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Die Handels und Gewerbekammer Prag tschechisch zivnostenska komora v Praze war in Osterreich Ungarn die Handels und Gewerbekammer in Prag Gebaude der Handelskammer in PragSiegelmarke Die Handels und Gewerbekammer in Prag Inhaltsverzeichnis 1 Entstehung 2 Aufgaben 3 Organisation 4 Die Sprachenfrage 5 In der Tschechoslowakei 6 Nach dem Munchener Abkommen 7 Nach dem Zweiten Weltkrieg 8 Personlichkeiten 8 1 Kammerprasidenten 8 2 Von der Kammer in den Reichsrat gewahlt 8 3 Von der Kammer in den Bohmischen Landtag gewahlt 9 Literatur 10 EinzelnachweiseEntstehung BearbeitenMit dem Gesetz uber die Errichtung von Handels und Gewerbekammern vom 18 Marz 1850 wurden im Kaisertum Osterreich Handels und Gewerbekammern eingerichtet darunter die Handels und Gewerbekammer Prag Sie hatten die Aufgaben von Handelskammern Neben der Kammer in Prag wurden fur Bohmen die Kammern in Reichenberg Eger Pilsen und Budweis eingerichtet In Mahren waren dies die Kammern in Brunn und Olmutz und in Galizien und Lodomerien die Handels und Gewerbekammer Troppau Mit dem Gesetz vom 29 Juni 1868 betreff die Organisierung der Handels und Gewerbekammern wurde die Kammerorganisation im Grund bestatigt und die Aufgaben neu definiert Aufgaben BearbeitenDie Kammern sollten die Wunsche und Vorschlage der Wirtschaft beraten und den Ministerien und Behorden eigenverantwortlich vortragen Sie erstellten Stellungnahmen zu Gesetzesvorlagen der Regierung soweit diese kommerzielle oder gewerbliche Interessen betrafen Auch konnte die Regierung die Kammern um Stellungnahmen zu wirtschaftlichen Fragen auffordern Die Kammern fuhrten die Wahlregister uber die Wahlberechtigten zur Handels und Gewerbekammer die Marken und Muster Archive und die Gewerbeanmeldungen Sie erhoben die Daten zur Gewerbestatistik An der Prufung und Ernennung der Waren und Wechselmakler der Borsenrate und der Handelsgerichtsbeisitzer wirkten die Kammern mit Die Kammern konnten in gewerblichen Vertragen als Schiedsgerichte benannt werden Jede Kammer musste jahrlich einen umfangreichen Bericht an das Handelsministerium abgeben in der die Lage der Wirtschaft im Kammerbezirk geschildert wurde In funfjahrigem Rhythmus wurde von den Kammern eine Gewerbestatistik geliefert Das Kunstgewerbemuseum in Prag wurde 1885 durch die Handels und Gewerbekammer Prag als Kunstgewerbliches Museum gegrundet Organisation BearbeitenDie Handels und Gewerbekammern unterstanden dem Handelsministerium und mussten dessen Weisungen umsetzen Sie gliederten sich intern in eine Handel und eine Gewerbesektion zum Gewerbe gehorte auch der Bergbau Die Kammern bestanden aus 16 bis 48 wirklichen Mitgliedern Die genaue Mitgliederzahl wurde vom Handelsministerium in Anhangigkeit von der Grosse des Kammerbezirks festgelegt Die Kammer in Prag hatte 48 Sitze Daneben konnte die Kammer noch weitere Mitglieder ohne Stimmrecht als correspondierene Mitglieder kooptieren Die Wahl der Mitglieder erfolgte durch direkte Wahl durch die Handels und Gewerbetreibenden bzw die Vorstande bei Kapitalgesellschaften im Kammerbezirk Die Amtsdauer lag bei sechs Jahren Revolvierend wurde alle drei Jahre die Halfte der Kammer gewahlt Es galt ein Zensuswahlrecht Grosshandels und Industrieunternehmen waren nur Wahlberechtigt wenn sie Erwerbssteuern von 100 Gulden zahlten fur andere Unternehmen galten geringere Grenzen Die Wahl erfolgte in einzelnen Gruppen Diese wurden vom Ministerium nach der Wahlerzahl in Standorten und Handel bzw Gewerbeklassen festgelegt Bei der ersten Kammerwahl am 