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Das Herzmare ist eine mittelhochdeutsche Versnovelle die Konrad von Wurzburg in der zweiten Halfte des 13 Jahrhunderts verfasste Erzahlt wird eine Dreiecksgeschichte zwischen einem Ritter einer Dame und deren Ehemann Verhandelt wird die Liebe zwischen der Dame und dem Ritter deren Intensitat und Qualitat sich im Tod der Liebenden zeigt Inhaltsverzeichnis 1 Inhalt 2 Uberlieferung 3 Stoffgeschichte 4 Das minne Konzept 5 Textausgaben 6 Literatur 7 Weblinks 8 EinzelnachweiseInhalt BearbeitenIm Prolog des Herzmares wird mit einem Verweis auf Gottfried von Strassburg Verse 9 ff die nachfolgende Erzahlung als ein Beispiel einer vollkommenen Liebe deklariert einer Liebe die uber den Tod hinaus besteht Ausserdem wird die Funktion und Wirkung von Literatur thematisiert die Rezipienten zur Selbstbeobachtung und Selbstreflexion des eigenen Verhaltens anzuregen Erzahlt wird eine Dreiecksgeschichte dreier namenloser Figuren Ein Ritter liebt eine Dame die verheiratet ist Um die Liebenden auseinanderzubringen mochte der Ehemann mit seiner Dame in das Heilige Land reisen Diese aber bittet den Ritter dorthin zu reisen um den Ehemann zu beruhigen Auf dem Weg nach Jerusalem stirbt der Ritter an Liebessehnsucht und schickt seinen Knappen mit seinem einbalsamierten Herzen zur Dame zuruck Der Knappe wird jedoch durch den Ehemann abgefangen Dieser lasst das Herz als Gericht zubereiten und setzt es seiner Gattin vor die dieses isst Nachdem sie erfahrt dass es sich um das Herz ihres Geliebten handelte erkennt sie dessen unbedingte Liebe und stirbt selbst Im Epilog wird die Aussergewohnlichkeit und Beispielhaftigkeit der erzahlten Geschichte betont Auch wenn der Erzahler die Position vertritt dass es in Gegenwart und Zukunft keine ahnliche Liebesfahigkeit gibt bzw geben wird so konne diese Liebesgeschichte doch dazu dienen den Wert der Minne in der Realitat zu steigern indem die Qualitat einer Liebesbeziehung in den Vordergrund geruckt werde Der Erzahler benennt sich selbst als Konrad von Wurzburg Uberlieferung BearbeitenDas Herzmare ist durch 14 Uberlieferungstrager bezeugt Sieben vollstandige Handschriften zwei fast vollstandige Handschriften jeweils eine verbrannte beziehungsweise verloren gegangene Handschrift ein Fragment sowie zwei verlorene Handschriften von denen nur die Inhaltsverzeichnisse erhalten sind 1 Der Textumfang schwankt zwischen 484 und 602 Versen Das Herzmare ist in Sammelhandschriften zusammen mit anderen Werken unterschiedlicher Gattungen uberliefert Ausnahmen bilden nur die Handschriften w aus der 1 Halfte des 16 Jahrhunderts und n aus dem 14 Jahrhundert als Einzeluberlieferungen Die Handschriften werden in das 14 bis 16 Jahrhundert datiert wobei ein Schwerpunkt im 14 15 Jahrhundert liegt Die Sprache ist durchgangig Oberdeutsch Alemannisch Bairisch Oberpfalzisch Schwabisch Einen ausfuhrlichen Schluss mit der Nennung Konrads bieten die Handschriften l um 1430 33 und m 1455 1458 In zwei Handschriften ist der Text falschlicherweise Gottfried von Strassburg zugeschrieben 2 Stoffgeschichte BearbeitenDas Herz selbst ist ein haufiges Element von Erzahlmotiven in allen Kulturen in sowohl sakralen als auch profanen Zusammenhangen Das Motiv vom Essen eines Herzens ist dabei das am haufigsten weltweit und uber grosse Zeitraume hin verbreitete 3 Zum Tragen