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Das Heilige Grab in der Stiftskirche St Cyriakus in Gernrode gilt mit seiner Entstehung um 1100 als die alteste erhaltene deutsche Nachbildung des heiligen Grabes von Jerusalem eines der Hauptheiligtumer des Christentums Auf den Wanden der aus Vorkammer und Grabkammer bestehenden Anlage im sudlichen Seitenschiff der Kirche des 959 von Markgraf Gero gegrundeten Frauenstifts von Gernrode 1 zeigt sich ein reichhaltiges Bilder und Figurenprogramm mit dem Thema der Auferstehung Christi Stilistisch ist das Werk von grosser Bedeutung da sich in ihm ein Ubergang von der ottonischen Plastik zur Bildhauerkunst der Romanik offenbart Im spaten Mittelalter bildete das heilige Grab den Mittelpunkt der liturgischen Osterfeierlichkeiten Heiliges Grab Westwand Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung des Bestandes 1 1 Aktueller Zustand der Anlage Beschreibung 1 2 Hinweis auf Umbauten 2 Ikonografie 2 1 Das Gesamtkonzept 2 2 Die Nordwand 2 3 Der Fries der Westwand 2 4 Die Grabkammer 3 Stilistische Einordnung und Bedeutsamkeit 4 Liturgische Funktion 5 Literatur 6 Weblinks 7 EinzelnachweiseBeschreibung des Bestandes BearbeitenAktueller Zustand der Anlage Beschreibung Bearbeiten Die ausseren Masse der Kapellen Anlage betragen 7 35 Ost West mal 4 08 Meter Nord Sud Ihre nordliche Aussenwand bleibt hinter der Flucht der Stutzen des sudostlichen Seitenschiffs zuruck und stosst lediglich an diesen einfachen Stutzenwechsel heran Wie auch der Grundriss der gesamten Kirche ist der des heiligen Grabes nicht vollig rechtwinklig die Hohe der Oberkanten seiner Aussenmauern betragt uberall ungefahr drei Meter 2 Zum westlichen Teil des sudlichen Seitenschiffs und zum Querhaus im Osten schliessen die Anlage zwei Wande zwischen den im Grundriss rechteckigen Pfeilern und der sudlichen Aussenwand der Kirche ab Getrennt durch eine weitere von der Ostwand der Kapelle etwa nach vier Metern ungefahr rechtwinklig zur nordlichen Aussenwand gemauerte Wand teilt sich das heilige Grab in eine Vorkammer und die eigentliche Grabkammer im Westen 3 Der rechte Teil der durch die mittlere Saule im Stutzenwechsel des Seitenschiffs geteilten Nordwand besteht aus einem kalksteinernen Schmuckrahmen mit von Ranken umgebenen Tier und Menschendarstellungen der durch einen weiteren Rahmen aus Stuck eingefasst ist und in dessen Mitte sich ein bis auf die Umrisse abgeschlagenes Relief zweier Figuren befindet 4 Ein im linken Drittel dieses Bildes eingebrachter Durchgang in die Vorkammer von 1 41 Meter Hohe und etwa 0 57 Meter Breite ist der Grund fur die Unvollstandigkeit dieses Reliefs 5 Die Nordwand der Grabkammer gliedert sich durch ein stark profiliertes Rahmenwerk von Rundstaben das diese Wand in neun Flachen aufteilt Vom Betrachter aus zur Linken zur Rechten und oberhalb einer zugemauerten Fensteroffnung zur Grabkammer die eine der Flachen beansprucht sind Relieffiguren aus Stuck angebracht links eine mannliche Figur in einer Bewegung nach rechts begriffen den rechten Arm zum Gruss erhoben und einen Nimbus hinter dem fast vollrund herausgearbeiteten Kopf ihr rechts gegenuber eine weibliche leicht zuruckgebeugte Figur die rechte Hand erhoben und die Linke auf die Brust gelegt eine gewisse Erschrockenheit ausdruckend Auch der