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Dieser Artikel befasst sich mit dem Sinologen Hellmut Wilhelm Zu anderen Personen siehe Helmut Wilhelm Hellmut Wilhelm 10 Dezember 1905 in Tsingtau Schutzgebiet Kiautschou Deutsches Reich 5 Juli 1990 in Seattle Bundesstaat Washington USA war ein deutscher Sinologe Inhaltsverzeichnis 1 Leben 1 1 Kindheit und Jugend 1 2 Die Pekinger Zeit 1 3 Die Zeit in Washington 2 Wissenschaftler 2 1 Forscher und Lehrer 2 2 Wissenschaftler im Exil 3 Werke 4 Literatur 5 Weblinks 6 EinzelnachweiseLeben BearbeitenHellmut Wilhelm wurde als Sohn des Missionars und wegen seiner Ubersetzungen chinesischer Texte beruhmten und geschatzten Sinologen Richard Wilhelm 1873 1930 in Tsingtau geboren Sein Grossvater war der wurttembergische evangelische Theologe Christoph Friedrich Blumhardt der Landtagsabgeordneter der SPD war Kindheit und Jugend Bearbeiten Wilhelm kam schon fruh in engen Kontakt mit dem chinesischen Alltag und der Sprache 1 Als er 9 Jahre alt war besetzten die Japaner Tsingtao Wilhelm wurde zu Freunden nach Shanghai geschickt Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kehrte die Familie Wilhelm nach Deutschland zuruck Der Vater erhielt einen Lehrstuhl fur Sinologie an der Universitat Frankfurt Der Sohn Hellmut besuchte Gymnasien in Stuttgart und Frankfurt am Main In Frankfurt assistierte er seinem Vater im China Institut Zuerst studierte er Recht und Politik in Kiel und Grenoble Danach kehrte er nach Frankfurt zuruck wo er 1928 das erste juristische Staatsexamen ablegte Er arbeitete eine Zeitlang an Frankfurter Gerichten wahrend er gleichzeitig seinem Vater bei der Herausgabe einer neuen Zeitschrift fur Sinologen mit dem Titel Sinica unterstutzte Die juristische Tatigkeit befriedigte ihn nicht Als sein Vater 1930 starb entschloss er sich Sinologie zu studieren Im gleichen Jahr legte er die Prufung als Ubersetzer fur Chinesisch ab 1932 promovierte er in Berlin bei Otto Franke mit einer Arbeit uber den chinesischen Philosophen Gu Wenwu als Ethiker Die Pekinger Zeit Bearbeiten Kurz vor der Machtergreifung der Nazis verliess Wilhelm Deutschland und wurde zuerst Korrespondent der Frankfurter Allgemeine Zeitung in Peking Er grundete 1933 in Peking das Deutschland Institut 2 und leitete es kurze Zeit Als die nationalsozialistische Regierung auch fur das Ausland untersagte akademische Positionen an deutschen Einrichtungen mit Juden zu besetzen trat er zuruck Wilhelms Frau war Judin Er befurchtete die Schliessung des Instituts falls er die Leitung behielte Wilhelm gab stattdessen mit Unterstutzung der Katholischen Peking Universitat die von ihm neu gegrundete Zeitschrift Monumenta Serica heraus Der erste Artikel der 1936 dort von ihm erschien hatte ein annahernd legales Thema Der Prozess der A Yun Hier ging es Wilhelm am Beispiel eines Strafrechtsfalles aus der Sungdynastie um den aktuellen Zusammenhang zwischen Politik und Rechtsnormen im faschistischen Deutschland 1935 begann Wilhelm zusammen mit chinesischen Wissenschaftlern an einem Chinesisch Deutschen Worterbuch zu arbeiten das 1945 erschien Nachdem er nach 1935 einige Jahre lang Vortrage an der Pekinger Universitat gehalten hatte ernannte man ihm dort zum Professor fur Deutsch Zwischen 1932 und 1940 publizierte er 11 Titel die sich mit juristischen Studien mit der Geistes und Gesellschaftsgeschichte Chinas und mit kurzeren Ubersetzungen moderner chinesischer Literatur befassten Er sorgte in all seinen Tatigkeiten fur gegenseitigen kulturellen Kontakt zwischen China und Europa So hielt er in den fruhen 1940ern fur die deutsche Gemeinde in Peking eine Reihe von Vorlesungen uber chinesisches Denken und Geschichte Den ersten Teil dieser Vorlesungen hielt er im