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In der Physik versteht man unter Hyperpolarisation eine geordnete Ausrichtung von Kernspins in einer Materialprobe weit uber das thermische Gleichgewicht hinaus Inhaltsverzeichnis 1 Definition 2 Realisierung 3 Anwendungen 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseDefinition BearbeitenEin Spin der Grosse I displaystyle I nbsp hat relativ zu einer gegebenen Quantisierungsachse 2 I 1 displaystyle 2I 1 nbsp mogliche Orientierungen siehe Richtungsquantelung Befinden sich die Teilchen in einem ausseren Magnetfeld entstehen wegen des mit dem Spin verbundenen magnetischen Moments zwischen diesen Orientierungen Energieunterschiede die fur ein gegebenes Atom und dessen molekulare Umgebung typisch sind Diese Energieunterschiede bewirken grundsatzlich eine Polarisation also Unterschiede zwischen den Besetzungszahlen der einzelnen Orientierungen Die Energiedifferenzen sind allerdings selbst in starken Feldern sehr klein im Vergleich zur thermischen Energie der Teilchen Die entstehenden Besetzungsunterschiede lassen sich mithilfe der Boltzmann Statistik berechnen sie liegen stets unterhalb 1 Promille Fur die Kernresonanzspektroskopie kommt es aber auf moglichst grosse Besetzungsunterschiede an da die Absorption sonst von der induzierten Emission vollstandig aufgehoben wird die Probe also quasi durchsichtig wird Die Empfindlichkeit von Kernresonanzexperimenten ist folglich vergleichsweise gering Eine Probe in der ein oder mehrere Spinzustande gegenuber dem oder den anderen erheblich mehr uberwiegt uberwiegen als ihre Energiedifferenz uber die Boltzmann Statistik vorhersagt nennt man hyperpolarisiert Realisierung BearbeitenHyperpolarisationseffekte lassen sich experimentell in Edelgasen erzeugen Haufig wird hierzu das Helium Isotop 3He oder das Xenon Isotop 129Xe verwendet Die Hyperpolarisation wird uber den Umweg der Polarisation von Elektronenspins von Alkalimetallen erreicht Die magnetischen Momente der Hullenelektronen eines gasformigen Alkalimetalls haufig Rubidium werden durch optisches Pumpen ausgerichtet und das Alkalimetallgas mit dem Edelgas vermischt Durch Stosse zwischen den Edelgasatomen und den Alkalimetallatomen kommt es dazu dass die ausgerichteten Elektronenspins der Alkalimetalle die Kernspins der Edelgase ausrichten Hyperfeinwechselwirkungen Dadurch konnten experimentell Polarisationsgrade von bis zu 70 erreicht werden was einige Grossenordnungen uber der von der Boltzmann Statistik vorgegebenen Gleichgewichtspolarisierung liegt Eine andere Moglichkeit stellt die so genannte dynamische Kernpolarisierung dynamic nuclear polarization dar Diese Methode kann in Festkorpern Polarisierung von Elektronenspins auf den Kernspin ubertragen Es werden dazu meist organische Radikale in die Probe eingebracht und die Probe dann bei sehr tiefen Temperaturen und mittleren Magnetfeldern beispielsweise 1 1 Kelvin und 3 Tesla einer starken Mikrowellenstrahlung im Bereich der Resonanzfrequenz der Radikalelektronen ausgesetzt Dies entspricht dem Aufbau eines Elektronenspinresonanzexperiments Durch Wechselwirkungen zwischen Elektronen und Kernen Overhausereffekt Solid effect Thermal mixing und andere kann nach ausreichend langer Bestrahlung eine hohe Polarisierung der Kerne erreicht werden Es gibt vielversprechende Versuche diese Polarisierung des Festkorpers durch schnelles Auftauen und Losen in die flussige Phase zu ubertragen 1 Anwendungen BearbeitenEine Anwendung der Hyperpolarisation liegt im Bereich der Kernspinresonanz NMR bzw Magnetresonanztomografie MRT Durch die grosse Zahl ausgerichteter Kernspins ist das hyperpolarisierte Gas sehr gut mit Magnetresonanzmethoden zu erkennen weshalb es sich als Kontrastmittel fur bestimmte Anwendungen anbietet Bisher wurde erfolgreich demonstriert dass sich nach der Inhalation von hyperpolarisiertem Xenon gute MRT Aufnahmen der menschlichen Lunge machen lassen Das im vorigen Abschnitt erwahnte Verfahren mit einer Losung von Molekulen mit hyperpolarisierten Atomkernen lasst sich z B in der onkologischen Diagnostik einsetzen 2 Der Stoffwechsel der hyperpolarisierten Molekule wird dabei mit dynamischer Bildgebung verfolgt 3 Als Beispiel konnte ein Polarisationsgrad im Festkorper von 64 5 fur 13C Spins in einem fur die Onkologie geeigneten Molekul Brenztraubensaure erreicht werden 4 Verluste wahrend der Auflosung der Probe und Transfer fur die anschliessende NMR oder MRT Messung konnen auf einige Prozent reduziert werden Auch in strukturbiologischen Forschungen lasst sich Hyperpolarisation mit Erfolg einsetzen 5 Literatur BearbeitenThad G Walker William Happer Spin exchange optical pumping of noble gas nuclei In Reviews of Modern Physics Band 69 Nr 2 1997 S 629 642 doi 10 1103 RevModPhys 69 629 Weblinks BearbeitenArtikel vom 22 Januar 2014 in der NZZ zur HyperpolarisationEinzelnachweise Bearbeiten Jan H Ardenkjaer Larsen Bjorn Fridlund Andreas Gram Georg Hansson Lennart Hansson Mathilde H Lerche Rolf Servin Mikkel Thaning Klaes Golman Increase in signal to noise ratio of gt 10 000 times in liquid state NMR In Proceedings of the National Academy of Sciences Band 100 Nr 18 2003 S 10158 10163 doi 10 1073 pnas 1733835100 S E Day et al Detecting tumor response to treatment using hyperpolarized 13C magnetic resonance imaging and spectroscopy In Nat Med 13 Nr 11 2007 S 1382 1387 PMID 17965722 K Golman et al Molecular imaging with endogenous substances In Proc Natl Acad Sci U S A 100 Nr 18 2003 S 10435 10439 PMID 12930896 H Johannesson et al Dynamic Nuclear Polarization of 1 13C pyruvic acid at 4 6 tesla In J Magn Reson 197 Nr 2 2009 S 167 175 PMID 19162518 Thibault Viennet Aldino Viegas Arne Kuepper Sabine Arens Vladimir Gelev Ognyan Petrov Tom N Grossmann Henrike Heise Manuel Etzkorn Selective Protein Hyperpolarization in Cell Lysates Using Targeted Dynamic Nuclear Polarization In Angew Chem Int Ed Juni 2016 doi 10 1002 anie 201603205 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hyperpolarisation Physik amp oldid 207991425