Kopf dieser Figur ist deutlich mehr herausgearbeitet und wird von einem Heiligenschein umkranzt Im Feld uber dem vermauerten Durchblick ist eine Halbfigur erkennbar die rechte Hand zur Segensgeste erhoben und in der linken Hand ein Buch haltend Jede der Figuren ist stark beschadigt vor allem aber das Gesicht der weiblichen Figur Der Kopf der Halbfigur oberhalb fehlt ganz Vier der ubrigen Felder in den Ecken dieser Wand und unterhalb der vermauerten Offnung bleiben leer einzig das Feld in der unteren linken Ecke zeigt links ein stilisiertes Kreuz und rechts ein umflochtenes Rechteck 6 Bedeckt von einem doppelten Schmuckrahmen aus Kalkstein mit Rankenmotiven dessen inneres Rankenwerk insgesamt 18 Menschen und Tierdarstellungen beherbergt prasentiert sich die am besten erhaltene Westwand der Grabkammer Inmitten dieser bildreichen Rahmung umzogen und mit dem aussersten Rahmen verbunden von Rundstaben liegt eine Mittelzone untergliedert in zwei halbrunde Nischen links und rechts in denen Saulen stehen und die sich durch zwei Sandsteinpfosten von einem Mittelfeld mit einer weiteren weiblichen Stuckrelieffigur in langem Gewand abgrenzen 7 Eine rundbogig abgeschlossene Tur 8 von knapp 0 7 Metern Breite und 1 49 Metern Hohe fuhrt von der vollig schmucklosen Vorkammer 9 in die eigentliche Grabkammer Trompen in den Ecken die Ubergange vom rechteckigen Grundriss des Raumes zu einem im Grundriss achtseitigen Klostergewolbe weisen auf den ursprunglichen heute jedoch fehlenden oberen Abschluss dieser Grabkammer hin Drei der Wande weisen eine Nischengliederung mit rundbogigem Abschluss auf deren Seiten durch Saulen mit skulptierten Kapitellen und Basen ausgestattet sind Die Nische der vierten Wand die nach aussen zeigt hat einen hohen Rundbogen zum Abschluss an dessen Seiten zwei kleinere Saulen stehen und in dessen Mitte ein kleines Fenster zum Kreuzgang sich offnet Wie die Wande Reste von Bemalungen aufweisen sind auch im Fussboden aus Gipsestrich Reste von den eingelegten Marmorkreuzen erhalten Innen vor der Nordwand zeigt eine flache Stuckplatte auf dem Boden wo sich einst der Sarkophag befunden haben muss gegenuber dessen Kopf und Fussende immer noch sichtbar zwei Engelsfiguren angebracht sind die Kreuzstabe und Spruchbander tragen Diese Figuren sind stark beschadigt der Wortlaut der Inschriften lasst sich aber noch nachvollziehen Dort steht nolite expavescere und surrexit non est hic 10 Entsetzt euch nicht Er ist auferstanden Er ist nicht hier 11 Des Weiteren befinden sich noch eine schwer beschadigte Figurengruppe von drei Frauen in langen Gewandern mit Weihrauchfass Olflasche und Salbgefass bei der Sarkophag Platte und eine uberlebensgrosse 2 14 Meter fast vollrunde Stuckfigur eines Mannes in Bischofsornat und Pallium mit Stab und Palmenzweig in Handen 12 Hinweis auf Umbauten Bearbeiten Schon der Grundungsbau seit etwa 961 13 enthielt eine Heilig Grab Nische die seit 1090 mit drei Wanden geschlossen und mit einem achtseitigen Klostergewolbe uberdacht wurde das wiederum im 17 Jahrhundert zerstort wurde Die Aufrichtung einer vierten Wand gab der Anlage eine Vorkammer die zunachst vom Querhaus der Kirche zuganglich war Als man diesen Zugang zwischen 1150 und 1160 vermauerte muss auch der heute vorhandene Eingang in der Nordwand der Vorkammer