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Die judische Gemeinde Kehillah im rheinland pfalzischen Deidesheim bestand mit Unterbrechungen vom spaten Mittelalter bis zur Zeit des Nationalsozialismus Zeugnisse von ihrer langen Geschichte sind heute noch die ehemalige Synagoge und der judische Friedhof Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 1 1 Vom Mittelalter bis zum Ende der Weimarer Republik 1 2 Zeit des Nationalsozialismus 1 3 Nach dem Zweiten Weltkrieg 1 4 Stiftungen der Familie Feis 2 Literatur 3 Weblinks 4 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenVom Mittelalter bis zum Ende der Weimarer Republik Bearbeiten nbsp Das mittlerweile abgerissene nordliche Tor der Deidesheimer Stadtbefestigung wurde im Mittelalter auch als Judenpforte bezeichnet Zum ersten Mal erwahnt wurden Juden in Deidesheim im Jahr 1302 1 Die judische Gemeinde damals war relativ gross und wohlhabend wenn man Hohe der Reichssteuer als Indikator nimmt die sie entrichtet hat Bei den Pestpogromen vermutlich im Fruhjahr nach dem 1 April 1349 wurde die judische Gemeinde in Deidesheim ausgeloscht Der Speyerer Bischof Gerhard von Ehrenberg schenkte die damalige Synagoge der Vikarie des Martinsaltars in der Krypta des Stifts St Guido in Speyer Es ist unklar wann danach wieder eine judische Gemeinde in Deidesheim entstanden ist Zwar wurde in einer Auflistung der Feuerwaffen Deidesheims im Jahr 1472 das nordliche Stadttor als Judenpforte bezeichnet 2 und in einem nicht datierten Weistum das wohl zwischen 1360 und 1395 geschrieben wurde ein Judenbrunnen genannt der sich vermutlich auf dem Gelande der damaligen Synagoge am Deidesheimer Marktplatz befand 3 ferner wurde 1532 eine Judenschule erwahnt und der nordliche Teil der heutigen Weinstrasse in Deidesheim hiess noch bis ins 18 Jahrhundert Judengasse all diese Namen konnten jedoch auch aus der Zeit vor 1349 stammen und lassen nicht mit Sicherheit Ruckschlusse auf die Existenz einer judischen Gemeinde in diesem Zeitabschnitt zu Erst im 17 Jahrhundert gab es wieder einen gesicherten Nachweis darauf 2 Im Jahr 1686 gab es 40 und im Jahr 1787 21 Juden in Deidesheim das in diesem Jahr insgesamt 1297 Einwohner hatte Zur Mitte des 19 Jahrhunderts erreichte die Zahl der Mitglieder der judischen Gemeinde mit 95 ihren Hohepunkt damals 1852 wurde auch die neue Synagoge in der heutigen Bahnhofstrasse gebaut Danach ging die Zahl der Juden in Deidesheim wieder zuruck wie auch die Deidesheimer Gesamtbevolkerung zu jener Zeit infolge von Abwanderung in Industrieorte und Auswanderung in andere Lander 1927 gab es noch zwolf Juden in Deidesheim und 1934 noch elf Max Reinach und Oswald Feis beide Spitzenkandidaten der ortlichen politischen Zusammenschlusse Unparteiische Angestellten und Arbeiterliste bzw der Burgerliste hatten zum Ende der Weimarer Republik einen Sitz im Stadtrat den sie nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten jedoch abgeben mussten 4 Zeit des Nationalsozialismus Bearbeiten nbsp Stolpersteine am Marktplatz Deidesheims erinnern an die Bruder Oswald und Richard FeisAm 10 November 1938 wurden bei den Novemberpogromen zunachst die Hauser die beiden noch in Deidesheim ansassigen judischen Familien verwustet und am Abend desselben Tages auch der judische Friedhof Die Synagoge blieb dagegen verschont da sie bereits am 17 Dezember 1936 verkauft worden war Die funf zu diesem Zeitpunkt noch in Deidesheim