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Die Hinrichtungsstatten am Wienerberg im heutigen 10 Wiener Gemeindebezirk Favoriten waren das Hochgericht bei der Spinnerin am Kreuz und die nordlich davon naher zur Stadt gelegene Richtstatte beim Raderkreuz Diese Standorte lagen beide ausserhalb der spateren Matzleinsdorfer Linie an der Neustadter Strasse heute Triester Strasse 1 Inhaltsverzeichnis 1 Hinrichtungsstatten in Wien 2 Hochgericht am Wienerberg 3 Richtstatten beim Raderkreuz 3 1 Reder an der strass 3 2 Der Neue Wiener Galgen 4 Literatur 5 EinzelnachweiseHinrichtungsstatten in Wien Bearbeiten Hauptartikel Wiener Hinrichtungsstatten Im mittelalterlichen Wien gab es eine Anzahl von Richtstatten unabhangig davon fanden Hinrichtungen zur Abschreckung manchmal auch direkt am Tatort statt Zwei der am langsten fur die Blutgerichtsbarkeit verwendeten Orte waren diejenigen am Wienerberg hier wurden die Delinquenten durch Hangen Verbrennen Kopfen Vierteilen und Radern hingerichtet Der Wienerberg war wegen seiner exponierten Lage und der beherrschenden Hohe uber Wien fur die damalige Rechtspflege ein idealer Ort fur ein Hochgericht da dieses zum Zwecke der Abschreckung moglichst sichtbar und an einer Heerstrasse errichtet werden sollte Ob mit oder ohne Gehenkten war der Galgen ein deutliches Symbol obrigkeitlicher Macht und Gerechtigkeit 2 Hochgericht am Wienerberg BearbeitenEine prazise Lokalisierung ist trotz einiger bildlicher Darstellungen nicht moglich doch hat es sich offenbar ein kurzes Stuck sudostlich der Spinnerin am Kreuz befunden Skelettfunde bei Bauarbeiten im Jahre 1927 sudlich der heutigen Raxstrasse wurden als Graber von dort Hingerichteten identifiziert Da diese Personen damals in unmittelbarer Nahe des Hinrichtungsortes verscharrt wurden ist dieser zwischen dem Wasserturm Favoriten und den Siedlungsbauten hinter dem Haus Triester Strasse 85 anzunehmen nbsp Beispiel eines Dreiseit Galgens bei Irnfritz MessernNach den erwahnten Bildern handelte es sich um einen vierschlafrigen Galgen auch Vierseitgalgen genannt der sich auf einer mannshohen gemauerten Plattform dem Rabenstein 3 befand Die ebenfalls gemauerten Tragsaulen der Querbalken waren aus logischen Grunden mehr als mannshoch so dass die Gesamthohe des Baues 4 bis 5 m betragen haben durfte Die Zwerchbaume Querbalken fur die Seilschlingen waren 5 Klafter und 2 Schuh lang was rund 10 m entspricht 1 Wiener Klafter war 1 80 m Die Plattform des Sockels konnte durch einen mit einer Holztur verschlossenen inneren Aufstieg betreten werden Die Galgenleiter bestand aus 2 Stamb zehenbaumbigen gehakhten Chorbamb 4 Der Galgen wurde von Zimmerleuten Maurern und Schlossern aufgerichtet Da im spaten Mittelalter der Beruf des Galgenzimmermannes nicht zu den ehrbaren gehorte verlangten die Handwerker um ihre Arbeit nicht allzu sehr als Gewerbe erscheinen zu lassen statt Geld meistens eine besondere Kost 1685 wird auf einer Abrechnung des Unterkammeramtes der dafur zustandigen Finanzbehorde vermerkt Samtlichen Handwerk Purschen so bey Neilliger Reparirung des Hochen Gerichts am Wiener Perg gearbeitet auf Wein und Prodt 16 fl Gulden Schon 1630 wurde den Handwerkern nach erfolgter Arbeit wie von Alters her gebrauchlich vier Eimer wein zu ainem drunkh gegeben 5 Zur Anhebung der Reputation wurde den Handwerkern um die Mitte des 16 Jahrhunderts gestattet eine feierliche Prozession wahrend des Baues durchzufuhren Bei der Reparatur des 1529 durch die Turken beschadigten Galgens