 723 Normdaten Person GND 1017119031 lobid OGND AKS VIAF 196813232 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Ratzel Johann KonradALTERNATIVNAMEN Raetzel Johann ConradKURZBESCHREIBUNG deutscher Ostindienreisender und SammlerGEBURTSDATUM um 1672GEBURTSORT Alsleben Sachsen AnhaltSTERBEDATUM 10 November 1754STERBEORT Halberstadt Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Johann Konrad Ratzel amp oldid 228721221