eingehauen worden sein Auch ein Sichtfenster inmitten der Nordwand der Grabkammer ist nachtraglich zugemauert worden 14 Altere Quellen gehen davon aus dass die Figur mit Bischofsgewand im Inneren der Grabkammer nicht ursprunglich Teil der Anlage war und halten sie aufgrund der auffallig nach vorn geneigten Fussstellung fur eine Liegefigur die etwa von einer Grabplatte genommen und an diese Stelle gesetzt wurde 15 wahrend die Forschung inzwischen vom Gegenteil uberzeugt ist Die Figur sei lediglich bei der Verlegung des Sarkophags von Suden nach Norden ein Stuck in die Richtung desselben gedreht worden 16 Von der Wiedermontage des Kopfes 1924 zeugen deutlich hellere Mortelspuren am Hals Fehlende Dokumentationen dieser Restaurierungsarbeiten erschweren allerdings Aussagen uber den Ursprungszustand 17 Ahnliches gilt fur die Figurengruppe der drei Frauen Zunachst halt man zwar ihre Zugehorigkeit zu der gesamten Anlage aus stilistischen und thematischen Grunden fur unbestreitbar trifft aber keine weiteren Aussagen uber ihre ursprungliche Position 18 Schulze halt eine ursprungliche Aufstellung an der Sudwand des Grabes aufgrund der Blickrichtung des am besten erhaltenen Engels fur wahrscheinlich 19 Stein Kecks hingegen pladiert fur eine ehemalige Aufstellung an einer Wand des Vorraums von wo aus die Gruppe zum Eingang des Grabes tendiert hatte 20 Es ist ausserdem anzunehmen dass die gesamte Anlage ursprunglich farbig gefasst war also sowohl Architekturflachen wie auch Figuren und Ornamente bemalt waren 21 Ikonografie BearbeitenDas Gesamtkonzept Bearbeiten Vereinend in der Gesamtkonzeption des heiligen Grabes ist der thematische Zusammenhang der Bilder und Figuren in den Reliefs das Wunder der Auferstehung Christi Grote beispielsweise betont mit Nachdruck er halte die Anlage fur ein einheitliches Werk 22 Es entsteht eine eindringliche Predigt in Bildern deren Relevanz bei der Vergegenwartigung der Auferstehung fur die Glaubigen nicht zu unterschatzen ist wird bedacht wie selbstverstandlich es fur die Menschen im Mittelalter war mit den heute muhevoll zu deutenden Bilder umzugehen 23 Die in dieser Zeit sehr verbreiteten Tierbucher die Eigenschaften und Deutungen vieler Tiere und auch Fabelwesen beschrieben legen davon Zeugnis ab Das popularste Werk dieser Art ist der Physiologus 24 Die Nordwand Bearbeiten Der in Hausteintechnik gefertigte Rankenfries an der Nordwand der Vorkammer beinhaltet die Bilder von drei Evangelisten Adler mittig oben Flugellowe links in der Mitte und Flugelmensch in der unteren Mitte stellen Johannes Markus und Matthaus dar aus deren Mundern die Ranken Jesu Worte erwachsen Das Bild des Matthaus wird von links her von einem Basilisken zu erkennen an dem verknoteten Schwanz bedroht Aufgrund der spater eingebrochenen Tur im rechten Teil der Wand fehlt das vierte Evangelistensymbol der Flugelstier fur Lukas Menschenkopfe in den Ecken der Reliefs nehmen diese Worte in Form von Ranken auf und verbreiten sie weiter 25 Obwohl die Stuckfiguren in der Mitte dieses Ornamentrahmens bis auf die Umrisse abgeschlagen sind herrscht in der Forschungsliteratur Konsens dass es sich bei den beiden dort abgebildeten Personen um die zum Grab des Herrn eilenden Junger Petrus und Johannes handeln muss Erfuhren sie zuvor doch von Maria Magdalena