Winter 1941 42 Er publizierte sie 1942 unter dem Titel Chinas Geschichte zehn einfuhrende Vortrage Er gab darin einen breit gefacherten Uberblick uber die Geschichte Chinas von der prahistorischen Zeit bis zum Fall der Jin Dynastie Den zweiten Teil der Vorlesungen hielt er im Winter 1943 Sie bildeten die Grundlage des Buches Gesellschaft und Staat in China In diesem beschrieb er umfassend die Entwicklung der chinesischen Gesellschaft und des politischen Denkens Wilhelm hielt ausserdem eine Vorlesungsreihe uber das I Ging Die deutsche Version erschien 1944 unter dem Titel Die Wandlung Acht Vortrage zum I Ging Sie wurden ins Englische ubersetzt und erschienen unter dem Titel Change Eight Lectures on the I Ching Dies ist bis heute die meistgelesene Einfuhrung in das Buch der Wandlungen in westlicher Sprache Im Hinblick auf die Interpretationsmoglichkeiten des Textes und der Darstellung der fundierten Kenntnisse Wilhelms ubertrifft es die Arbeit seines Vaters meint der amerikanische Sinologe E Bruce Brooks 3 Die Zeit in Washington Bearbeiten Wilhelms Ehe geriet nach Ende des Zweiten Weltkrieges in eine Krise und wurde geschieden Maria ging 1947 in die USA wohin ihre Eltern inzwischen emigriert waren Hellmut folgte 1948 und wurde Professor an der University of Washington in Seattle wo er bis zu seiner Emeritierung 1971 lehrte 1951 heiratete er die Musikerin und Bildhauerin Erica Samuel und grundete eine zweite Familie in der 2 Sohne geboren wurden Wilhelm lehrte in Washington von 1948 an fast alle Bereiche chinesischer Forschung einschliesslich Literatur und Philosophie Politik und Religion alte und moderne Geschichte Er war ein fuhrendes Mitglied in der grossen Gruppe fernostlicher und russischer Spezialisten die sich im Interesse der fernostlichen Forschung unter Leitung des amerikanischen Sinologen George Taylor in Seattle gebildet hatte Fur den damals anstehenden Ausbau der sinologischen Abteilung in Seattle war Wilhelm ein wichtiger Mitarbeiter Wie Taylor und andere wollte er die sozialwissenschaftlichen Fachbereiche fur die chinesisch asiatische Forschung gewinnen Er forderte die Idee der interdisziplinaren Forschung indem er sie engagiert praktizierte 4 Ausserdem spielte Wilhelm fur die Ausbildung bereits graduierter Studenten eine bedeutende Rolle Sie kamen aus allen Teilen der USA und anderen Landern um bei ihm ihre Studien zu vervollstandigen Viele dieser Studenten unterrichten und forschen inzwischen als Professoren an den Universitaten auf der ganzen Welt Zwischen 1951 und 1967 hielt er eine Reihe von Vortragen auf den jahrlichen Konferenzen der Eranos Gesellschaft in Ascona Schweiz die sich seit 1933 dem interkulturellen Gedankenaustausch zwischen Ost und West widmet In diesen Vortragen die 1977 unter dem Titel Himmel Erde und Mensch im Buch der Wandlungen veroffentlicht wurden zeigte Wilhelm welche Fragen und Antworten sich aus dem I Ging fur das menschliche Leben ergeben Namlich die nach der Stellung des Menschen im Kosmos seinem Handeln und seiner Beziehung zur Natur Themen die Menschen im Osten wie auch im Westen bewegen 5 Wissenschaftler BearbeitenForscher und Lehrer Bearbeiten Wilhelm war daran interessiert seine Forschungen auch unter anderen interpretatorischen Aspekten zu betrachten als nur unter seinen eigenen Er wollte stets Neues dazulernen anstatt nur das zu dozieren was er sich erarbeitet hatte So wie er Leibniz Sicht auf das I Ging akzeptierte akzeptierte er auch die tiefenpsychologische Sichtweise von Jung auf das Buch der Wandlungen Und er akzeptierte auch andere Sichtweisen seiner Studenten Fur ihn ging es stets darum in der Sache auf den Punkt zu kommen Immer wenn ihm dies gelang fuhlten sich die Teilnehmer seiner Veranstaltungen