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Die sogenannte Historikerkommission der FPO war ein 2018 von der Freiheitliche Partei Osterreichs FPO eingerichtetes Gremium von Wissenschaftern zur Aufarbeitung der Geschichte der Partei Im August 2019 wurde eine Zusammenfassung des Rohberichtes prasentiert Die mehrmals verschobene Veroffentlichung des Endberichts der Historikerkommission fand am 23 Dezember 2019 statt Das Sammelwerk wurde von Zeithistorikern scharf kritisiert Prasentation des Historikerberichtes am 23 Dezember 2019 Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2 Aufgaben 3 Mitglieder 3 1 Koordinierungsgruppe 4 Kritik 4 1 Kritik im Vorfeld 4 2 Kritik an den Ergebnissen 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseGeschichte BearbeitenDer Aufbau einer Historikerkommission der FPO wurde auf einem Bundesparteitag am 12 Februar 2018 beschlossen Das Gremium wurde eingerichtet um die Geschichte des dritten Lagers aufzuarbeiten und dunkle Flecken in ihrer Parteigeschichte zu beleuchten 1 Konkret sollte die Nahe der Partei zu rassistischem oder antisemitischem Gedankengut von Historikern untersucht werden Anlass dieses Entschlusses war der Skandal um antisemitische Texte in einem Liederbuch der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt welcher der niederosterreichische FPO Politiker Udo Landbauer angehorte Die Kommission sollte unter anderem derartige Vorwurfe aufgreifen und wissenschaftlich fundiert uberprufen Bis Oktober 2018 sollte ursprunglich ein erster Zwischenbericht der Kommission vorliegen der angeblich im Dezember 2018 fertiggestellt wurde 2 Die Veroffentlichung des Berichts wurde vom ursprunglich anvisierten Herbst 2018 mehrere Male verschoben und sollte zuletzt Anfang August 2019 erfolgen 3 Am 5 August 2019 wurde eine 32 seitige Zusammenfassung der uber 1 000 geplanten Seiten veroffentlicht Kommissionsleiter Wilhelm Brauneder sagte bei der Prasentation insgesamt komme er zum Schluss dass die FPO eine Partei wie nahezu jede andere ist 4 5 Die Zusammenfassung wurde im In und Ausland stark kritisiert 6 7 Am 23 Dezember 2019 wurde der Endbericht bei einer tags zuvor angekundigten Pressekonferenz veroffentlicht 8 An dem 668 Seiten starken Bericht waren 19 Autoren beteiligt darunter 12 Historiker Er steht auf der Website der FPO zum Download zur Verfugung 9 Aufgaben BearbeitenDie Historikerkommission hatte den Auftrag die Vergangenheit der Freiheitlichen Partei zu beleuchten und insbesondere mogliche personelle wie ideologische Uberschneidungen Beruhrungspunkte und Kontakte in die extreme Rechte zu uberprufen Dabei wurde explizit nur die FPO als Untersuchungsgegenstand definiert deutschnationale Verbindungen oder ein weiter gefasstes drittes Lager wurden davon ausgenommen Als Begrundung dafur fuhrte die Partei an dass es sich bei Burschenschaften um private Vereine handle die man nicht zwingen konne ihre Archive offenzulegen Der Leiter der Koordinierungsgruppe Andreas Molzer bezeichnete die Kommission im Karntner Monat im April 2018 als taktisches Manover um aus den Schlagzeilen zu kommen was ob der offiziellen Aufgabenstellung fur Verstimmung sorgte Die Parteispitze wies Molzers Aussage jedoch zuruck 10 Im Fruhjahr 2019 kundigte Brauneder an auch die Verstrickungen der FPO mit der Identitaren Bewegung Osterreich als Themengebiet in die Untersuchung aufzunehmen 11 Mitglieder BearbeitenDie personelle Zusammensetzung der FPO Historikerkommission wurde lange nicht bekannt gegeben zuvor wurde lediglich die Person des Vorsitzenden