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Ein iteriertes Funktionensystem IFS ist eine Menge F displaystyle mathcal F von Funktionen die denselben Raum M displaystyle M als Definitions und Wertebereich haben und unter Verknupfung abgeschlossen sind Also F F F displaystyle mathcal F circ mathcal F subset mathcal F d h f g F f g F displaystyle forall f g in mathcal F f circ g in mathcal F Iterierte Funktionensysteme dienen meist der Konstruktion von Fraktalen die dann auch als IFS Fraktale bezeichnet werden Bekannte Vertreter dieser Klasse von Fraktalen sind das Sierpinski Dreieck und die Koch Kurve wie auch die Grenzmengen von Lindenmayer Systemen Sierpinski Dreieck Koch Kurve Sierpinski Teppich Drachen FraktalDiese Art der Fraktalkonstruktion wurde 1981 von John Hutchinson erfunden 1 und spater von Michael F Barnsley mit seinem Buch Fractals Everywhere 2 popularisiert 3 Dort gab Barnsley auch den Collage Satz an welcher die Grundlage der fraktalen Bildkompression bildet Diese Art Bilder effizient mittels Datenstrukturen zu kodieren hat sich jedoch nie richtig durchsetzen konnen und wird heute im Wesentlichen nur noch als Hybridverfahren in Kombination mit einer Wavelet Transformation untersucht Inhaltsverzeichnis 1 Invariante selbstahnliche Mengen 2 Existenz und Eindeutigkeit der invarianten Menge 3 Approximation der Grenzmenge 3 1 Chaosspiel 3 2 Rekursion 4 Beispiele fur iterierte Funktionensysteme 4 1 Affine Abbildungen 5 Collagen 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseInvariante selbstahnliche Mengen BearbeitenUm fur ein IFS Eigenschaften ableiten zu konnen muss die Funktionenmenge zusatzliche Voraussetzungen erfullen Ublicherweise wenn von IFS gesprochen wird werden diese Voraussetzungen stillschweigend als gegeben angenommen Diese Voraussetzungen sind dass das IFS endlich erzeugt ist also endlich viele Funktionen enthalt aus welchen die anderen durch wiederholte iterierte Verknupfung zusammengesetzt werden konnen dass der Raum M displaystyle M nbsp ein vollstandiger metrischer Raum mit Metrik d displaystyle d nbsp ist und dass jede Funktion des IFS kontraktiv bezuglich d displaystyle d nbsp ist Mit Voraussetzung 1 reicht es dies von den Erzeugenden zu verlangen Unter diesen Umstanden gibt es eine invariante selbstahnliche Menge X M displaystyle X subseteq M nbsp Die Teilmenge X displaystyle X nbsp ist invariant wenn sie von jeder Funktion des IFS wieder in sich abgebildet wird Die Teilmenge X displaystyle X nbsp ist selbstahnlich wenn jeder Punkt aus X displaystyle X nbsp in der Bildmenge F X displaystyle F X nbsp einer Funktion F F displaystyle F in mathcal F nbsp liegt Selbstahnliche Mengen haben meist keine ganzzahlige Hausdorff Dimension und werden dann auch als Fraktal bezeichnet deshalb die Bezeichnung IFS Fraktal Man konnte auch weitergehend den Begriff der Selbstahnlichkeit durch die Forderung der Existenz eines IFS definieren Existenz und Eindeutigkeit der invarianten Menge BearbeitenMathematisch gesehen handelt es sich bei der Theorie der iterierten Funktionensysteme wie auch die Begrifflichkeit vermuten lasst um eine direkte Anwendung des banachschen Fixpunktsatzes wobei mehrere Funktionen statt einer betrachtet werden und statt eines eindeutigen Fixpunktes sich eine invariante