Christus sei auferstanden 26 Links und rechts des vermauerten Sichtfensters in der Nordwand der Grabkammer sind der von den Toten auferstandene Christus mit Tunika und Pallium bekleidet den Kopf von einem Nimbus mit stark profiliertem Kreuz unterlegt und Maria Magdalena mit eng anliegendem langem auch den Kopf umhullendem Gewand in der sogenannten Noli me tangere Szene dargestellt Wie bei Joh 20 14 17 beschrieben gebietet Christus Maria Magdalena am Ostermorgen ihn nicht anzuruhren 27 Die Halb genauer Dreiviertelfigur uber der besagten vermauerten Offnung nimmt eine weitere Christusdarstellung ein die ahnlich wie die der Noli me tangere Szene die rechte Hand zum lateinischen Redegestus mit erhobenem Zeige und Mittelfinger und eingeknicktem kleinen und Ringfinger erhoben hat und im linken Arm ein Buch halt Diese Plastik wird als Salvatorfigur als thronender Christus bezeichnet 28 Von den einen als Taufnotenmotive interpretiert 29 werden die nur noch in der linken unteren Ecke dieser Wand erhaltenen Ornamente auch als reines Schmuckwerk gedeutet 30 Der Fries der Westwand Bearbeiten Der doppelte Rahmenfries an der Westwand der Anlage erzahle so Genrich eine zusammenhangende Geschichte mit dem Thema Der Opfersieg des Christus Gottes fur uns Menschen 31 Die insgesamt 18 von Ranken umgebenen Tier und Menschendarstellungen lassen sich in die Zone der Gottheit oberhalb eines nach innen auf das Mittelfeld treffenden gedrehten Rundstabes und die Zone der Sterblichen die der Erlosung und Gnade bedurfen unterhalb eines weiteren Rundstabes einteilen 32 Dieser Deutung nicht zwingend folgend teilt sich die weitere Erlauterung der Darstellungen in die obere und untere Zone auf Im Mittelpunkt des oberen Teils steht das Lamm Gottes Agnus Dei mit Kreuzstab und Nimbus Es ist Symbol des Opfertodes Jesu fur die Menschen Uber diesem Lamm verkundet ein Engelskopf die Botschaft wie beim Fries an der Nordwand der Vorkammer in Form von Ranken die den ausseren Teil des Rahmens in Wellen durchlaufen 33 Links und rechts neben dem Lamm sind ein Phonix mit Nibus dieser nach drei Tagen aus seiner Asche sich zu neuem Leben erhebende Vogel ist Symbol der Auferstehung und ein Adler der als ein Symbol Christi verstanden wird abgebildet Einen Schritt weiter nach aussen werden diese Vogel von zwei Lowen flankiert aus deren Mundern Ranken mit Trauben kommen die ebenfalls als Christussymbole gedeutet werden Ganz aussen sind zwei Menschendarstellungen zu sehen Die linke Figur mit der rechten Hand auf die Mitte des oberen Bereichs weisend die linke Hand an Fellmantel und Kreuzstab ist eindeutig als Johannes der Taufer die rechte anhand der in Resten vorhandenen Gesetzestafeln als Moses zu erkennen Beide gelten als Prototyp en Christi 34 Von oben durch einen gedrehten und von unten durch einen glatten Rundstab eingefasst folgen unter den beiden Menschendarstellungen links ein Lowe den Blick zum Betrachter gewandt und rechts der Pelikan Der Legende nach schenkt letzterer seinen verstorbenen Jungen neues Leben indem er sich selbst die Brust offnet und den Nachwuchs mit seinem Herzblut uberschuttet Der Lowe ein vom Christentum ubernommenes ehemals griechisches Kultbild wird hier als himmlische Sonne Gottes interpretiert die wachend und lebensspendend auf die Glaubigen blickt 