prasentiert es handelt sich um den Juristen und ehemaligen Dritten Nationalratsprasidenten Wilhelm Brauneder Dieser sollte gemeinsam mit einem Team aus 30 bis 50 Historikern arbeiten dem Dritten Lager gegenuber kritische Wissenschaftler sollten als Externe uber Hearings eingebunden werden Das Dokumentationsarchiv des osterreichischen Widerstandes hat seine Bereitschaft zur Mitarbeit an die Bedingung geknupft dass es um eine ernsthafte wissenschaftliche Aufarbeitung und nicht etwa einen Reinwaschungsversuch gehe 6 Die weiteren Mitglieder der Kommission sollten laut ihrem Vorsitzenden erst im Herbst 2018 genannt werden sobald erste Ergebnisse der Kommission vorliegen Tatsachlich wurden die Namen der Mitarbeiter am Bericht erst im August 2019 bekannt gegeben 12 Wilhelm Brauneder Thomas R Grischany Christian Hafenecker Gerhard Hartmann Lothar Hobelt Johannes Kalwoda Stefan Karner Anton Karl Mally Andreas Molzer Norbert Nemeth Reinhard Olt Erwin A Schmidl Kurt Scholz Hubert Speckner Mario Strigl Michael Wladika Drei weitere Mitarbeiter wurden am Tag der Prasentation des Endberichts bekannt Raphael Israeli Mordechai Kedar Laila Katharina Mirzo Koordinierungsgruppe Bearbeiten Neben der eigentlichen Historikerkommission gab es auch eine Koordinierungsgruppe auch Referenzgruppe genannt bestehend aus derzeitigen und ehemaligen FPO Funktionaren die den Aufarbeitungsprozess leiten und steuern sollten Uber die genaue Rolle dieser Gruppe wurde bekannt dass sie der Kommission den Kontakt zu Politikern gegen die Vorwurfe von Verstrickungen in den Rechtsextremismus oder rassistischer Anstreifungen geaussert wurden herstellen sollen Der FPO Klubobmann Walter Rosenkranz sicherte jedoch zu dass es keine politische Einflussnahme der FPO auf die Kommission geben werde Dieser Koordinierungsgruppe gehorten folgende Personen an FPO Ehrenobmann Hilmar Kabas 13 Volksanwalt Peter Fichtenbauer die nicht amtsfuhrende FPO Stadtratin Ursula Stenzel die Dritte Nationalratsprasidentin Anneliese Kitzmuller Bundesparteiobmann Stellvertreter Harald Stefan der freiheitliche Parlamentsklub Direktor Norbert Nemeth der Vorarlberger Abgeordnete Reinhard Bosch der FPO Politiker und Publizist Andreas MolzerKritik BearbeitenKritik im Vorfeld Bearbeiten Die Kritik nach Ankundigung der FPO Historikerkommission zielte zum einen auf die eingebundenen Akteure und deren Verhaltnis zur FPO und zum Rechtsextremismus ab So wurde die Objektivitat von Kommissions und Koordinationsgruppenmitgliedern die selbst der FPO angehoren oder in rechtsextremen Publikationen veroffentlicht haben 14 und nun etwaige dunkle Flecken der Vergangenheit ihrer Partei beforschen sollen infrage gestellt So unterzeichneten 570 Zeithistoriker eine Resolution in der sie unter anderem Transparenz und Unabhangigkeit als Grundlage serioser Aufarbeitung einforderten 15 Ebenso wurde die mangelnde Internationalitat und fachliche Expertise der Kommission kritisiert Die anscheinend angestrebte nachtragliche Prufung durch den islamkritischen israelischen Historiker Motti Kedar sei alleine aufgrund seiner mangelnden Fachkenntnis zum Nationalsozialismus vor und nach 1945 ungeeignet diese Bedenken auszuraumen 7 Zum anderen fuhrte auch der Ausschluss der Burschenschaften aus dem Forschungsrahmen der Kommission zu Kritik Dieser Umstand war darauf zuruckzufuhren dass deutschnationale Korporationen wie Burschenschaften Uberschneidungen zur FPO aufweisen So waren 2016 etwa ein Drittel der Freiheitlichen Fraktion im Wiener Landtag Mitglied einer Burschenschaft 