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Die Internationalen Essener Songtage 1968 auch abgekurzt als IEST waren ein Festival fur Rock Pop Chanson Folksong Undergroundmusik Kabarett und Poesie das vom 25 bis zum 29 September 1968 in Essen stattfand Es gilt als die Geburtsstunde eigenstandiger deutscher Rockmusik Inhaltsverzeichnis 1 Organisation 1 1 Beirat 1 2 Finanzierung 1 3 Spielstatten 1 4 Song Magazin 2 Eroffnung 3 Kunstler 4 Weiteres Programm 4 1 IEST Wettbewerb fur neue Lieder 1968 4 2 IEST Fruhschoppen 4 3 Ausstellung und Zeitschrift 5 Berichterstattung 6 Bewertung 7 Literatur 8 Weblinks 8 1 Bilder 8 2 Texte 9 EinzelnachweiseOrganisation BearbeitenDie IEST wurden von der Arbeitsgemeinschaft Internationale Essener Song Tage gemeinsam mit dem Jugendamt der Stadt Essen Stadtjugendpfleger Horst Stein veranstaltet Die Leitung der Arbeitsgemeinschaft Internationale Essener Song Tage hatte Rolf Ulrich Kaiser inne als Geschaftsfuhrer fungierte Bernd Witthuser Die kunstlerische Leitung oblag neben R U Kaiser Martin Degenhardt dem Bruder des Liedermachers Franz Josef Degenhardt sowie dem Autor und Veranstalter Thomas Tom Schroeder 1 Die Pressearbeit wurde von Henryk M Broder geleistet Das Sekretariat wurde von Susanne Schaude geleitet und Reinhard Hippen betreute die Kabarettveranstaltungen Leiter des Jugendzentrums war Bernhard Graf von Schmettow der massgeblich an der Detailorganisation von Veranstaltungen im Jugendzentrum beteiligt war Weiterhin halfen viele Freiwillige in verschiedenen Bereichen wie z B Kunstlerbetreuung 23 mehrsprachige Hostessen unter der Leitung von Detlev Mahnert Kartenverkauf Buhnenansage und Diskussionsmoderation Beirat Bearbeiten Im Beirat arbeiten unter der Bezeichnung IEST Braintrust unter anderem Klaus Budzinski Hanns Dieter Husch Alexis Korner Ferdinand Kriwet Aleksander Kulisiewicz Tuli Kupferberg Horst Lippmann Fritz Rau Dieter Suverkrup Siegfried Schmidt Joos und Frank Zappa Finanzierung Bearbeiten Die Stadt Essen leistete eine Burgschaft von 300 000 DM Zur weiteren Finanzierung dienten zum einen die Eintrittsentgelte fur die Veranstaltungen wurden Entgelte zwischen 3 DM und 7 DM erhoben einige Veranstaltungen konnten auch kostenfrei besucht werden und der Verkauf eines Song Magazin genannten Programmheftes Im Song Magazin inserierten auf 24 Seiten hauptsachlich Buch und Musikverlage EMI Polyphon Hoffman und Campe geburtstagspresse Blanvalet Melzer Scherz rororo fontana Philips Suhrkamp Europaische Verlagsanstalt dtv Elektra Metronome Teldec aber auch die Lufthansa Coca Cola und Dynacord schalteten hier Anzeigen und trugen damit zur Finanzierung des Festivals bei Spielstatten Bearbeiten Die Songtage fanden an zahlreichen Orten in der ganzen Stadt statt von grossen wie der Grugahalle oder auf dem Kennedyplatz in der City uber mittelgrosse wie dem Grossen Saal des Jugendzentrums dem Saalbau Essen oder der Aula der Padagogischen Hochschule aber auch in kleineren Spielstatten wie der Dubois Arena dem Olympia Kino oder der Diskothek pop in Gaste und auch einige Kunstler schliefen kostenlos in einer Zeltstadt im Emil Frick Heim am Baldeneysee ein ebenfalls kostenloser Shuttlebus sorgte fur die Stadtverbindung Song Magazin Bearbeiten Parallel zum Festival erschien ein Magazin herausgegeben vom Jugendamt der Stadt Essen Redakteure waren Henryk M Broder Martin Degenhardt und Rolf Ulrich Kaiser Fur die Illustrationen und Gestaltung zeichneten Gertrude Degenhardt und Reinhard Hippen verantwortlich Texte