meist fraktale Teilmenge des Raumes M displaystyle M nbsp ergibt Zur Illustration wird meist das zweidimensionale Einheitsquadrat M 0 1 0 1 displaystyle M 0 1 times 0 1 nbsp mit dem euklidischen Abstand gewahlt Wir beginnen also mit einer endlichen Menge von Funktionen eines kompakten metrischen Raumes M d displaystyle M d nbsp in sich selbst F 1 ϕ 1 ϕ r M M displaystyle mathcal F 1 phi 1 dots phi r colon M to M nbsp von denen wir voraussetzen dass es eine Kontraktionskonstante 0 lt c lt 1 displaystyle 0 lt c lt 1 nbsp gibt mit x y M ϕ F 1 d ϕ x ϕ y c d x y displaystyle forall x y in M phi in mathcal F 1 d phi x phi y leq c d x y nbsp Durch Iteration setzen wir F 1 displaystyle mathcal F 1 nbsp zu einem IFS F displaystyle mathcal F nbsp fort es sei F n 1 F 1 F n ϕ F ϕ F 1 F F n displaystyle mathcal F n 1 mathcal F 1 circ mathcal F n phi circ F phi in mathcal F 1 F in mathcal F n nbsp und erhalten schliesslich F n 1 F n displaystyle mathcal F bigcup n 1 infty mathcal F n nbsp Satz Sind alle Funktionen ϕ 1 ϕ r displaystyle phi 1 dots phi r nbsp in F 1 displaystyle mathcal F 1 nbsp kontraktiv so gibt es eine invariante Teilmenge X displaystyle X nbsp welche die Fixpunktgleichung X i 1 r ϕ i X displaystyle X bigcup i 1 r phi i X nbsp erfullt Fur diese gilt Zu jedem F F displaystyle F in mathcal F nbsp gibt es genau einen Fixpunkt Die invariante Menge X displaystyle X nbsp ist der topologische Abschluss der Menge aller Fixpunkte x M F F x F x displaystyle x in M exists F in mathcal F x F x nbsp dd Ist y M displaystyle y in M nbsp ein beliebiger Punkt so gilt fur den Abstand dieses Punktesd X F y c F d X y displaystyle d X F y leq c F d X y nbsp fur jedes F F displaystyle F in mathcal F nbsp dd Es gilt die Abschatzung c F c m displaystyle c F leq c m nbsp falls F displaystyle F nbsp eine m displaystyle m nbsp fache Verkettung F F m displaystyle F in mathcal F m nbsp der Ausgangsfunktionen ist Damit kann X displaystyle X nbsp durch Iteration einer beschrankten AusgangsmengeX 0 M X n 1 i 1 r ϕ i X n displaystyle X 0 subset M quad X n 1 bigcup i 1 r phi i X n nbsp dd beliebig gut angenahert werden Der Beweis des Satzes erfolgt dadurch dass man aus dem metrischen Raum M d displaystyle M d nbsp einen neuen Raum konstruiert dessen Punkte genau die kompakten Teilmengen von M displaystyle M nbsp sind Hierauf kann man eine Metrik definieren die Hausdorff Metrik bezuglich der dieser Raum vollstandig und die Abbildung X i 1 r ϕ i X displaystyle X mapsto bigcup i 1 r phi i X nbsp eine Kontraktion ist Dadurch wird der banachsche Fixpunktsatz anwendbar Approximation der Grenzmenge BearbeitenChaosspiel Bearbeiten Die Gestalt der fraktalen Menge X displaystyle X nbsp kann durch ein so genanntes Chaosspiel visualisiert werden Dabei wird zunachst ein Fixpunkt x displaystyle vec x nbsp von x ϕ 1 x displaystyle vec x phi 1 vec x nbsp aufgesucht und auf diesen in zufalliger Reihenfolge die definierenden Funktionen angewandt Als Algorithmus kann dies wie folgt aussehen Weise 100 mal hintereinander x ϕ 1 x displaystyle vec x phi 1 vec x nbsp zu Wiederhole beliebig oft Wahle zufallig ein i 1 r displaystyle i in left 1 dots r right nbsp Weise x ϕ i x displaystyle vec x phi i vec x nbsp zu Zeichne den Punkt x displaystyle x nbsp Anmerkung Es ist in den