35 Jedoch werden beide Tiere Pelikan und Lowe an anderer Stelle lediglich fur weitere Symbole der Auferstehung Christi erklart 36 Wie bereits angedeutet begegnen dem Betrachter in der unteren Zone des Reliefs Reprasentanten menschlicher Eigenschaften in Gestalt von Tieren 37 Es befindet sich unter dem Lowen ein Hirsch der als Symbol des Christen verstanden wird dessen Seele nach Gott wie der Hirsch nach frischem Wasser durstet Psalm 42 Der Greif unter dem Pelikan dargestellt fliegt der Legende nach nah an der Sonne um sich an ihrem Licht zu warmen wird also ebenfalls zum Symbol des Glaubigen der sich nach der selbstlosen Liebe Gottes sehnt 38 Andere Deutungen legen nah es handle sich bei dem Hirsch um ein weiteres Symbol der Auferstehung und sehen in dem Greif einen Drachen ein Symbol des Teufels 39 Ein weiteres von der Forschungsliteratur durchgangig aufgrund der massiven Gestalt als Bar erkanntes Tier unterhalb des Hirsches erhalt eine negative Konnotation Er breche als Rauber in die Herde ein 40 sei ein schwerfalliges Tier das mit dem Menschen zu vergleichen sei den die Last seiner Sunde schwerfallig mache 41 Das ebenso einheitlich anhand des verknoteten Schwanzes als Basilisk identifizierte Wesen rechts daneben gilt als Konig der Schlangen und Symbol des Satans Aus missratenem Hahnenei sei er von kalten Kroten erbrutet meinte man Er bringe Unheil quale Menschen und Tiere Wer seinem funkelnden Mordblicke sich aussetze musse sterben In seiner Nahe wurde die Luft verpestet dass Gras und Kraut verdorrten Fruchte faulten Menschen verdurben Nur ein Tier gabe es das ihn bannen konnte vor dem Krahen des Hahns wiche er in die Erde 42 Vermuten Vorbrodt und Schulze in der nachsten Tierdarstellung ein Rebhuhn 43 welches Eier aus fremden Nestern stehle und damit als Sinnbild des Teufels zu verstehen sei der die nicht glaubensfesten verfuhre 44 sieht Genrich darin einen Pfau der aufgrund seines schmuckenden Federrades als Symbol der Eitelkeit zu verstehen sei 45 Ein weiterer Vogel wird teils als Ibis teils als Reiher gedeutet mit ahnlicher Symbolik Beide Tiere galten als unrein da sie sich von toten Fischen und anderen unreinen Tieren wie Kroten ernahren 46 Sein Leben unter der Erde fuhrend sich dem Licht der lebensspendenden Sonne entziehend ist auch der Hase das Kaninchen das nachste Tier rechts im Bild dem betrachtenden Menschen ein schlechtes Beispiel 47 Was die beiden folgenden Tiere betrifft ist sich die Literatur kaum einig Handelt es sich fur Genrich um Hahn und Strauss ersterer als Symbol der Wachsamkeit und des Erweckens der in der Nacht des Verrats krahte als Petrus seinen Herrn verleugnete und letzterer als Symbol des gottvertrauenden Christen 48 so sind es bei Schulze Hahn und Trappe denen allgemeiner gesprochen eine negative Bedeutung zukomme 49 Vorbrodt entscheidet sich ebenfalls fur eine negative Deutung des Straussenvogels der aufgrund seiner Gefrassigkeit mit der sechsten Todsunde der Vollerei oder Masslosigkeit in Verbindung zu bringen sei 50 Die in der Mitte der sechs Tiere der unteren Reihe in einer Art Geflecht entspringenden Ranken werden vielfach als bluhender Lebensbaum ein Symbol der Todesuberwindung gedeutet 51 Zunachst wurde in der weiblichen Stuckfigur des Mittelfeldes die erste Abtissin des Gernroder Frauenstifts