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Heisswecken auch Heissewecken oder Hedewigs sind ein traditionelles Geback das im deutschen Sprachraum seit dem Spatmittelalter nachgewiesen ist und in Nord und Nordwestdeutschland vor dem Beginn der vorosterlichen Fastenzeit gegessen wurde speziell von Rosenmontag bis Aschermittwoch Es handelte sich dabei in der Grundform um susse Milchbrotchen aus Weizenmehl die warm gegessen wurden Das Verbreitungsgebiet der Heisswecken umfasste im Wesentlichen den Einflussbereich der Hanse Es gibt zahlreiche Dialektbezeichnungen die fast alle auf den Begriff Heisswecken zuruckzufuhren sind am haufigsten Hedewaggen Hetwegge Heteweggen Heiteweggen und Heetwich 1 Heisswecke aus Tschechien Mazanec Inhaltsverzeichnis 1 Allgemeines 2 Verbreitung 2 1 Deutschland 2 2 Skandinavien 2 3 Vereinigtes Konigreich 3 EinzelnachweiseAllgemeines BearbeitenEs existieren mehrere historische Beschreibungen der Heisswecken wobei es in den verschiedenen Regionen gewisse Unterschiede gab In der Regel waren sie rund es gab jedoch auch andere Formen Am haufigsten wird in den Quellen angegeben dass die Brotchen mit warmer Milch und mit geschmolzener Butter ubergossen und verzehrt wurden Sie wurden seit jeher von den Backereien hergestellt also nicht selbst gebacken In einem Worterbuch fur Schleswig Holstein steht 1928 folgende Beschreibung Die Heisswecken werden nach einem von den Backern meist geheim gehaltenen Rezept als runde Kuchen von etwa 10 15 cm Durchmesser hergestellt Die Hauptbestandteile sind Weizenmehl Butter und Zucker diesem Gemenge werden dann verschiedene Gewurze Kaneel Kardamom Korinthen zugesetzt Mit Butter bestrichen oder mit Zucker Kaneel und Butter gefullt und in Milch oder Eiermilch aufgeweicht wurden sie oft zu jeder Tagesmahlzeit in der ersten Halfte der Fastenwoche gegessen 2 Eine sehr ahnliche Definition gibt es 1781 in einem Plattdeutschen Worterbuch aus Vorpommern in dem es zu Heetweggen heisst es handele sich um ein Fastnachts Brod welches mit Gewurz Butter und Eyer in heisser Milch zur Loffel Speise zubereitet wird 3 Das Holsteinische Idiotikon von 1800 berichtet erganzend dass die Dienstboten in den Stadten wie Hamburg in diesen Tagen morgens mit einem Korb und Kissen zum Warmhalten des frischen Gebacks zum Backer geschickt werden Hier unterschied man drei verschiedene Arten von Heetwegen solche aus einfachem sussem Teig mit Gewurzen feinere Milchbrotchen mit zusatzlich Rosinen und drittens als einfachste Variante ungesusste Brotchen Rundstucke In Hamburg und Altona wurden ganze Zirkel von Verwandten und Bekannten zu diesem heissen Fruhstuck geladen auf die man als Krone die feinen Weine Likore heissen Weine oder den Thee zu setzen pflegt 4 In einem schwedischen Kochbuch aus dem Jahr 1737 gibt es eine Anleitung fur hedvagg in der gehobenen Kuche Danach wurde ein Loch in das weiche Milchbrotchen gebohrt das Innere mit einem Loffel herausgeholt in Sahne und Butter gekocht und anschliessend wieder in das Brotchen gefullt das dann mit Zimt und Zucker bestreut gegessen wurde 1 Verbreitung BearbeitenDeutschland Bearbeiten In Westfalen und in Norddeutschland waren Heisswecken regional schon im Spatmittelalter bekannt Belege fur das 16 und 17 Jahrhundert gibt es u a fur Soest Geseke Lubbecke und Munster Fur Hamburg existieren Belege seit dem 15 Jahrhundert sie werden 1447 und 1457 in Kuchenbuchern des St Georgs Hospitals erwahnt Im Idioticon Hamburgense werden Heetwegge 1755 beschrieben heisse Wecken warm weiss Brodt welches mit geschmolzener Butter oder aufgekochter Milch durchgeknetet und damit nach alter unartiger Gewohnheit in der ersten Fasten Woche der Magen angefullet wird Womit nehmlich der alte Aberglaube die Enthaltung vom Fleisch essen desto heiliger zu ersetzen gewusst 5 Der Atlas der deutschen Volkskunde gibt einen Uberblick uber die Verbreitung dieses Gebacks im Jahr 1930 Die sudlichste Gruppe der Belege in Nordwestdeutschland erstreckt sich vom Norden des Bergischen Landes und der Grafschaft Mark bis nach Ostwestfalen und erreicht am Nordrand des lippischen Landesteiles die Weser Diese von Sudwest nach Nordost gelagerte Diagonale streift Dortmund sudlich und umfasst Soest Lippstadt und Paderborn Weiter nordlich schliesst sich eine Haufung von Belegen im Gebiet des ehemaligen Furstbistums Osnabruck