ersten blinden Iterationen unwesentlich welche Funktion gewahlt wird da in jedem Schritt der Abstand zur fraktalen Menge X displaystyle X nbsp reduziert wird Ist z B die Kontraktionskonstante c 0 5 displaystyle c 0 5 nbsp und die Grundmenge M displaystyle M nbsp das Einheitsquadrat welches mit 1024 1024 Pixeln dargestellt wird so ist bereits nach 12 blinden Iterationen der Fehler unter die Pixelgrosse gesunken Es werden im Allgemeinen bessere Darstellungen erzielt wenn die Wahrscheinlichkeit des Aufrufs jeder der Funktionen ϕ i displaystyle phi i nbsp in etwa proportional zum Volumen von ϕ i M displaystyle phi i M nbsp ist Rekursion Bearbeiten Eine weitere Moglichkeit der Darstellung vorzugsweise fur die affinen Fraktale ist die rekursive Approximation der Menge X displaystyle X nbsp Dies wird meist anschaulich mittels eines Fotokopierers erklart Man macht verschiedene Verkleinerungen eines Ausgangsbildes fixiert diese nach Vorschrift auf einem neuen Blatt und benutzt dieses dann als Ausgangsbild des nachsten Schrittes Auch die Turtle Grafik die zur Konstruktion der L Systeme verwendet wird folgt einer ahnlichen Idee Als Algorithmus braucht man dazu eine rekursiv aufrufbare Funktion welche die Zuordnung F n i 1 r ϕ i F n 1 displaystyle F n bigcup i 1 r phi i F n 1 nbsp bei einer beliebigen Menge F 0 displaystyle F 0 nbsp realisiert Die Implementierung benotigt einen Stackspeicher in welchem das jeweils aktuelle Koordinatensystem als affine Koordinatentransformationen festgehalten wird Damit ergibt sich als Algorithmus nbsp Das Koch Fraktal in den Rekursionstiefen 0 bis 5F i g u r n displaystyle Figur n nbsp Falls n 0 displaystyle n 0 nbsp zeichne die Basisfigur z B eine Strecke einen Buchstaben ein schwarzes Rechteck sonst Fur i 1 displaystyle i 1 nbsp bis r displaystyle r nbsp Lege aktuelles Koordinatensystem auf Stack ab Transformiere das aktuelle Koordinatensystem entsprechend ϕ i displaystyle phi i nbsp Rufe F i g u r n 1 displaystyle Figur n 1 nbsp auf Stelle Koordinatensystem vom Stack wieder herFraktal Rufe F i g u r 10 displaystyle Figur 10 nbsp auf 10 als Beispiel Beispiele fur iterierte Funktionensysteme BearbeitenAffine Abbildungen Bearbeiten Die erzeugenden Funktionen des IFS seien affine Abbildungen des zweidimensionalen Einheitsquadrates in sich selbst Jede Funktion ϕ k displaystyle phi k nbsp ist gegeben durch eine 2 2 Matrix A k displaystyle A k nbsp und einen Verschiebungsvektor b k displaystyle b k nbsp Das Koch Fraktal wird z B von folgendem System von 2 Funktionen erzeugt ϕ 1 x y 1 3 cos 30 sin 30 sin 30 cos 30 x y displaystyle phi 1 binom x y frac 1 sqrt 3 begin pmatrix cos 30 circ amp sin 30 circ sin 30 circ amp cos 30 circ end pmatrix binom x y nbsp ϕ 2 x y 1 3 cos 30 sin 30 sin 30 cos 30 x y 1 3 cos 30 sin 30 displaystyle phi 2 binom x y frac 1 sqrt 3 begin pmatrix cos 30 circ amp sin 30 circ sin 30 circ amp cos 30 circ end pmatrix binom x y frac 1 sqrt 3 binom cos 30 circ sin 30 circ nbsp Die klassische Methode zur Erzeugung der Koch Kurve benutzt 4 Funktionen ϕ 1 x y x 3 y 3 displaystyle phi 1 x y left frac x 3 frac y 3 right nbsp ϕ 2 x y 2 x 3 y 6 3 x y 6 displaystyle phi 2 x y left frac 2 x sqrt 3 y 6 frac sqrt 3 x y 6 right nbsp ϕ 3 x y 3 x 3 y 6 3 3 x y 6 displaystyle phi 3 x y left frac 3 x