17 Oktober 1850 wurden auch 7 Juden in die Kammer gewahlt darunter Maximilian Dormitzer Leopold von Lamel und Moses Porges von Portheim 1 Die Kammer wahlte einen Prasidenten der die Kammer nach aussen vertrat Sie finanzierte sich uber eine Umlage der Unternehmen im Kammerbezirk Die Kammer erstellte jahrlich einen Haushaltsplan und legte ihn dem Ministerium zur Genehmigung vor Die Summe wurde durch das Erwerbssteueraufkommen im Steuerbezirk geteilt und der so ermittelte Aufschlag auf die Erwerbssteuer von den Unternehmen eingezogen Besondere Bedeutung erlangten sie seit der Wahlrechtsreform von 1873 nach der die Kammern einen Teil der Abgeordneten des Reichsrats wahlten 2 Bis 1906 waren Vertreter der Prager Kammer im Reichsrat vertreten Auch zum Bohmischen Landtag wurden 15 der 236 Abgeordnete von den bohmischen Handels und Gewerbekammern gewahlt Prag 4 Budweis 2 Reichenberg 4 Eger 3 Pilsen 2 3 Die Sprachenfrage BearbeitenDie Kammern waren frei darin selbst die Verhandlungssprache zu wahlen Entsprechend der Sprachverteilung im Kammerbezirk wahlten Reichenberg und Eger ab 1884 die deutsche und Prag Pilsen und Budweis die tschechische Sprache 4 Bei der Volkszahlung 1890 hatten sich in den Kammerbezirken folgende Sprachverteilungen ergeben 0 Tschechisch Deutsch Andere SummePrag 1 694 754 111 583 466 1 806 803Pilsen 578 524 194 716 128 773 368Budweis 517 359 139 757 104 657 220Reichenberg 801 955 1 030 585 148 1 832 688Eger 51 596 682 370 20 733 986Bis 1884 hatte sich unter den Kammermitgliedern in allen 5 bohmischen Kammern eine deutsche Mehrheit ergeben Dies war der Auswahl der Wahlgruppen durch das Handelsministerium und der Tatsache dass die grosseren Steuerzahler uberwiegend Deutsche waren geschuldet In der Tschechoslowakei BearbeitenNach dem Ersten Weltkrieg zerfiel Osterreich Ungarn und Bohmen und Mahren wurden als Tschechoslowakei selbststandig Die Kammern blieben bestehen Als Geschaftssprache wurde jedoch einheitlich tschechisch vorgeschrieben der Name der Kammern lautete nun zivnostenska komora Mit Verordnung Nr 32 vom 20 Januar 1919 des Handelsministeriums wurden die Kammerwahlen ausgesetzt und die Kammern nun als Verwaltungsausschusse organisiert die nach dem Stimmergebnis der allgemeinen Wahlen besetzt wurden In Prag wo es bereits eine tschechische Mehrheit in der Kammer gab waren diese Anderungen nicht sehr gravierend Die ernannten Mitglieder waren uberwiegend bereits gewahlte Mitglieder gewesen Von den 48 Mitgliedern waren 12 Deutsche Die Kammer in Prag hatte eine besondere Rolle in diesem Transformationsprozess Da die Zentralbehorden in Wien nun im Ausland lagen mussten in Prag neue aufgebaut werden Im Auftrag des Nationalausschusses baute Kammerprasident Frantisek Malynsky die provisorische Zentrale der tschechischen Handelspolitik auf Die Aufgaben der Kammern waren denjenigen vor dem Krieg ahnlich Sie waren Beratungsorgan fuhrten Marken und Handelsregister erteilten Zeugnisse und fuhrten Statistiken Sie wirkten bei der Wahl von Handelsrichtern mit und waren Schiedsgerichte Statt Handel und Gewerbe waren sie nun in drei Sektionen Handel Gewerbe und Industrie eingeteilt 1936 27 wurde die Zahl der Mitglieder auf 49 erhoht Die Zusammensetzung war nun 0 Tschechen Deutsche SummeIndustrie 8 7 15Handel 18 5 23Gewerbe 11 0 11Summe 37 12 49Seit 1920 war die Kammer in Prag Trager der Prager Messe Am 20 April 1922 bildeten die Kammern des Landes darunter die Prager Kammer einen Dachverband die ceskoslovenskych obchodnich a zivnostenskych 1938 umfasste die Prager Kammer einen Kammerbezirk