an 6 Bekannt waren Heisswecken damals in ganz Schleswig Holstein und in Hamburg in Mecklenburg Vorpommern bis zur Zarow die als geografische Kulturgrenze fungiert Jenseits dieses Flusses wurden traditionell statt der Wecken Brezeln gegessen in Hinterpommern in Posen Westpreussen in Brandenburg und im Norden Sachsen Anhalts war das ubliche Fastnachtsgeback damals der Berliner Pfannkuchen In Ostpreussen gab es jedoch wieder Heisswecken rund 320 Kilometer vom ubrigen Verbreitungsgebiet entfernt 1 In Mecklenburg wurden Heisswecken spatestens seit dem 16 Jahrhundert zur Fastnacht gegessen In der Region Greifswald Wolgast und im Kreis Demmin war um 1930 ein Fastnachtsgeback mit dem Namen Boller bekannt bei dem es sich um dasselbe Geback handelt Dieses Gebiet stand nach dem Dreissigjahrigen Krieg unter schwedischem Einfluss der Kreis Demmin bis 1720 Greifswald Wolgast bis 1815 das Wort Boller ist eine Eindeutschung des schwedischen bullar fur Milchbrotchen 1 Das Verbreitungsmuster das sich auf niederdeutsche Sprachregionen beschrankt deuten Historiker so dass die Heisswecken ursprunglich aus dem Raum Westfalen nordliches Niedersachsen stammen und dann bereits im Laufe des Mittelalters im Zuge der Siedlungsbewegungen in Richtung Osten weiter verbreitet wurden 1 Skandinavien Bearbeiten nbsp Modernes schwedisches FastnachtsgebackHeute gibt es in Schweden fastlagsbulle oder fettisdagsbulle was ubersetzt so viel wie Fastnachtswecken heisst bei denen es sich um susse Milchbrotchen mit einer Fullung aus Marzipan und Schlagsahne handelt Dieses Geback wurde gegen Ende des 19 Jahrhunderts von den Konditoreien eingefuhrt Es gab jedoch auch vorher schon Fastnachtswecken in wesentlich einfacherer Form die im Grunde den niederdeutschen Heisswecken entsprachen In Sudschweden wird der Rosenmontag traditionell als bullamandag Weckenmontag bezeichnet Im 18 Jahrhundert sprach man in Schweden noch von hetvagg Ein historischer Beleg ist die Nachricht vom Tod des schwedischen Konigs Adolf Friedrich im Jahr 1771 nach einer Mahlzeit die aus Heisswecken Sauerkraut Fleisch Hummer Kaviar und Buckling bestanden hatte Die alteste bekannte Erwahnung dieser Wecken in Schweden stammt von 1698 1 Segschneider geht davon aus dass die Kaufleute der Hanse und deutsche Siedler die Heisswecken nach Schweden und ins Baltikum gebracht haben vermutlich schon im Mittelalter Aus Riga gibt es eine Quelle aus dem 15 Jahrhundert 1 Siehe auch Semla Vereinigtes Konigreich Bearbeiten nbsp Britische hot cross bunsIm Vereinigten Konigreich werden helle susse Milchbrotchen als Bun bezeichnet wobei es zahlreiche Sorten gibt hot cross buns sind runde Hefebrotchen die Zucker Butter Ei Rosinen und verschiedene Gewurze enthalten zum Beispiel Zimt oder Muskat Sie werden traditionell an Karfreitag gegessen und grundsatzlich noch warm verkauft meistens auch warm gegessen Das aus hellem Teig aufgelegte Kreuz wird religios gedeutet Das Wort bun gibt es im Englischen seit dem 15 Jahrhundert 7 Die gewurzten spice buns kamen in der Zeit der Tudor Herrschaft im 15 Jahrhundert auf 1592 wurde ein Edikt erlassen das den Verkauf dieses Gebacks nur zu besonderen Gelegenheiten erlaubte namlich an Karfreitag zu Weihnachten und bei Beerdigungen Heute wird es in der Woche vor Ostern gegessen 8 Einzelnachweise Bearbeiten a b c d e f g Ernst Helmut Segschneider Heisswecken als Fastnachtsgeback im Hanseraum In Gunter Wiegelmann Ruth Mohrmann Hrsg Nahrung und Tischkultur im Hanseraum Munster 1996 S 429 461 Otto Mensing Schleswig Holsteinisches Worterbuch Bd 2 Neumunster 1928 S 701 Johann Carl Dahnert Platt Deutsches Worter Buch Stralsund 1781 S 181 Johann Friedrich Schutze Holsteinisches Idiotikon ein Beitrag zur Volkssittengeschichte 1 Teil Hamburg 1800 S 123 f zitiert nach Ernst Helmut Segschneider Heisswecken als Fastnachtsgeback im Hanseraum In Gunter Wiegelmann Ruth Mohrmann Hrsg Nahrung und Tischkultur im Hanseraum Munster 1996 S 434 Ernst Helmut Segschneider Heisswecken als Fastnachtsgeback im Hanseraum In Gunter Wiegelmann Ruth Mohrmann Hrsg Nahrung und Tischkultur im Hanseraum Munster 1996 S 438 Alan Davidson The Oxford Companion to Food 2 Aufl New York 2001 Artikel Bun Elizabeth David English Bread and Yeast Cookery London 1979 S 473 ff Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Heisswecke amp oldid 233068701