sqrt 3 y 6 frac sqrt 3 sqrt 3 x y 6 right nbsp ϕ 4 x y 2 x 3 y 3 displaystyle phi 4 x y left frac 2 x 3 frac y 3 right nbsp Das rechtwinklige Sierpinski Dreieck wird erzeugt von ϕ 1 x y x 2 y 2 displaystyle phi 1 x y left frac x 2 frac y 2 right nbsp ϕ 2 x y x 1 2 y 2 displaystyle phi 2 x y left frac x 1 2 frac y 2 right nbsp ϕ 3 x y x 2 y 1 2 displaystyle phi 3 x y left frac x 2 frac y 1 2 right nbsp Collagen BearbeitenGrundlage fur die Begeisterung fur solche IFS Fraktale war das Collage Theorem von Barnsley Es besagt dass jede kompakte Menge jede Gestalt durch ein IFS Fraktal beliebig genau angenahert werden kann Die Grundlage dafur sind folgende Beobachtungen 1 Jede endliche Menge ist ein IFS Fraktal Die zugehorigen Funktionen sind diejenigen konstanten Funktionen welche den gesamten Raum auf jeweils einen der endlich vielen Punkte abbilden 2 Jede kompakte Menge K displaystyle K nbsp hat fur jedes e gt 0 displaystyle varepsilon gt 0 nbsp ein e displaystyle varepsilon nbsp Netz wird also durch endlich viele Kugeln vom Radius e displaystyle varepsilon nbsp uberdeckt Das IFS Fraktal der Kugelmittelpunkte enthalt die Ausgangsmenge in einer e displaystyle varepsilon nbsp Umgebung Anschaulicher Haben wir in einem 100 100 Pixelbild eine Figur von 500 schwarzen Pixelpunkten so konnen wir das Bild um den Faktor 100 auf die Grosse eines Pixels verkleinern und mit diesem einen schwarzen Punkt dann wieder die Figur malen indem wir ihn auf jeden der zugehorigen 500 Pixel abbilden Diese Vorgehensweise ist bei weitem nicht optimal hier ware das einfache Speichern der Positionen der 500 Pixel einfacher Aber wenn wir fur den gleichen Zweck mit nur funf Abbildungen auskamen ware eine Datenreduktion erzielt Wir sind auch nicht auf einfache Schwarzweissbilder eingeschrankt Bei einem Graustufenbild kann der Grad der Schwarzung als dritte Koordinate des Punktes aufgefasst werden es ergibt sich eine kompakte Flache im dreidimensionalen Raum auf welche wieder das Collage Theorem angewendet werden kann Mit systematischen Verfahren zur Konstruktion eines IFS Fraktals mit moglichst wenigen Funktionen befasst sich die Fraktale Bildkompression sowie die Fraktale Tonkompression Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Iterierte Funktionensysteme Sammlung von Bildern Videos und Audiodateien Informative Seite uber Fraktale und IFS fur Einsteiger mit zahlreichen Illustrationen Eine Sammlung fraktaler Kunst von Paul Bourke Farbige Erweiterungen des Chaosspiels fraktale Flammen unter math die Theorie dazu Zu Geschichte und Verallgemeinerungen Cabrelli Molter Generalized Self Similarity 1957 Selbstahnliche Funktionen von Bajraktarevic und de Rham untersucht 1981 Selbstahnliche Mengen und Kurven von Hutchinson untersucht 1986 definiert Barnsley fraktale FunktionenEinzelnachweise Bearbeiten John E Hutchinson Fractals and self similarity In Indiana University Mathematics Journal Band 30 Nr 5 1981 semanticscholar org PDF 483 kB Michael Barnsley Fractals Everywhere Academic Press 1988 ISBN 978 0 12 079062 3 Mario Peruggia Discrete Iterated Function Systems Taylor amp Francis CRC Press 1993 ISBN 978 0 429 06536 1 S ix xi doi 10 1201 9781439864708 Normdaten Sachbegriff GND 4343626 2 lobid OGND AKS 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