Hatuwi Hedwig gesehen was jedoch nicht in den Gesamtkontext des heiligen Grabes passte 52 Man hat auch versucht der Figur anhand der Gestik die angeblich der Dotationsgeste des Mittelalters gleiche die Rolle der Stifterin zuzuschreiben 53 Passender scheint allerdings die Deutung es handle sich um Maria Magdalena die vor dem Grab des Herrn steht 54 Die Grabkammer Bearbeiten Am schwierigsten scheint die Deutung der uberlebensgrossen Mannerfigur an der Westwand innerhalb der Grabkammer Bereits Grote behauptet es handle sich dabei um die Figur des heiligen Metronus dem der Westchor der Kirche geweiht war Die Figur sei spater von einer Grabplatte wie die Fusse es verrieten entfernt und dort aufgestellt worden 55 Auch spatere Interpretationen stimmen uberein es handle sich um eine Liegefigur die nicht ursprunglich Teil des heiligen Grabes gewesen sei 56 Eine ganz andere Position vertritt Genrich der die Figur anhand der Bekleidung und Attribute eines Bischofs dem Bischof Bernhard von Halberstadt zuordnet der 959 die erste Abtissin des Stifts weihte 57 Die neuesten Forschungen ergeben aber dass sich diese Figur von Anfang an in dieser Nische der Grabkammer befunden hat Dubellocher im Kopf der Figur verweisen auf einen einst aufgesetzten Nimbus aus Metall Ein Bischof ob heilig oder nicht gehore nicht in den Kontext eines heiligen Grabes so der Haupteinwand Wolle man dem Befund gerecht werden so sei die einzige wenn auch vollig singulare Deutung es handelte sich um Christus als guter Hirte 1 Petr 2 25 EU 58 2010 wurde im Vorraum zur Grabkammer eine Bestattung entdeckt Bei der beigesetzten Person handelte es sich um eine Frau im jungen Erwachsenenalter ca Mitte 20 bis Mitte 30 die den Zahnschmelzuntersuchungen zufolge in Ostfalen aufgewachsen war Die Gebeine wurden nach der C 14 Methode auf um 1045 50 Jahre datiert Die Identitat der Toten konnte bislang noch nicht letztgultig geklart werden Vermutet wurde u a Hazecha von Ballenstedt die in den 1040er Jahren als dritte Abtissin in Gernrode amtierte 59 Stilistische Einordnung und Bedeutsamkeit BearbeitenStilkritische Auseinandersetzungen brachten die Forschung zu dem Ergebnis der Figurenschmuck bis auf die Stuckengel im Innenraum sei vom selben unbekannten Meister geschaffen Etwa an der Gestaltung der Kopfe der Mannerfiguren die mit ihren tiefliegenden Augen und dem leicht geschurzten Mund einen gleichen Typus darstellten konne man dies beobachten Die Gestaltung der Grabesengel im Innenraum ubertrug der Meister vermutlich einem Gehilfen Im Ausdruck der Figuren vereine sich Lebendigkeit mit Formstrenge Erinnert die Faltenbehandlung der Figuren mit ihren kalligraphischen Zugen an Elfenbeinreliefs so sind andere Teile vor allem die Haupter fast vollrund herausgearbeitet Die Ornamente der Kalksteinrahmen wiesen eine motivische Ahnlichkeit zu den Bronzewerken der Bernwardstur von Hildesheim auf Eine Verbindung zur rheinischen Kleinkunst sei aufgrund der Verwandtschaft zu kolnischen Elfenbeinreliefs wahrscheinlich Man glaubt in Folge dieser Beziehung im heiligen Grab den ersten Versuch zur Schaffung einer Monumentalplastik in der sich Figur und Architektur vereinigen zu besitzen der sein Ziel durch einfache Vergrosserung zu erreichen strebt Machart und Motive seien den Ornamenten in der Stiftskirche