zogen im Jahre 1531 insgesamt 163 Personen zum Hochgericht angefuhrt vom Unterrichter des Wiener Ratsgremiums der beim Beruhren des Galgenstrickes die Formel pro nobis et successoribus fur uns und die Nachfolgenden zu sprechen hatte 5 nbsp Wienerberg mit Bildseul Spinnerin am Kreuz links davon Hochgericht links unten Reder an der strass Vedute von Meldemann 1529Eine Erwahnung in einer Chronik von Jahre 1311 lasst offen ob dieses Hochgericht oder das beim Raderkreuz gemeint ist siehe nachstes Kapitel es durfte allerdings viel fruher errichtet worden sein Das Stadtrecht Wiens von 1296 durch Albrecht I 1255 1308 begrenzt den Burgfrieden bis an das Ziel da der stat gerichte hin get als es von alter gewonheit herchomen ist Das konnte bedeuten dass vermutlich schon unter den Babenbergern dort das Hochgericht bestand 6 1372 steht der galigen als Ortsangabe in einem Kaufbrief des Propstes von St Stephan in Wien uber Getreidezehent am Wienerberg 5 Erstmals auf einer bildlichen Darstellung sind das Hochgericht am Wienerberg und die Spinnerin am Kreuz zusammen mit dem Reder an der strass siehe nachstes Kapitel auf einer Rundansicht der Stadt Wien zu sehen die Nikolaus Meldemann 1529 anlasslich der ersten Turkenbelagerung anfertigte Die Richtstatte wird mit zwei aufgestellten Radern mit je einem Delinquenten darauf und einem Gepfahlten daneben dargestellt Im Jahr 1747 wurde auf Befehl von Maria Theresia der Galgenplatz am Wienerberg aufgelassen Angeblich soll sie den Anblick der dort hangenden Leichen auf ihrer Fahrt nach Schloss Laxenburg zu sehr entsetzt haben 7 Das Hochgericht wurde dann auf den Rabenstein in der Rossau versetzt In einer Registratur Aufzeichnung vom 5 Juli 1747 wurde dazu vermerkt Die Hochgerichte am Wienerberg sollen abgethan und keines nachst daselbst erbaut werden 8 Davon war auch die Richtstatte beim Raderkreuz betroffen An diesem Galgen wurden in der Zeit seiner Verwendung fast ausschliesslich Diebe und Einbrecher gehenkt die schwereren Verbrechen wurden an der Raderkreuz Richtstatte gesuhnt Die letzte dokumentierte Hinrichtung fand am 23 Marz 1747 an den beiden Dieben Anton Lackomy und Johann Spet statt auff dem Wienner Berg mit dem Strang vom Leben zum Tod hingerichtet 8 Nachdem das Galgengerust abgebrochen worden war erinnerte bald nur mehr der Flurname Galgenheide bis zu seiner endgultigen Verbauung an diesen Ort Richtstatten beim Raderkreuz BearbeitenReder an der strass Bearbeiten nbsp Mariensaule Raderkreuz Fotografie von 1868 vor dem Abbruch Auch bei dieser Reder an der strass genannten Richtstatte liegt die Entstehungsgeschichte im Dunkeln die ersten dort vorgenommenen Hinrichtungen mit Schwert und Rad sind in keinen Quellen verzeichnet Sie lag ostlich der damals so genannten Neustadter Poststrasse der heutigen Triester Strasse auf Hohe der Davidgasse Eine bildliche Darstellung befindet sich auf der oben erwahnten Meldemann Vedute Eine daneben aufgestellte Mariensaule wurde 1372 als Chrewz das do steht auf dem Wienerperg bey dem Galgen erwahnt welches 1452 renoviert und seit 1458 als Rader Roder oder Rotherkreucz auch als Pinterkreuz 9 bezeichnet 1 Renovierungen fanden auch in den Jahren 1611 und 1704 statt wie Inschriften auf der Saule bezeugten Sie war etwa 2 50 m hoch von einer Pieta gekront und diente als letzte Andacht fur den Delinquenten 1839 beschrieb sie Adolf Anton Schmidl in seinem Werk Wien s Umgebungen auf zwanzig Stunden im Umkreise III Band allerdings mit falschen Jahreszahlen er hatte die