16 auch in der Koordinierungsgruppe der FPO Historikerkommission fanden sich mehrere Burschenschafter 13 Ein weiterer Grund der Kritik war dass die jungsten Skandale um Mitglieder der FPO etwa jener um den niederosterreichischen FPO Spitzenkandidaten Udo Landbauer 17 oder den Ministeriumsmitarbeiter Herwig Gotschober 18 direkt mit deren Mitgliedschaft in deutschnationalen Burschenschaften verknupft sind Kritiker befurchteten dass eine ernsthafte Aufarbeitung ohne einer Offnung burschenschaftlicher Archive nicht sinnvoll umzusetzen ist Auch die Person Brauneders als Vorsitzender der Kommission stiess auf Kritik von Historikern und zivilgesellschaftlichen Organisationen wie etwa der Osterreichischen HochschulerInnenschaft oder der NGO SOS Mitmensch So vertritt Brauneder die These dass Osterreich ein deutscher Staat sei was ihm Vorwurfe des Deutschnationalismus einbrachte Zudem veroffentlichte er Texte in der Aula welche vom Dokumentationsarchiv des osterreichischen Widerstandes als langjahrig pragendes Organ des osterreichischen Rechtsextremismus nach 1945 beschrieben wird 19 sowie in der Schrift Mut die vom deutschen Verfassungsschutz als rechtsextrem und verfassungsfeindlich eingestuft wird 20 Kritik an den Ergebnissen Bearbeiten Kritik ausserten nach der Prasentation der Kurzzusammenfassung im August 2019 zwei Mitarbeiter des Berichtes Der fruhere Wiener Stadtschulrat Kurt Scholz wies in einem Interview mit der Tageszeitung Osterreich die Darstellung Mitglied der Historikerkommission gewesen zu sein als verkurzt zuruck Er habe vor eineinhalb Jahren einen Beitrag fur Wilhelm Brauneder abgeliefert und seither hatte es keinen Kontakt mehr gegeben Er forderte die FPO auf den ganzen Bericht online zu stellen 21 Michael Wladika kritisierte dass sein Beitrag verkurzt und aus dem Zusammenhang gerissen wiedergegeben worden sei 22 Medienwissenschaftler und Plagiatsgutachter Stefan Weber erhob nach einer kursorischen Analyse der ersten drei Beitrage im Dezember 2019 einen Plagiats Vorwurf er habe Ubereinstimmungen mit Wikipedia Artikeln gefunden 23 Der Journalist Armin Wolf der den Bericht fur ein Interview mit Kommissions Mitglied Andreas Molzer am 27 Dezember uber die Weihnachtsfeiertage gelesen hatte nannte die Begrundung dass wegen der Datenschutz Grundverordnung keine Anfragen an Burschenschaften zur Auswertung ihrer Archive gestellt worden waren absurd Weiters bezeichnete er es als besonders grotesk dass es keinen einzigen Absatz zur Identitaren Bewegung gabe gleichzeitig aber mit Laila Mirzo eine Aktivistin der Identitaren einen Beitrag verfasst habe 24 Mehrere Zeithistoriker gingen mit der Kommission und ihrem Bericht scharf ins Gericht Oliver Rathkolb betonte dass die Bezeichnung Historikerkommission ein Etikettenschwindel sei da die Autorengruppe offenbar keine Plenarsitzungen abgehalten habe Ausserdem seien viele der Autoren keine Historiker Eine vom Kommissionsvorsitzenden Brauneder in einem Interview angekundigte Studie auf Basis der Parteivorstandsprotokolle sei nicht erschienen Archive der FPO seien kaum jene von Burschenschaften uberhaupt nicht ausgewertet worden Der ursprungliche Arbeitsauftrag des damaligen FPO Obmanns H C Strache sei durch den Bericht nicht erfullt worden 25 26 27 Laut Margit Reiter Autorin einer Monografie uber die Anfange der FPO fehlen im Bericht Informationen uber die Rolle der Grundungsmitglieder der FPO Vorgangerpartei VdU im Nationalsozialismus sowie deren Gesinnung nach Kriegsende Aktuelle wissenschaftliche Publikationen seien nicht