Ein Januswort (nach dem Gott Janus), auch Antagonym oder Autoantonym, ist ein Wort mit mindestens zwei Bedeutungen, wobei eine Bedeutung das Gegenteil einer anderen ist („Auto-Antonymie“).
Januswörter sind homonym, da sie mindestens zwei verschiedene Bedeutungen haben.
Die komplementäre Erscheinung ist die Synonymie eigentlich antonymer Wörter, wie z. B. bei praktisch und theoretisch. Hier liegt eine durch Desemantisierung entstandene Austauschbarkeit in umgangssprachlichen Wendungen wie „Das kannst du praktisch/theoretisch weglassen.“ vor, ohne dass sich die Satzbedeutung ändert, weshalb sie in der Fachsprache vermieden werden sollte.
Bezeichnungen Bearbeiten
Der Sprachwissenschaftler Andreas Blank spricht von Autoantonymie. Die Bezeichnungen Antagonym und Kontranym sind in der deutschen Sprache neue und selten verwendete Lehnübersetzungen.
Die englische Bezeichnung antagonym wurde von Charles N. Ellis erfunden, der eine Liste englischer Januswörter im Internet unterhält. Die Bezeichnung auto-antonymy wurde 1994 von Alex Eulenberg vorgeschlagen.
Vorkommen Bearbeiten
In der Praxis treten Januswörter aufgrund ihrer Zweideutigkeit eher selten auf. Im Englischen sind sie etwas verbreiteter als im Deutschen. Entstehen können sie durch Bedeutungswandel (Polysemie) oder lautlichen (Homophonie) oder schriftlichen Zusammenfall (Homographie) unterschiedlicher Wörter.
Meist wird die beabsichtigte Bedeutung durch den Satzkontext klar, manchmal auch nur durch die linguistische Varietät. So steht beispielsweise das Wort Untiefe in der Nautik für eine sehr geringe Tiefe (un- als Negation), außerhalb der Seefahrt jedoch für eine sehr große (unermessliche) Tiefe (Augmentativbildung mit un-). In anderen Fällen unterscheiden sich scheinbare Januswörter im Wortakzent (umfáhren – úmfahren) oder sind syntaktisch oder hinsichtlich der thematischen Rolle ihrer Bezugswörter eingeschränkt (z. B. transitives/intransitives anhalten, un-/belebtes Objekt zu anhalten).
Beispiele im Deutschen Bearbeiten
Literatur Bearbeiten
- Peter Rolf Lutzeier: Wörterbuch des Gegensinns im Deutschen. 3 Bände, Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007–2018.
Weblinks Bearbeiten
Belege Bearbeiten
- A. Blank: Einführung in die lexikalische Semantik für Romanisten. 2001.
- Charlie Ellis: Antagonyms: Derivation of the word “antagonym” by the author. University of Michigan, 1. Januar 1999, abgerufen am 2. April 2018 (englisch).
- Alex Eulenberg: Sum: Words that are their own opposites. In: LINGUIST List 6.74. 20. Januar 1995, abgerufen am 2. April 2018 (englisch).
- abdecken. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 28. August 2019
- allerdings. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 28. August 2019
- Peter Rolf Lutzeier: Wörterbuch des Gegensinns im Deutschen. Band 1: A–G. Walter de Gruyter, Berlin/New York 2007, ISBN 978-3-11-019000-7, S. 27 (abgerufen über De Gruyter Online).
- anhalten. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 9. Oktober 2019
- aufheben. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 28. August 2019
- auflassen. In: Duden.
- ausbauen. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 28. August 2019
- neben. In: duden.de, abgerufen am 9. Oktober 2019.
- einstellen. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 28. August 2019
- gewiss. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 9. Oktober 2019
- grundsätzlich. Duden, abgerufen am 2. April 2018: „einem Grundsatz folgend, entsprechend; aus Prinzip, ohne Ausnahme / mit dem Vorbehalt bestimmter Ausnahmen; im Allgemeinen, in der Regel“
- Systematisches und alphabetisches Verzeichnis („Diagnosenthesaurus“) der ICD-10-GM 2018, Sigle F40.00. In: icdscout.de, abgerufen am 28. August 2019.
- Platzangst. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 28. August 2019
- aus: Späte Spagate, S. Fischer, Frankfurt 2008 (posthum veröffentlicht); abgerufen am 20. November 2021
- Untiefe. Duden, abgerufen am 2. April 2018.
- Untiefe. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache. Abgerufen am 28. August 2019