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Unter dem Gnadenstreit versteht man die sogenannte Kontroverse de auxiliis Verschiedene Theologenschulen stritten in der Fruhen Neuzeit um das Verstandnis des Miteinanders von gottlicher Gnade und menschlicher Freiheit Voraussetzungen waren die Lehre des Tridentinischen Konzils uber die Rechtfertigung und der aufkommende Humanismus sowie der traditionelle Gegensatz der theologischen Schulen des Dominikaner und Jesuitenordens 1 Die Dominikaner betonten unter dem Einfluss des Thomisten Domingo Banez die Gnadenwirksamkeit Die Jesuiten vor allem Luis de Molina stellten die menschliche Freiheit in den Vordergrund Inhaltsverzeichnis 1 Verlauf 2 Theologische und philosophische Bedeutung 3 Literatur 4 EinzelnachweiseVerlauf BearbeitenDer Streit begann 1582 mit internen Auseinandersetzungen in Salamanca die mit der Veroffentlichung des Werks von Luis de Molina Concordia liberi arbitrii et gratiae donis im Jahr 1588 eine neue Dimension erhielten Beide Seiten zeigten einander bei der Inquisition an die daraufhin tatig wurde Eine Disputation in Valladolid stellte 1594 Offentlichkeit her Sowohl der papstliche Nuntius als auch die spanische Inquisition uberwiesen 1597 die Streitsache nach Rom Ein Schweigegebot des Nuntius wurde von beiden Seiten missachtet und von der romischen Inquisition wieder aufgehoben Die Literatur zum Thema wuchs durch Stellungnahmen weiterer Theologen kontinuierlich an 1 In Rom wurde unter dem Pontifikat Clemens VIII eine Kommission aus Kardinalen Bischofen und Theologen gebildet die dem Papst am 13 Marz 1598 vorschlug de Molinas Concordia liberi arbitrii et gratiae donis sowie dessen Kommentar zur Summa theologica und eine Thesenreihe zu verurteilen Die Kommission hielt bis Jahresende an ihrem Votum fest trotz Bitten des Papstes dieses zu uberprufen Daraufhin intervenierte Konig Philipp III und erreichte dass die beiden Ordensgenerale ihre Position mundlich und schriftlich prasentieren konnten hierbei erzielten die jesuitischen Theologen den Teilerfolg dass auch die Lehre von Banez thematisiert wurde Die mittlerweile erweiterte Theologenkommission empfahl am 5 Dezember 1601 aber wieder eine Verurteilung de Molinas Papst Clemens VIII ubernahm diese Empfehlung nicht sondern ernannte eine neue Theologenkommission Congregatio de auxiliis die unter seinem Vorsitz eine Entscheidung finden sollte Die Ordensgenerale legten unterstutzt von je einem Theologen ihre Positionen dar Der Theologe Gregor von Valencia 1549 1603 verteidigte 1602 in einer feierlichen Disputation vor Papst Clemens VIII die Positionen Molinas 2 Der Tod des Papstes am 4 Marz 1605 brachten dieses Verfahren zum Stillstand am 14 September 1605 wurden die Beratungen unter Papst Paul V wieder aufgenommen Obwohl mehrere Kommissionsmitglieder die jesuitische Position verurteilten war auch Paul V nicht bereit ihrer Empfehlung folgend de Molina zu verurteilen sondern stellte nur fest Die dominikanische Lehre sei nicht calvinistisch Die jesuitische Lehre sei nicht semipelagianisch Er loste 1607 die Congregatio de auxiliis auf verbunden mit einer die gegenseitigen Verurteilungen verbietenden Erklarung 1 Seither hielten samtliche Papste und Konzilien diese Frage offen Theologische und philosophische Bedeutung BearbeitenDie streitenden Parteien Molinisten und Banezianisten hatten unterschiedliche Konzepte entwickelt wie die Unfehlbarkeit des Gnadenwirkens Gottes und die menschliche Freiheit zusammengedacht werden konnten Dabei gelang es nur den Molinisten mit Hilfe des Entlastungskonzeptes der sogenannten scientia media Gottes die menschliche Freiheit zu bewahren wahrend die Gegenpartei ein der menschlichen Freiheit innerliches Wirken Gottes behauptete Molina lehrte dass sich menschliches Handeln in einem Dreischritt vollzog 3 Gott MenschI concursus oblatus indifferens Gott eroffnet dem Menschen die Wahl und Handlungsfreiheit concursus generalis II Gott sieht das Entscheiden des Menschen voraus Der Mensch ubt seine Wahlfreiheit aus III concursus collatus Gott wirkt beim Handeln des Menschen mit speciale auxilium Der Mensch handelt frei Gott erscheint wie ein Schachmeister der die Zuge seines Gegenubers antizipieren und in seine Strategie aufnehmen kann Er reagiert auf menschliches Handeln macht sich aber nicht davon abhangig 3 Molinas Uberlegungen fuhren weiter zum Gedanken der moglichen Welten den Gottfried Wilhelm Leibniz 1710 in seiner Theodizee entfaltete 4 Literatur BearbeitenLeo Scheffczyk Gnadenstreit In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 4 Herder Freiburg im Breisgau 1995 Sp 797 798 Jordan J Ballor Matthew T Gaetano David S Sytsma Hrsg Beyond Dordt and De Auxiliis the dynamics of protestant and catholic soteriology in the sixteenth and seventeenth centuries Brill Leiden Boston 2019 ISBN 978 90 04 37711 0 Luis de Molina On Divine Foreknowledge Part IV of the Concordia Translated with an Introduction and Notes by Alfred J Freddoso Cornell University Press Ithaca London 1988 Luis de Molina Gottlicher Plan und menschliche Freiheit Concordia Disputation 52 Lateinisch Deutsch Eingeleitet ubersetzt und kommentiert von Christoph Jager Hans Kraml und Gerhard Leibold Philosophische Bibliothek Band 695 Meiner Hamburg 2018 ISBN 978 3 7873 3023 2 Einzelnachweise Bearbeiten a b c Leo Scheffczyk Gnadenstreit In Walter Kasper Hrsg Lexikon fur Theologie und Kirche 3 Auflage Band 4 Herder Freiburg im Breisgau 1995 Sp 797 798 Stadtmuseum Ingolstadt Doctor Doctorum Zum 400 Todestag des Gregor von Valencia von Gerd Treffer a b Reinhold Bernhardt Was heisst Handeln Gottes eine Rekonstruktion der Lehre von der Vorsehung LIT Verlag 2 Auflage Berlin 2008 S 131f Emerich Coreth Harald Schondorf Philosophie des 17 und 18 Jahrhunderts Grundkurs Philosophie Band 8 Kohlhammer 4 Auflage 2008 S 24 Abgerufen von https de wikipedia org w index php title Gnadenstreit amp oldid 221022748