kamen von Martin Degenhardt Reinhard Hippen Rolf Ulrich Kaiser und Thomas Schroeder In diesem Magazin stellte Kaiser die Intention des Festivals vor als ein Musikhappening das bewusstseinserweiternd und bewusstseinserweitert psychedelisch andere Erlebnisweisen erschliesst und somit eher emotional das Erworbene und Gewohnte in Frage stellt Eine Anzeige der geburtstagspresse im Song Magazin zeigte eine Grafik die einen flammenden Penis als Hals und Kopf auf einem nackten weiblichen Oberkorper darstellte diese musste per Hand auf den verkauften Exemplaren uberstempelt werden Eroffnung BearbeitenBeim offiziellen Empfang der Kunstler durch die Stadt in Anwesenheit des damaligen Oberburgermeisters Wilhelm Nieswandt kam es zum Eklat als die geschlossene Veranstaltung von Besuchern gesprengt wurde Nieswandt verliess uberfordert fluchtartig den Saal 2 Kunstler BearbeitenDie Internationalen Essener Songtage waren zu ihrer Zeit das grosste europaische Festival der popularen Musik In funf Tagen sahen 40 000 Zuschauer 43 Programmpunkte mit uber 150 Kunstlern Es fanden Konzerte Multimedia Events und Diskussionsveranstaltungen statt Als Kunstler beteiligt waren unter anderen Rick Abao Derroll Adams Amon Duul Djani Bihler Blossom Toes Franz Josef Bogner Peter Brotzmann Tim Buckley Die City Preachers Die vier Conrads Miel Cools Cuby Blizzards Bob Davenport amp The Rakes Franz Josef Degenhardt Julie Driscoll Brian Auger amp The Trinity Family Julie Felix Floh de Cologne The Fugs mit Tuli Kupferberg Guru Guru mit Mani Neumeier Uli Trepte Hein amp Oss Gerd Hubinger und Swjatoslaw Petrowa Lightshow Living Screen Hanns Dieter Husch Insterburg amp Co Joan Esteller amp Jose Suarez Alexis Korner Ferdinand Kriwet Alex Kulisiewicz Meditation Werner Koenen Rochus Kuhn Friedhelm Olfen Gunter Zins Michael Kemkes The Mothers of Invention Olympic mit Petr Janda David Peel Schnuckenack Reinhardt Rolf Schwendter Soul Caravan spater Xhol Caravan St Giles System Dieter Suverkrup Tangerine Dream Time is Now mit Gunter Hampel und John McLaughlin Ulli und Fredrik Hannes Wader Colin Wilkie amp Shirley Hart Bernd WitthuserReferate Fruhschoppen Theo Herrmann Rolf Ulrich Kaiser Hannjost Lixfeld Manfred MillerWeiteres Programm BearbeitenZusatzlich zu den Konzerten gab es auch zahlreiche nichtmusikalische Veranstaltungen wie Diskussionsrunden Kabarettveranstaltungen und Performances IEST Wettbewerb fur neue Lieder 1968 Bearbeiten Eine Jury bestehend aus Henryk M Broder Martin Degenhardt Reinhard Hippen und Rolf Ulrich Kaiser bewertete 53 Einsendungen zum IEST 68 Wettbewerb fur neue Lieder Sie befanden keinen Beitrag eines ersten Preises wurdig und vergaben auch den Sonderpreis fur die beste Interpretation eines alten Liedes nicht Sie benannten vier Preistrager Eckart Brucken fur Leute macht keine Kinder Christian Geierdorfer fur Die Geschichte vom Pfaffenleben und der Freiheit Diether Dehm als Lerryn fur Karriere und Ulrich Roski fur Beschreibung eines Kampfes IEST Fruhschoppen Bearbeiten An drei Tagen wurden im Jugendzentrum Seminare und Diskussionen unter dem Thema Das Lied als Ausdrucksform unserer Zeit Eine Serie mit Text und Theorie gehalten Hannsjost Lixfeld Das Lied als Spiegel der gesellschaftlichen und politischen Situation Theo Herrmann Psychologische Aspekte des Protestsongs Manfred Miller Die musikalischen Quellen des neuen LiedesDiskussion IntegrationRolf Ulrich Kaiser Song und AktionDiskussion AgitationAusstellung und Zeitschrift Bearbeiten Im Jugendzentrum fand die