www.wikidata.de-de.nina.az
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig Weitere Bedeutungen sind unter Hagestolz Begriffsklarung aufgefuhrt Hagestolz ist eine veraltete Bezeichnung fur einen alteren eingefleischten Junggesellen der von anderen oft als etwas kauzig angesehen wird Carl Spitzweg Der Hagestolz Inhaltsverzeichnis 1 Etymologie und Begriffsgeschichte 2 Das Hagestolzenrecht 3 Zitate 4 Brockhaus 5 Siehe auch 6 Literatur 7 WeblinksEtymologie und Begriffsgeschichte BearbeitenDas Grundwort stolz hat hier nichts mit Hochmut zu tun sondern ist eine sprachliche Abschleifung des mittelhochdeutschen stalt Dabei handelt es sich um die mittelhochdeutsche Vergangenheitsform des Verbs stellen stalt gestalt vergleiche die Begriffe Anstalt und Gestalt Das Bestimmungswort Hag bezeichnet ursprunglich einen kleinen durch eine Hecke umfriedeten und abgetrennten Bereich auf einem Grundstuck sekundar eine Hecke ein Gebusch oder auch einen Hain Hagestolz selten auch in der weiblichen Form Hagestolzin oder Hagestolze weist in seiner Bedeutung tief in das altgermanische Rechtsverstandnis zuruck eine Entsprechung findet sich beispielsweise in dem altnordischen Begriff hagustalda Die ursprungliche Bedeutung liegt im Dunkeln Die moderne Forschung geht davon aus dass es wohl nicht Horige oder Tagelohner sondern die beim Erbe leer ausgegangenen jungeren Bruder in sehr seltenen Fallen auch die Schwestern eines freien Hoferben waren Nach dem sehr rigoros gehandhabten Erstgeburtsrecht in weiten Teilen des heutigen Deutschlands waren diese Personen nichts mehr als die Dienstleute ihrer Bruder Demnach bezeichnet hagestalt ein kleines in einem entfernten Winkel eines Grundbesitzes erbautes und mit einer Hecke umfriedetes Anwesen meist eine Hutte das der Bewohner vom Hoferben zur Verfugung gestellt bekam Dieses Gehege war so bescheiden dass der Inhaber in der Regel keine eigene Familie grunden konnte Noch bis in die Neuzeit hiess eine solche Junggesellenwohnstatt auf einem Gutsbetrieb im Paderborner Land Hagestelle Spater ubertrug sich das Wort auf den Besitzer eines solchen Anwesens und wurde seit dem Hochmittelalter fur einen unverheirateten Mann allgemein noch spater insbesondere fur einen Junggesellen jenseits der 50 benutzt Das Hagestolzenrecht BearbeitenSeit dem Ende des Mittelalters galt in einigen Teilen Deutschlands zum Beispiel in der Oberpfalz und im Odenwald in Braunschweig und Hannover das Hagestolzenrecht Wenn ein Eigenmann ein Horiger im weitesten Sinne spater auch ein freier Mann bis zu einem bestimmten Alter ledig blieb fiel sein Besitz nach seinem Tod automatisch an den Leib oder Grundherrn oder an den Landes oder Stadtherrn Meistens lag die Altersgrenze bei 50 im Odenwald sogar schon bei 25 Jahren Noch das Allgemeine Gesetzbuch fur die Preussischen Staaten von 1791 kannte ein Hagestolzenrecht zu Gunsten der Armenkasse Erst im Allgemeinen Landrecht von 1794 wurde es beseitigt regional hielt es sich noch bis ins 19 Jahrhundert Zitate Bearbeiten Ein alter Hagestolz alle Gebrechen seines Standes in sich tragend geizig eitel den Jungling spielend verliebt geckenhaft E T A Hoffmann Die Serapions Bruder Hiemit kannst du allmachtig handeln Der Menschen Leidenschaft verwandeln Der Traurige wird freudig seyn Den Hagestolz nimmt Liebe ein Emanuel Schikaneder Die Zauberflote Und sich als Hagestolz allein zum Grab zu schleifen das hat noch keinem wohlgetan Goethe Faust I 3092f Das ist der Vorteil von uns verrufnen hagestolzen Leuten dass wir was andre knapp und kummervoll mit Weib und Kindern taglich teilen mussen mit einem Freunde zur gelegnen Stunde vollauf geniessen Heinrich von Kleist Der zerbrochene Krug zehnter Auftritt Du meinst wohl ich verstande nichts davon weil ich ein Hagestolz bin O ich war in meinem Leben auch ein paarmal verliebt August von Kotzebue Der deutsche Mann und