von Quedlinburg so ahnlich dass davon auszugehen sei dass die dortige Arbeit italienischer Steinmetze die Schopfer des heiligen Grabes von Gernrode zumindest beeinflusste 60 Diese aus dem italienischen Como stammenden Steinmetze die sogenannten Comasken arbeiteten ab 1070 am Wiederaufbau der Kirche in Quedlinburg 61 Auch Mobius ist uberzeugt die Komposition der Aussenwande des heiligen Grabes leite sich aus der ottonischen Kleinkunst den Elfenbeinreliefs beispielsweise auf Buchdeckeln ab Betont wird auch hier die organische Lebendigkeit die fur die ottonische Plastik im Gegensatz zur romanischen der psychologischer Ausdruck mit ihrem Streben nach unpersonlicher Typik fremd sei typisch sei 62 Die Datierung der Anlage ist mitunter deshalb so schwierig weil sich Stilelemente des 11 Jahrhunderts mit denen des 12 vereinen Es werden zwar malerische Grundtendenzen in der Gestaltung noch nicht vollig aufgegeben eine Verblockung einzelner Korperteile werde allerdings auch nur in Ansatzen erreicht sodass sich in dem Werk ein Ende und ein Neubeginn der Stilepochen offenbare 63 Obwohl bereits im 9 Jahrhundert Nachbauten des heiligen Grabes aus Jerusalem erstellt wurden 64 blieb das Werk des Meisters in Gernrode in dieser Form ohne Nachahmung und ist die am besten erhaltene Anlage solcher Art in Deutschland 65 Die Stiftskirche Gernrode gilt uberhaupt als der am besten erhaltene ottonische Kirchenbau 66 Liturgische Funktion BearbeitenHauptzweck der Anlage ist es den Glauben an den Tod und die Auferstehung Christi zu vertiefen und sich die Ereignisse zu vergegenwartigen 67 Es gilt des Weiteren als wahrscheinlich dass die Anlage Mittelpunkt der liturgischen Osterspiele war Bei diesem Ritual wurde eine geweihte Hostie oder ein Kruzifix eingewickelt in weisse Tucher im Sarkophag der Grabkammer platziert und in der Osternacht entfernt Dem Volk prasentierten dann drei Stiftsdamen als Marienfiguren und zwei Kanoniker als Grabesengel die leeren Tucher als Beweis fur die Auferstehung Christi 68 Solche Osterspiele sind fur das spate 12 Jahrhundert in Deutschland bezeugt konkrete Beweise fur solche Spiele in Gernrode gibt es allerdings erst ab 1502 Auffallig ist die hohe Anzahl weiblicher Figuren an dieser Anlage als Zeuginnen Die Kanonissen nicht nur in Gernrode konnten sich so in einer langen Tradition verorten So wie sich einst Maria Magdalena Maria die Mutter des Jakobus und Salome Mk 16 1 um den Leichnam Jesu kummerten oblag ihnen Totenfursorge und Memoria 69 Literatur BearbeitenNicole Schroter Das Heilige Grab von St Cyriacus zu Gernrode Ausdruck der Jerusalemfrommigkeit der Gernroder Stiftsdamen Band 11 Mitteldeutscher Verlag Halle Saale 2017 ISBN 978 3 95462 774 5 Carola Jaggi Orte des christlichen Kultes in Bruno Reudenbach Hg Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland Bd 1 Prestel u a Munchen u a 2009 S 370 433 ISBN 978 3 7913 3118 8 Heidrun Stein Kecks Bilder im heiligen Raum in Susanne Wittekind Hg Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland Bd 2 Prestel u a Munchen u a 2009 S 264 355 ISBN 978 3 423 34302 2 Landesamt fur Denkmalpflege und Archaologie Sachsen Anhalt Leitung Hans Joachim Krause u Gotthard Voss Das Heilige Grab in Gernrode Bestandsdokumentation und Bestandsforschung Daraus vor allem Rainer Kahsnitz u