berucksichtigt worden Uber FPO Grundungsvater Anton Reinthaller sei die Legende vom guten Nazi reproduziert worden Dadurch ergebe sich ein stark verzerrtes Bild 28 29 Fur Gerhard Baumgartner Leiter des Dokumentationsarchivs des osterreichischen Widerstandes ist der Bericht eine ziemlich oberflachliche Arbeit in der wichtige Aspekte nicht behandelt wurden wie etwa die Verquickungen von Parteimitgliedern in den Sudtirol Terror Es wurde fast nichts uber Identitare und Burschenschaften gesagt nichts uber aktuelle Vernetzungen prominenter FPO Politiker zu rechtsextremen Kreisen Es habe oft den Anschein die NSDAP werde nicht als Terrorgruppe sondern als Volkstanzgruppe mit weissen Strumpfen wahrgenommen 29 30 Weblinks BearbeitenBericht der Historikerkommission Online auf der Website der FPO PDF 7 11 MB Einzelnachweise Bearbeiten FPO berat heute uber Historikerkommission In diepresse com 12 Februar 2018 abgerufen am 3 Mai 2018 Zwischenbericht uber dunkle Flecken der FPO liegt vor In diepresse com 12 Dezember 2018 abgerufen am 12 Dezember 2018 Historikerkommission Weiter warten auf FPO Bericht In wienerzeitung at 9 Juli 2019 abgerufen am 9 Juli 2019 FPO legt Teil von Historikerbericht vor In orf at 5 August 2019 abgerufen am 6 August 2019 Verheerende Kritik an FPO Historikerbericht In orf at 6 August 2019 abgerufen am 6 August 2019 a b Historikerkommission Wie die FPO braune Flecken sucht In diepresse com 13 Februar 2018 abgerufen am 2 Mai 2018 a b Lissy Kaufmann Israelischer Forscher zu FPO Bericht Autoren sind nicht die Leuchtturme der Historikerzunft In derstandard at 12 August 2019 abgerufen am 20 September 2019 Prasentation am Montag FPO enthullt Historikerbericht In orf at 22 Dezember 2019 abgerufen am 22 Dezember 2019 Markus Sulzbacher Laurin Lorenz FPO Historikerbericht als Weihnachtsgeschenk fur die Gegenoffentlichkeit In derstandard at 23 Dezember 2019 abgerufen am 23 Dezember 2019 FP Historikerkommission laut Molzer taktisches Manover In diepresse com 27 April 2018 abgerufen am 22 Dezember 2019 Identitare werden Thema in FPO Historikerkommission In wienerzeitung at 10 April 2019 abgerufen am 13 April 2019 Markus Sulzbacher FPO legt ihre Geschichte vor teilweise In derstandard at 6 August 2019 abgerufen am 7 August 2019 a b Von Stenzel bis Molzer FPO prasentiert Historikerkommission In diepresse com 13 Februar 2018 abgerufen am 3 Mai 2018 Reaktionen Angst der FPO vor echter Aufarbeitung In diepresse com 13 Februar 2018 abgerufen am 3 Mai 2018 Entspricht nicht wissenschaftlichen Standards In science orf at 10 April 2018 abgerufen am 2 Mai 2018 Korporierte FPO PolitikerInnen Forschungsgruppe Ideologien und Politiken der Ungleichheit 21 Januar 2016 abgerufen am 2 Mai 2018 FPO NO Udo Landbauer warb fur Buch mit NS Liedgut Du Volk aus der Tiefe In profil at 24 Januar 2018 abgerufen am 3 Mai 2018 NS Liederbuch Gotschober leistet vorsorglich Abbitte In kurier at 22 Februar 2018 abgerufen am 3 Mai 2018 Erkennen Rechtsextremismus Rechtsextreme Organisationen Die Aula In doew at Abgerufen am 2 Mai 2018 Christa Zochling Im Sinn der Umerziehung Die Welt des Wilhelm Brauneder In profil at 15 Februar 2018 abgerufen am 2 Mai 2018 OSTERREICH Kurt Scholz geht auf Distanz zu FPO Bericht In ots at 6 August 2018 abgerufen am 22 Dezember 2019 FPO Historikerbericht Weiterer Mitautor geht auf Distanz In orf at 12 August 2019 abgerufen am 22 Dezember 2019 FPO Historikerbericht Zahlreiche Ubereinstimmungen mit Wikipedia In diepresse com 24 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