dazu veranlasst im Gesprach untereinander in das er sich gern hineinziehen liess oder in der Bibliothek dem nachzugehen was er behauptet hatte Es fiel ihm leicht Studenten in seine Uberlegungen miteinzubeziehen sie von da aus in die Welt seiner Kenntnisse und schliesslich in das reiche Panorama der chinesischen Sprache zu lotsen His most natural role but not a consciously didactic one was to help us find our way by reminding us of the broader and deeper dimensions of human capacities and being able to show us where we are deutsch Es war vor allem seine eigene unbefangene Rolle als Lehrer und nicht eine absichtsvolle Belehrung die uns half unseren eigenen Weg zu finden Um uns zu zeigen wer wir sind erinnerte er uns an die unbegrenzten und unauslotbaren Ausmasse menschlicher Fahigkeiten 6 Wissenschaftler im Exil Bearbeiten Wilhelm hatte sich in der Zeit seines Exils in China und in den Vereinigten Staaten beruflich und auch privat erfolgreich etabliert Mehr als einmal so die biographischen Quellen bekam er nach dem Zweiten Weltkrieg Angebote aus deutschsprachigen Landern Doch er lehnte sie ab Vermutlich so meinte E Bruce Brooks hat ihn das verstaubte Herr Professor Doktor in Europa abgehalten Es gefiel ihm besser mit anderen auf Augenhohe zu kommunizieren fugte er noch hinzu 7 Die Chinaforschung war im Nazi Deutschland zwischen 1933 und 1945 fast zum Stillstand gekommen Wilhelm gehorte zu jener grossen und wissenschaftlich bedeutenden Gruppe von ca 30 Sinologen die Deutschland aus politischen Grunden verlassen hatten Er wies 1949 in einem Artikel uber German Sinology Today auf die negativen Folgen der Emigration fur die deutsche Chinaforschung hin Er nannte dabei ausser den Namen vieler Emigranten vor allem den Personal und Geldmangel als Hindernis diese Situation zu andern Die Idee einer Tagung um sie zu diskutieren und Losungen zu finden wurde wegen mangelnder finanzieller Mittel der eingeladenen Chinaforscher nicht umgesetzt 8 Einer ersten 1999 erschienenen Studie von Martin Kern ist zu entnehmen dass keiner der wissenschaftlich profilierten Emigranten auf einen der verwaisten deutschen Lehrstuhle zuruckkehrte Von der Emigration habe die internationale vor allem die amerikanische Chinaforschung profitiert 9 Werke BearbeitenGu Wenwu der Ethiker Diss Berlin 1932 Der chinesisch japanische Konflikt und die Rechtsgrundlage der japanischen Stellung in den drei Ostprovinzen Chinas Mandschurei Zeitschrift fur auslandisches offentliches Recht und Volkerrecht 3 Teil 2 1932 2352 48 Aufgaben und Ziele des China Instituts Vortrag am 11 November 1932 vor der Vereinigung der Freundes des China Instituts Schanghai China Dienst 1 1932 30 31 Nachrichten des China Instituts Nr 1 1933 S 3 6 Das Gehirn einer Weltstadt Aus der chinesischen Verwaltung von Gross Shanghai China Dienst 2 1933 S 219 222 Der Prozess der A Yun In Monumenta Serica 1 1935 36 S 338 351 Hiau Ging Das Buch der Erfurcht Ubersetzt und erlautert von Richard Wilhelm Neu herausgegeben von Hellmut Wilhelm Peking 1940 chinaseiten de Volltext Chinas Geschichte Zehn einfuhrende Vortrage Peking 1942 Die Wandlung Acht Vortrage zum I Ging Peking 1944 German Sinology Today Far Eastern Quarterly 8 1949 S 319 322 The Problem of Within and without a Confucian Attempt in Syncretism In Journal of the History of Ideas Band 12 1951 S 48 60 Das schopferische Prinzip im Buch der Wandlungen Eranos Jahrbuch 25 1957 455 475 I Ching Oracles in the Tso chuan and the Kuo yu Journal of the American Oriental Society Band 79 Nr 4 1959 S 275 280 Gesellschaft und Staat in China Zur Geschichte eines Weltreiches Hamburg 2 1960 Change Eight Lectures on the I Ching New York 1960 Essay Zum Verstandnis des Werkes in Wu Cheng en Der rebellische