Gerhard Leopold Der Bestand S 23 32 Und Reiner Kahsnitz Die Plastik S 311 384 Deutscher Verlag fur Kunstwissenschaft Berlin 2007 Hans Jantzen Ottonische Kunst Neuausgabe erweitert und kommentiert durch ein Nachwort von Wolfgang Schenkluhn Reimer Berlin 1990 ISBN 3 496 01069 X Helga Mobius Die Stiftskirche Gernrode In Das christliche Denkmal Nr 68 1966 Hans Kurt Schulze Das Stift Gernrode Bohlau Verlag Koln u a 1965 Paul Genrich Die Stiftskirche in Gernrode Evangelische Verlagsanstalt Berlin 1956 Gunter W Vorbrodt Die Stiftskirche Gernrode In Das christliche Denkmal Nr 16 1954 Annemarie Schwarzenweber Das heilige Grab in der deutschen Bildnerei des Mittelalters Albert Verlag Freiburg 1940 Ludwig Grote Die Stiftskirche in Gernrode Hopfer Verlag Burg bei Magdeburg 1932 Friske Matthias Der Fund im Heiligen Grab von Gernrode ein Fixpunkt fur die Datierung eines mittelalterlichen Kunstwerkes in Quedlinburger Annalen 2014 2015 16 Jg S 46 60 Weblinks Bearbeiten nbsp Commons Heiliges Grab Sammlung von Bildern Videos und AudiodateienEinzelnachweise Bearbeiten Vgl Jaggi 2009 S 422 Vgl Kahsnitz 2007 S 23 Vgl Kahsnitz 2007 S 27 Vgl Grote 1932 S 22 Vgl Kahsnitz 2007 S 29 Siehe hierzu Grote 1932 S 22 23 Schulze 1965 S 114 116 Genrich 1956 S 66 67 Vgl Grote 1932 S 23 Vgl Grote 1932 S 23 24 Vgl Kahsnitz 2007 S 24 25 u 27 Vgl Grote 1932 S 23 24 Schulze 1965 S 119 Vgl Stein Kecks 2009 S 346 Vgl Grote 1932 S 24 25 Stein Kecks 2009 S 347 Vgl Kahsnitz 2007 S 23 Vgl Stein Kecks 2009 S 346 Vgl Grote 1932 S 24 25 Schulze 1965 S 120 Vgl Stein Kecks 2009 S 347 Vgl Krause Voss 2007 S 95 Vgl Grote 1932 S 24 Vgl Schulze 1965 S 119 Vgl Stein Kecks 2009 S 346 Vgl Krause Voss 2007 S 171 190 Vgl Grote 1932 S 27 Vgl Mobius 1966 S 17 im Bezug auf den Fries der Westwand siehe hierzu auch Schulze 1965 S 117 118 Vgl Mobius 1966 S 20 Vgl Genrich 1956 S 66 67 Vgl Grote 1932 S 22 Schulze 1965 S 114 Vorbrodt 1954 S 10 Mobius 1966 S 17 usw Vgl Kahsnitz 2007 S 311 312 Vgl Kahsnitz 2007 S 315 Vgl Grote 1932 S 23 Vgl Schulze 1965 S 116 Vgl Genrich 1956 S 70 Vgl Mobius 1966 S 25 Vgl Genrich 1956 S 70 Vgl Schulze 1965 S 116 117 Vgl Genrich 1956 S 71 72 Vgl Schulze 1965 S 116 117 Vorbrodt 1954 S 14 Vgl Grote 1932 S 23 Vgl Genrich 1956 S 72 Vgl Grote 1932 S 23 Vgl Genrich 1956 S 73 Vgl Vorbrodt 1954 S 14 Zunachst Vgl dann wortlich Genrich 1956 S 76 Vgl Schulze 1965 S 116 117 Vgl Vorbrodt 1954 S 14 Vgl Genrich 1956 S 77 Vgl Genrich 1956 S 77 Schulze 1965 S 116 117 Vgl Genrich 1956 S 77 Vgl Genrich 1956 S 73 74 Schulze 1965 S 116 117 Vgl Vorbrodt 1954 S 14 Vgl Vorbrodt 1954 S 12 Schulze 1965 S 116 117 Mobius 1966 S 17 Vgl Schulze 1965 S 118 Vgl Grote 1932 S 23 Vgl Vorbrodt 1954 S 20 Vgl Grote 1932 S 24 25 Vgl Schulze 1965 S 120 Vgl Genrich 1956 S 63 66 Vgl Stein Kecks 2009 S 347 Vgl Friske S 55 Zunachst Vgl dann wortlich Grote 1932 S 24 27 Zitat S 26 Vgl Schulze 1965 S 121 122 Vgl Mobius 1966 S 26 28 Vgl Schulze 1965 S 121 Vgl Schwarzenweber 1940 S 2 Vgl Schulze 1965 S 122 Vgl Jantzen 1990 S 11 Vgl Schulze 1965 S 122 Vgl Mobius 1966 S 28 Zunachst Vgl Dann wortlich Stein Kecks 2009 S 347 51 72425 11 135972 Koordinaten 51 43 27 3 N 11 8 9 5 O Normdaten Geografikum GND 1060772655 lobid OGND AKS Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heiliges Grab Gernrode amp oldid 237083527