Angaben auf der Saule falsch interpretiert 10 Noch ehe man die Hohe des Wienerbergs erreicht bemerkt man links an der Strasse eine kleine Erhohung auf welcher eine steinerne Mariensaule steht 1611 errichtet 1704 erneuert Mehrere daneben befindliche Grabhugel bezeichnen den Platz als die Wiener Richtstatte Der Hugel heisst daher auch Armensunderhugel die Statue das Raderkreuz Ob die Hinrichtung des Wiener Aufruhrers Johann Stadlawer Johann von Stadlau im Jahre 1311 bei welcher der Delinquent einem Pferd an den Schweiff gebunden vor die Stadt hinausgeschleiffet und mit dem Rad hingerichtet worden war dort stattfand ist nicht sicher 11 Eine ebenso durchgefuhrte Hinrichtung im Jahre 1462 wurde zwar wegen der Kosten vom Unterkammeramt genau festgehalten aber auch hier war die Ortsangabe unsicher Im Jahr 1708 wurde hier erstmals die Hinrichtung einer Frau dokumentiert namlich einer 36 Jahre alten Kindesmorderin beym Rotherkreuz Kopf und die rechte Hand auf das Rad 12 Mit dem Dekret Maria Theresias vom 5 Juli 1747 wurde nebst dem Hochgericht am Wienerberg auch diese Richtstatte abgetan das Raderkreuz blieb jedoch bestehen Der Neue Wiener Galgen Bearbeiten Im Februar 1802 kaufte der Wiener Burger Josef Raymund ein Grundstuck der Matzleinsdorfer Viehweide an der Neustadter Poststrasse und baute dort einen Ziegelofen Dieser stand ostlich einer Erhebung genannt Armer Sunder Hugel mit der erhalten gebliebenen steinernen Mariensaule dem alten Raderkreuz In unmittelbarer Nahe also fast genau an der Stelle des auf Befehl von Maria Theresia 1747 entfernten Reder an der strass wurde 1804 der Neue Wiener Galgen errichtet Der Raymund sche Ziegelofen diente dann als Quartier fur die Soldaten die bei einer Hinrichtung fur Ordnung zu sorgen hatten Der Richtplatz samt Friedhof und Mariensaule war mit einem versperrbaren Zaun umgeben Die Hingerichteten mussten noch am selben Tage vom Galgen genommen und daneben verscharrt das Strafgerust ebenfalls sofort abgebrochen werden Der Galgenfriedhof diente auch als Begrabnisstatte fur Selbstmorder Heute ist dieser Platz im Bereich der Strassenfront des Hauses Triester Strasse 127 13 Auf Drangen der Rossauer Einwohner unterstutzt von ihrem Grundherren Furst Moritz von Liechtenstein wurde der Richtplatz wieder auf den Wienerberg zuruckverlegt Die erste Hinrichtung nach der Ruckversetzung des Galgens erfolgte hier am 16 Mai 1805 Zwischen 1850 und 1868 fanden hier alle offentlichen Hinrichtungen von Wien statt Ihr letztes Gebet verrichteten die Verurteilten an der Matzleinsdorfer Linienkapelle Der letzte hier Hingerichtete war am 30 Mai 1868 der Tischlergehilfe Georg Ratkay der am 11 Janner 1868 seine Quartiergeberin mit dem Hobel erschlagen hatte 14 Das Raderkreuz musste 1868 von seinem alten Platz entfernt werden da die Neutrassierung der Triester Strasse dies erforderte die Saule hatte dann namlich mitten auf der Fahrbahn gestanden Der Magistrat der Stadt Wien fragte deshalb beim Erzbischoflichen Konsistorium an ob dagegen ein Einwand bestehe und ob das Konsistorium eine andere Verwendung fur die Saule habe Die Antwort war zustimmend zum Abbruch und negativ zur Weiterverwendung Das schon stark desolate Raderkreuz wurde abgebaut der weitere Verbleib ist nicht mehr feststellbar Eine spatere Vermutung es konnte in der Wiedner Hauptstrasse bei der im Volksmund Rauchfangkehrerkirche genannten Florianikirche aufgestellt worden sein erwies sich als Irrtum 15 Zwei Hinrichtungen am Neuen Wiener Galgen stiessen auf besonderes