kommen dabei Vorstellungen vom Herzen als Sitz der Lebenskraft und der Seele als Sitz weltlicher und geistiger Liebe sowie als Sitz von Verstand Mut Angst Feigheit und Laster Metaphorisch steht das Herz fur das Innerste des Menschen 4 Erzahlungen vom Typ des Herzmares sind in der Literatur des europaischen Mittelalters weit verbreitet 5 Dabei handelt es sich in der Regel um einen Racheakt eines eifersuchtigen Ehemannes der das Herz eines Rivalen seiner Gattin zum Essen vorsetzt Erste uberlieferte Zeugnisse stammen aus dem franzosischsprachigen Raum wie zum Beispiel im Tristanroman ca 1170 des Thomas d Angleterre in dem ein Lai in acht Versen zusammengefasst wird der davon erzahlt wie ein eifersuchtiger Graf seiner Frau das Herz ihres Geliebten Guirun zu essen vorsetzt oder im Lai d Ignature um 1200 des Renaut de Beaujeu in dem die Geschichte parodisiert wird Hier wird der Protagonist Ignaure von den Ehemannern seiner zwolf Geliebten getotet und sein Herz und Geschlechtsteil als Pastete den Frauen serviert 6 In der folgenden Form findet diese Geschichte im Mittelalter und in der Neuzeit weite Verbreitung Der Ritter wird auf einem Kreuzzug verwundet Vor seinem Tod befiehlt er seinem Knappen sein Herz der Geliebten zu ubergeben Dieser Bote wird jedoch von dem eifersuchtigen Ehemann abgefangen der das Herz fur seine Frau zubereiten lasst Nachdem sie es unwissentlich gegessen hat erfahrt sie die Wahrheit und stirbt weil sie keine weitere Nahrung mehr zu sich nimmt 7 Konrad von Wurzburg fuhrte dieses Motiv in die deutschsprachige Literatur ein 8 Eine vermutete franzosische mundliche oder schriftliche Quelle Hinweis in den Versen 23 f konnte bisher nicht nachgewiesen werden Auffallig ist dass die drei Protagonisten der Erzahlung Ritter Dame und Ehemann sowohl namenlos bleiben als auch nur oberflachlich charakterisiert sind so dass die Einbettung in einen konkreten Kontext fehlt 9 Bei Konrad handelt es sich jedoch nicht um eine Racheversion sondern der Liebhaber stirbt an gebrochenem Herzen Das Herz erhalt damit eine neue Funktion Von einem Objekt der Rache wird es zu einem Symbol der Liebe 10 Das Motiv ist bis in die Neuzeit zum Beispiel von Giovanni Boccaccio im Dekamerone IV 1 und IV 9 Hans Sachs Gottfried August Burger Maler Muller Ludwig Uhland verarbeitet worden Das minne Konzept BearbeitenAuffallig sind die unterschiedlichen minne Konzepte der drei Figuren Wahrend der Ehemann der Ansicht ist dass Liebe durch eine raumliche Trennung vergeht vertritt die Dame die Auffassung dass die Liebe eine Trennung ubersteht Der Ritter selbst glaubt auch an einen Fortbestand der Liebe geht aber davon aus dass die Trennung zum Tod der Liebenden fuhren wird wie es in der Geschichte dann auch erzahlt wird Die Trennung stellt demnach keine Gefahr fur die Liebe sondern fur die Liebenden dar und bewirkt deren Tod Der Ritter stirbt durch Sehnsucht die Dame an Betroffenheit 11 Durch die Aussagen in Prolog und Epilog wird deutlich dass das minne Konzept des Erzahlers dem des Ritters entspricht Minne druckt in dieser Erzahlung engste Zusammengehorigkeit und eine Gleichstellung der Liebenden aus Damit setzt sich diese Form der minne von der ab wie sie die Hohe Minne kennzeichnet Die besonderen Qualitaten dieser Liebe sind Intensitat und Bestandigkeit wobei sich die Liebe in Schmerz als Zeichen erhohter Empfindungsfahigkeit