von 13 220 km mit 2 457 276 Einwohnern und 104 499 Mitgliedsunternehmen davon 99 729 tschechische und 3 281 deutsche Sie war damit die mit Abstand grosste bohmische Kammer Nach dem Munchener Abkommen BearbeitenIn Folge des Munchener Abkommens wurde 1938 die Tschechoslowakei zerschlagen Die uberwiegend deutschsprachigen Gebiete das Sudetenland wurden Teil des Deutschen Reiches die uberwiegend tschechischsprachigen Gebiete bildeten die Rest Tschechoslowakei Dies hatte naturgemass auch Auswirkung auf die Kammerorganisation Die Kammern in Reichenberg Eger und Troppau kamen zu Deutschland und wurden in Industrie und Handelskammern umbenannt 5 In den Folgejahren teilen sie die Geschichte der deutschen IHKs Gleichschaltung Ablosung der Selbstverwaltung der Wirtschaft durch das Fuhrerprinzip und 1942 Eingliederung in die Gauwirtschaftskammer Sudetenland Die Kammer in Koniggratz wurde aufgelost Die Kammern in der Rest Tschechoslowakei erlitten erhebliche Verluste ihrer Kammerbezirke Prag verlor 1 635 Kammermitglieder Mit der Besetzung der Rest Tschechoslowakei und der Bildung des Protektorates Bohmen und Mahren 1939 wurden die Kammern in den Dienst der Kriegswirtschaft gestellt und bussten wie bereits die an Deutschland abgegebenen Kammern die Selbstverwaltung ein Nach dem Zweiten Weltkrieg BearbeitenAufgrund der Kriegslage kam die Tatigkeit der Kammern im Lauf des Jahres 1944 zum Stehen Die Vertreibung der Deutschen fuhrte Anfang 1945 dazu dass das Personal und die meisten der Mitgliedsfirmen der sudetendeutschen IHKs verloren gingen Dennoch begann nach Kriegsende der Wiederaufbau der Kammern in der Tschechoslowakei Eine Anweisung des Ministeriums fur Binnenhandel Ref No 3 1945 vom 18 Mai 1945 regelte die Wiederaufnahme des Geschaftsbetriebs der Prager Kammer Ziel der Politik war den Status vor dem Munchener Abkommen wiederherzustellen Im Mai ernannte die Regierung Dr Vojtech Kuthan als Regierungsbeauftragten fur die Prager Kammer Am 23 Dezember wurde Ivana Petra als Prasident der Kammer Prag ernannt Insbesondere die kommunistische Komunisticka strana Ceskoslovenska KSC stand der Idee der Wirtschaftsselbstverwaltung durch die Kammern kritisch gegenuber Eine Abschaffung konnte sie jedoch noch nicht durchsetzen Nach dem Februarumsturz Anfang 1948 hatten die Kommunisten die Alleinherrschaft erreicht Die Prasidenten der Kammer druckten ihre Loyalitat mit dem neuen Regime aus konnten aber das Ende der Kammern nicht verhindert Mit der Regierungsverordnung Nr 306 vom 28 Dezember 1948 wurden die Kammern aufgehoben und ihre Aufgaben den Bezirksamtern zugewiesen Personlichkeiten BearbeitenKammerprasidenten Bearbeiten Johann Baptist Riedl 1850 1857 Franz Bstross 1857 1859 Andreas Haase Edeler von Wranau 1859 1862 Maximilian Dormitzerv 1862 1874 Richard Ritter von Dotzauer 1874 1884 Frantisek Malynsky 1917 Vaclav Nemec 1919 1925 Jan Trebicky 1933 Vojtech Kuthan 1945 Regierungsbeauftragter Ivana Petra 1945 Von der Kammer in den Reichsrat gewahlt Bearbeiten Die Kammer wahle jeweils zwei Abgeordnete in den Reichsrat Name Wahlperiode AnmerkungMaximilian Dormitzer V LP 1873 1879 Adolf Schwab V LP 1873 1879 Maximilian Dormitzer VI LP 1879 1885 Mandatsverzicht in der Sitzung am 30 November 1880 verkundetEduard Portheim VI LP 1879 1885 am 30 November 1880 angelobtAdolf Schwab VI LP 1879 1885 Wenzel Salasek VII LP 1885 1891 1890 verstorbenIgnac Skokanek VII LP 1885 1891 am 16 Dezember 1890 als Nachfolger von Wenzel Salasek angelobtJosef Fort VIII LP 1891 1897 am 10 Oktober 1893 als Nachfolger von Wenzel Nemec angelobt