Interesse der Schaulustigen Am 16 Marz 1809 wurde Theresia Kandl wegen Gattenmordes erhangt Die nach zeitgenossischen Berichten sehr hubsche junge Frau aus Atzgersdorf hatte am 30 Oktober 1808 den Fragner Handler Matthias Kandl geheiratet aber schon nach 14 Tagen kam es zu Streitigkeiten Theresia beschloss ihren Mann zu ermorden und zu ihrem ehemaligen Liebhaber zuruckzukehren Sie erschlug den Schlafenden mit mehreren Beilhieben zog ihm das blutige Gewand aus und trug die Leiche in einer Butte Ruckenkorb moglichst weit weg Aus Dummheit oder Geiz behielt sie die Kleider und das blutige Bettzeug wurde rasch uberfuhrt und zum Tod durch den Strang verurteilt Da sie die erste in Wien gehangte Frau dazu noch jung und schon war kamen tausende Schaulustige zur Exekution Die Kandlkapelle in ihrem Geburtsort heute in die Umzaunung des Stadtparks Atzgersdorf in der Breitenfurter Strasse integriert erinnert noch jetzt an diese Untat 16 Am 30 August 1827 erfolgte die Hinrichtung von Severin von Jaroszynski wegen Raubmordes Der podolische Kreismarschall und falsche Graf hatte sich wegen seines aufwandigen Lebenswandels verschuldet und anvertraute Gelder unterschlagen Mit der Ermordung und Beraubung seines ehemaligen Lehrers Johann Conrad Blank wollte er sich sanieren machte sich aber schnell verdachtig wurde verhaftet und verurteilt Da auch die bekannte Wiener Schauspielerin Therese Krones zu seinen zahlreichen Frauenbekanntschaften zahlte war der Publikumsandrang beim Neuen Galgen enorm Adolf Bauerle schrieb in seinem Roman Therese Krones von rund 200 000 Personen allerdings eine unbewiesene Behauptung 16 Literatur BearbeitenAnton Lang Hochgericht und Raderkreuz Die Hinrichtungsstatten am Wienerberg Favoritner Museumsblatter Nr 28 Museumsverein im Bezirksmuseum Favoriten Wien 2002 OCLC 164999020 Werner Schubert Favoriten Bezirksmuseum Favoriten Wien 1992 OCLC 702368032 Walter Sturm ausser der Linie Favoriten am Wienerberg Beitrage zur Topographie und Siedlungsgeschichte im Raum des heutigen Wiener Gemeindebezirks Favoriten Favoritner Museumsblatter Nr 30 Museumsverein Favoriten Wien 2004 OCLC 198301526Einzelnachweise Bearbeiten a b Sturm ausser der Linie S 10 11 Lang Hochgericht und Raderkreuz S 12 als Rabenstein wurden fruher Galgen mit gemauertem oder Steinsockel bezeichnet Sturm ausser der Linie S 13 a b c Lang Hochgericht und Raderkreuz S 19 21 J E Schlager Wiener Skizzen aus dem Mittelalter gedruckt bei C Gerold Co Wien 1836 die Gehenkten blieben oft so lange am Strick hangen bis ihre verfaulenden Korper herunterfielen a b Lang Hochgericht und Raderkreuz S 25 26 Peter Csendes Wiener Strafgerichtsbarkeit im 17 Jahrhundert In Jahrbuch des Vereins fur Geschichte der Stadt Wien Band 26 Verein fur Geschichte der Stadt Wien Wien 1970 S 103 f Wien s Umgebungen auf zwanzig Stunden im Umkreise Nach eigenen Wanderungen geschildert von Adolf Schmidl Gedruckt und im Verlage bei Carl Gerold Wien 1839 Reprint 2002 Archiv Verlag Wien 3 Bande mit einem Geleitwort von Peter Csendes Zitat aus der Chronik des Mathias Fuhrmann um 1690 1773 einem osterreichischen Paulaner und Historiker Lang Hochgericht und Raderkreuz S 29 30 Lang Hochgericht und Raderkreuz S 49 50 Werner Schubert Favoriten S 56 57 Lang Hochgericht und Raderkreuz S 31 32 irrig bei Werner Schubert Favoriten als dorthin versetzt angegeben a b Lang Hochgericht und Raderkreuz S 33 35 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hinrichtungsstatten am Wienerberg amp oldid 237091169