Ausstellung song documenta statt die Schallplatten Zeitungen Poster aus dem Bereich Pop Chanson Folksong Underground ausstellte und verkaufte Das Song Magazin IEST 68 wurde zum Vorlaufer einer Anthologie die Rolf Ulrich Kaiser noch im selben Jahr 1968 publizierte Protestfibel Formen einer neuen Kultur Scherz Verlag Bern Munchen Wien Berichterstattung BearbeitenMehrere Radiosender und das Fernsehen berichteten uber das Festival von besonderer Bedeutung sind einmal der Film von Henric L Wuermeling Zwischen Pop und Politik Die Internationalen Essener Songtage 1968 45 Bayerischer Rundfunk 1968 und der 1988 fur das Dritte Fernsehprogramm des WDR gedrehte Dokumentarfilm Schone Poesie ist Krampf im Klassenkampf Essener Songtage 1968 von Michael und Joachim Rusenberg fur den die beiden 1989 mit dem Adolf Grimme Preis mit Silber ausgezeichnet wurden Am 2 Mai 2018 strahlte der WDR in seinem 5 Horfunkprogramm eine fast zweistundige Collage von Tom Schroeder zum Thema IEST 68 50 Jahre danach aus Tom Schroeder Internationale Essener Song Tage 1968 Die Festivalrevolte im Pott Nackte Wahrheiten und sehr subjektive Eindrucke eines Ansagers und Mitveranstalters Bewertung BearbeitenDie Internationalen Essener Songtage fanden 15 Monate nach dem Monterey Pop Festival und 11 Monate vor dem Woodstock Festival statt Das Festival prasentierte viele Gruppen und Kunstler erstmals in Deutschland Kaiser pries das Festival im Begleitheft als Musikhappening das bewusstseinserweiternd und bewusstseinserweitert psychedelisch andere Erlebnisweisen erschliesst und somit eher emotional das Erworbene und Gewohnte in Frage stellt Im Unterschied zu Monterey Pop waren die Songtage nicht primar als Pop Festival konzipiert vielmehr ging es dem Organisationsteam darum neben Pop auch Chanson Folklore politische Lieder aber auch Kabarett und Mixed Media Veranstaltungen als kulturelle Formen einer engagierten und sozialen Realitat der Bundesrepublik zu prasentieren Die Heterogenitat und Bandbreite der auf den Songtagen prasentierten musikalischen und kunstlerischen Beitrage einerseits die theoretische und ideologische Uberfrachtung des Festivals andererseits machten die Songtage in der Tat zu einem einmaligen Erlebnis deutscher Popgeschichte 3 Beruhmt wurde Rolf Ulrich Kaiser als Katalysator und Ideengeber fur die IEST die als erste und grosste Manifestation des kontinental europaischen Underground der 60er Jahre Geschichte machte 3 Das Festival gilt als Debut einer eigenstandigen deutschen Rockmusik Fuhrende amerikanische Undergroundkunstler und deutsche Rockmusiker wurden zumeist erstmals einem grossen Publikum prasentiert Das Festival war durch den konzentrierten Auftritt so vieler progressiver Gruppen ausserst einflussreich fur den entstehenden Krautrock und Politrock 4 Die Idee der Organisatoren war es vor allem solche Kunstler zu verpflichten die am besten die Sprunge und Verwerfungen der politischen und kulturellen Gegenwart reflektieren So versuchte im Rahmen des Festivals eine Ausstellung die Bedeutung der Pop Folk Musik und des Underground zu verdeutlichen Die damals revolutionare Idee eines Festivals das gleichermassen von einer stadtischen Behorde hier Jugendamt Essen und freien Veranstaltern getragen wurde und eine Vielzahl kunstlerischer Ausdrucksformen einschliesslich politischer Diskussionen beinhaltete setzte sich andernorts fort Das Modell ist heute noch die Grundlage des erfolgreichen jahrlichen Open Ohr Festivals in Mainz Auch die drei Essener Pop amp Blues