lebenden Juden die Bruder Oswald und Richard Feis sowie Fanny und Adolf Reinach und deren Sohn Max wurden zum Amtsgericht Bad Durkheim gebracht wo sie die Nacht verbringen mussten Die vier erstgenannten konnten am Folgetag wieder nach Deidesheim zuruckkehren Max Reinach dagegen wurde zusammen mit weiteren Juden ins KZ Dachau gebracht er kam erst am 15 Dezember 1938 wieder nach Deidesheim zuruck 5 Richard Feis zog am 30 Marz 1939 zunachst in ein Altenheim nach Frankenthal dann in ein Altenheim in Rockenhausen Dort starb er am 10 November dieses Jahres Auch sein Bruder Oswald war zunachst im Altenheim Frankenthals wurde von dort aus allerdings wie viele andere pflegebedurftigen Juden in Bayern in die Heil und Pflegeanstalt Eglfing Haar gebracht Er wurde dann zusammen mit anderen dort untergebrachten Personen am 20 September 1940 von SS Leuten abgeholt Angeblich sollten diese in der in Wirklichkeit nicht existierenden Reichsanstalt Cholm bei Lublin untergebracht werden tatsachlich wurden sie aber deportiert und ermordet 5 moglicherweise in der Totungsanstalt Hartheim 6 Das offizielle Todesdatum des Oswald Feis ist laut Einwohwohnermeldekarte der 21 Januar 1941 was aber vermutlich nicht stimmt er wurde wohl gleich nach seiner Deportation umgebracht 5 6 Fanny Adolf und Max Reinach wurden bei der Wagner Burckel Aktion am 22 Oktober 1940 in das Internierungslager Gurs in Sudfrankreich deportiert 7 Adolf Reinach verstarb dort am 26 Juli 1942 Max Reinach wurde am 21 August desselben Jahres von Gurs zunachst ins Sammellager Drancy bei Paris spater dann ins KZ Auschwitz Birkenau gebracht 8 Als sein offizielles Todesdatum ist der 8 Mai 1945 genannt 7 Die einzige Uberlebende der 1938 noch in Deidesheim lebenden Juden war Fanny Reinach Sie wurde aus dem Lager in Gurs noch in zwei andere Lager verlegt 7 Zur Erinnerung an diese funf Personen sowie vier weitere die nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deidesheim wohnten die Stadt jedoch bereits vor den Novemberpogromen 1938 verlassen hatten wurden Stolpersteine in Deidesheim verlegt Nach dem Zweiten Weltkrieg Bearbeiten Fanny Reinach kehrte nach dem Krieg wieder nach Deidesheim zuruck krankheitsbedingt jedoch erst im Fruhjahr 1949 Bei dem Gerichtsprozess im Jahre 1949 bei dem die Reichspogromnacht in Deidesheim aufgearbeitet wurde waren 16 Personen wegen Verbrechens gegen die Menschlichkeit angeklagt Fanny Reinach trat dabei als Nebenklagerin auf Obwohl bei dem Prozess die Vorkommnisse in Deidesheim wahrend des Dritten Reichs nochmals offentlich aufgerollt wurden und obwohl Fanny Reinach im Holocaust zwei Kinder und ihren Ehemann verloren hatte und sie vor ihrer Deportation enteignet worden war musste die 76 jahrige lange um die Ruckgabe ihres Eigentums streiten in ihr fruheres Haus etwa konnte sie erst zwei Jahre nach ihrer Ruckkehr aus Frankreich wieder einziehen da es rechtlich einwandfrei verkauft worden sei Hans Jurgen Wunschel der die Nachkriegsgeschichte Deidesheims dokumentiert hat nannte sie in diesem Zusammenhang ein Opfer deutschen Rechtsempfindens 9 Fanny Reinach die letzte hier lebende Angehorige der judischen Gemeinde Deidesheims verstarb am 13 Dezember 1960 im Deidesheimer Spital und wurde auf dem Friedhof in Neustadt an der Weinstrasse beigesetzt 7 Stiftungen der Familie Feis Bearbeiten nbsp Die Feissche Madonna Die in Deidesheim wohnhafte judische Familie Feis machte der katholischen Gemeinde