Mandatsverzicht in der Sitzung am 10 Marz 1896 verkundetVaclav Nemec VIII LP 1891 1897 Mandatsverzicht in der Sitzung am 18 Janner 1892 verkundetVaclav Sehnal VIII LP 1891 1897 am 22 Februar 1894 als Nachfolger von Josef Wohanka angelobtJosef Wohanka VIII LP 1891 1897 Mandatsverzicht in der Sitzung am 22 Februar 1894 verkundet am 15 April 1896 erneut als Nachfolger von Josef Fort angelobtLovro Borcic VIII LP 1891 1897 Josef Brdlik IX LP 1897 1901 Rudolf Kitschelt IX LP 1897 1901 am 18 Oktober 1899 fur Max Mauthner gewahltGiuseppe Basewi X LP 1901 1907 Mandatsniederlegung im Marz 1905Josef Brdlik X LP 1901 1907 Bohumil Rysanek X LP 1901 1907 am 15 Februar 1905 fur Vaclav Sehnal angelobtVaclav Sehnal X LP 1901 1907 am 17 Janner 1905 verstorbenVon der Kammer in den Bohmischen Landtag gewahlt Bearbeiten Von der Kammer wurden in den Bohmischen Landtag gewahlt Jahr Abgeordneter Abgeordneter Abgeordneter Abgeordneter1861 Andreas Haase Edeler von Wranau nach dessen Rucktritt wahlte die Kammer am 6 Dezember 1862 Richard Ritter von Dotzauer nach Tempsty Franz Xaver Brosche Schary1870 Richard Ritter von Dotzauer Anton Richter Maximilian Dormitzer Josef Lippmann Ritter von Lissingen 6 7 1872 Richard Ritter von Dotzauer Anton Richter Maximilian Dormitzer Josef Lippmann Ritter von Lissingen 8 1878 Otto Forchheimer Josef Sobotka Ferdinand Urban Friedrich Freiherr von Riese Stallburg 9 1883 Otto Forchheimer Josef Sobotka Alexander Richter Viktor Riedl 10 1895 Josef Visek Johann Vorlicek Josef Krejcik Josef Wohanka 11 1901 Josef Jirousek Wenzel Karela Josef Krejcik Karl Tichy 12 Literatur BearbeitenBohumir Brom Historie obchodnich a zivnostenskych komor na uzemi ceskych zemi 2001 Christoph Boyer Nationale Kontrahenten oder Partner Studien zu den Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen in der Wirtschaft der CSR 1918 1938 Band 42 von Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 1999 ISBN 9783486595864 S 183 188 online Gesetz uber die Errichtung von Handels und Gewerbekammern vom 18 Marz 1850 online Anlage zu dem Gesetz mit der Liste der anfangs eingerichteten Kammern enthalt auch die italienischen Kammern online Gesetz vom 29 Juni 1868 betreff die Organisierung der Handels und Gewerbekammern Reichsgesetzblatt S 249 ff online Edmund Schebek Richard Ritter von Dotzauer Erganzt durch eine Autobiographie Dotzauers 1895 onlineEinzelnachweise Bearbeiten Martina Niedhammer Nur eine Geld Emancipation Loyalitaten und Lebenswelten des Prager judischen Grossburgertums 1800 1867 Band 2 von Religiose Kulturen im Europa der Neuzeit 2013 ISBN 9783525310205 S 62 ff online Reichsraths Wahlordnung Reichsgesetzblatt S 165 ff online Jorg Konrad Hoensch Geschichte Bohmens Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart Verlag Beck Munchen 1997 ISBN 3 406 41694 2 S 352 Jaroslav Kucera Minderheit im Nationalstaat Die Sprachenfrage in den tschechisch deutschen Beziehungen 1918 1938 Band 43 von Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 1999 ISBN 9783486596007 S 243 online Verordnung uber die Einfuhrung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft in den sudetendeutschen Gebieten vom 29 Oktober 1938 Verordnungsblatt uber die sudetendeutschen Gebiete 1938 S 147 148 Protokoll des Landtags 1870 Edmund Schebek Richard Ritter von Dotzauer S 107 Protokoll des Landtags 1872 Protokoll des Landtags 1878 Protokoll des Landtags 1883 Protokoll des Landtags 1895 Protokoll des Landtags 1901 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Handels und Gewerbekammer Prag amp oldid 234755962