Affe Die Reise nach dem Westen Ein chinesischer Roman Rowohlts Klassiker Reinbek bei Hamburg 1961 ed Kungfutse Schulgesprache Gia Yu Dusseldorf 1961 Ubersetzt von Richard Wilhelm The Image of Youth and Age in Chinese Communist Literature The China Quarterly Band 13 1963 S 180 194 The Reappraisal of Neo Confucianism The China Quarterly Band 23 1965 S 122 139 Sinn des I Ging Dusseldorf u a 1972 The Book of Changes in the Western Tradition A Selectiv Bibliography University of Washington 1975 Tseng Kuo fan and Liu Chʿuan ying Journal of the American Oriental Society Band 96 Nr 2 1976 S 268 272 Heaven Earth and Man in the Book of Changes Seven Eranos Lectures Seattle London 1977 Trends of Thought in Early Nineteenth Century Asia Major Third Series 3 2 1990 S 3 23 Literatur BearbeitenMartin Kern Die Emigration der Sinologen 1933 1945 Zur ungeschriebenen Geschichte der Verluste In Helmut Martin Christiane Hammer Hrsg Chinawissenschaften Hamburg Mitteilungen des Instituts fur Asienkunde 303 1999 S 222 242 David R Knechtges Hellmut Wilhelm Memories and Bibliography In Oriens Extremus Band 35 Nr 1 2 1992 S 5 7 Neder Roetz Schilling China in seinen biographischen Dimensionen Wiesbaden 2001 George Taylor Hellmut Wilhelm Pioneer of China Studies In Oriens Extremus Band 35 Nr 1 2 1992 S 8 11 Weblinks BearbeitenLiteratur von und uber Hellmut Wilhelm im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek Hellmut Wilhelm and the I Ching englisch Hellmut Wilhelm Biography from Sinological Profiles of the University Massachusetts Wilhelm mit abweichender Schreibung des Vornamens Helmut bei Utz Maas Verfolgung und Auswanderung deutschsprachiger Sprachforscher 1933 1945 Version 2018 Nachlass Hellmut Wilhelm im Deutschen Exilarchiv der Deutschen NationalbibliothekEinzelnachweise Bearbeiten Die biographische Darstellung hier und fur die weiteren Abschnitte folgt der Biographie des amerikanischen Sinologen E Bruce Brooks University of Massachusetts auf der Universitatsseite unter Profile von Sinologen erreichbar Hartmut Walravens Hsu Dau lin 1906 1973 im Briefwechsel mit Hellmut Wilhelm Berlin uni hamburg de PDF David R Knechtges Hellmut Wilhelm Memories and Bibliography In Oriens Extremus Band 35 Nr 1 2 1992 S 5 7 Bernd Martin Hrsg Deutsch chinesische Beziehungen 1928 1937 Gleiche Partner unter ungleichen Bedingungen Berlin 2003 S 526 Wilhelm schrieb in 1944 on the Yi I Ging his father s home territory and as he says in the Preface based wholly on the work of my father but in their awareness of the relevant scholarship and in their sensitivity to the possibilities within the text itself taken well beyond the point his father had reached George Taylor Hellmut Wilhelm Pioneer of China Studies In Oriens Extremus Band 35 Nr 1 2 1992 S 8 11 Ein Nachlass Lebensdokumente Fotografien Manuskripte darunter Gu Ting Lin The Book of Changes und Parerga Belegexemplare seiner wissenschaftlichen Arbeiten befindet sich im Deutschen Exilarchiv 1933 1945 der Deutschen Nationalbibliothek E Bruce Brooks E Bruce Brooks Hellmut Wilhelm German Sinology Today In The Far Eastern Quarterly Band 8 Nr 3 Mai 1949 S 319 322 read online free Martin Kern Die Emigration der Sinologen 1933 1945 Zur ungeschriebenen Geschichte der Verluste In Helmut Martin Christiane Hammer Hrsg Chinawissenschaften Hamburg Mitteilungen des Instituts fur Asienkunde 303 1999 S 222 242 PDFNormdaten Person GND 132377934 lobid OGND AKS LCCN n50017309 VIAF 51782004 Wikipedia Personensuche PersonendatenNAME Wilhelm HellmutKURZBESCHREIBUNG deutscher SinologeGEBURTSDATUM 10 Dezember 1905GEBURTSORT TsingtauSTERBEDATUM 5 Juli 1990STERBEORT Seattle Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hellmut Wilhelm amp oldid 235296323