und Tod in der Uberwindung aller Hemmnisse bewahrt Liebe Leid Komplex Dabei scheint diese Liebe ausserhalb der gultigen sozialen und moralischen Ordnungen zu stehen da die Bande zwischen Ehefrau und Ehemann sie kaum zu beruhren scheinen 12 Textausgaben BearbeitenKleinere Dichtungen Konrads von Wurzburg I Der Welt Lohn Das Herzmaere Heinrich von Kempten Hrsg von Edward Schroder 3 Aufl Berlin 1959 Mittelalter Texte und Zeugnisse Hrsg von Helmut De Boor Munchen 1965 Bd 2 S 1229 1236 Das Herzmaere Novellistik des Mittelalters Marendichtung Hrsg ubersetzt und kommentiert von Klaus Grubmuller Bibliothek deutscher Klassiker 138 Frankfurt a M 1996 S 262 295 Das Herzmaere und S 1120 1132 Kommentar Literatur BearbeitenDavid Blamires Konrads von Wurzburg Herzmaere im Kontext der Geschichten vom gegessenen Herzen In Jahrbuch der Oswald von Wolkenstein Gesellschaft 5 1989 S 251 261 Rudiger Brandt Konrad von Wurzburg Kleinere epische Werke 2 neu bearbeitete und erweiterte Auflage Berlin 2009 Klaus Duwel Herz In Enzyklopadie des Marchens EM 6 von Rolf Wilhelm Brednich Hrsg Berlin New York 1990 Sp 923 929 Barbara Feix mit minneclichen ougen die Visualisierung von Liebe und Erkenntnis im Herzmaere Konrads von Wurzburg In Frauenblicke Mannerblicke Frauenzimmer Studien zu Blick Geschlecht und Raum Hrsg von Waltraud Fritsch Rossler St Ingbert 2002 S 83 93 Albert Gier Herzmare In Enzyklopadie des Marchens EM 6 1990 Sp 933 939 Anne Gouws Aufbauprinzipien der Versnovellen Konrads von Wurzburg In Acta Germanica 14 1981 S 23 38 Michael B Hinner Konrad von Wurzburgs s Maere a translation and analysis Dissertation State University of New York at Stony Brook 1985 569 Seiten Christian Kiening Asthetik des Liebestods Am Beispiel von Tristan und Herzmaere In Das fremde Schone Dimensionen des Asthetischen in der Literatur des Mittelalters von Christopher Young und Manuel Braun Hrsg Trends in Medieval Philology 12 Berlin New York 2007 S 171 194 Christa Ortmann Hedda Ragotzky Zur Funktion exemplarischer triuwe Beweise in Minne Maren Die treue Gattin Herrands von Wildonie Das Herzmare Konrads von Wurzburg und die Frauenehre In Kleinere Erzahlformen im Mittelalter von Klaus Grubmuller Hrsg Paderborn u a 1988 S 89 109 Heinz Rolleke Zum Aufbau des Herzmaere Konrads von Wurzburg In ZfdA 98 1969 S 126 133 Ursula Schulze Konrads von Wurzburg novellistische Gestaltungskunst im Herzmaere In Mediaevalia litteraria Festschrift fur Helmut de Boor von Ursula Henning und Herbert Kolb Hrsg Munchen 1971 S 451 484 Wolfgang Stammler Wolframs Willehalm und Konrads Herzmaere in mittelrheinischer Uberlieferung In ZfdPh 82 1963 S 1 29 Burghart Wachinger Zur Rezeption Gottfrieds von Strassburg im 13 Jahrhundert In Deutsche Literatur des spaten Mittelalters Hamburger Colloquium 1973 Hrsg von Wolfgang Harms und L Peter Johnson Hrsg Berlin 1975 S 56 82 Weblinks BearbeitenKonrad von Wurzburg Das Herzmare Text mit neuhochdeutscher Ubersetzung und Kommentar von Albert K Wimmer und W T H Jackson Einzelnachweise Bearbeiten s 1 Brandt 2009 S 82 Duwel 1990 Sp 924 Vgl Duwel 1990 Sp 923 Vgl Blamires 1989 S 252 Vgl Gier 1990 Sp 934 Gier 1990 Sp 935 Vgl Brandt 2009 S 85 Vgl Schulze 1971 S 459 f Siehe auch Brandt 2009 S 83 f Vgl Schulze 1971 S 454 Schulze 1971 S 465 f Schulze 1971 S 469 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Herzmare amp oldid 241449231