die vornehmen Leute zweiter Akt erster Auftritt Mein Gluck dass es das Wort HAGESTOLZ nicht mehr gibt So kann ich in aller Ruhe einer werden und trotzdem kann mich keiner einen schimpfen Rainald Goetz Irre 271Brockhaus BearbeitenIn der 14 Auflage der Brockhaus Enzyklopadie von 1902 heisst es Hagestolz in der Rechtssprache ein Mann welcher aus eigenem Willen uber die Jugendjahre hinaus unverheiratet bleibt obschon er nicht durch korperliches oder burgerliches Unvermogen gehindert ist eine Ehe zu schliessen Das Wort ist entstellt aus dem altern Hagestalt eigentlich der Besitzer got staldan besitzen eines Hages d h einer Einfriedigung daher im Gegensatz zu dem altesten Sohn der mit einem kleinen Grundstucke abgefunden wurde und somit keinen eigenen Haushalt grunden konnte woraus sich schon in alter Zeit die jetzige Bedeutung entwickelte Die Griechen suchten das Heiraten durch Strafen zu erzwingen Lykurg belegte die H sogar mit entehrenden Strafen In Rom wurde von den H caelibes zum Besten des Staates eine besondere Steuer erhoben aes uxorium bereits mehrere hundert Jahre v Chr Unter Kaiser Augustus erging die Lex Julia et Papia Poppaea wenige Jahre v Chr welche insbesondere den H erhebliche Nachteile androhte soweit es sich um den Erwerb aus letztwilligen Verfugungen handelte falls sie mit dem Erblasser nicht oder uber den sechsten Grad hinaus verwandt waren Die Erbschaft fiel zunachst an solche Mitberufene welche Kinder hatten jus liberorum in Ermangelung solcher an den Fiskus Konstantin d Gr hob diese Beschrankungen auf In Deutschland kommt ebenfalls ein sog Hagestolzenrecht vor Dasselbe fand sich in Braunschweig 1730 aufgehoben in Teilen von Hannover Wurttemberg und der Pfalz Es ging dahin dass dem Landesherrn oder Gutsherrn Anspruche zugebilligt wurden auf gewisse Vermogensstucke oder den ganzen Erwerb derjenigen welche bis in das funfzigste Lebensjahr unverheiratet blieben oder nicht wieder heirateten falls sie vor dem dreissigsten Jahre Witwer wurden und Kinder nicht hatten In andern Gegenden hatte sich das Hagestolzenrecht dahin gestaltet dass wer in hoherm Alter und ohne rechtmassige Abkommlinge verstarb vom Fiskus beerbt wurde und nicht letztwillig verfugen durfte BrockhausSiehe auch BearbeitenDer Hagestolz Gemalde von Carl Spitzweg um 1880 Der Hagestolz Erzahlung von Adalbert Stifter 1844 45 Der Hagestolz Drama von Iwan Sergejewitsch Turgenew 1849 Die Hagestolzen Drama von August Wilhelm IfflandLiteratur BearbeitenWalter Stoll Das Hagestolzenrecht Ein Beitr zur Geschichte d Testierfreiheit Dissertation Kiel 1970 Jurgen Storost Entschieden ist also wol noch nichts Eine wissenschaftlich historische Betrachtung zur Etymologie von Hagestolz In Beitrage zur Geschichte der Sprachwissenschaft Nr 5 1995 S 253 268 Katrin Baumgarten Hagestolz und Alte Jungfer Entwicklung Instrumentalisierung und Fortleben von Klischees und Stereotypen uber Unverheiratetgebliebene Dissertation Waxmann Munster 1997 ISBN 3 89325 514 1 Peter Borscheid Von Jungfern Hagestolzen und Singles Die historische Entwicklung des Alleinlebens In Sylvia Grabe Hrsg Lebensform Einpersonenhaushalt Herausforderungen an Wirtschaft Gesellschaft und Politik Campus Verlag Frankfurt New York 1994 ISBN 3 593 35203 6 S 23 54 Adalbert Stifter Der Hagestolz Eine Erzahlung 1845 Julius Wolff Das Recht der Hagestolze Eine mittelalterliche Heiratsgeschichte aus dem Neckartal 1888 Wilhelm von Brunneck Zur Geschichte des Hagestolzwesens In Zeitschrift der Savigny Stiftung fur deutsche Rechtsgeschichte Germ Abt Band 22 S 1 1 Weblinks Bearbeiten nbsp Wikisource Hagestolz Quellen und Volltexte nbsp Wiktionary Hagestolz Bedeutungserklarungen Wortherkunft Synonyme Ubersetzungen Normdaten Sachbegriff GND 4425909 8 lobid OGND AKS VIAF 267159032532501180759 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Hagestolz amp oldid 238060723