Festivals in der Grugahalle 1969 und 1970 sollten die Tradition der Essener Songtage fortsetzen Literatur BearbeitenHenryk M Broder Martin Degenhardt Rolf Ulrich Kaiser Song Magazin IEST 68 Hrsg vom Jugendamt der Stadt Essen 1968 Bernd Cailloux Das Geschaftsjahr 1968 69 Suhrkamp Frankfurt am Main 2005 ISBN 978 3 518 12408 6 ISBN 3 518 12408 0 Eric Deshayes Au dela du Rock La vague planante electronique et experimentale allemande des annees 70 ISBN 978 2 915378 38 2 Thomas Hecken Pop und Politik Uberlegungen am Beispiel des Creamcheese und der Internationalen Essener Song Tage 1968 In Pop in R h einkultur Oberflachenasthetik und Alltagskultur in der Region Hrsg von Dirk Matejovski Marcus S Kleiner Enno Stahl Klartext Essen 2008 ISBN 978 3 8375 0005 9 S 245 264 Uwe Husslein Hrsg Tief im Westen Rock amp Pop in NRW Emons Koln 1999 Adi Kwiatkowski Die Internationalen Essener Songtage 1968 In Alles schien moglich 60 Sechziger uber die 60er Jahre und was aus ihnen wurde Hrsg Werner Pieper The Grune Kraft 2007 ISBN 978 3 925817 52 6 Detlev Mahnert Harry Sturmer Zappa Zoff und Zwischentone Die Essener Songtage 1968 Klartext Verlag Essen 2008 ISBN 978 3 89861 936 3 Thomas Mania u a Jugend Protest Kultur 1968 Landschaftsverband Westfalen Lippe 1999 ISBN 3 927204 51 X Klaus Schulze eine musikalische Gratwanderung Schwinn 1986 ISBN 3 925077 04 9 Detlef Siegfried Time Is on My Side Konsum und Politik in der westdeutschen Jugendkultur der 60er Jahre Wallstein Gottingen 2006 ISBN 3 8353 0073 3 Weblinks BearbeitenBilder Bearbeiten Song Magazin IEST 68 Ruck und Vorder Seite Song Magazin IEST 68 Vorder Seite IEST 68 Logo und Programm WAZ IEST 68 Logo Anzeigengrafik der geburtstagspresse im Song Magazin Bilder aus dem Buch Zappa Zoff und ZwischentoneTexte Bearbeiten Extase bis zur Bewusstlosigkeit Spiegel Online Die Krautrock Story krautrockseite de A brief summary of German rock music scaruffi com Wolfgang Layer K wie Kaiser K wie Kosmos Der Macher thing de Detlev Mahnert Popgeschichte der 60 er Jahre mahnert online de Rolf Ulrich Kaiser Prophet der kosmischen Musik Eric Deshayes ubersetzt von Detlev Mahnert mahnert online de Marco Neumaier Ein Augen und Ohrenflug zum letzten Himmel Die deutsche Rockszene um 1969 rzuser uni heidelberg de kschulte Everybody s Darling Film uber Uschi Obermaier Suddeutsche Zeitung Michael Rusenberg Memento vom 20 April 2009 im Internet Archive WDR JazzRadio Christoph Wagner Deutschlands Woodstock folker de spurensicherung roots and traces 021 disaster essen 1968 sixteen seconds siemers podspot de Essen und andere Lecker Sachen geschichte nrw de Die Essener Songtage und heisse Rocknachte Blossom Toes Gigography Der Manager erzahlt Tuli Kupferberg und Frank Zappa musikzirkus eu Gunter Hampel John McLaughlin Frank Zappa Essener Songtage 1968 DVD PAL on DIME zappateers com Weiterfuhrende Links zu den Essener Songtagen zappateers com Detlev Mahnerts IEST Projekt Einzelnachweise Bearbeiten Quartett der Kritiker Tom Schroeder Preis der deutschen Schallplattenkritik Thomas Dupke Vom Wiederaufbau zum Strukturwandel Essen 1945 bis 2000 In Borsdorf Hrsg Essen Geschichte einer Stadt 2002 S 518 a b Tief im Westen Rock und Pop in NRW Memento vom 8 Januar 2016 im Internet Archive ISBN 3 89705 151 6 Frank Gingeleit The Progressive Seventies in South Western Germany In Aural Innovations 21 Oktober 2002 abgerufen am 25 Dezember 2007 englisch Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Internationale Essener Songtage amp oldid 234557923