zwei Geschenke die deutlich machen dass vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten das Verhaltnis zwischen den Katholiken Deidesheims und ihren judischen Mitburgern ein gutes war Laut einem Eintrag im Protokollbuch der Pfarrei vom 27 November 1900 hinterliess der in Deidesheim geborene und nach London emigrierte Jakob Feis der Pfarrei ein Olgemalde 90 70 cm das die Muttergottes darstellt Dabei handelt es sich um eine Murillo Kopie aus dem 19 Jahrhundert 10 die auch in einer Zusammenstellung der Kulturdenkmaler im Landkreis Bad Durkheim als zum Inventar der Pfarrkirche gehorend erwahnt wird 11 Die zweite Stiftung von den Brudern Richard und Oswald Feis initiiert die ihren Vetter in Frankfurt zur Stiftung animiert hatten und den Transport nach Deidesheim organisierten war eine fast lebensgrosse Statue der Muttergottes Die Schenkung wurde im Protokollbuch der Pfarrei am 19 November 1928 erwahnt Die Statue stand zunachst im Pfarrhaus und wurde am 8 Dezember 1940 wahrend des Zweiten Weltkriegs und der Judenverfolgung feierlich in der bis auf den letzten Platz gefullten Pfarrkirche aufgestellt 10 Sie steht heute vor dem Chor der Pfarrkirche Literatur BearbeitenBerthold Schnabel Erinnerungen an die Judische Gemeinde von Deidesheim In Heimatfreunde Deidesheim und Umgebung e V Hrsg Deidesheimer Heimatblatter Beitrage zur Geschichte des ehemaligen furstbischoflich speyerischen Amtes und der heutigen Verbandsgemeinde Deidesheim Nr 7 1991 S 1 19 Berthold Schnabel Judisches Leben in Deidesheim im Jahrhundert zwischen 1630 und 1730 In Heimatfreunde Deidesheim und Umgebung e V Hrsg Deidesheimer Heimatblatter Beitrage zur Geschichte des ehemaligen furstbischoflich speyerischen Amtes und der heutigen Verbandsgemeinde Deidesheim Nr 19 2007 Berthold Schnabel Zur mittelalterlichen Geschichte judischer Gemeinden in der nordlichen Vorderpfalz Uberarbeitete und erweiterte zweite Auflage In Heimatfreunde Deidesheim und Umgebung e V Hrsg Deidesheimer Heimatblatter Beitrage zur Geschichte des ehemaligen furstbischoflich speyerischen Amtes und der heutigen Verbandsgemeinde Deidesheim Nr 18 2008 Weblinks BearbeitenZur Geschichte der judischen Gemeinde Deidesheims bei Alemannia Judaica Geschichtliches in der Urlaubsregion Deidesheim auf deidesheim deEinzelnachweise Bearbeiten Schnabel Judisches Leben S 6 a b Schnabel Erinnerungen S 1 Schnabel Zur mittelalterlichen S 11 Schnabel Erinnerungen S 2 f a b c Schnabel Erinnerungen S 4 a b Das Bundesarchiv Eintrag Feis Oswald Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 1945 abgerufen am 29 Oktober 2017 a b c d Schnabel Erinnerungen S 5 Das Bundesarchiv Eintrag Reinach Max Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 1945 abgerufen am 29 Oktober 2017 Hans Jurgen Wunschel Ein vergessenes Kapitel Deidesheim nach dem Ende der Diktatur Knecht Verlag Landau in der Pfalz 1994 ISBN 3 930927 02 0 S 107 111 a b Martin Nieder Stiftungen der Familie Feis Festschrift zur Altarweihe 1987 Kath Pfarramt Deidesheim 1987 S 74 Georg Peter Karn Rolf Mertzenich Kreis Bad Durkheim Stadt Bad Durkheim Gemeinde Hassloch Verbandsgemeinden Deidesheim Lambrecht Wachenheim Kulturdenkmaler in Rheinland Pfalz Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland Band 13 1 Wernersche Verlagsgesellschaft Worms 1995 ISBN 3 88462 119 X S 148 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Judische Gemeinde Deidesheim amp oldid 230527565